Nr. 210. „Bozner Zeitung (Südtiroler Tagblatt'). Montag, den 14. September 1896. Deutsch und frei. ES ist ein alter politischer Irrwahn, an einen Gegen satz zwischen dem politischen Bekenntnisse deS klarbewußt en deutschen VolkölhumcS und dem entschiedenen Einstehen für die hohen Zdeale der bürgerlichen und individuellen Freiheit zu glauben. Vielleicht zu keiner Zeit war cS nothwendiger, öffentlich gegen diesen Wahn von einem inneren Widersprüche zwischen deutsch und frei
in dem, was man politisch anstrebt und ungescheut auf sein Banner schreibt, aufzutreten, als eben jetzt. Im Gegentheile! Wer mit der Geschichte des deutschen Volke» etwas inniger vertraut ist, wird und muß uns recht geben, wenn wir behaupten, wahres Streben nach der Frei heit habe sich zu allen Zeiten mit wahrem deutschen Volks- bewüßtsem gedeckt. Unsere Feinde haben stets einen seinen Blick darin bekundet, daß sie in ihrem Wunsche, der Reaktion Hegen Kas freiheitliche Prinzip einen lebendigen Tempel zu baueil
, das Aufflammen deö Nationalbewußtseins unter den Deutschen mit eben solcher Hartnäckigkeit und Strenge zu hinkern suchten, Äie'baS ideelle Streben nach Einführung von Gesetzen und Borfichten zu Gunsten der persönlichen Freiheit. Allen voran schritt in diesem Punkte unser altes Oesterreich; »jahrzehntelang war i!« die von den herrschenden, auch nach seinem Sturze hochgehaltene Tradition des Fürsten Metter- nich, mit gleicher Unbarmherzigst die Liebe zum Deutsch thum wie die Liebe zur Freiheit mit List
von den Genies der Staatspolizei in den verschiedenen Staaten Deutschlands. Es sind dunkle Seiten in der Geschichte des deutschen Volkes, auf die wir mit den Wachrufen dieser Erinnerung anspielen Wer «arm 'sie, die Jünglinge vom Hambacher Feste, wer wären sie, die jungen Leute, die an den deutschen Universitäten als Burschenschafter durch lange Zeiten von Spionen beauf sichtigt, von Polizeileuten verfolgt waren, wer anders waren 'sie M thätige Idealisten, die zugleich für ihr Deutschthum
und für ihre Freiheit das Schicksal kühn herauösorderten? Die Väter und Großväter der Wähler von heute könnten eö bezeugen, wenn wir noch einmal die Behauptung ausstellen, daß die wahre Freiheit, das Anstreben erweiterter freiheit licher Einrichtungen und das Festhalten an schwer erkämpften freiheitlichen Errungenschaften ganz selbstverständlich im in sten Zusammenhange stets gedacht war. Mit dem Hoch halten, wenn nöthig, mit selbstloser und hingebender Ver theidigung unseres deutschen Nationalgefühles, ist stets