. Meineids. Aus der Anklagebank sitzt der 48jährige, ledige Schmiede gesell Josef M a ylr aus Lienz. Der Thatbestand ist folgender: Joses Mayr hatte vor 20, bezw. 17 Jahren mit einer gewissen Nothburga Stadler zwei Kinder, Jda und Joses, konnte aber der gesetzlichen Alimen- tationspflicht nicht nachkommen, weil er nur einen sehr geringen Verdienst hatte. Das eine der zwei Kinder kam im Alter von 7 Jahren zu Mayr's Vater, einem ziemlich wohlhabenden Manne, das andere übergab die Stadler ihrer Mutter
. Es ver gangen nun viele Jahre und die Stadler verlangte von Mayr nie einen Kreuzer, weil sie wusste, dass er keinen übrig hatte. Ende December 1899 aber starb Mayr's Vater und hinterließ seinem Sohne 2019 fl. Als nun die Stadler, welche um diese Zeit in Innsbruck weilte, von der Erbschaft des Mayr Kunde erhielt, wandte sie sich an die Ober vormundschaft der Kinder, welche den Mayr an feine Alimentations-, bezw. Entschädigungspflicht erinnerte. Da Mayr indessen behauptete, er habe der Stadler
gegenüber keinerlei Verpflichtungen, weil das eine Kind von seinem (Mayr's) Vater ernährt und die Mutter der Stadler, welche das andere Kind auszog, von seinem, Mayrs, Vater mit Geld unterstützt worden sei, da sich Mayr mit einem Worte gegen jede Zahlung sträubte, so for derte die Obervormundschaft die Nothburga Stadler zum Procefs auf, mit dem Bemerken, sie solle recht hohe Forderungen stellen, Mayr werde sich bei der Verhandlung schon wehren. Diese Verhandlung fand am 18. Jänner 1900
vor dem Bezirksgerichte in Lienz statt, aber unglücklicherweise versäumte Mayr diesen Tag und wurde infolgedessen zu einer Zahlung von 1056 fl. verurtheilt; so hoch war nämlich die Forderung, welche Nothburga Stadler gestellt hatte, wobei sie freilich selber dachte, kaum die Hälfte dieser Summe zu erhalten. Am nächsten Tage, am 19. Jan., erschien Mayr bei Gericht und als er hörte, dass er verurtheilt worden sei, da fragte« er die Gerichtsbeamten, was er machen solle und musste ersahreu, dass
es gegen ein civilgerichtliches Urtheil keinen Recurs und überhaupt gar kein Mittel gebe, wenn man die Tagsatzung versäumt habe. Mayr wurde wüthend, betheuerte der Stadler nichts schuldig zu sein und erklärte,' dass er ihr nichts zahlen werde. Mayr beglich nun verschiedene Schulden, begab sich dann auf Reisen und warf sein Geld mit beiden Händen hinaus, bloß um der Stadler nichts zahlen zu müssen, wie die Anklage behauptet. Die Stadler aber erfuhr davon und ließ bei Mayr Execution vor nehmen, wodurch sie indessen