sollen." „Himmel!" rief Ilse entsetzt. „Ich dachte, ich sollte nur ordentlicher werden, nun soll ich auch gar noch „sittlich vollkommener sein". Welche fürchterliche Idee! Das sielt Ernst ganz ähnlich — nun schreibe ich ganz gewiss nicht." Sie wollte sich totlachen, aber Herta stimmte nicht mit ein. „Sei doch nicht so kindisch, Ilse. Ich muß in den nächsten Tagen fort, wenn ich Kurt noch bei Gnddenstedts sehen will. Der Herbststürme wegen geht er schon früher fort, als eigentlich verabredet
, aber in ihrem Gesicht lag ein rührender Ausdruck stillen, tiefen Friedens, „das letzte und vielleicht das schwerste, was eine Frau der andern sagen kann, aber du bist zu wenig kleinlich, um mich nicht ganz zu verstehen. Ich habe deinen Mann geliebt, ungewünscht, ungefragt gab ich ihm mein ganzes Herz. Ob ich ihn sehr geliebt habe, willst du wissen? Ja, so sehr, daß ich glücklich war, ihn mit einem so holden Wesen, wie du es bist, vereint zu sehen, und den Schmerz nicht ertragen kann, daß er jetzt einsam und traurig
zusammeugeführt haben. Ihr paßt viel besser zusammen; mit einer ernsten Frau wäre dein Mann vielleicht wirklich etwas pedantisch geworden, und wenn meine süße Ilse einen weniger ordentlichen Gatten hätte, so käme sie am Ende in den Schuldturm. Bitte, fange nun keine rsman- tischen Grillen, Liebchen, von meinem verfehlten Leben oder dergleichen Unsinn. Das ist alles längst überwunden, nur die heiße Sehnsucht, ihn ganz glücklich zu wissen, die ist zurückgeblieben. Laß mich nicht mehr vergeblich bitten, Ilse
Bartholomä auf der tief eingeschuittenen Insel skizzierte, schrieb Ilse in poetischer Begeisterung ein Märchen nieder, das, wie sie sagte, ihr die Nixen des Königssees zu flüsterten. Als sie es Herta vorlas, rief diese ganz entzückt: „Reizend, Ilse! Wenn du das einschickst, wird es sicher anaenommen. Warum mußtest du dich mit einem so groß artigen Sujet, einem historischen Roman, plagen? Uebri- gens las dein Mann das in deiner Abwesenheit eingetrosfene Manuskript." „Nun, und was sagte er?" frug Ilse
gespannt. „Er würde dir gern Geschichtsstunden geben," lachte Herta.. „Du süßes, kleines Schaf, hast ja keine einzige Jahreszahl richtig gemacht." „So," meinte Ilse gelassen, „dann kann er das ja korrigieren. Uebrigens ist es auch ganz egal, es ist doch ein Roman, kein Geschichtswerk." „Aber du hast auch Menschen, die zu ganz verschiedenen Zeiten lebten, hilreinversetzt," antwortete Herta kopf schüttelnd. „Dein Bruder sagte, das schadete nichts." „Ach, Kurt!" spottete Herta, „dessen Geschichtskennt