„Bozner Nachrichten', Dienstag, 26. August 1912. str. 194 Humoristischer Roman von Gustav Rehfeld. „ - (Nachdruck verboten.) (16. Fortsetzung.) Der Rest des Mahles verlief unter gleichgiltigen Be merkungen. Als man sich aber von demselben erhob/zog Otto seine Uhr hervor und das Zifferblatt derselben be trachtend, sagte er: „Es ist jetzt zwei Uhr,um fünf geht mein Zug, — da wird es also Zeit, daß ich mich auf den Weg mache!' „Was, — Sie wollen bereits wieder abreisen?' rief Luise
sie rasch hinzu: „Grüßen Sie man auch Ihre Mutter recht schön von mir!' Mit ganz undefinierbaren Empfindungen versprach Otto das: „Löben Sie wohl, Herr von Mühlen? Es hat mich rechte gefreut!' sagte Luise, dem Gaste kräftig die Hand schüttelnd. „Würde Sie gern ein Stück begleiten, aber die Arbeit drängt! Sie müssen schon verzeihen, wenn ich Sie also nur bis zur Gartentür bringe!' „Aber bitte, gnädiges Fräulein, derangieren Sie sich durchaus nicht, bleiben Sie ruhig hier, finde den Weg schon allein! Wäre
untröstlich für mich, wenn Sie mei netwegen in Ihrer Arbeit zurückblieben!' ^ rief Otto lebhaft aus. Noch eine Verbeugung, ein „Leben Sie wohl, meine Herrschaften!' und fort war er. — - „Gott sei Dank, den sind wir los, der kommt nicht wieder!' rief Luise mit einem tiefen Aufatmen. „Anne marie kann sich freuen, das heißt: eigentlich nicht! Ich wünschte, sie hätte ihn gesehen! Ich glaube, der hätte ihr gefallen!' „Das glaube ich auch schon, gnädiges Fräulein,' nickte Johann, „aber ich bitt' Sie, — bloß
tun und nichts dahinter! Nein, das ist nichts für Fräulein Annemarie, — da geben wir sie nichtHin!' Luise hatte mit dem größten Gaudium den Ergüssen ihrer Pseudoeltern gelauscht. „Na, Kinder, das könnt ihr nun halten wie ihr wollt!' lachte sie. „Ich glaube nicht gerade, daß man euren Rat dabei erforschen wird, wenn es sich darum handelt, die Annemarie zu verheiraten, überhaupt ist eure Rolle als Herr und Frau von Schulzendorf jetzt ausgespielt. Da habt ihr jeder einen Taler, weil ihr. eure Sache
gut ge macht habt! Seid die geborenen Schauspieler! Nun aber schnell in eure Alltagskluft zurück, hier aufgeräumt und die Spuren beseitigt, — in einer halben Stunde darf nichts mehr von allem zu sehen sein!' Am späten Nachmittag kehrten Schulzendorfs aus Klüssow zurück, sehr guter Laune, nur etwas von der Fahrt ermüdet. „Nichts Neues passiert, Luise?' erkundigte die Haus frau sich beim Aussteigen. „Nicht, daß ich wüßte, Tante! Was soll denn hier passieren?' „Könnte nicht jemand zu Besuch gekommen