zu dem Gatten, der alles aufbot, ihr zu gefallen, sie für sich einzunehmen, nicht das richtige sei, sie härmte sich darum ab, ihre Wangen erbleichten, aber ein heißeres Gefühl für ihn zog nicht in ihr Herz. Tante Veronika hatte dafür einen scharfen Blick. „Kind,' sagte sie einst, „Dn bist so kalt gegen Leo! Ist er nicht ein vortreff licher, feinfühliger Mann?' „Ja, bei Gott, Tante Veronika!' So nannte Franziska sie jetzt auch. „Warum liebst Du ihn nicht?' Franziska wurde blutrot, umfaßte die treue Seele
Veronika an ihm ein verdäch tiges Hüsteln. Sie erschrak, aber sie sagte Franziska nichts davon. Zum Winter mußte ein Arzt konsultiert werden. Dieser zuckte die Achseln und sagte: „Sie müssen fort, an die Rivisra, Verehrter, bald!' Leo lächelte gezwungen und blickte Franziska fragend an. „Gewiß,' sagte diese, „lieber Mann, wenn es der Arzt will! Gewiß, ich behüte die Kinder, und der treue Jakob muß Dich begleiten!' „In Gottes Namen denn!' entschied der Präsident resigniert. „Wann, Herr Doktor?' „Heute
, morgen; je eher, desto besser!' „Gut, morgen denn!' Den Urlaub erhielt der Kranke sogleich, die Koffer wurden ge packt, nnd — fort ging's nach einem harten Abschied, der selbst Franziska auf ganz ungewöhnliche Art und Weise erregte. » » Es war Weihnacht herangekommen. Die Entfernung von ihrem Gatten hatte Franziska ungewöhn lich elegisch gestimmt. Das trotzige Herz war weicher geworden nnd ein Gefühl überkam das junge Weib, als wenn ihr Leo doch mehr wäre, als ein Versorger. Tante Veronika empfand
des Rates an sie, der ihr einen tiefen Einblick in das Herz des Bruders gestattete, wie es unsäglich litt unter den Schmerzen unveränderter, heißer Liebe. „Laß es aber Fränzchen nicht wissen,' bat er darin, „für sie habe ich nur Segenswünsche, und ihre Zukunft soll sonnenhell sein; im Tode noch will ich für sie sorgen, will ich nicht aushören, sie zu lieben!' Auf diesen Bries baute Tantchen ihren Plan: Franziska mußte ihn finden, mußte ihn lesen, und wenn noch ein Mittel wirken konnte, diesen Fels
sprudeln zu machen, so mußte es dies sein! Und Franziska fand das Schreiben, las es und griff nach ihrem Herzen. Liebe erweckt Gegenliebe! Sie sah das Walten ihres Gatten jetzt in einem ganz andern Lichte, und im Herzen regte sich ein Gefühl der Bewunderung, das Wohl nahe an Liebe reichte. Nachdenklich schritt sie zwischen den plaudernden Kindern dem Weihnachtsbazar zu; sie überlegte eben, ob ihr Platz nicht richtiger an der Seite ihres krauken Gatten sei. Sie hatten kaum den Saal betreten, Albrecht