auch nur eine formale Frage, um die sich der Streit dreht. Minister präsident Gras Thun hatte den Obmann der deutsch-böhmischen Abgeordneten verständigt, daß er die Absicht habe, die deutsche Opposition zu einer „unverbindlichen Besprechung" in sein Bureau ein zuladen. wo er ihnen seine Vorschläge zur Lösung der Sprachenfrage zur Kenntniß- nahme mittheilen werde. Infolgedessen sind am Sonntag die Obmänner der deutschen Klubs des Abgeordnetenhauses der deutschenVolkspartei, deutschen Fortschrittspartei, freien
deutschen Vereinigung, des verfassungstreuen Großgrundbesitzes und der Christlich- Sozialen (die Schönerergruppe gehört dieser Organi sation nicht an) zu einer Konferenz zusammengetreren, um darüber zu berathen, ob, falls eine solche Ein ladung vorliegen wird, die Deutschen überhaupt durch ihre Vertreter den gewünschten Besuch machen sollen. Mit anderen Worten, Graf Thun wollte mit den Deutschen sprechen, und die Deutschen überlegten nun erst, ob sie mit ihm wirklich sprechen sollten. Man wird daraus
den Grad der Entfremdung ermessen können, welche zwischen den deutschen Parteien und der Regierung platzgegriffen. Man berieth am Sonntag mehrere Stunden lang und schickte dann, bevor ein wirklicher Beschluß gefaßt wurde, zum Ministerpräsidenten und dem deutschen Handels- ministec Bärnreither, um ihnen mitzutheilen, daß die Deutschen bereit seien, sich in B-sprechungen einzu lassen, aber nur unter der Bedingung, daß die Sprachenverordnungen aufgehoben werden. Nun gerade darum handelt
cs sich aber, daß die Regierung bchauptet, dies nicht thun zu können. Die Obmänner-Konferenz wurde fort gesetzt und schließlich auch ein ganz ablehnender Beschluß gefaßt. Man spricht von ernsten Entschließungen, welche die Regierung für den Fall der nun erfolgten Ab- ! lehnung seitens der deutschen Abgeordneten, in die j gewünschten Vorbesprechungen einzugehen, planen ; soll. Es wird von Aufhebung der Verfas sung, vom Staatsstreich, vom Aufzwingen einer neuen föderalistisuchen Verfassung mit den Schwerpunkten
zwar noch, aber scheinen es akzeptiren zu wollen, die Polen sind schon einverstanden. Daß für den weiteren Verlauf des Sommers irgend eine ernstere Maßnahme der Regierung beab sichtigt worden sei. wird schon durch den Umstand wahrscheinlich, daß sowohl Graf Thun, als seine Ministerkollegen gar keinen Urlaub antreten, sondern fortgesetzt in Wien bleiben wollen. Interessant ist. daß am Sonntag, genau zur gleichen Stunde, als die deutschen Obmänner ihre Konferenz abhielten, in Eger die Schönerianer eine Versammlung