der kleine Maler fort, „dann führe ich Euch zu meinem Werke, dem einzigen meines Lebens, das mir gelungen ist,- in das ich meine Seele, meine Liebe, mein Andacht hineingelegt habe.' Er hob die Hände empor. „O Sonne, Sonne!' rief er. „du hast meiner Jugend gefehlt, du hast meinem Mannesalter gefehlt — deshalb ward ich ein Zerrbild — eine Karrika- tur meiner selbst! Dich trug ich als einzige Liebe im Herzen und in der Seele, aber du enthülltest dich mir nicht, du strahltest glücklicheren Menschen
, du verbargst dich vor mir in granen Nebelschleiern ! O Sonne, Sonne, dich klage ich an, daß du zu spät in meinem Leben aufgegangen bist — zu spät — zu spät! -- Da kommt sie! Seht Ihr sie!- Jetzt schießen die ersten Strahlenpfeile über das finstere Dach der Kapelle des heilige» Veit, des Schutzpatrons aller Leidenden, der auch mein Schutz patron was! Da ist sie, die Sonne, die Sonne! — Ich habe sie gesehen und sie hat mich gegrüßt und hat mein Herz mit heißem Kuß geküßt und hat mir Kraft und Äiuth
in das Herz gestrahlt, daß ich ein Werk schassen konnte, ein Werk gleich ihr, gleich der schönen, strahlenden, alles erfreuenden, alles liebenden Sonne! — Und jetzt kommt! Jetzt will ich Euch mein Werk zeigen!' Eine seltsame Stimmung hatte sich der Gesell schaft bemächtigt. Einige unter ihnen, Konrad und der Justizrath, waren tief erschüttert durch die klagen den Worte Rulands; andere zeigten sich sehr skep tisch den hochtrabenden Reden gegenüber; noch andere versprachen sich' einen „Haupt-Jux
' von dem neuen Werk des exaltierten kleinen Malers. Der Doktor Witte suchte diesen zu beruhigen. „Lassen Sie mich, Doktor,' rief Ruland indessen. „Heute Nacht soll es sich entscheiden, ob die Sonne eine Lügnerin ist, wie das Leben, wie die Mensch heit! — Kommt! wir gehen in jdas Garteuhaus! Und Ihr Friedrich Wilhelm Nettemayer, nehmt einige Flaschen von Eurem besten Rheinwein mit, klar und goldig, wie die Sonne — meine Sonne!' Die kleine Gesellschaft folgte dem rasch voran schreitenden Maler. Der Hof
, „Ihr sollt mein Werk mit Rosen kränzen, wenn Ihr gestehen müßt, daß es das Wert eines echten Künstlers ist.' Lachend gehorchte man der Aufforderung. Die Sonne war höher gestiegen und übergoß mit goldigem Licht das Gartenhäuschen, als man es erreichte. Drüben die alte Sankt Veit-Kapelle und die düsteren Eichen und Rüstern lagen noch im tiefen Schatten; nur das Kreuz auf dem Thurme lohte in feurigem Glänze. Ruland führte die Zechgenossen auf die Veranda, an deren äußeren Ende eine hohe, durch eine graue