95r. 2 n „V^ner Nachrichte»' 7 Vietoria rvAia. Woman von H. von Ziegler. (Nachdruck »erboten.) (25. Fortsetzung.) „Ja leider! Echte Liebe wird immer seltener,' nickte die Kleine sehr würdevoll und sah ernst drein, als habe sie die Wahrheit dieses philosophischen Satzes an sich selbst erprobt. Ach, es war doch heute gar zu langweilig! .Sie konnte Baron Rohr fast gar nickt sehen, nur wenn er sich ganz weit vor beugte, ein klein wenig; freilich that er das sehr oft, so daß selbst Kousine Viktoria
sein, dies zu hören.' Stolz und kalt, wennschon ihr Herz noch blutete, rauschte sie davon und nahm den Arm des ihr entgegenkommenden Botschafters. „Du siehst bleich aus, mein Kind,' sagte dieser besorgt, „fühlst du dich unwohl?' „O nein,' sie lächelte eigenthümlich, „durchaus nicht. Vielmehr habe ich soeben eine Strafe ertheilt, nach der meine Seele lechzte.' Gräfin Ada wiederum war gar nicht zufrieden mit diesem hastigen Aufbruch; sie hätte noch so gerne eine ganze Weile mit Baron von Rohr geplaudert
ver gießen!' „Aber, Baron Rohr, ich bitte Sie! Viktoria und Thränen vergießen! Das wird wohl niemals der Fall sein. Sie bleibt in allen Lebenslagen so ruhig, kühl und gemessen, daß ich mich oft wundere, wie es nur möglich ist. Sogar vorhin, als ihr Onkel Rudolf ein wundervolles, goldenes Armband als erstes Geschenk brachte, lächelte sie ihn nur an und sagte: „Ich danke dir, lieber Rudolf!' Und er küßte ihre Hand und war zu- frieden; nun, wäre ich an seiner Stelle gewesen —' „Was hätten Sie gethan
auf einmal, wie eine ver- rätherische Blutwelle ihr in die Wangen stieg und das kleine Herz zu klopfen begann. „Nun, steige.ein, Kind,' sagte Onkel Rudolf, ihr die Hand zur Hilfe bietend, „gute Nacht, Baron Rohr, leben Sie wohl. Ich reise schon morgen ab.' „Doch wohl nicht lange,' fragte der schöne Assessor, der noch ein Rosa-Kleid und eine weiße Hand aus dem Wagen hervorleuchten sah, „auf Wiedersehen bei Ihrer Hochzeit.' iFortsetzun, f»lgt.)