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Author:
Hein, Wilhelm [Hrsg.] ; Berger, Alfred ¬von¬ ; Tille, Alexander / hrsg. von Wilhelm Hein
Place:
Ohne Ort
Physical description:
3 Aufsätze aus versch. Zschr. in einer Sammelmappe
Language:
Deutsch
Notations:
Enth. außerdem: Die Puppenspiele vom Doktor Faust / von Alfred v. Berger. Das katholische Fauststück, die Faustkomödienballade und das Zillerthaler Doktor-Faustus-Spiel / von Alexander Tille
Subject heading:
t.Prettauer Faustusspiel<br>t.Prettauer Faustusspiel ; f.Quelle<br>g.Tirol ; s.Faustdichtung ; z.Geschichte
Location mark:
III A-8.955
Intern ID:
96109
Irgend ein wenig dichterisch veranlagter Freund von Fausts Ende, der Verleger des Druckes oder sonst wer, klebte dann im Drucke der deutschen Fassung noch eine Strophe 21 als Schluß an, um auch Fausts Tod zu erzählen. Er brachte auch den Luxemburger mit an, den schon das katholische Volksspiel erwähnte. Da bei wuchsen ihm die Verse zu Schwellversen aus. Zugleich hatte er vergessen, daß der Mal auftritt eben am Abend von Fausts letztem Tage stattgefunden hatte. Die tschechische Strophe 22 läßt
. Wie dort die Worte Jesus Naza- renus Rex Judaeorum das Amulett waren, so sind es nun die fünf Wunden von Jesus. Aus dieser Betrachtung geht unwiderleglich hervor: das deutsche Lied, obgleich selbst schon an einigen Stellen verwirrt und am Schlüsse verlängert, ist die Urschrift, das tschechische Lied die Übersetzung. Der Verfasser des deutschen Liedes war kein Verskünstler und beherrschte auch die Sprache nicht in hohem Maße; er war ein Jahrmarktsballadendichter von der Sorte, von welcher zwölf auf das Dutzend
ist, die zu einer balladenmäßigen Behandlung des Stoffes gelangte und zugleich eine weite Verbreitung auf fliegenden Blättern erfuhr. Die Gründe, die Kraus zu seinem Urteil bestimmten, sind zum Teil so seltsamer Art, daß sie einer kurzen Besprechung bedürfen, zumal Kraus eine Reihe wunderlicher Mißver ständnisse untergeschlüpft sind. Strophe 1 des deutschen Liedes fordert die Hörer auf, etwas Neues (also offenbar Grau siges) ohne Graus ansuhören. Kraus macht daraus: die Fassung verspräche etwas Neues ohne Graus
. Da das tschechische Lied an der selben Stelle von einem „überschrecklichen Er eignis“ spricht, so hält er dasselbe für das bessre. Daß der Inhalt des Liedes gar kein schreckliches Ereignis ist, sondern ein Hohn auf den Teufel, und Fausts Tod nur in der vorletzten Strophe erwähnt wird, ist ihm dabei nicht aufgefallen. Die sinnlose Schlußzeile „Immer nach seinem Belieben“ im Tschechischen' soll besser sein als das „Rieht’ er sich auf alle Weis“ des deutschen. Es ist ein Idickvers ge nau wie dieser. Kraus selbst muß
zugeben, daß der Verfasser des deutschen Liedes die Faust fabel besser kennt als der des tschechischen, daß er Fausts Herkunft aus Anhalt weiß, daß ihm die verschiedenen Schnelligkeiten der Teufel bekannt sind (Strophe 4), daß Faust zwischen natürlichem Obst und bloßem Blendwerk unter scheidet, daß er genau Bescheid weiß, wie Faust ums Leben kam. Die übrigen Punkte, in denen