. „Das hast du nicht nötig," entgegnete ich ernst, ,,du hast Leute genug, die dir die eigentliche Arbeit abnehmen; aber —" .„Nun ja, also lasse sie sorgen," unterbrach sie mich wiederum heftig, „wenn Hugo eine Haushälterin haben wollte, dann mußte er nicht mich wählen!" — In diesem Augenblicke trat der Vater ein und reichte Gertrud den Arm^um sie an den Teetisch zu führen, Hugo trat von der anderen Seite in das Eßzimmer, und wir ließen uns zum Abend brot nieder. Gertrud war fast noch schöner geworden
, die krausen Löckchen, die sie auf der Stirn trug, hoben das Alabasterweiß ihres Teints besonders hervor, und die großen Augen leuchteten faszinierend, umgeben von den dunklen Schatten, die sie augenblicklich begrenzten. —, Ich bemerkte, wie Hugo entzückt nach seiner Gattin hinüber blickte, und wie sie, dies bemerkend, ihn absichtlich zu übersehen schien. Was sollte das heißen? „Du^nußt nun aber bald mal zu uns nach „Zorlitz" kommen, Gertrud," sagte der Vater im Laufe des Abends, „Elisabeth hat den Garten
anders anlegen lassen, und wenn es ordentlich grün iit, wird sich das sehr hübsch machen — so auf acht Tage können Sie doch auch abkommen, lieber Hugo!" wandte er sich an diesen. „Vorläufig möchte ich hier bleiben, so lange noch Oper ist und so lange Neuville's noch in der Residenz sind, dann aber gehe ich nach Ems, ich muß etwas für meine Nerven tun!" entgegnete Gertrud trocken. „Wer sind Neuville's?" fragte der Vater, „und ist dir gerade Ems empfohlen?" „Herr v. Neuville ist Attache bei der französischen
Gesandt schaft, wir waren fast die ganze Zeit zusammen in Rom und sind eng befreundet; sie gehen ebenfalls nach Ems, und ich will mich da unter ihren Schutz begeben!" „Wird dich denn Hugo nicht beschützen?" fragte ich erstaunt. „Hugo bekommt erstens keinen Urlaub, und zweitens hat er so gute Nerven, daß dieselben keiner Stärkung bedürfen!" Cs klang so abweisend, wie Gertrud sprach, und Stern nahm das voll ständig ohne Widerrede hin, daß ich im Stillen dachte, hier müsse irgend ein Etwas zu Grunde
liegen, das nur die beiden Gatten kannten. „Natürlich mußt du heraus aus der Stadt, wenn du die Luft hier nicht verträgst," sagte der Vater, ohne zu bedenken, daß sein Töchterchen die Luft der Residenz erst seit einer Stunde atmete, „da Hugo nicht mitkann, mag dich Elisabeth begleiten, der ihres Halses wegen eine Reise nach Ems schon lange empfohlen ist!" „Und sie kann mich bemuttern, nicht wahr, das meinst du doch, Väterchen?" fragte Gertrud lachend und fügte, wie es mir schien, mit besonderem