aus, sich von einem der weit vorspringenden Türme bis zum anderen erstreckend. Die ganze Front, in deren Mitte der in der Höhe durch zwei Stock werke gehende Saal liegt, strahlt blendendes Licht hin aus in die winterliche Einsam keit . .. Ties in Gedanken hatte der Besitzer des Herrenhauses, Graf Max v. T., von seinem Lieb lingsplatze aus, im efeuumspon nenen Erkerturm, den vergehen den Purpurglanz des Tages sterben sehen und den Ausgang des Abendgesiirnes belauscht. Aber nicht, wie sonst wohl oft, im vollen Genuß
derer von T., war im Elternhause — der Vater nahm eine höhere Staats stelle ein — als einziger Sohn in mäßig guten Verhältnissen ausge wachsen. Auch er wählte die Laufbahn des Vaters, um nach glanzend bestandenen Prüfungen sich der Praxis in der Hauptstadt zu widmen. Seine Mutter, eine hochgebildete, feinfühlige Frau, hatte die Erziehung ihrer Kinder — Max und der jüngeren Tochter Elinor — mit ganzer Hingabe geleitet. Aus einem verarmten Adelsgeschlechte stammend, war ihr klar geworden, daß der Mensch nach höheren Gütern
streben müsse, als die sind, die Rost und Motten fressen, um ein echtes Glück er ringen und halten zu können. Diese verinnerlichende Erziehung der Kinder machte sie zu Edelmenschen, deren Wesen wohl nicht immer erkannt wird, und die schwer in das Treiben der modernen Welt passen. In den feinsten Familien der Hauptstadt Zutritt findend, hatte Max in der Tochter des hochverdienten und angesehenen Professors und Rektors der Universität das Ideal seiner reinen Träume verkörpert gesunden. Anny
, eine zartblonde Erscheinung, in gleichen Anschauungen wie Max im Elternhaus erzogen, fand sich beglückt im Verkehr mit dem liebenswürdigen, wahrhaft vornehm denkenden jungen Mann, im Ge fühle verstanden zu sein in allen ihren Ansichten und Regungen. Bald ward er ihr der liebste Verkehr in der Gesellschaft, wo Geist, Gemüt und feiner Humor das Szepter schwangen. Die banalen Fragen nach überfeinertem Wohlleben, rauschenden Vergnügungen und all dem, was in der großen Welt unter der Flagge „Glück" segelt
, war dem Mädchen unbekanntes Land. Ihm, als jungem Mann, hatte sich wohl mancher Blick hinter die Kulissen des blendenden Lebens eröffnet, aber unbeschadet dessen blieb er, trotz mancher Lockungen, der würdige Sohn seiner Eltern. Die Schilderung, die er beredten Mondes der Mutter von dem Mädchen seiner Wahl gab, ließ diese erkennen, daß Max keinen Miß griff beginge. Des Vaters Einwilligung war nicht so leicht zu erringen. Aus der Gattin Vorstellung aber, daß ja doch Geistes- und Seelenadel, auch ohne sichtbare