Seite 4. Nr. 6. Eine Geschichte von R e i m m i ch l. (Nachdruck verboten.) Wir kamen nur langsam voran, und die Wan gen haben uns gebrannt, als ob wir Hautflecke darauf hätten. Dreiviertel Stunden weiter oben machte der Weg eine tiefe Biegung in den Graben hinein, wo uns der Wind nicht, mehr so stark zu setzte, und wir konnten wieder rascher ausschrei ten; auf der anderen Talseite aber jagten förm liche Schneewände dahin, und der Sturm dröhnte wie ein Donnerrollen. Je weiter hinauf
wir ge langten, desto dunkler wurde es. Nach und nach ging der steile Hang in eine sanfte Berglehne über, und jetzt schlugen uns abermals heftige Windstöße ins Gesicht. „Da irgendwo muß der Weg ins Gschlöß ab- zweigen", sagte ich. -„Das weiß ich nicht," entgegnete dumpf mein Begleiter, „kommen wir nicht bald auf die Höhe?" „Lang kann's nimmer dauern, wir sind vom Tauernhause schon vier Stunden auf dem Wege." Bald sollten wir spüren, daß wir uns auf dem Hochtauern befanden. Der Sturm setzte wieder rnit
' dich, renn', renn'!" — Aber renn' d u, wenn der Sturm wind dich wie mit eisernen Armen herhebt und dich mit Riesenkraft zurückschiebt. lieber eine Weile jammerte mein Begleiter: „Du, ich kann nimmer, ich mutz ein bißchen rasten." „Um Gotteswillen nicht," lärmte ich; „wenn du niedersitzst, kommst nimmer auf." „Es ist gleich, wir gehen doch zugrunde." „Halt' aus, halt' noch ein wenig aus," bat ich, „da irgendwo herum mutz die Tauern-Hütte sein. Wenn wir d i e finden, haben wir einen Unter stand." Ich nahm
." Vorsichtig tastete ich um den Schneehaufen herum; erst nach langer Weile fand ich den Ein gang und mußte die Tür mit Gewalt aufspren gen. Dann holte ich meinen Begleiter herein und spreizte die Tür mit einer Holzstange, die ich in der Finsternis erhaschte, wieder zu, so daß der Sturm sie nicht hereindrücken konnte. Einige Minuten blieben wir in dem finsteren Raume stehen und suchten uns die halberstarrten Hände zu erwärmen. Als ich die Finger etwas bewegen konnte, suchte ich mein Feuerzeug und brachte
darfst nicht reden, mein lieber Gill," tröstete ich, „weil wir g'rad' dem Sturm entronnen sind und eine Herberg' gefunden ha ben, jetzt kann's uns nimmer weit fehlen. Ich zweifle gar nicht an unserer Rettung." „Rettung oibt's keine; ich bin krank da hero ben auf dem Tauern, im Schnee und in der Kälte, stundenweit von allen Menschen fort. Auch wenn ich gesund wär', tät's nichts helfen. Wir gehen beide zugrunde, du und ich; es ist alles eitel, was ich vorhin gesagt habe, du kommst gar