noch hinzu, daß er sicherlich in der Lage sei, klarer und deutlicher zu sprechen als sie. Tennheim berichtete denn auch in kurzen Worten seine Lüge und sprach diesmal noch mit größerer Si cherheit wie vorher, denn er fühlte, daß die Augen des Arztes durchbohrend auf ihm ruhten, und er wußte instinktiv, daß er dem Doktor Maurus ebenso wenig sympathisch sei, als jener es ihm war. Der erfahrene Arzt war überhaupt eine mißtrau ische Natur. Aber in diesem Falle wuchs sein Miß trauen zu noch nicht dagewesener
werde, was sich zwischen ihm und ihr zugetragen. Sie würde mitteilen, was sie vernommen, sie würde das verräterische Blatt, das sie verborgen, allen zeigen und ihre Aussage würde von Salvatore Marengo bestätigt werden. Die Gefahr war gewiß keine geringe, und Tennheim bedauerte jetzt, nicht augenblicklich nach dem Morde geflohen zu sein, wie es ursprünglich seine Absicht gewesen. Aber jetzt war es zu spät, jetzt galt es, zu kämpfen, und möglicherweise konnte der Zufall ihm beistehen. Der Arzt hatte am Lager des kranken Kindes Platz genommen
, selbst wenn sie von maßgebenden Personen noch so warm empfoh len wird." „Das steht fest", erwiderte der Arzt, der immer unumwunden auszusprechen pflegte, was ihm gerade durch den Sinn fuhr, „daß keine Erzieherin jemals imstande gewesen wäre, eine Mutter zu ersetzen. Sie, meine Damen der vornehmen Welt, sind aber so sehr von gesellschaftlichen Pflichten in Anspruch ge nommen. daß Sie nie dazu kommen, Ihre Pflichten ge genüber Ihren Kindern zu erfüllen, und es ist das um so schlimmer für Sie selbst, Sie be rauben
sich auf solche Art der reinsten Freuden, um sich andere zu verschaffen, die doch niemals Befrie digung gewähren können." Der Arzt, der sich erhoben hatte, ließ sich nun wieder an Milas Lager nieder und bemerkte, daß das Kind eine Bewegung machte. Auch Tennheim näherte sich dem Bette ; in diesem Augenblick schlug Mila die Augen auf. Sie sah Tennheim und offenbar nur diesen allein. Mit einer jähen Gebärde des Schreckens richtete sie sich auf und wies mit ausgestreckter Hand nach dem jungen Mann. „Mörder, Mörder
, Doktor ?" bemerkte Frau Burg. „Man muß es glauben", erwiderte der Arzt ernst haft, „sonst ließe sich ihre seltsame Anklage wohl nicht verstehen. Als sie die Augen aufschlug, sah sie nur Herrn Tennheim, und er mußte ja ebenso, wie Sie gehört haben, daß sie mit lauter Stimme: „Mörder, Mörder?" rief. Tennheims Verstörung nahm merklich zu. Er brachte kein Wort hervor, und nicht viel fehlte, so würde er sich verraten haben. „Ja, ja, sie redet ohne Zweifel im Fieberwahn," bemerkte die Witwe. Doktor Maurus