Seite Brixen, Freitag, „Vriseener Chronik.' 2. Politische Kundschau. Gesterreich-Uttgartt» Es gibt kaum einen ekelhafteren Stolz als den, welchen die liberale Partei im Parlamente gegenwärtig zur Schau trägt. Die ganze Geschichte Oesterreichs soll sich um dies eine Ereignis, dass Graf Taaffe die Liberalen beleidigt hat, drehen; alle anderen Fragen sollen zurücktreten, das Parlament ein halten mit seinen Berathungen, damit der Herr Ministerpräsident und die Liberalen Zeit finden könnten
in einer der schwierigsten (!), von lausend Zu fälligkeiten bedrohten (so!) finan- ciellenOperation, dem Wechsel der Währung und der Herstellung der Metalleirculation, stehe, von deren Gelingen auf Jahrzehnte hinaus das wirtschaftliche Wohl ab hängig i st'. (Das meinten wir auch immer, aber Dr< Steinbach bringt dies ja im Hand umdrehen fertig, und ohne dass das Volk was davon g'spürt!) In solcher Zeit, meint die „Neue Fr. Pr.', sei es doppelt, ja zehnfach zu beklagen, dass die „deutschliberale Partei in einen Ver
zweiflungskampf getrieben werde'. Wie ringt sie im Namen der liberalen Partei die Hände um die verlorenen, schönen Ministersitze, die sür Plener und seine Getreuen schon lange in den Lüften baumelten. „Was man auch Schlimmes dieser Partei nachsagen, und welche Fehler sie auch schon begangen haben mag, das wird man nicht leugnen, dass sie eine — vielleicht die einzige — öster reichische Partei (Gott, wie schön!), dass sie, durch eine lange Leidensschule belehrt (wo Gras Taaffe mit dem ganzen Beamtenheer
, dass man kältere Füße dadurch bekomme, wie viele Leute glauben, das Gegen hat), in ihren Ansprüchen gemäßigt (sehr), social, politisch, freiheitlich, wirtschaftlich, in jeder Be ziehung eine Partei des Husts imlisu (eine über alle Maßen vollkommene Partei) ist. Graf Taaffe hat noch keine deutliche Antwort auf das Entlassungsgesuch des Ministers Kuenburg gegeben. Eine Zeitung meint, dass sich jetzt Graf Taaffe etwas weiter nach rechts wenden werde; eitle Hoffnung. „Das ist immer der alte Taaffe
', wie Dr. Lneger nach der berühmten Rede zu dem Grafen Taaffe gesagt haben soll. ,,Wer er soll's nur nicht zu laut sagen', soll darauf Taaffe gesagt haben, und da hat er Recht. DerHilsernf an die Jungczechen. Ach, dass sie doch Raison annehmen möchten — die Jungczechen, so klingt's zwischen den Zeilen einer katholischen Zeitung durch — dann wäre die Majorität ohne die Liberalen vorhanden. Ja, ganz gewiss, dann wäre die Frage gelöst, die liberale Partei trocken gesetzt