1.325 Ergebnisse
Sortieren nach:
Relevanz
Relevanz
Erscheinungsjahr aufsteigend
Erscheinungsjahr absteigend
Titel A - Z
Titel Z - A
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Volksbote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TVB/1912/01_03_1912/TVB_1912_03_01_6_object_2154683.png
Seite 6 von 24
Datum: 01.03.1912
Umfang: 24
Mann erschrocken; „oder hast vielleicht eine Absicht, ein Borhaben draußen in der Stadt?' „Gar keines; ich bin mir auch nicht klar, was ich anfangen soll. Aber hier bleiben kann .ich auch nicht ohne Beschäftigung, ohne Ziel und Arbeit. Ich tät mich schämen.' „Luise, du hast's ja gar nicht notig, dich mit Arbeiten zu Plagen. Wie mir der Vetter Sepp er- gahlt, hat dir dein Vater mehrere Hunderttausend -Gulden verschrieben. Mit soviel Geld kann man .sich das Leben aufs schönste einrichten

, ich tät nie- anals glücklich werden darin. Da draußen in der Madt ist soviel Falschheit und eitler Schein, daß «mir graust davor. In einem stillen Bergwinkel ibei treuen, einfachen Menschen zu leben, zu ar beiten und zu sterben, da s ist meine Sehnsucht.' - 'Aber, Luise, das schickt sich nimmer; dafür bist du zu reich, zu fein und zu nobel.' Noblesse wird schon vergehen, sobald ich wieder aus Acker und Feld arbeiten kann, und ^ ich mir das Glück nicht unterbinden,' sagte das Mädchen fast trotzig

vertauscht zu haben?' „Es wird mich keinen Augenblick reuen, wenn ich nur zu den richtigen Leuten komm, die mich ein bißchen gern haben und bei denen ich mich heimisch fühlen darf.' „Luis^, Luise, dann brauchst' nicht weit fort zuziehen, solche Leute findest hier in nächster Nähe .. . Das Burgele liebt dich wie eine Schwe ster und ein anderer Mensch liebt dich noch viel tausenmal stärker. . . . Hier bist daheim.' Das Mädchen wurde glührot, es hob seine großen Augen zu dem Manne empor, schlug

sie aber sofort nieder Und zitterte wie in jähem Schrecken. Nach einer Pause sagte es halblaut:' „Nirgends tät ich lieber bleiben, als hier bei euch — und wenn ich fortgehe, laß ich mein Herz und meine Seele da. Aber seit ich von der StM gekommen bin, hat sich eine tiefe Kluft zwischen uns aufgetan; es ist anders wie früher. Ihr behandelt mich nich^ mehr wie euresgleichen.' „Luise, wir haben uns nicht getraut. Du .stehst ja himmelhoch über uns, du bist so schön nnd nobel geworden — ganz anders wie früher

.' „Aber mein Herz ist gleich geblieben und d a s schlägt heißer für euch als jenials.' „Für wen schlägt's denn, Luise?' stürmte er, „sag's noch einmal — schlägts auch für mich ein bißchen.' „Für dich schlägt's am heißesten,' erwiderte das Mädchen leise; „es hat schon dein gehört, wie ich für dich ins Feuer gesprungen bin und seit dem hat's mich jeden Tag stärker zu dir hingezo gen. Du warst meine Sehnsucht, mein liebster Ge danke.' „Luise, meine Luise!' jubelte er, „nun will ich dir auch was sagen. Schau

1
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Volksbote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TVB/1912/29_03_1912/TVB_1912_03_29_4_object_2154769.png
Seite 4 von 20
Datum: 29.03.1912
Umfang: 20
^ nur auf ein kleines Zeitl geh' ich weg . i « Wir reden später davon.' Der Sonnleitner wollte noch etwas fragen, aber er wurde abgerufen und mußte sich anderen Gästen widmen. Indes steckten die Leute an den Nachbartischen ihre Köpfe zusammen und tuschel ten sich leise Worte in die Ohren. Die Herkunft des schönen, geheimnisvollen Mädchens war längst kein Rätsel mehr in Hochwald. Luise selbst hatte erzählt, wer ihr Vater und ihre Mutter seien. Als halb zu ihnen gehörig, brachten nun die Hochwalder dem vornehmen

Mädchen Noch grö ßeres Wohlwollen entgegen. Auch sein Verhältnis zum Sonnleitner Friedl blieb nicht verborgen. Soeben hatte es sich wieder gezeigt, wie nahe sich die Beiden standen, und allenthalben flüsterte man sich zu, daß nächstens eine große Hochzeit zu erwarten sei. Die Freude über dieses Paar, das für einander geschaffen schien, war allgemein und man wünschte den Zweien um so mehr Glück, als sowohl die Luise wie der Friedl die Hochschät- zung und Liebe des ganzen Tales genossen. Viele Bekannte

und Nachbarn traten jetzt an den Tisch der Steingasserischen, stießen mit dem Mädcken an und sagten ihm ein paar freundliche ooer neckische Worte. — -'Nach einiger Zeit wurde Luise in das Wi- dumhaus gerufen, wo ihr der Bischof und der neue Seelsorger den herzlichsten Dank für bie großen Zuwendungen an die Kirche aussprachen. Als das Mädchen, von holder Scham Übergossen, wieder heraustrat, hielt der Pfarrer von Nieder wald in der Tür eine kleine Ansprache an das selbe, feierte es als die größte Wohltäterin

der neuen Kirche und schloß mit einem kräftigen Hoch. Der Jubel, die Begeisterung, mit welcher die Menge in das Hoch einfiel, war noch viel lauter und stürmischer als vorher beim Vivat des Schu- sterkaßl Zitternd stand Luise in ihrer rührenden Verschämtheit da, sie wußte sich nicht zu helfen und wagte kaum, die Augen aufzuschlagen. Das höchste Glück über diese großartige Ehrung emp fand der Sonnleitner Friedl und nächst daran der Geiersepp. — Letzterer wurde auch in den Widum gezogen

und hatte eine lange Unterredung mit dem Bischof. Nach derselben kam er mit trä nenden Augen heraus, aber auf seinem Gesichte lag ein ganzer Himmel von Ruhe und seligem Frieden. In ungetrübter Freude ging das herrliche Fest zu Ende. Abends um sechs Uhr erklangen nochmals die vier Glocken miteinander, als fest liches Betgeläute und nicht endenwollende Pöller- falven rollten durch die Berge. Dann wanderten die frohgestimmten Menschen scharenweise nach Hause. Auf dem Heimwege fanden sich diy Luise und der Friedl

2
Zeitungen & Zeitschriften
Bozner Nachrichten
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/BZN/1912/27_08_1912/BZN_1912_08_27_6_object_2410342.png
Seite 6 von 8
Datum: 27.08.1912
Umfang: 8
„Bozner Nachrichten', Dienstag, 26. August 1912. str. 194 Humoristischer Roman von Gustav Rehfeld. „ - (Nachdruck verboten.) (16. Fortsetzung.) Der Rest des Mahles verlief unter gleichgiltigen Be merkungen. Als man sich aber von demselben erhob/zog Otto seine Uhr hervor und das Zifferblatt derselben be trachtend, sagte er: „Es ist jetzt zwei Uhr,um fünf geht mein Zug, — da wird es also Zeit, daß ich mich auf den Weg mache!' „Was, — Sie wollen bereits wieder abreisen?' rief Luise

sie rasch hinzu: „Grüßen Sie man auch Ihre Mutter recht schön von mir!' Mit ganz undefinierbaren Empfindungen versprach Otto das: „Löben Sie wohl, Herr von Mühlen? Es hat mich rechte gefreut!' sagte Luise, dem Gaste kräftig die Hand schüttelnd. „Würde Sie gern ein Stück begleiten, aber die Arbeit drängt! Sie müssen schon verzeihen, wenn ich Sie also nur bis zur Gartentür bringe!' „Aber bitte, gnädiges Fräulein, derangieren Sie sich durchaus nicht, bleiben Sie ruhig hier, finde den Weg schon allein! Wäre

untröstlich für mich, wenn Sie mei netwegen in Ihrer Arbeit zurückblieben!' ^ rief Otto lebhaft aus. Noch eine Verbeugung, ein „Leben Sie wohl, meine Herrschaften!' und fort war er. — - „Gott sei Dank, den sind wir los, der kommt nicht wieder!' rief Luise mit einem tiefen Aufatmen. „Anne marie kann sich freuen, das heißt: eigentlich nicht! Ich wünschte, sie hätte ihn gesehen! Ich glaube, der hätte ihr gefallen!' „Das glaube ich auch schon, gnädiges Fräulein,' nickte Johann, „aber ich bitt' Sie, — bloß

tun und nichts dahinter! Nein, das ist nichts für Fräulein Annemarie, — da geben wir sie nichtHin!' Luise hatte mit dem größten Gaudium den Ergüssen ihrer Pseudoeltern gelauscht. „Na, Kinder, das könnt ihr nun halten wie ihr wollt!' lachte sie. „Ich glaube nicht gerade, daß man euren Rat dabei erforschen wird, wenn es sich darum handelt, die Annemarie zu verheiraten, überhaupt ist eure Rolle als Herr und Frau von Schulzendorf jetzt ausgespielt. Da habt ihr jeder einen Taler, weil ihr. eure Sache

gut ge macht habt! Seid die geborenen Schauspieler! Nun aber schnell in eure Alltagskluft zurück, hier aufgeräumt und die Spuren beseitigt, — in einer halben Stunde darf nichts mehr von allem zu sehen sein!' Am späten Nachmittag kehrten Schulzendorfs aus Klüssow zurück, sehr guter Laune, nur etwas von der Fahrt ermüdet. „Nichts Neues passiert, Luise?' erkundigte die Haus frau sich beim Aussteigen. „Nicht, daß ich wüßte, Tante! Was soll denn hier passieren?' „Könnte nicht jemand zu Besuch gekommen

3
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Volksbote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TVB/1912/02_02_1912/TVB_1912_02_02_5_object_2154549.png
Seite 5 von 40
Datum: 02.02.1912
Umfang: 40
, Hörde er in der Stnbe sehr lautes, vielstimmiges Reden und Helles Lachen. )-r öffnete die Türe und blieb wie angewurzelt stehen. Am Tische saß in einfacher, städtischer, ^ sehr kleidsamer Tracht Luise, das stumme ^^chen und rund um dasselbe hockten sämtliche „Luise, ist's möglich? Du bist's?' schrie er freudig überrascht. Das Mädchen wurde glührot, stand auf. «atzte seine Hand und sagte mit weicher, klang voller Stimme: '^rüß dich Gott, Sonnleitner. — Ja, end- u« bin ich dazu gekommen, meine alten

Wohl täter und Freunde zu besuchen und ihnen aus drücklich für alles zu danken.' Der Fried! riß Mund und Augen auf und brachte lange Zeit in seinem maßlosen Erstannen kein Wort hervor. Nachdem er eine Weile fast zweifelnd die Gesichtszüge des Mädchens ange starrt hatte, riet er zitternd vor Erregung: „Ja, Luise, bist du's, oder bist du's nicht? Du kannst reden, so schön reden! Ist ein Wunder geschehen, oder was denn?' „Ein Wunder ist g'vad nicht geschehen,' er widerte das Mädchen lächelnd

als auf dem Bilde. Fast entzückt schaute er es an und dann sagte er feurig: „Luise, ich wünsch' dir Glück — zu tausend mal Glück! .... Ich kann dir nicht sagen, wie es mich freut. ... Wenn ich selbst in deiner Lag' gewesen wär' und das Glück gehabt hätt', tät' ich' mich nicht stärker freuen. . . . Und daß du 'uns nicht vergessen hast, freut mich auch.' „Und gar so fein und nobel sprechen kann die Luise, fast zu nobel für uns', mischte sich der Steingasser in die Rede. „In der Stadt redet man so, ich hab's

und dann bleiben wir im- mer hier. . . . Aber ihr werdet nicht Platz haben für uns beide. . . . Wenn einmal der Sonnleit ner sein Haus ausbaut, könnt' er uns wohl ein Zimmer einrichten — wir sind nicht heikel.' Für eine Unterkunft werid' ich schon sorgen,' erklärte der Friedl begeistert. Man blieb noch eine Zeitlang im frohen, traulichen Gespräche beisammen. Dann schickten sich die Hausleute an, das Nachtmahl herzurich ten. Während dessen ging der FriM mit der Luise hinaus auf das Feld. Sie plauderten

mit sammen wie Geschwister. Nach einer Weile sagte der Friedl: „Luise, eigentlich sollt' ich mich schämen, daß ich so grob mit dir rede. ... Du bist nobel und vornehm und ich glaub' alleweil, ich darf nicht „d u' zu dir sagen.' ^ „Was dir einfällt!' entgegnete das Mädchen errötend; „wer hat mich denn in der Not aufge nommen? Mir die größten Wohltaten erwiesen? Mir das Leben gerettet?' „Sei still. Luise; du hast dich ja zuerst für mich geopfert, du bist für mich ins Feuer gegan gen.' „Ich tät

4
Zeitungen & Zeitschriften
Bozner Nachrichten
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/BZN/1912/29_08_1912/BZN_1912_08_29_9_object_2410379.png
Seite 9 von 20
Datum: 29.08.1912
Umfang: 20
1. Beilage zur Nummer 196 der Bozner Nachrichten vom 29. August 1912 Weil sie sich freien sollten. Humoristischer Roman von Gustav Rehfeld. ' (Nachdruck verboten.^ (17. Fortsetzung.; „Weißt du, wer der Reisende war, der uns gestern auf gesucht und um deswillen ich euch fortgeschickt habe?' begann Luise. „Na?' fragte Schulzendorf, ein Auge zukneifend. „Annemarie's Freier, Herr von Mühlen!' gestand Luise ein. „Mädel, bist du toll?' fuhr der Hausherr auf. „Nicht im geringsten, Onkel!' lachte Luise

. „Das Mädel hat erklärt, sie will ihn nicht. Tante hat erklärt, sie müsse ihn nehmen, weil es vereinbart sei. Da habe ich mich ihrer als der schwächeren Partei angenommen, den Brief, in welchem er seine Ankunft meldete, unterschlagen, euch gestern fortge schickt und ihn dann empfangen!' „Unglaublich!' machte der Hüne. „Aber wahr!' vervollständigte Luise. „Weißt du, Anne marie, ein schmucker Kerl ist er aber doch, der Herr von Mühlen!' „So? Meinetwegen, — ich danke für ihn!' erwiderte das Mädchen

schnippisch. „Weil du ihn nicht kennst'! versetzte Luise. „Ich kann dir nur sagen: ein reizender Mensch, bloß daß er ein minder großes Gut hat: — zwölf Schweine, wie Johann erforscht hat, vier Pferde und so weiter! Er selbst sagte: er müsse eine Partie machen!' „Da haben wir's, ein Spekulant, ein Mitgiftjäger!' meinte Annemarie wegwerfend. „Wenn, er nicht bloß so getan hat!' meinte Luise. „Ich kann dir nur sägen/ er ist ein feiner Mann, nicht etwa so ein Großbauer!' ^ ' „Nun erzähle aber mal den ganzen

, für Annemarie keine geeignete Par tie seien, — da gäben sie sie nicht hin!' Eine wahre Lachsalve ertönte als Antwort. „Das ist ja zum Sielen!' stöhnte Schulzendorf. „Schade bloß, daß ich das nicht mit anhören konnnte! Na, der Müh- len wird eine schöne Idee von uns bekommen haben! Nun erzähle aber der Reihe nach, Wising!' . Das geschah denn auch, und selten hatten die drei eine ?o vergnügte Stunde wie diese verbracht. Am frohesten war Annemarie. So sehr auch Luise die Vorzüge des nun vor aussichtlich

für immer aus der Schußlinie verschwundenen Meiers hervorhob, — das fchöne^Mädchen war zufrieden, ^aß die drohende Gefahr abgewendet war und wußte der Cousine für ihre schlaue Intervention aufrichtigen Dank. „Wenn bloß die Mutter nichts von der Beschichte er fahrt!' sagte Schulzendorf schließlich besorgt, nachdem er sich endlich von seinen ungemessenen Heiterkeitsausbrüchen er- holt hatte. m bw wird sie denn!' versehte Luise unbesorgt. „Die ^schichte ist für immer aus!'. „Wollen es hoffen!' meinte

5
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Volksbote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TVB/1912/16_02_1912/TVB_1912_02_16_4_object_2154632.png
Seite 4 von 20
Datum: 16.02.1912
Umfang: 20
,' fing das Mädchen wieder zu reden an. „Luise, wir haben nur getan, was unsere Pflicht war,' entgegnete. der Sonnleitner schein bar kühl, während eine tiefe Erregung seine Ge stalt durchzitterte. Immer wieder drängte sich ein Wörtchen aus seine Zunge, aber er hielt es mit ganzer Kraft zurück . . . . Nein, nein, von Liebe durfte er zu dem Mädchen nicht sprechen. Zwischen ihm und der Luise bestand ja eine breite, tiefe Kluft. Er war ein einfacher Bauer, dazu noch verschuldet und ohne Haus

schließungen lenkte er seine Schritte wiederum dem Hause zu. Luise ging still und schüchtern neben ihm her. Beim. Gartentor fragte sie plötz lich: . „Sonnleitner, Hab' ich dich beleidigt? Ich bin noch so ungeschickt im Reden und sag' oft närrisches Zeug daher; aber kränken will ich niemand—dich schon gar nicht.' „Mich beleidiget? Mit keiner Silbe! . Du redest ja so schön und sein,' erwiderte er ge- > quält; „darfst dir nichts d'raus machen, wenn ich oft trübsinnig bin, ich Hab' viel Sorgen und' Kümmernisse

.' „Armer Mann!' seufzte das Mädchen; „soll- test es nicht gar so hart nehmen.' . Dann traten sie ins Haus. Eine Magd hatte dem Geiersepp von Luisens Ankunft Nachricht gebracht. Bald kam der Greis rüstigen Schrittes durch den Vorgarten herein. Er zeigte eine närrische Freude über sein Schwe sterkind und wurde nicht müde, demselben die Hand zu drücken und es reden zu hören. So aufgeräumt und munter hatte man den Alten noch nie gesehen. Auch Luise war heiter und er zählte in einemfort über den Aufenthalt

von dem Mädchen und trugen ihm auf, ja bald wieder zu kommen. Nur der Friedl stand düster zur Seite. Als ihn Luise bat, sie ein Stückchen zu begleiten, da er ja doch zur Kirche hinunter wolle, redete er sich unbeholfen aus. er ^ habe nicht Zeit, denn er müsse zuerst in den Wald hinauf, nach einem Holzschlag zu sehen. Das ! Mädchen schaute ihn eine Weile stillinnig an und sagte mit einer Träne im Auge: „Sonnleitner, laß dir deine Sorgen .nicht gar zu schwer auf's Herz fallen. Behüt Gott! ' Dann schritt

es mit seinem Vetter rasch den Berg hinab. Der Friedl blickte ihm von einem Fenster des Hauses so lange nach, als er einen Streifen des hellen Kleides sehen konnte, und es reute ihn jetzt heftig, daß er die Bitte des Mäd chens abgeschlagen hatte. — Seine Hoffnung, es werde Ruhe in das Herz einkehren, sobald Luise wieder fort sei, täuschte ihn gründlich. Tag und Nacht Hatte er jetzt das Bi!d des Mädchens vor der See!e und je stärker er sich mühte, dasselbe fortzuweisen, desto lebendiger und rührender drängte

6
Zeitungen & Zeitschriften
Südtiroler Landeszeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/SLZ/1920/16_09_1920/MEZ_1920_09_16_5_object_744980.png
Seite 5 von 8
Datum: 16.09.1920
Umfang: 8
nicht faulenzen. Hu. eine Ungeduld verspürte sie in allen Gliedern . . . wie. wenn er kam. und sie lag noch im Bett! ..Theresl, ich steh auf,' sagte sie mit plötzlichem Ent schluß. und. obgleich die Schwester ihr das Verbot des Arztes vorhielt und ihr die Kleider verstecken wollte, richtete sie sich auf. streckte die Beine über den Äettrand und bat und bettelte so lange, bis Therese einsah. daß sie nicht mehr zu- rückzuhülten sei. Und bald war Luise angezogen, stand mit roten Ohren und fiebrigen Augen

da und rückte sich einen Stuhl an das Fenster. Therese machte sich daran, ihre Kleider aus den Schränken zu nehmen und zusammenzu- legen, und schwatzte aufgeregt, wiie sie sich schon wehren wollte, wenn jemand ihr nicht so begegnen würde: wie sie es gewohnt sei und verlangen könne. Ei. sie sollten sich nur in Acht nehmen, alle zusammen — und die Geizkofler-Mädchen am meisten . . . Aber Luise spähte mit klopfendem Herzen den Weg entlang, hinüber zum Dorf, zum Mansfeldtholz hinauf, über den schmalen Fußpfad

und ihn be- komplimentiert, daß er nun ein Bräutigam sei. —' Tante Philippa nahm eine streitbare Haltung an und sagte trocken, es sei bei den Pilgram nicht wie bei denen Bauern, wo der Bursch zu seinem Mädchen von Liebessachen rede, ohne daß er zuvor beim Vater um die Hand der Toch ter anhalte. Und Luise sei so wohlerzogen, daß sie nichts Un- ziemliches angehört hätte. „Ach Gott.' sagte die Delama. „Das mußt dl» dir nur aus dem Kopf schlagen. Er ist abgereist, noch gestern in der Nacht.' «Wie? Ohne sich zu verabschieden

vor Halbzeit erhöhte Hurny den Vorsprung auf drei. Rach Seitenwechsel war eine längere Zeit hindurch offenes Spiel in welchen beide Verteidiger erfolgreich arbeiteten. Mit dem vierten Goal brach „Wacker' zusammen Aber die Tante verbat sich alles, ließ sich unbewegt auf beide Wangen küssen und stieg, als die Delama endlich Ab schied genommen harte, zu den Mädchen hinauf. „Was? Du bist aufgestanden. Luise? Nun. dann komm nur mit hinunter, wenn du dich gut fühlst. Wir wollen ein- packen.' Di« Stubnerin wurde

gerufen und einer genauer Prüfung der Hände unterworfen. Als diese sich nicht allzu rein erwiesen, mußte sie sich vor den Augen der Tante waschen, auch eine frische Schürze vorbinden. Dann durfte sie die Schränke öffnen, die nach Salbet und Lavendel duftenden Kleider herausheben und in die schon bereitstehen den Koffer packen. Luise saß fröstelnd trotz des warmen Sonnenscheins in einem tiefen Fauteuil mit halb geschlosse nen Augen, lächeltie trüb und dachte mit heimlichen Ge«l wissensbissen daran

7
Zeitungen & Zeitschriften
Südtiroler Landeszeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/SLZ/1920/25_08_1920/MEZ_1920_08_25_5_object_744479.png
Seite 5 von 6
Datum: 25.08.1920
Umfang: 6
. Und wenn du es nicht selber unternehmen willst, dann solltest du wenigstens eine andere Perlon an deiner Statt kinschicken. Denn die Mutter Gottes sieht das Herz und den Willen an, nicht das Vermögen.' Die Delama rüstete sich zu einer energischen Abwehr, als es anklonfte und Luise bescheiden ins Zimmer trat. „Grüß dich Gott, ma toute belle.' rief die Besucherin er freut über die Unterbrechung und küßte das Mädchen mit schmatzendem Geräusch auf beide Wangen. „O. wie du wieder hübsch aussiehst — nun. nun. ich bin eine alte

Iunnfcr. Vln- lippa, ich werde sie nicht eitel machen. Ja. wenn ein junge: Mann ihr das gesagt hatte!' .. „O gnädiges Fräulein, wie dürfte ich es anhören!' „Warte nur. die Kavaliere beim Schützenfest — freust du dich schon recht?' Luise wurde rot und bleick und stotterte etwas. Aber die Delama inauirierte weiter: ..Wir werden diesmal ni-st.- Herren Offiziere haben, das sind doch immer die besten Tän zer. Nun. du hast deine Tänze gewiß schon alle vergeben. — Nicht? — nur einen? — ah. an Herrn

von Altlechen — ei ja. mich zieht er natürlich nicht aus zum Tanzen.' Luise wurde immer verlegener und stand mit niederge schlagenen Augen da. während die Delama lustia ihrecFreun- din zublinzelte. He, wie sich das Mädchen verriet! Nun ja. sie hatte es ja gewußt, ihrer diplomatischen Kunst konnte nicht Glasmalereistraße, die er sofort angetreten hatte, wurde er- wiesen. Cr hatte sein Quartter sogar schon eine Woche voraus- bezahlt. fein Gepäck war in schönster Ordnung, cs enthielt bloß Wäsche. Kleider

in der hiesigen Turnhalle ein Liederabend der be kannten Konzertlänaeri» Fräulein Bertha Wachtier aas foleichUtwas widerstehen. Aber Tante Philipp« batte Mit leid rmd trug dem Mädchen auf, Limonade und Konfekt Iyr= beizuschaffen. „Ich habe nicht viel zuHause. liebste Imma.' sagte sie — „du mußt schon exkusiercn. daß die Aufwartung bescheiden ausfällt. Nur was für den Durst und ein uralt Stückchen Biskuit.' Als Luise endlich freigekommen mar. flüchtete sie in bis Garten, wo Therese mißmutig in einer Hängematte

lag und sich langsam schaukelte. „Die Delama ist oben,' sagte Luise unb warf sich ins Gras. „O, das abscheuliche Weib mit ihrer Warze mir dem Kinn.' „Dafür kann sie doch nichts.' „Sie ist mir nun einmal verhaßt.' „Mir auch, Therese— o Gott, verzeih mir das UmecM.' Und dann fingen die Mädchen an. Haselnüsse »ist den Zähnen aufznknacken und von Anton zu reden, der für den nächsten Tag erwartet wurde. »st Die Schwestern waren im Gastzimmer um es für Anton herzurichten. „Es gibt Forellen heute abend

8
Zeitungen & Zeitschriften
Südtiroler Landeszeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/SLZ/1920/18_08_1920/MEZ_1920_08_18_5_object_744325.png
Seite 5 von 8
Datum: 18.08.1920
Umfang: 8
auch für den Fremdenverkehr geschloffen bleiben. — Dafür sind andere Fremd« hier, die zwar nicht buben, wohl aber kom mandiere» wollen. Ja di« Zelten ändern stch. 1 - (Nachdruck verboten.) Das adlige Schützenfest Erzählung von 2) Richard Huldschiner. ■>', Luise hob die Arme und begann außer sich vor Freude «über der! schönen Tag und das Fest und die Menschen über haupt, die alle so gut zu ihr waren, sich schnell im Kreise um sich selber zu drehen, daß es dem Zuschauenden ganz -schwindlig wurde. Dann hielt

!' und schritt, begleitet von der fröhlich Knixenden. bedächtig zur Glastür hinaus. Als Luise allein war, räumte sie die Noten in ein japa nisches Lackkästchen, klappte das Spinett zu und stand dann nachdenklich vor dem Instrument, indes ihre Blicke langsam in die Höhe wanderten. bis sie an einem weißen Relief hän gen blieben. Au» Tramin wird uns geschrieben: Gegenwärtig wird das Presbyterium unserer Pfarrkirche von unserem tüchtigen Meister Zanotl gemalt und verspricht der gemachte Anfang einen erfreulichen

Gewänder ge kleidet, sah unter dem Kuß des stürmischen Jünglings un bewegt gradaus ins Weite und stemmte eine Hand nachlässig in die Hüfte. Auf der einen Seite hes Bildes wuchs ein pri mitiver Palmbaum in die Höhe, aus der andern drängten sich die Schafe um eine Zisterne, auf deren aufgerichtetem Deckel geschrieben stand: Vlöit Jakob Rahel et osculatus est eam A. D. MDCCLXI was das nun hieß, das verstand Luise nicht. Aber daß es etwas mit Küssen sein mußte, sah sie ohne weiteres ein. Nun. ihr gefiel

, die westwärts zögen. Und alles tauchte wieder in gesättigte, friedvolle Stille unter, die nicht einmal das Krächzen der Raben drüben im Mansfeldt-Holz zu versagen vermochte. So hatte es Luise gern, alles so ruhig und sommerlich hell. Mt einem Satze war sie auf der Schaukel, wippte sich eta paar mal hin und her und lies dann, stch plötzlich ihrer Pflichten erinnernd, zum Pavillon hinunter, von dem nur da und dort ein Stück seines wetßgetllnchten Holzwerkes durch das dichte Buschwerk schimmerte. Ueber

sind auch nicht mehr da.' Luise musterte die fertigen Girlanden und die halbgeleer- ten Waschkörbe mit Zweigen. „Dann tmtji der Johann Ino Mansfeldt-Holz hinüber. Taxen abhauen. Der Graf hat es mir extra erlaubt .' Aber Therese war das Weinen nahe. In dem bleich süchtigen Gesicht zuckte es. und,die Mundwinkel waren tiei herabgezogen. „Ich habe Kopfschinerzen. Ich mag überhaupt nicht mel». Mir ist alles zuwider, das Fest und alles . . . und sie sollen einen lieber ganz in Ruhe lassen. Um mich kümmert sich dom

9
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Volksbote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TVB/1912/29_03_1912/TVB_1912_03_29_5_object_2154771.png
Seite 5 von 20
Datum: 29.03.1912
Umfang: 20
, von dem sie roh behandelt worden war, tröstete sie sich leicht; die sichere Herzensruhe jedoch wollte nicht mehr einkehren. , ' Um St. Nikolai starb das alte Feichtenmüt terchen und würde als erste in dem neuen Gottes acker von Hochwald begraben. Zum erstenmal klangen die neuen Glocken dumpf, wehmütig und doch wieder verheißungsvoll. Der Sonnleitner er innerte sich dabei lebhaft, wie das greise Weib lein seinerzeit ihm und der Luise das Unglück auf der Brandstätte vorhergesagt hatte. Abermals legten

sich bange Sorgen auf das Herz des jungen Mannes und er konnte es fast nicht mehr erwar ten, daß das geliebte Mädchen aus der Fremde zurückkchre. Tag und Nacht träumte er jetzt von seiner Braut und verzehrte sich in Sehnsucht nach ihr. Mehrmals beriet er sich mit der Schwester und dann kam er zum Entschluß, gleich nach Weihnachten, die Luise in Meran aufzusuchen und sie herauszuholen. '— Langsam rückte die frohe Festzeit näher und endlich war der heilige Christabend da. Brosl, der Großknecht, musterte

zu ma- „Luisele, bist Hü Kit und edel,' rief er in aufleuchtendem Glück. . .. . ^ Das gab nun fröhliche Feiertage in den beiden Höfen. Gemeinschaftlich mit dem Burgele, dem Jörg und den alten Dienstboten ging man zur Kirche, gemeinschaftlich verbrachte man die traulichen Abende und wurde nicht müde, immer wieder zu erzählen und die gegenseitige Freude sich zu beteuern. Luise war beim Beschauen der zukünftigen Heimat, des Sonnleitnerhofes mit all seinen Herrlichkeiten, förmlich entzuckt. Im mer wieder rief

sie jubelnd: „Fried!, Friedl — das hast aber schön gemacht — könnt' mir's nicht prächtiger und lieber wünschen!' — — Jetzt wurden auch die- letzten Vorbereitungen zur Hoch zeit getroffen. Luise wohnte im Steingasserhof und hatte noch manches an ihrer Ausstattung zu vollenden. ... Die Zeit ging jetzt schnell und auf einmal war der festliche Tag da. Vom Turme läuteten die Glocken so feierlich und groß wie am Ostersonntag und die Pöller dröhnten ununter brochen wie zu Antlafsen. Ganz Hoch- und Nie derwald

; nicht bloß die Neugierde hatte sie hergeführt, son dern auch die Absicht, den zwei lieben Menschen einen glücklichen Ehestand zu erbitten. Bei rau schendem Orgelklang zog die Hochzeitsgesellschaft in das Gotteshaus und gleich begann die feierliche Trauung. Als der Friedl und die Luise vom Al- tareherunterkamen,' flüsterten sich die Leute zu: „Ein schöneres Paar hat's nie gegebm!' — „Die werden gewiß glücklich!' — „Die Güte und das Wohlwollen schaut ihnen ja aus dem Gesicht.' — Ganz rückwärts neben

10
Zeitungen & Zeitschriften
Sonntagsblatt/Illustriertes Sonntagsblatt
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/pub/S/1913/27_06_1913/IS_1913_06_27_3_object_1024825.png
Seite 3 von 8
Datum: 27.06.1913
Umfang: 8
rungen. Seine Ankunft in München aber noch ^ter hinaus zu schieben, war schließ lich geradezu unmöglich. Als der Postwagen, der ihn zur nächsten Eisenbahnstation brin gen sollte, abfahren wollte, reichte man ihm euren bereits drei Tage alten Brief von Anna Bender zum Fenster hinern. Die Damen weilten, wie er aus demselben, erfuhr, be reits in Münchey, wo sie ihn zu sehen hofften. Warum aber, kein Brief von Luise — von Andrinot? Sicher hatten die Seinen die beiden Lieben nicht mehr daheim ange troffen

. . Hoch flammte, während ihn der Eilzug seinem Ziel zuführte, in Guido, der sich so recht in die Zeit zurück dachte, in der er vor drei Jahren denselben Weg in der entgegengesetzten Richtung zurückgelegt hatte, seine ganze sehnsüchtige Leidenschaft für Luise von neuem auf. Was ihm damals als Ziel vorschwebte — es war erreicht! Sein end licher Erfolg, nicht mehr bezweifelbar nach jenem Brief seines durchaus zuverlässigen Freundes, machte ihm Luise zu eigen, das stille Götterbild

, zu dem er nur aus der Ferne aufschauen gedurft, wurde sein, ganz und gar. Luise — sein Weib! Wie ein Rausch umfing ihn dieser beseligende Ge danke! In München angekommen, schreckte ihn das laute Rufen seines Namens auf ttus seinen Träumen und führte ihn in die Wirk lichkeit zurück. Sein bester Freund und mehrere Kunstgenossen umringten ihn und ß Es hsl i>» Tsg dek Imle. ^ Nachdruck oerboten. A 8 Es hat der Tag, der laute, ^ 8 Tie Erde müd gemacht; . Nun naht, mit leisen Tritten , Die friedenvolle Nacht. Wie eine Mutter

waren. Jetzt nannte man seinen Namen neben den ihren! >Ta waren sie endlich bei seinem Bilde angekommen doch — o großer Gott! Aeffte ihn denn ein Traum?? Das — das war ja gar nicht sein unter so vielen Vor sichtsmaßregeln zustande gekommenes Aus stellungsobjekt: „Der heilige Aegidius von Engeln durch Wolken in den Himmel ge tragen.' — Das, was da vor ihm an- der Wand hing, umstellt von einer dichten Be schauermenge, aus der Rufe des Entzückens und der Anerkennung klangen — das lvar fein für Luise gemaltes

wandelnd in den Saal traten, in dem er sich befand — Luise! Seine Luise am Arme ihres Vaters! Es fügte sich gut, daß gleichzeitig mit ihnen ein Diener er schien, der den Präsidenten eilig zum Emp fang einer hohen Persönlichkeit abberief — dieser hätte sonst'Guido leicht für einen recht unhöflichen Burschen halten können. Denn ohne weiter auf seine Umgebung zu achten, stürzte dieser der Geliebten entgegen — mit geöffneten Armen, die aber wie ce- lähmt niedersanken vor dem Blick, mit dem

11
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Volksbote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TVB/1912/05_01_1912/TVB_1912_01_05_4_object_2154406.png
Seite 4 von 40
Datum: 05.01.1912
Umfang: 40
schöpfen für den Kirchenbau, weil g'rad' die Glocken wieder lauten — weil sie g'rad' nicht verloren sind, d ie Glocken!' Luise schaute ihn aufs höchste verwundert an und ihre Augen spiegelben die Frage: „Der Geiersepp? Mein Vetter ist wieder da? Woher weißt' denn das?' „Ja, ja, es ist so,' erwiderte er auf ihre for schenden Blicke, „sonst täten wir die Glocken nicht hören. ... Weißt, die Glocken läuten nicht von selbst, sondern werden von Menschenhänden ge zogen, — immer hat sie der Geiersepp geläutet

.' Jetzt war das Mädchen noch erstaunter und die helle Freude glänzte auf seinem Antlitz. — Als das Geläut ausgeklungen hatte, stieg der Friedl schweigend den Berg hinauf. Luise folgte ihm demütig wie ein Hündchen und sehnte sich darnach, daß er weiter mit ihr spreche; er schien aber das arme Mädchen ganz vergessen zu ha^n, so sehr war er mit den eigenen Gedanken be schäftigt. Richtig hatte sich der Sonnleitner in.seiner Vermutung nicht getäuscht. Ter Geiersepp war wieder im Tale. Am nächsten Morgen, da der Friedl

' ich, es geht mir der Schnaufer aus und es ist fertig mit mir. Aber ich will nicht sterben, ich darf nicht, um alles in der W?lt nicht! —, Was soll mit der Kirche, mit den Glocken und mit dem armen Kind, der Luise, werden? — -—Und dann kommt wieder der eiskalte Schwitz und der todharte Schnaufer.' „Also ist's doch wahr,' unterbrach Friedl den Alten; „gerade in dem Zustand hat dich das Feuchtenmütterchen einmal in der Nacht gesehen. Zu Anfang Winter, glaub' ich, war es.' „So, so, das Fenchtenmütterchen

Schnaufen . . . Ganz verzweifelt klagt er sich der Verfehlung an, da mals mit meiner Schwester, und will alles tun, um die Schuld gut zu machen. ... Mein Gott, er hat auch abgebüßt genug; — und doch verlangt er alleweil von mir, daß ich ihm noch eine Buße qebe . . » Weil er gar nicht nachläßt, habe ich Hm auch eine Buße gegeben, eine große Buße, eme recht große; aber er kann sie leicht tragen, tut ihm nicht wehe. ^ . . . Ui^> alle weil fragt er nach dem Kinde, der Luise. ^ Brüder und Schwestern

da, um die Luise zu holend ^ Der Greis hörte auf zu reden und auch der Sonnleitner schwieg erschüttert. Nach einer Weile sagte der letztere beinahe vorwurfsvoll: „Also, die Luise willst fortnehmen? Du willst uns das Mädchen entziehe n?' „Mein 'Gott, wie kann ich denn anders^' begütigte der Greis; „wenn du das Elend und den Jammer des Vaters gesehen hättest, könn test es auch nicht über's Herz bringen, ihm den heißen Wunsch zu versagen ... Und übrigens treibt es der Graf nicht mehr lange, höchstens

12
Zeitungen & Zeitschriften
Südtiroler Landeszeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/SLZ/1920/07_09_1920/MEZ_1920_09_07_5_object_744787.png
Seite 5 von 6
Datum: 07.09.1920
Umfang: 6
. Alle »varen sie da. der Löwe, der Tiger, das Nilpferd. der Luchs, der Bär. der Wolf, der Vogel Nack, der Adler. das Elentier; nur der Eber war verbannt auf ewige Zeilen. Ach, wie die arme Göttin klagte um den schönen HtrtenI - Luise fühlte ihre Tranen fließen. Ach. sie hätte sich so gern nach dem Leutnant umgewandt der hinter Ihr saß. Sie fühlte seinen Blick und verinochte nicht ruhig zu sitzen: ach. seine Hand für einen Augenblick in der ihren fühlen zu dürfen! Aber sie hielt den schmalen Kopf unverwandt

und lachender Menschen sah sich Luise auf einmal von den Ihren getrennt und allein am Arm des Leutnants in einer einsamen Partie des großen Parks. Hier hörte man nur aus der Ferne das fröhliche Rufen der Menge und die sckinetternden Klänge der unermüdlichen Musik. Der Wind strich leise durch das Gebüsch, und ein Vogel zlrpte me lancholisch auf einem Baum. Nein, es war nickt recht, was sie tat. Luise fühlte es deutlich: aber/ mein Gott! — Er sprach so freundlich zu ihr. ob ihr nicht aut sei. weil sie so gar

. Schönste, bedenken Sie. daß ich nunmehr eine lange Zeit, wenn ich vor einsamen Soldatenzelten am Feuer des Biwaks sitze, nichts haben werde als die Erinneruna an diese kargen Stunden der Freude. Dann werde ich dieser stillen und warmen Nacht gedenken, da Philomele flötet.' Es war aber gar nicht Philomele. sondern ein wenig - stimmbegabter Nachtvogel: aber Luise durchschauerte es: sie i schloß die Augen und mußte es dulden, daß er ihre Hand drückte. Ach. sie sah es. es war Torheit

Wald ge gangen. weit, weit weg von allen Menschen ... „Wird Fräulein Luise wirklich an mich denken?' sagte er noch einmal. „Ueber ein kurzes stoße ich zu meinem Re- giment. und wenn ich mich vorher noch dem Herrn Vater vor stellen dürfte, als ein Mann, welcher zu hoffen »vagt. als ein Freund — ja. als ein naher Freund der Familie betrach tet zu werden, so wäre meine Glückseligkeit vollkommen.' Wieder faßte er nach ihrer Hand und führte sie zierlich, als ob er ein kostbares, leicht zerbrechliches

Gefäß in Händen halte, au seine Lippen, während die Augen fragend in dei» ihren ruhten. Ihr Herz klopfte. Tränen schossen ihr in die Augen. Himmlische Barmherzigkeit. — »venu sie doch nickt mit solchem Kummer an Gnaden Papa zu denken bra»ichte! Wie schön hätten solche Worte ihr noch vor zwei Tagen ge- klungen! Nein, sie konnte nicht sprechen. n»»r weinen ... und erzürnte ihn gewiß damit: sie war so d»»mm und kindisch — . „Liebste,' sagte er noch einmal, „will mich Luise nickt einer Antwort würdigen

13
Zeitungen & Zeitschriften
Südtiroler Landeszeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/SLZ/1920/19_08_1920/MEZ_1920_08_19_5_object_744351.png
Seite 5 von 8
Datum: 19.08.1920
Umfang: 8
zu bleiben: aber dann kam der Augenblick, der stärker war als zwei erbarmungswürdige Demoisellen: ein leises, verschämtes Kichern wollte sich nicht unterdrücken lassen, ach. es wurde immer deutlicher, und ur plötzlich mußten sie lachen, daß sie sich vor Entzücken nicht halten konnten; es schüttelte sie hin und her, daß sie mit den Köpfen zusammenstießen, als ob sie trunken wären. „Ach Gott, Therese,' stöhnte Luise und hielt sich krampf haft die Seiten — „was lachst du ... so ... ich kann ... schon

kniete wie gelähmt aus dem Boden, hielt sich mit beiden Händen am Türpfosten und wurde noch um einen Grad bleicher, als sie schon war. Und Luise hatte gute Lust, zu fliehen und sich irgendwo hinter einem Gebüsch oder im Badhaus zu verstecken. Aber der Leutnant übersah im Augenblick die Sachlage und verbeugte sich mit der vollen, ge wohnten Unbefangenheit. „Ich küsse allerseits die Hände, meine sehr verehrten Demoisellen,' sagte er und ließ dem Worte die Tat folgen, was bet Therese nicht so leicht

.' «Ach. Herr Leutnant' stotterte Luise purpurrot — „was werden Sie von uns denken, daß wir so derangiert sind!' Aber der Leutnant wußte, was sich gekörte. Er wehrte mit beiden Händen ab und flüsterte entzückt: „Auch so sind beide Fräuleins reizend und wahrlich anbetungswürdige Exemplare aller weiblichen Tugenden.' Therese begann langsam zum Leben zurückzukehren. „Wir hatten etwas weniges gelacht.' sagte sie und richtete sich aus. „Aber es nur der Tante nicht sagen, Herr Leutnant! Sie schilt

uns sonst aus, ich mag gar nicht dran denken.' Luise zupfte an einer Girlande, die sie in Händen hielt und Überließ es der Schwester, die Unterhaltung weiterzu- führen. Von Zeit zu Zeit freilich streifte den Leutnant ein scheuer Blick, der rvie erschrocken über seine ungeheure Kühn heit schnell wieder in den Doden versank. Ach Gatt, wie nur Therese die Sätze zu führen vermochte! Kein bißchen er schrocken war sie! Und was er nur alles sagte! „ „Wie lieblich ist dieser Ort! Wahrlich, selbst den verhär tetsten

Bösewicht müßte das junge Grün der Bäume bis zu Zähren rühren! Und mitten in diesem Reich der Träume zwei Feen, wie Nymphen im Haine Amathusias. Was meine l efche'chene Person anlangt, so weiß ich mir nichts Besseres, als still anbetend in die Knie zu sinken.' Aber er begnügte sich mit der Ankündigung, und Luise wußte es ihm Dank. Was hätte sie um Gottes willen mir anfangen sollen, wenn er wirklich — nein, er bat nur um den ersten Kontertanz und fragte, ob bis zum Feste die Eltern schon wieder zurück

14
Zeitungen & Zeitschriften
Südtiroler Landeszeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/SLZ/1920/26_08_1920/MEZ_1920_08_26_5_object_744499.png
Seite 5 von 8
Datum: 26.08.1920
Umfang: 8
sie »tt weben hatte, waren auch noch nicht zur Hälsie fertist. .Lieber will ich auf der Stelle sterben.' erklärte sie mit Fe« ^tistkeit. „Nein, so ga-zz ohne Vorfreude und kein Willkcmmen kersterichiet und flat nichts — nein. Luise, säst das nicht im Ernst, sonst muß sch wirklich weinen.' Luise nickte. „Es ist auch nichts. Immer denkt man fick sosthe Dinst« au«, und nachher ist e« nicht«. Ich bin PDS tßriji tttstews. ■* — — Unten im Klavierfaal aber trocknete sich Tante Philipps seufzend die Austen

, weil du Kaiserlicher Be amter bist. Ja. sogar damals, als der Kaiser Joses die Drei- faltigkeitskirche schließen ließ ' „Wir wollen das auf sich bertwen lassen. Gnaden Tante. Das sind alte Geschichten. Was uns heut beschäftigt, ist aus anderen Ursachen zu erklären, und wenn es zum Konkurs kommen sollte —' „O Gott, das schreckliche Wort!' „Ev nützt nichts, wie der Bogel Strauß den Kopf in den Land zu stecken. Wir wollen dle Mädchen rufen.' »Die armen Kinder! Erst gestern kabe ich noch mit der Mlama wegen der Luise

hmerzen.' Aber Luise schmiegte sich an den Bruder und sah ihm bittend in die Augen. Wenn er nur reden wolltel Therese zupfte ihn am Kinn: „Hast du uns etwas Schönes mitge- oracht. Bruder Anton?' „Ja. Ein schönes Stück Slesseltuch für jede. Es ist im Mantelsack.' Die Mädchen dankten in überströmenden Worten. Wirk lich? Nesseltuch? Blau? Oder gar in der Farbe der neuen i Kleider? Wie er das nur Erraten hatte! O du Guter — wie schön, daß er in die Sommerfrische gekommen war — Luise otttg an seinen Lippen

einmal die Forellen lobten fiel „Unsere neuen Kleider mußt du sehen. Anton.' sagte sie schließlich bekümmert, iveil keiner sprach. „Freust du dick nicht auf das Schützenfest?' Da brach die Tante plötzlich in Tränen aus. Es war zu viel, sie konnte vicht mehr. Luise schlang erschrocken die Arme uin sie. „Was haben Sie nizr. Gnaden Tante'-' Hat An'.on eine trübe Nachricht von den Eltern gebracht? Ist Papa krank?' Sie sah von einem zum andern. Therese machte nun auch Miene zu weinen, und Anton bliärte so ernst

15
Zeitungen & Zeitschriften
Volksbote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/VBS/1920/28_10_1920/VBS_1920_10_28_3_object_3114175.png
Seite 3 von 8
Datum: 28.10.1920
Umfang: 8
Tobias; „der Acker ist mürbe und der Schälpflug greift ja nicht tief. Und unter acht Stunden Feldarbeit am Tage — das würd' Mir nicht gefallen.' „Wird halt auch mal koinmsn, daß dis Kräfte abnehmen, Tobias.' „Ja, ja. aber es wird mir nicht gefallen. Es wird mir gar nicht gefallen.' „Aja, da ist's aver noch lange hin. Vorläufig schnupfen wir mal.' Der „G'steifel' zieht eine silberne Tabakdose aus der Tasche. „Luise' ist auf ihrem Deckel ein- graviert. „Ihr seid doch Kerle', lacht der E'steifel, „drei

undvierzig Jahre lang gewähnt mir nun schon meine Luise das Schnupfen ab, und wie ich siebzig Jahre alt bin, schenken mir die Freunde 'ne silberne Luise. Das habt ihr 'fein ausgediftsst, Tobias! Das ist sin Witz!' „Ja, ja', lacht der Tobias fröhlich, und eine Träne tritt ihm dabei ins Auge. „Sie hats doch glicht übel genommen?' „Die Luise? Nein, nein. Ihren Namen in Sil ber! Geschmeichelt gefühlt hat sie sich, hat aber die Dose in GlaKschrank stellen wollen. Na, das gibt's nicht. Ich will immer

an Dich erinnert sein, Alte, Hab' ich gesagt. Na. da schnupf' halt. „Die Luise soll leben!' sagt Tobias und schnupft. Gleich hinterher muß er au die zehnmal- liiere n* „'S iS eine starke Sorte', sagt der G'steifel. „Meine ausgepickten Nasenröhren müssen so was habe». Du aber bist 's nicht gewöhnt.' ' Am Feldende der Schneider reckt abermals den Hals. Und wieder faßt der Engel seine Hand. Noch singt die Lerche. „Gut schaust du aus', sagt der G'steifel. „Warst halt immer ein hübscher Kerl. Ich glaube, damals

— vor dreiundvierzig Jahren — hätte die Luise lieber dich geno;nmen als mich.' „Nu nein', protestiert der Tobias, „mit -dir hat's nie ein Bursch aufnehmen können.' Der E'steifel klopft. Wehmütig lächelnd auf fein lahmes Bei«, Nr. 44. 6eH« 9 „Nu ja,' sagt Tobias; „fürs Vaterland! Da« ist eine Ehre!' . _ - ■ „Ja, ja,' seufzt der alte Kamerad,'und foft darauf erörtern sie zürn vielhundertsten Male de« Fall, wie der G'steifel zu seinem lahmen Bei« ge« konrinen ist. Die Arbeit ruht, die letzte Furche liegt halb

16
Zeitungen & Zeitschriften
Bozner Nachrichten
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/BZN/1914/20_08_1914/BZN_1914_08_20_4_object_2428197.png
Seite 4 von 16
Datum: 20.08.1914
Umfang: 16
, soviel man nur kann, um den großen Aufgaben ge- ' Pfer „Königin Luise' lautet: „Die Konimandanten der Torpedoboot-Flotille mel den, daß H. M. S. „Amphioü' und die dritte Torpedo- jäger-Flotille heute Mitternacht den deutschen Minenleger „Königin Luise' zum Sinken gebracht haben.' Nach dem Bericht der „Eaft Anglian Daily Times' er zählten die verwundeten britischen Offiziere, daß die „Kö nigin Luise' nach einer Jagd von 30 Meilen von der „Am phion' eingeholt worden war. Der erste Schuß der „Am phion

' zerschmetterte die Kommandobrücke der „Königin Luise' und tötete den Kapitän. Die Torpedojäger „Linnet' „Larke^ und „Lance' schössen ebenfalls und machten einige Volltreffer. Der „Lance' schoß schließlich den tödlichen Schuß ab. Nach einem wütenden Bombardement hißte die ^Königin Luise' die weiße Flagge. Es wurden Boote aus gesetzt, um die überlebende Mannschaft als Gefangene auf die englischen Schiffe zu schaffen. Ein Offizier weigerte sich, seinen Degen abzugeben und wurde von dem britischen Osfi> zier

, der die Uebergabe leitete, durch' die Schulter geschossen. Die „Königin Luise' sairk bald hierauf. Der „Lance' ist eine Torpedoboot-Zerstörer von 965 Tonnen. Sein Hei matshofen ist Ehatham. .Er hat soeben erst die Werft ver lassen.' Kommandeur war Leutnant Arthur I'. Butler. Soweit der Bericht des englischen Lokalblattes. Das offi zielle daran anknüpfende Kommuniguee des britischen Ma rineamtes erzählt-nun weiter: Im Verlauf der Aktion cw der ^hemsemündnng geriet der Kreuzer „Amphion

: Eine Linie von Minen ist wahrscheinlich dur«) die „Königin Luise' gelegt worden, bevor sie zum Sinkm gebracht worden ist (fol^t die Angabe der Breiten- und Lüi- gengrade, unter denen die Admiralität die Gefahr vermnt'l). Tie Gegend ist 30 Meilen von der Küste von Suffolk. i.'er-

17
Zeitungen & Zeitschriften
Sonntagsblatt/Illustriertes Sonntagsblatt
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/pub/S/1914/30_10_1914/IS_1914_10_30_7_object_1000565.png
Seite 7 von 8
Datum: 30.10.1914
Umfang: 8
ein Lächeln über ihr Antlitz. Es war doch ein seltsames Zufallsspiel gewesen, daß er sie bei ihrem Vornamen genannt. Marie Luise — so hatte der Vater sie gerufen, Marli alle die anderen im abgekürzten Koselaut. Aus Vaters Munde hatte sie es gern ge hört, nun würde sie es wohl niemals mehr hören, der Vater war tot, und ihr Mann, ihr deutscher Bär, liebte die knappe, kurze Art. — Ter dumpfe Klang einer Glocke weckte sie aus ihrem Sinnen, der Zug lief .ein, sorgsam, er barg ja traurige Last. Mit den Aerzten

, fieberwirrer Freudenschrei: „Ma rie Luise!' — ließ ihr das Blut erstarren. Jetzt erst sah sie genauer hin — mein Gott, das war ja der blonde, blutjunge Husar, der noch vor vier Wochen sröhlich das Brot hier gegessen! — Wie das Fieber, wie der Bart sein Gesicht entstellt — sie hätte ihn kaum wiedererkannt; nur die Augen — die jetzt so müd' geschlossen. „Marie Luise — Marie Luise -- daß du gekommen, — Tank. — Sieg; wir . . murmelten in abgerissenen, kaum verständlichen Lauten die trockenen Lippen. — Kam

sie mit ge schickten Händen den jungen Husaren heraus. Seines gellenden Rufes „Marie Luise' hätte es nicht bedurft, Frau Marli wäre auch ohnedies bei ihm geblieben. Es ge schah, was irgend nur Menschenpflicht und -liebe tun können, und daß es doch vergebens war, preßte der jungen Frau noch lange danach heiße Tränen des Schmerzes, des Mitgefühls aus, wenn auch um einen ihr doch eigentlich Fremden. — Fremd? Ja, war er ihr denn fremd? — Nein, er trug des Kaisers Rock, wie einst ihr Vater, wie noch ihre Brüder

, wie jetzt ihr Mann; sie kämpften ja alle für ein Vaterland, und so wie sie heute an des sterbenden Jungen Lager gestanden, stand vielleicht auch schon eine Schwester bei einem der Ihrigen. „Sieg. Marie Luise, Sieg! Wir' haben gesiegt!' Immer wieder Nangen seine Worte ihr im Ohr, und sie würde alles daransetzen, um sie der zu wiederholen, der sie gegolten. Ruhig war der junge Husar eingeschlasen: glaubte er doch seine Marie Luise an sei nem Lager, und auch jene, die vielleicht noch nichts ahnte

18
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Volksbote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TVB/1911/06_10_1911/TVB_1911_10_06_4_object_2153974.png
Seite 4 von 20
Datum: 06.10.1911
Umfang: 20
für ihn gewesen, wenn er in den Flammen umgekommen wäre. Am Morgen stand er frühzeitig auf und wanderte hin aus zur. Nothelferkapelle, A>o er stundenlang im Gebete verharrte. Unterdessen war im Steingasserhause das kranke Mädchen aus seiner Bewußlosigkeit er wacht. Das Burgele, welches neben dem Kranken bette saß, hatte plötzlich in der Früh gemerkt, wie seine Hand von der Kranken gefaßt und warm ge drückt wurde. Als es hinschaute, blickten die Augen der Luise klar und vernünftig. „Luise, Luise — kennst du mich?' rief freu dig

das Burgele. Die Kranke nickte und schien mit ihren gro ßen, verwunderten Augen hundert Fragen zu stellen. Aber da sprang schon der Geiersepp, wel cher rückwärts auf einer Bank gekauert hatte, empor, stürzte an das Bett, ergriff'beide Hände der Kranken und schrie wild: „LuiseLuise — mein liebes Kind bsst du wirklich bei dir? ^ Kennst uns? — Ja, ja. — Nun ist alles gut. — Du wirst schon wieder ge sund, der Doktor hat es gesagt ... Aber warum bist denn in das Feuer gesprungen? — Hast gar

nicht an mich gedacht, was ich für Elend gehabt Hütt', wenn du gestorben wärest?' Noch eine Zeitlang redete der Alte halbwirr auf das Mädchen ein und man mußte ihn fast mit Gewalt vom Krankenbette wegschaffen. Spä ter erzählte das Burgele der Kranken, wie alles gekommen sei. Als Luise hörte, daß der Friedl für sie das Leben gewagt und sie auf den Armen aus dem Feuer getragen habe, da ging eine tiefe Erregung durch ibr ganzes Wesen. Sie fragte mit den Augen nach dem Sonnleitner. Ueber eine Weile trat der Friedl

19
Zeitungen & Zeitschriften
Sonntagsblatt/Illustriertes Sonntagsblatt
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/pub/S/1913/27_06_1913/IS_1913_06_27_2_object_1024815.png
Seite 2 von 8
Datum: 27.06.1913
Umfang: 8
stand Guido be reits auf einem Dampfer, um in die Hoch- gebirgswelt zu flüchten.' Seine Kiste mit dem Ausstellungsgemälde begleitete ihn. Er mächte Halt, sobald er an einem stillen, mylerislh 'gelegenen Ort angekommen war, die/ . ihm als ein passender Aufenthaltsort crHien.' Erst von da benachrichtigte er Ändrinot und seine Braut, daß und warum er. Rom verlassen habe. Wärmer als Fr es Von ihr gewohnt war, antwortete ihm Luise, er. Möge vor allem an die Erhaltung seiner Gesundheit denken

der herrschen den Stille durch Lachen und Scherzen, mit welch letzteren aber auch wieder sinnige,'merk- würdig sachverständige Gespräche über Guidos Kunst oder die gemeinsame Lektüre irgend eines guten Buches abwechselten. All das war von dem wohltätigsten Einfluß auf den Leidenden. Und dazu tief in der Brust auch noch die Freude auf sein baldiges Wieder sehen mit Luise — wie hätte da ein trüber Gedanke in ihm bleiben können? Er mußte ja körperlich und geistig gesunden.- Wie sehr das geschehen, bewies

sein zurück gekehrter Glaube an sich selbst. Sein Schaf fensdrang regte sich wieder mächtig wie kaum je zuvor, zur Arbeit zwingend — er konnte nicht widerstehen; seine Staffelei wurde aus gepackt, ein Karton hergerichtet — was auf ihm festhalten? Oh, wie sich die Stoffe zur Auswahl herbeidrängten! Aber er wies sie lächelnd zurück. Schön durch mehrere Tage sprach man von einer Prozession der Gemeinde, nach dem wenige Stunden ent fernten Wallfahrtskirchlein. !Ta mußte sich ein Luise anheimelndes Motiv

verstand er sich fa! Ganz merkwürdig war dabei, daß Luise im Hinblick, auf die er doch das Bild begonnen, keinen Anteil an dem selben hatte, so lange er malte. Sein Werk war diesmal die Hauptsache, von dem seine Gedanken auch nicht einen Hauch abwiche« — auch nicht zu ihr, für die er es schuf. In unglaublich kurzer Zeit war das Bild vollendet. Und — auch das war diesmal anders als sonst — mit freudigem Stolz, mit in tiefstetn Herzen empfundener Befrie digung sah Guido auf das, was er geschaf fen

hatte. Ja — das war etwas, etwas Ganzes und Tüchtiges, an dem feine Luise sich erfreuen mußte, wie er es tat, als et zum letzten Male sein Werk prüfend be schaute. Denn eigentümlich, es litt ihn nicht länger an dem. Ort, an dem er doch so gute Stunden verlebt hatte. Sogar in der ihm immer liebvertrauter gewordenen Gesell schaft der Damen Bender schwieg die drän gende Unruhe nicht, die ihn rastlos ins Weite drängte. Es bohrte fortwährend ein nagendes Gefühl in ihm, über das er nicht ins Klare kommen konnte — etwas wie heim liche

20
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Volksbote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TVB/1912/19_01_1912/TVB_1912_01_19_5_object_2154494.png
Seite 5 von 24
Datum: 19.01.1912
Umfang: 24
vergingen und noch eine vierte, da schien der Geiersepp, aber ohne das Mädchen. Diesmal schaute er sehr aufgeräumt und auch raftiger aus wie vor drei Monaten. Er brachte Grüßen von der Luise die Nachricht, v sich der Zustand des Grafen leider wiederum verschlimmert habe und daß die Reise auf unbe- inrnmte Zeit verschoben werden mußte. Auf alle neugiengeiv Fragen betreffs der Luise, versicherte r, daß es dem stummen Mädchen ausgezeichnet Lehe und daß der Graf rein den Narren an dem «:nde gefressen

der erste Schnee — da stellten sich die Bauarbeiten von selbst ein. Und merkwür dig, auch die Glocken in der Schwarzwand ver stummten von diesem Tage an und ließen sich den ganzen Winter nicht mehr hören. Droben im Eschbergerhause wohnte ganz allein der Geier- sepp.^Er verschloß sich vor jedem Besuche. Ab und zu hörte man in der Nacht sein lautes, klagendes Beten, sonst hätte man die Anwesenheit d^ son derbaren Alten gar nicht wahrgenommen« Von Luise, dem stummen Grafenkind, war seit Juli

kein Lebenszeichen mehr erschienen. Der Friedl hatte im Arbeitsdrang der letzten Monate sich nimmer so oft des Mädchens erinnert, aber nun stand dessen Bild Tag und Nacht vor seiner Seele. Oft peinigte er sich mit dem Gedanken, daß Luise in der vornebmen Umgebung stolz geworden sei und von ihren ehemaligen Haus genossen und bäuerlichen Freunden nichts mehr wissen wolle. Aber was ging ihn denn das.stumme Kind an?Jm Grunde genommen war es ihm doch fremd, ob er dasselbe noch einmal zu sehen be kam oder nicht, mußte

ihm doch vollständig gleich gültig sein. Dieser Gedanke peinigte ihn noch mehr als der. erste. Da kam unvermutet zu Weih nachten ein überaus herzlicher Brief und ein klei nes Paket von der Luise. In dem Briefe standen viel warme, liebe Worte für alle/m Hause, na mentlich für das Burgele und den Friedl, aus dem Paket löste sich aber ein feingemaltes Bild, welches niemand andern vorstellte als das stumme Mädchen in eigener Person. . . Der Vater habe nicht nachgegeben, schrieb es, bis es einem Maler zum Portrat

gesessen wäre und da hätten sie gleich drei Stück machen lassen: eines für den Vater und eines für seine liebsten Freunde und eines für den Vetter Sepp. Sie möchten das Bild als Andenken nehmen; vielleicht komme es bald selbst, dann könnten sie schauen, ob ^ gut getroffen sei. Ueberrascht standen alle um das Bild herum, welches der Friedl stumm in den Händen hielt. Es war täuschend ähnlich, ganz die Luise, wie sie vor einem halben Jahr noch unter'ihnen herumging — bis in die klein sten Züge getroffen

21