Wohin fliegen nnsere Zugvögel? Innsbruck, 29. September. Gerade jetzt, wo viele Tausende armer Schwalben, durch Kälte und Hunger geschwächt, nicht mehr die Kraft finden, die Alpenhöhen zu überfliegen und ratlos scharenweise die Reise aufgeben müssen, hört man allenthalben die Frage, welchem geheimnisvollen Zuge folgend, fo viele Vogelarten jährlich zweimal auf die Wanderschaft gehen? Unter den verschiedenen Vogelarten gibt es bekanntlich Standvögel, die auch im Winter an ihren Brutplätzen
bleiben, Strichvögel, die nur kleinere Wanderungen unternehmen, und Zugvögel, die unabänderlich spätestens zür Zeit des herbstlichen Blätterfalles ihren südlichen Winter quartieren zuwandern. Die Versuche, die man an den großen Vogelwarten in Rositten, Tanger usw. durch Be ringungen angestellt hat, haben ergeben, daß es in Europa bestimmte Vogel st ratzen gibt, die von allen Vögeln immer wieder geflogen werden. Es handelt sich bei diesen allgemeinen von den verschie densten Vogelarten besuchten
im K a p l a n d e, wo sie sich mit den kleinen Seeschwal- b e n, die längs der Westküste Europas und Afrikas fliegend auch bis nach Süd-, ja sogar O st a f r i k a Vordringen, treffen. Bedeutend bequemer sind die ungarischen und die mittel deutschen Stare, die sich mit einem Winteraufenthalt in Portugal begnügen. Unsere heimischen Turm- und Rauchschwalben übersetzen selten, trotzdem sie als gute Flieger gelten, das mittelländische Meer, um nach Tunis zu gelangen, sondern bleiben meist in Süditalien über Winter. Besonders reiselustig
, über die tieferen Ursachen des Vogel fluges mit Sicherheit Auskunft geben zu können. Die ur sprüngliche Annahme, daß die Verschlechterung der Lebens bedingungen im Winter die gefiederten Sänger zur Reise in fremde Länder zwinge, wurde durch die Beobachtungen an gefangenen Zugvögeln, die unter den günstigsten Lebens- bedingungen überwintern, aber trotzdem den Reisetrieb nicht vergessen konnten und durch die sogenannten Frühflieger (z. B. unserer Segler, die schon im August während der schönsten Sommerszeit