Seite 4. Nr. 127, »Neueste Zeitung* Sonntag, Len 2. Juni 1938. Phot. Hüttemann, Mühlau. Phot, Richard Aiüller, Innsbruck. Phot. Vartuneck, Innsbruck. Klein Helga auf Reisen. Zm Wasserschaff. Zwei kleine Landstreicher. Viermal Frühling. Von Herbert Kuntscher. - Die Stadt. Ueber dem Häusermeer der Stadt liegt ein leichter, durch sichtiger Schleier von Nebel und Rauch. Trotzdem hat die Sonne Kraft genug, durchzuscheinen, daß der schmutzige Schnee in den Straßen schmilzt und die Stadtmenschen ver
ärgert den großen schwarzen Kotpfützen auszuweichen ver suchen. Noch sind die Bäume kahl und leer, aber schon viel lauter und zuversichtlicher klingt Vogelsang und Vogelruf. Es liegt etwas Erwartungsvolles, erst Werdendes in der Luft; man weiß noch nicht, was es ist, man fühlt es nur unbewußt. Die Menschen, die dort in der warmen Sonne auf den Bän ken im Park sitzen, schauen hoffnungsfreudiger, lebenslustiger. Ist es nur die strahlend leuchtende Sonne, oder der Blick auf die noch blendend weißen
Berge in der Runde, was sie so froh stimmt? Fast möchte man es glauben, doch nein, es muß tiefere Gründe haben: Die Zeit ist's, der Frühling, der nun beginnt, der alles wachsen und blühen läßt, Menschen, Tiere und Pflanzen. Es scheint, daß sich in jeder Menschen brust ein neues Körnlein Sonne, Hoffnung und Glaube ge bildet hat, das neue Kraft und frischen, unbändigen Mut ver leiht, denn könnte es sonst sein, daß einer der vielen unfrei willig Feiernden mit fast verklärtem Gesichtsausdruck sagt
: „Ja, Frühling, Schönheit, Leben und Liebe sagen die Dichter. Wir aber, Herr, wir sagen Arbeit und Verdienst...." Die Alm. Schneewasser trieft langsam, tropfenweise vom Dach der Almhütte. Die Sonne brennt glühendheiß auf die braun gebeizte Hüttenwand. Die verharschten Skispuren am Hang glänzen im silbrigen Schein der Sonne. Von Tag zu Tag wird die Schneedecke dünner, bekommt braune, erdige Flecken, auf denen die ersten hellgrünen Grashalme sprossen. Leiser, lauer Wind streicht über das Land dahin
, rauchgeschwärzte Almhütte dringen die ersten Frühlingssonnenstrahlen. Die Mäuse, vom harten langen Winter ganz ausgehungert, rascheln drinnen herum. Urplötzlich trippelt dann die ganze Schar sturmschnell davon, hinaus in die Sonne. Und beginnendes neues Leben überall. Alles ist Sonne, Helle, Freude, Bewegung. Sogar die rostige, klobige, offen- stehende Hüttentür bewegt sich und knarrt leise im kosenden Frühlingswind Der Fels. Warm brannte die Sonne in den letzten Tagen auf die glatten, schneeüberzuckerten