Sonntag, 24. Dezember 1939 - XVIII «Alpenzeikung' sette Z Heute: unà IDutter^ Lebensgeschichte unserer Mütter, erzählt von Hugo Scholz Die Heinzelmutter hungerte sich mit ihrer kleinen Witwenrente durch. Alier sie klagte nicht. Warum sollte sie klagen? Hungerte sie doch für ihren Sohn, und ihr Sohn war auf der Hochschule, studier te die Rechte und wurde einmal Doktor. Dieses Hungern war für die Heinzelmut- ter mehr ein Vergnügen denn ein Lei den. Nur eine Sorge drückte
Hcinzel wurde zum Bezirksgericht berufen und konnte die Richterlaufbahn antreten. All seine Wün sche gingen in Erfüllung, und der Hein zelmutter Traum wurde Wirklichkeit. Wie gütig war doch Gott gewesen! Nun konnte die Heinzelmutter wirklich die Augen mit Ruhe schließen. Aber wie sie so über all das gütige Geschick nach dachte, kam eine neue leise Sorge in ihr auf: ob des Sohnes Weg auch immer so glücklich sein werde? Denn auch, es ka men kleine Briefe mit zierlichen Hand schriften an ihn — Mädchen
traten in sein Leben. Ob es auch das richtige sein würde, das er einmal nahm? Oft hing zuletzt alles an einer Frau. Und je län.- ger die Heinzelmutter über diese Dinge dachte, je größer wurde die neue Sorge. Bald flocht sie in ihr Dankgebet an Gott die Bitte ein, er möge ihr noch so viel Zeit lassen, bis sie des Sohnes Frau ge sehen habe. Und immer inniger wurde diese Bitte, denn immer größer wurde der Heinzelmutter neue Sorge. Die Zahl der Jahre lag schon schwer auf ihren eingefallenen Schultern
. Aber die Last der Sorge stieg mit jedem Brief, der ins Haus kam. Nun erjrug sie es nicht mehr und bat den Sohn, er möge ihr doch Gewißheit geben. Gustav lachte: das wäre ja alles nur Scherz, und ans Heiraten habe er ernstlich noch gar nicht gedacht. Doch diz Mutter erschrak über diese Rede, denn dann erlebte sie es viel leicht gar nicht mehr und mußte mit ihrer Sorge im Herzen sterben. Es kam eine schwere Zeit. Die Heinzel mutter brauchte zwar nicht mehr Hun ger zu leiden, ihr Sohn gab ihr Geld und machte
ihr manch ein liebes Geschenk, aber ihre Sorge war größer denn je. Letzte, worum ich bitte, ist doch das Größte und deshalb bitte ich Dich am allermeisten und am innigsten darum: Schenk mir einen Enkel! Die Heinzelmutter mußte, jetzt geht es um das Eigentliche und das Wahrste vom Leben, um das Leben selbst. Wenn sie nun starb, ohne einen Enkel auf Erden zu wissen, dann verfiel sie dem Tode, und auch Gustav mußte dem Tode verfallen, und alles Sorgen hatte im Grunde kei nen Sinn gehabt