Seite 10 .5flMltofct Scnbwjctfanft.' Samriag-Sonntag, btnB.u. 10. Sept. 1922. Theater. Vas Salzburger Wetttheater. i Der schöne Gedanke, in dem reizenden Salz burg, das Humboldt zu den drei schönfigelege- nen Städten Europas »rechnete, eine Kultstätte >es deutschen Theaters, ein Bayreuth des ge- prochenen Worts zu schaffen, hat ln der neue- ten Dichtung Hugo von Hosmannschals, dem „Salzburger Großen Welttheater', eine köstliche Frucht gezeitigt. Darum hat Hosmannsthal fetn weltliches
Paffionsspiel — als solches wird man lein „Großes Welttheater' am passendsten an sprechen — wohl auch Las Salzburger zube nannt. Denn im übrigen hat seine Dichtung mit Salzburg ebensoviel und ebensowenig zu tun wie mit irgendeiner anderen von Menschen be wohnten Stadt. Sie behandelt eine Menschheits angelegenheit und Ist infoferne überallhin zu ständig. Mit etwas mehr Berechtigung kann sich Max Reinhardt einen Salzburger nennen. Der unge- wohnliche Mann, den seine Schmeichler gerne mit Napoleon vergleichen
liebte, so macht sich auch Max Reinhardt nicht ungern den Spaß, neu angekommenen Gästen, die der sanft lächelnde, vormals kaiserliche Kammerdiener bei ihm einführt, zu erzählen, daß er vor sechsund zwanzig Jahren am Salzburger Stadttheater in Charakterrollen- debütiert habe. Heute ist er ein großer Herr, und der Glanz seines selbstge- schasfenen Namens strahlt auf die Stadt Salz burg zurück. Die zahlreichen Fremden, die aus aller Herren Länder herbeigeeilt sind, um die von ihm geschaffene
hat er sich damit begnügt, an den Stufen des Salzburger Do- ni.es, mit der monumentalen Schauseite der Kirche als Hintergrund, den „Jedermann' zu spielen. Diesmal ging er noch einen bedeutenden Schritt weiter und schlug in der Altarnische der Kirche selbst die Bretter auf, die im gegebenen Falle mehr als sonst die Welt bedeuten Theater für ein zahlendes Publikum in der. Kirche? Die Frommen im Lande bekreuzigen sich, aber der Erzbischof von Salzburg, der einer Probe bei wohnte, soll sich nachher dem Dichter gegenüber
in göttlichen Versen herrlich zu ent> chleiern. Fügt man zu allen diesen poetischen und Stimmungsreizen die überredende Gewalt einer sublimen Darstellung, die Moiffis Bettler erschütternd überragt, so ergibt sich als Summe «ine Leistung, auf die In diesen trüben Tagen Oesterreich doppelt stolz sein mag. Ist es auch dazu verurteilt, im großen Welttheaier die Rolle -des Bettlers zu spielen, so ward ihm doch in diesen unvergeßlichen Salzburger Tagen der Triumph zuteil, aus dem Abgrund seines Elends