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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 16 of 16
Date: 25.10.1913
Physical description: 16
Seite 2 Unterhaltungsbeilage nannte dabei Christian, den bergkundigen Tiroler, weil er warnte, hochnäsig einen Hasenfuß, dem er, der Ostpreuße, erst Mut und Kletterei lehren werde. Und dazu tat der Ostpreutze, um zu zeigen, daß es mit der von ihm gerühmten preußischen Art viel besser gehe, genau das Gegenteil von dem, was der Bergführer geraten hatte. Christian ärgerte dies all mählich so, daß er nach erfolglosem freundlichen Mahnen sogar drohte, umzukehren, wenn die zwei von ihm Geführten

ihre „dummen Spergamenten" auf solch gefährlichen Bergstellen nicht gleich auf gäben. Und als der Ostpreuße an einer abschüssig n Stelle, wo oft schon der leiseste Laut eine Lawine ver ursachen konnte, die dann alles Erreichbare und da mit auch die drei Menschen in einen vierhundert Me ter tiefen Abgrund hinabreißen mußte, gar zu jodeln begann, da wurde der vorausschreitende Christian grob. „Jatzt wird's mir aber wahrhaftig z'dumm," sagte er dein Ostpreußen und ging dabei wie drohend ein paar Schritte

gegen den Jodelnden zu. „Wenn S' nit glei' Ihr Gosch'n halt'n, steck' i Ihnen — meiner Seel — an Schippl Heu ins Maul!" Der Ostpreutze fuhr beleidigt auf. Er drohte gleich, sich über das grobe Benehmen Christians bei dem Al penverein, von dem Christian als Bergführer emp fohlen worden war, zu beschweren. Als aver Chri stian, der sich im Recht fühlte und deshalb die Fol gen einer Beschwerde nicht fürchtete, noch gröber zu tverden drohte, da schwieg der Ostpreuße vor dem groben Tiroler. Er schwieg aber voll Zorn

ihn den Ruepp — war aus Konkurrenzneid ein Feind Christians. Ruepp, ein weitum bekannter Stänkerer, bekrittelte deshalb bald und unaufaefor- dert alle Wanderpläne, die Christian in der Schutz- Hütte zum Ehepaar für den folgenden Tag äußerte. Insbesondere bekrittelte Ruepp Christians wieder holte Mahnungen zur Vorsicht beim Bergsteigen. Speziell das letzterwähnte Tun Ruepps tvar Wasser auf die Mühle des Ostpreußen, dessen Eitelkeit von Christians Zurechtweisung schwer gekränkt worden war. Deshalb begann

der Ostpreuße, um Christian zu verletzen, den gleich höhnenden Ruepp als den richtigen Mann zu loben. Und da Christian auf diese Bosheit beharrlich schwieg, kündigte der Ostpreuße Christian, um ihn noch mehr zu beleidigen, sogar an diesem Abend noch den Bergführerdienst und nahm für den nächsten Tag Ruepp als Bergführer. Dies ärgerte Christian sehr; er schwieg aber auch dazu und beschloß, gleich am nächsten Tage allein ins Dorf Zurückzukehren. Am nächsten Morgen war es windig, es wehte der sogenannte Föhn

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 16 of 16
Date: 31.10.1913
Physical description: 16
Seite 2 Nr. 44 Unterhaltungsbeilage der „Bolks-Zeitung" hatte, in die Tiefe. Christian aber fühlte sich jetzt/ obfchon er der Gefahr entronnen, so erschrocken, daß er kreidebleich ward und schwer keuchte. Dann überlegte er, wie er am schnellsten helfen könne. Die zwei Männer waren unter dein Schnee be graben. Sollte er für sie um fremde Hilfe laufen? Fast achtzehn Wegstunden weit? „Na," dachte er, „wenn die zwoa unterm Schnee no' leb'n, nacha derstick'n sie, bis i Hilf g'holt Hab. Iatzt

a Maus ?m der Fall. Und wer woaß, ob der Preuß nacha nit wieder alles besser verständ' und mi auslachet, wenn i zu ihm obikäm und ihm 's Leb'n z' rett'n suachet? Und ob mi der Ruepp nit wieder aus- spött'ln tät?" „Soll'n unt'n bleib'n," dachte Christian jetzt grol lend. „Soll'n froh sein, wenn i ihnen a Hilf vom Dorf auferhol." „Aber wer'n sie nit im Schnee derstick'n und der- jfrier'n?" fragte jetzt der bessere Mensch in Christian, „wer'n sie nit derstick'n und derfrier'n, _ wenn sie wart'n müass'n

." „Aber was soll i a tuan?" sprach jetzt der ^schlech tere Mensch in Christian wieder. „Was sollt i den a Wesser's tuan, als wia Hilf vom Dorf auferhol'n? I kann iatzt do' nit zu den Leut'n in die Höll'n kanz'l steig'n und ihr Of'n sein. Wenn i in der Höll'nkanz'l bin und nimmer auskimm, derfrier i ja selber. Nacha kann i andre nimmer anwärmen." „Aber du könntest die Leut vielleicht frottier'n, damit sie in der Nacht nit derfrier'n," mahnte der bessere Mensch in Christian wieder. „Und du selber kannst in der Nacht

kimmt, hin bin," antwortete sich Christian traurig. „Und wer woaß, ob mi die Leut so schnell rett'n kemmen, wia s mei Weib will und wia i's hoff? Die Leut woll n wahrscheinlich nit so gern von ihrer Feldarbeit weg. Sie hab'n desweg'n allerhand Ausred n. „Hm, wer'n sie zu mein' Weib sag'n, wenn es ste bitt n kimmt, mi zu suach'n, „hm, vielleicht ist der Christi, weil er nit z'ruck kimmt, mit semer Herrschaft no af an' andern Berg g'stieg'n. Wer woaß, was den Tourist'n, die er füahrt, eing'fall

n ist? Er wird schon wieder z'ruckkemmen. Wart'n wir no zwoa oder drei Tag'. Und wenn er nacha no mt kimmt, nacha können wir schau'n geh'n, wo er ist. Und i, dachte Christian mit Grausen, „i könnt nacha der weil da derfrier'n und mit den andern bockg fror n wer'n. Desweg'n ist's alleweil besser, i hol iatzt die Hilf vom Dorf glei selber her." Derweil aber derfriert die Frau und derstick n die" zwoa Mander unterm Schnee," sagte der gute Mensch in Christian abermals., .... Ja die Frau derbarmt mir," dachte Christian

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 3 of 10
Date: 30.11.1938
Physical description: 10
von Valenciennes wurden in den Schmiede- und Stahlwerken von Txith-Saint-Leger eingesetzt, um -die Arbeitsfreiheit sicherzustellen. In der elektrischen Zen- Atle Rechte Vorbehalten bei: Horn-Verlag, Berlin W 35 Blondes Glück am Senegal 7 Roman von Hanns Reinholz Christian sah, daß der Mann sich rückwärtsgehend ent fernte. Die Pistole blieb weiter aus ihn gerichtet. Jetzt hatte der Unbekannte die Leiter erreicht. Vorsichtig tastete er sich rückwärts die Leiter empor. Auf halber Höhe blieb er stehen und rief

Christian zu: „Folgen Sie mir langsam . . ." Christian trat näher. Der Mann kletterte weiter nach oben, ohne den Pistolenlauf von Christian adzulassen. Jetzt hatte der Fremde den festen Boden des Erdgeschosses er reicht. Dort ließ er sich aus die Knie nieder und leuchtete mit der Lampe nach unten. „Nun kommen Sie herauf", kommandierte er. Chri stian gehorchte. Dann standen sich die beiden Männer wie der gegenüber. „Gehen Sie voran", befahl der Fremde. Christian ging einige Schritte vorwärts. Plötzlich

ihm ran gen zwei Männer. Hastig griff Christian nach der Taschen- lampe, die seinem Gegner aus der Hand gefallen war. Er i trale von Thiers überfielen etwa 30 Streikende einen Ar beiter, verprügelten ihn und wollten ihn dann in einen Kanal werfen. Der Unglückliche wurde schließlich von den Angreifern über die Einfriedung einer Eisenbahnlinie geworfen und dort einfach liegengelassen. Der „Jntransigeant" hat über die schweren Folgen der Besetzung und gewaltsamen Räumung der Renault- Werke in Paris

. Jetzt aber hatte sich auch Christian wieder gefaßt. So fort war er hinter dem Flüchtigen her, den die Dunkelheit verschluckt hatte. Aber die Taschenlampe leuchtete nicht wert genug. Außerdem konnte ihr Schein dem anderen auch ver raten, wo er sich gerade befand. Und der andere hatte erne Pistole bei sich. . .! Mißmutig kehrte Christian auf demselben Wege wie der zurück. Zu seinem Erstaunen fand er den Raum leer. Der Amerikaner war verschwunden. Aber die Tür, die zur Diele hinausführte, war offen. Als Christian hinaustrat, kam

gerade der Amerikaner durch di^ geöffnete Haustür ins Haus herein. „Ich habe nicht schlafen können", berichtete Weutworth, „und war noch ein Weilchen im Garten spazieren gegan gen. Da sah ich Licht im Kellerfenster. Ich kehrte ins Haus zurück, kam in diesen Raum und iah gerade, wie ein Fremder Sie mit der Pistole vor sich hertrieb. Den Rest wissen Sie . . .!" Christian reichte ihm die Hand. „Ich danke Ihnen . . ." sagte er. Der Amerikaner wehrte ab. „Keine Ursache, es war ein Zufall. Uebrigens

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 2 of 4
Date: 12.09.1949
Physical description: 4
von BERNHARD W. NEUREITER Er war plötzlich vor seiner Frau stehen ge blieben und hatte ihr mit einer unbeholfenen Bewegung über das Haar gestrichen. „Maria!" Sie batte sich aufgerichtet. „Unser Christian ist ein gutes Kind", hatte er gesagt; „wir dürfen nicht schlechte Eltern sein. Wir müsien ihm den Weg freimachen!" „Wenn es nur fein Elück ist! Wenn es nur sein Elück ist!" „Er wird es gut bei seinen Angehörigen ha ben. Er wird sorgenfrei weiterstudieren können und dann einen einmaligen Wirkungskreis

zu gewiesen erhalten. Das Schrattensche Unterneh men besitzt Weltruf. Ehristian wird ihm keine Schande bereiten, sein Eintritt wird dem Un ternehmen nicht zum Schaden sein und denen, die dort arbeiten, zum Nutzen gereichen!" Herr Halling hatte eine Weile nachdenklich geschwiegen, dann hatte er weitergesprochen. „Aus Christian wird vielleicht einmal ein großer Künstler werden, jedenfalls ein tüchtiger und gerechter Mensch! Seine Lehrer hätten ihm den Preis nicht zuerkannt, wenn er ihn nicht verdient hätte

. Es hat nichts zu sagen, daß der Preis von der Großmutter stammt. Sie freilich ist kalt und rücksichtslos, aber Christian wird ihrem Einfluß nicht mehr verfallen können!" Herr Halling hatte nochmals feine Rede un terbrochen. dann war er von neuem auf Frau Schratten-Engau zurückgekommen. „Sie ist alt wie wir: vielleicht war dieser Kampf de: letzte, den sie führte. Vielleicht auch ist de: Kampf nicht einzig und allein von der Sorge um die Nachfolge diktiert worden, son dern auch von der uneingestandenen Sehnsucht

. daß Christian bald kein Kind mehr sein werde." Die beiden Alten hatten eine Kerze ange zündet und zu einem Höheren gebetet. In dem Gebet war Dank und Bitte gewesen. Sie hat ten beides mit stummen Lippen gesprochen. Dann hatten sie die Kerze gelöscht und sich, mit sich selbst und mit ihrem Gotte einig, zur Ruhe begeben. Am Nachmittag des Weihnachtstages sprach Franz Halling mit Christian. Der Alte war jetzt ganz ruhig. Sorgfältig wählte er die Worte, langsam redete er, in erster Linie dar auf bedacht

eine Deutung, die geeig net erschien, Christian von allem Anfang an für seine Angehörigen einzunehmen. Der Jüngling hörte mit wachsender Unruhe zu. Ungläubig schüttelte er zuerst den Kopf, ein Märchen meinte er zu vernehmen oder die Rede eines Menschen, der irre sprach. Plötzlich aber glaubte Christian. Es fiel wie Schuppen von seinen Augen. Cr erlebte nochmals den gestri gen Tag, vergegenwärtigte sich wieder das ihm so rätselhaft erschienene Gehaben der Eltern und verstand es nun. Verstand auch, weshalb

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 15 of 16
Date: 31.10.1913
Physical description: 16
: „Na, das ist doch jetzt bei den jungen Herren normal!" Der Bergführer. Von Franz Alfons Helmer. 2 Und weil es aus der Höllenkanzel keinen Ausweg gab, so dachte Christian jetzt: „Wia könnt i alloan den Abig'fall'nen (Abgestürz ten) da unt'n helf'n? Wenn i zu ihnen obi (hin unter) wollt, um ihnen z' helf'n, müaßt i mi rein nur von da obi- und aufersoal'n (hinunter- und Her aufseilen) lass'n. Sonst käm' man wohl gar nit in die Höll'nkanz'l und könnt desweg'n a gar nit helf'n. Und damit man Mi da obisoalt, brauch i Leut. Denn alloan

vom warmen Wind woach (Weid' Es kann desweg'n gar leicht möglich sein, daß o.e drei no' leb'n und sich nur a paar Boaner 'broch'u hab'n. Desweg'n muaß i do' obischau'n, was sie tuan, und ihnen wenigstens mein' Mant'l obiwers'n, damit sie sich dreinhüll'n können und in der Nacht nit derfrier'n. Und mein' Proviantsack will i ihnen a obischmeiß'n, damit sie was z' ess'n hab'n. Und nach vielleicht vierundzwanzig Stund'n kimm i Wohl mit Leut'n z' Hilf'." Christian suchte nun eine Stelle, auf der er die Spitze

, wenn sie noch lebten, Mantel und Proviantsack zuzuwerfen. Bei jedem handbreiten Vorwärtskricchen war es Christian, als Weiche der Schnee unter ihm langsam der Tiefe zu. Und wenn der Schnee wirklich brach und abstürzte? Was dann? Dann stürzte Christian, wie früher der Ostpreuße, so weit dem Abgrunde zu, so weit das Seil reichte, das um seine Brust gebunden war. Und vielleicht wurde Christian dann vom Seilende, das U!U ihn gewickelt war, lebensgefährlich geschnürt — geschnürt, weil er, mit seinem Körpergeivicht

um Seile hängend, die Schlinge zusammenzog, in der seine Brust stak. Aber es war auch möglich, daß er sich 'dann noch mit starken Händen an das Seil klammern und daran emporheben konnte. Vorsichtig, sehr vorsichtig kriechend und dann zoll weit rutschend, kam Christian diesmal so weit an den gefährlichen Rand, daß er in die schaurige Tiefe seben konnte. Christian sah bald die abgestürzte Frau. Die Männer aber sah Christian nicht — sie waren augenscheinlich unter den abgestürzten Schnee massen begraben

. Die Frau aber kniete, gleichsam als sei sie soeben aus dem abgestürzten Schnee ge krochen, mit einem Knie auf dem Schnee. Ihr an deres Bein schien noch im Schnee zu stecken. Die Frau hatte ihre Ellbogen auf ihr gebogenes Knie gespeizt und das Gesicht an die Innenflächen ihrer Hände gelegt. Sie schien in ihre Hände zu weinen oder zu beten. Oder hielt sie ihren Kopf in den Händen, weil er schmerzte? Christian rief, auf dem Bauche liegend, der Frau zu. In demselben Augenblick brach wieder ein gro ßes

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 8 of 16
Date: 06.12.1930
Physical description: 16
. Sein Ge sicht war ganz weiß. Dem Manne wurde es unheimlich zu mute. Er räusperte sich vernehmlich. Als der andere noch immer keine Bewegung machte, trat er heran und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Sie —1" Prinz Christian sah sich um. Er hatte den verwirrten Blick eines Menschen, der plötzlich aus dem Schlafe geweckt wird. »Was wollen Sie von mir?" Der Mann stammelte eine verlegene Entschuldigung. Er sah nun, daß der elegante Herr nicht krank war, wie er im ersten Augenblick gefürchtet

hatte. Daß im Gegenteil ein seltsames, zitternes Leuchten in seinen Augen stand. »Wißen Sie die Adresse des Malers Poppendreck?" Der Mann nannte sie. Es hätten schon viele Herrschaften danach gefragt, fügte er hinzu. Wer das Bild sei Nicht ver käuflich. Prinz Christian lächelte und schob ihm einen Geldschein in die Hand. Er ging die Treppe hinunter — ganz langsam wie triumphierend. — Unten wartete das Auto. Er rief dem Chauffeur eine Adresse zu. Er bat ihn. schnell zu fahren. Der Wagen setzte sich in Bewegung

. Er raste durch die stillen, von der düfteschweren Feuchtigkeit des Vorfrühlings erfüllten Straßen. Ein ferner rieselnder Regen hatte einge setzt. Menschen spannten die Schirme auf. Die Vorgärten der Villen waren wie mit grünen Schleiern verhängt. Prinz Christian lächelte. Die riesigen Steinpaläste der Ludwig- traße tanzten an ihm vorüber. Schwabing! — Der Triumph» »Zu Ihrer Bemerkung betreffs sozialistischer Arbeiter bewegung. Antikapitalismus und wie. sie sich darnach aus- drücken

Christian wandte den Kopf und sah zur Seite. Auf seinem Gesicht lag ein Schalten. Er atmete auf. als er worüber war. Dann wurde die Gegend ärmlicher. Hohe Mietshäuser mit den unvermeidlichen Atelierfenstern. Im Hintergründe der Duft und das zitternde Grün des Englischen Gartens. Das Auto hielt. Prinz Christian stieg aus uud be- trachtete das Haus. Es war ein dreistöckiger, schmuckloser Kasten. Die Treppe dunkel und von einem Dufte nach Ter pentin und Oelfarben erfüllt. Zahlreiche Visitenkarten neben

den Namenschildern. Er entzifferte sie in wachsender Ungeduld. Endlich, im dritten Stock, fand er den Namen. Er klingelte. Eine ärmlich gekleidete Frau führte ihn in ein großes, helles Zimmer. Zwischen bunten Stoffen und allerlei zu sammengewürfeltem Bauernhausral saß ein kleiner, rot haariger Mann aus einem Feldstuhle vor einer Staffelei. Er wandte sich beim Eintritte seines Besuches nicht um. Erst als Pnnz Christian ihn anredete, schien er zusammenzu- schrecken. Er stand aus. „Womit kann ich dienen?", fragte

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 3 of 10
Date: 09.12.1938
Physical description: 10
der Kommissar an dem starken Auiglimmen des Feuers, wie stark es in dieser Frau jetzt arbeiten mochte. In Wolzin begaben sie sich sogleich zum Polizeiamt. das rm Rathaus untergebracht war. Bredow legitimierte sich. Ter Polizeiasfistent. der hier den Dienst veriah, zuckte bedauernd die Schultern. „Der Fall wird vom Kollegen Schulte bearbeitet", sagte er. „aber der ist heute in Kolberg, Das ist dumm. Er hat den Paß Christian Holtmanns bestimmt in seinem Büroschrank eingeschlossen." «Wie weit

. Herr Kommissar. Der Otto König ist noch da." Es stellte sich heraus, daß «der Otto König" der Fahrer des einzigen Kraftwagens war. den die Polizei von Wolzin besaß. Wenige Minuten später saßen sie im Wagen, der gleich darauf zum Hinninghof hinausfuhr. Christian Hollmann, der infolge der nutzlos verbrach ten Wartezeit schon anfing, nervös zu werden, zuckte zu sammen. als draußen ein Wagen vorfuhr. «Ich werde Nachsehen", iagte Erika darum und erhob sich. Christian blieb am Tisch sitzen und tromme.te

einen Marsch auf der Lehne des Stuhls neben sich. «Sie kommen zu uns ins Haus, beobachtete er erstaunt, ein älterer -Herr und eine junge Dame . . .? Was wollen die denn hier? Ehe Christian noch aufstehen konnte, um selbst nachzu sehen, öffnete sich die Tür und Erika trat herein. „Es ist Besuch für dich", sagte sie und setzte dang lei- 'er hinzu: „Besuch aus Stettin. Die Polizei . . Christian trat ins Zimmer, das in leichtes Dunkel ge hüllt war. Bei seinem Eintritt erhob sich ein Herr, der an dem runden

Tisch in der Mitte gesessen hatte. „Sie. Herr Kommissar?" entfuhr es Christian voller Erstaunen. Kommissar Bredow nickte und machte eine Bewegung mit der Hand. „Bitte", sagte 'er dann in das Zimmer hinein, „treten Sie doch näher und begrüßen Sie Ihren Gatten . . Eine schlanke, zierliche Gestalt, die Christian bis dahin übersehen hatte, erhob sich bei diesen Worten und trat langsam auf ihn zu. «Was heißt das alles?" fragte Christian, der noch im mer nicht verstand, was diese sonderbare Szene bedeuten

sollte. „Nun", wgte der Kommissar, «dann mutz ich mir al'o die Mühe machen. Sie mit Ihrer Frau Gemahlin bekannt zumachen . . .* «Das ist also die Dame, die sich für meine Frau aus gibt?" fragte Christian, und dann wandte er sich voller Empörung an die schlanke, zierliche Frau, die noch trnnut vor ihm stand. Er ergriff sie am Arm und zerrte sie ans Fenster. „Au", schrie sie leise auf, „Sie tun mir ja weh, lassen Sie mich doch los!" „Gern", sagte Christian, und seine Stimme klang dun kel vor Zorn, „aber erst

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 15 of 16
Date: 08.11.1913
Physical description: 16
wurde. Christian löste die Frau gleich vom Seile. Dann hob er sie vom Schnee und legte sie, da sie ihres ver renkten Fußes wegen nicht stehen konnte, einige Me ter weit weg auf einen andern Teil der Schneefläche. Christian fühlte jetzt, daß nicht nur sein rechtes Bein verrenkt war, sondern daß ihn auch ein Arm äußerst heftig zu schmerzen begann. Und zudem waren die Innenflächen seiner Hände arg verwun- det vom Anklammern und oftmaligen Rutschen an dem Strick, der vom Berggrat herunterhing

und an dem Christian in die Tiefe geklettert war. Aber trotz dieser schmerzhaften Verletzungen begann er gleich, nach den vom Schnee verschütteten Männern zu graben. Er grub schnell, um die Verunglückten, wenn sie noch lebten, vor dem Ersticken zu retten. Und da er kein Werkzeug hatte, so grub er mit sei nen verwundeten Händen. Bald waren ihm die Finger von der Kälte des Schnees steif. Aber Chri stian grub dennoch hastig weiter, und zwar, richtig denkend, nur den im Schnee verlaufenden Seil enden nach. So fand

er bald den abgestürzten Ruepp. Ruepp war aber tot. Der Sturz hatte ihm das Genick gebrochen. Außerdem wies sein Körper noch einige tödliche Verletzungen auf. Christian grub nun schnell weiter — jetzt nach dem Ostpreußen. Derselbe hatte, als er vom hastig grabenden Chri stian bald nach der Auffindung Ruepps aus dem Schnee gekrallt wurde, noch Leben in sich. Er war aber von mehreren Verletzungen bewußtlos. Christian legte den Ostpreußen an die Seite sei ner Frau und dieselbe suchte, von Christian

unter stützt, ihrem Manne trotz ihrer großen Schmerzen gleich mit ihren ganzen Kräften zu helfen. Nun kamen für das noch lebende Ehepaar und für Christian die schrecklichsten Zeiten. Solange es noch Tag war, war der Aufenthalt in der Höllen kanzel nicht ganz trostlos. In der folgenden Nacht aber begann es noch mehr zu winden, dazu aber auch zu schneien. Und die Verunglückten hatten ge gen den Schneefall und die stets größer werdende Kälte nicht den geringsten Schutz. Christian, dem das verrenkte Bein dick

ange schwollen war und ihn äußerst schmerzte, so daß er deshalb kaum mehr gehen komue, schleppte dennoch die Frau des Ostpreußen, damit sie nicht erfriere, die ganze Nacht hindurch, die unendlich lang und stockfinster war, mit sich in einem Kreise herum. Und dazwischen frottierte er auch den schwerverletzten Ostpreußen, damit auch dieser nicht erfriere. Christian hoffte, daß am nächsten Tage vielleicht zufällig Hilfe komme; es kam aber keine, auch am zweiten Tage nicht. Erst am fünften Tage näherte

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 3 of 10
Date: 01.12.1938
Physical description: 10
nicht gern in Betten und hatte es vorgezogen, mich aufs Sofa zu legen." Wieder hatte Christian das Empfinden, daß der Ame rikaner ihn mit einem kurzen Blick argwöhnisch musterte. Tann setzte sich Wentworth zu ihm an.den Frühstücks tisch. „Ihr Fräu.lein Schwester hat mir bereits vorhin das Frühstück gebracht", sagte er dabei, „aber ich leiste Ihnen gern Gesellschaft, wenn Sie erlauben . . ." Man hörte draußen auf der Landstraße das Brummen eines nüherkommenden Autos. Gleich darauf fuhr ein eleganter

kleiner Zweisitzer vor dem Hinninghof vor. „Besuch im Auto?" staunte Christian und schüttelte verwundert den Kops. Es war Ursula Wendt, die mit raschen Schritten aut das Haus zukam. „Sv früh am Morgen habe ich Sie noch gar nicht er wartet", sagte Christian, während ihm die freudige Ueber- raschung im Gesicht geschrieben stand. „Na, dann kann ich ja wieder gehen", antwortete sie mit einem komischen Stöhnen, „und so lange warten, bis Die endlich ausgeschlasen haben!" „Das wissen Sie also auch schon

", lachte Christian, „daß ich die Zeit verschlafen habe." „Fräulein Hollmann hat es vorhin im Büro erzählt, daher stammen also meine Kenntnisse", klärte Ursula rhn aus. und nun erst wandte sie sich an Wentworth: „Und von Ihnen hat man mir berichtet, daß Sie schon stunden lange Spaziergänge gemacht haben, statt über den Büchern zu sitzen." Wentworth wollte etwas erwidern, aber Christian kam ihm zuvor. „Mister Wentworth hat sich ein Anrecht darauf er worben. hier zu leben, wie es ihm gefällt", sagte

er. und als Ursula ihn fragend anblickte, begann er zögernd die Erlebnisse dieser Nacht zu schildern. Einige Male wollte ihn der Amerikaner unterbrechen, aber Christian ließ ihn nicht dazu kommen. „Sie haben mir möglicherweise das Leben gerettet", schloß er seinen Bericht, „und das darf man ruhig verkün den, denke ich." Christian verspürte Plötzlich einen leichten Druck in sei ner Hand. Es war Ursula, die ihm unbemerkt die Hand ge reicht hatte. Ich finde das sehr anständig, hieß dreier Händ" druck

Sudetenland ausgedehnte Fahrt aus. Dadurch wird erstmals allen Volksgenossen des Su detengaues Gelegenheit gegeben, dieses einzigartige Wun, vermerk deutscher Technik zu sehen. Christian gab diesen Händedruck zurück. Und das wiederum sollte nun heißen: ich freue mich, daß gerade du dies anerkennst. Da hinein sagte der Amerikaner: „Sie haben eben ein großartiges Bild von mir ge zeichnet. daß es mir fast leid tut. Ihnen jetzt etwas sagen zu müssen, was S.e r. -.eise g. enttäuscht." Christian war allerdings

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 4 of 10
Date: 02.12.1938
Physical description: 10
und auch seine Mutter zu besuchen. Schließlich war Talpica so stark betrunken, daß Covaleff die Er spielte gedankenvoll mit der großen Papierschere. Die auf seinem Schreibtisch lag. „Eine Frage noch, sagte Heising nach kurzem Zögern, „nach den vorliegenden Mitteilungen hätten Sie doch eigentlich Christian Hollmann verhaften müssen . . Der Kommissar blickte auf. „Ich werde ihn mir zumindest einmal vorführen las sen", sagte er. „um ihn zu vernehmen." Der Fernsprecher klingelte. Kommistar Bredow nahm den Hörer

ab und meldete sich. Sein Gesicht zeigte einen erstaunten und überraschten Ausdruck. „Wissen Sie, wer jetzt zu mir auf Besuch kommt?" fragte er den Assistenten. „Niemand anderer als Christian Hollmann und eine Dame." Der Assistent verschwand, und gleich darauf betraten Christian und Ursula das Zimmer des Kommistars. „Gut. daß Sie kommen", empfing sie der Kommistar. „ich hätte Sie sonst für morgen zu mir hergebeten." Der Kommistar bestätigte Christian Hollmann zunächst, daß man in dem geheimnisvollen

Pistolenschützen auf dem Bahnhoi Wolzin einen bekannten internationalen Verbre cher vermute. „Wir haben uns inzwischen eine Photographie des be reits steckbrieflich gesuchten Verbrechers verschafft", iagte der Kommistar, „und Sie sollen uns nun einmal sagen, ob Sie diesen Mann kennen." Dabie nahm der Kommistar ein Bild aus dem Aktenband heraus und reichte es Chri stian. Donnerwetter, dachte Christian, diesen Mann habe ich doch schon gesehen! Aber wo? Und wann? Er dachte lange nach. Plötzlich wußte

einnahm, und nahm an meinem Tisch Platz . . .!" „Aha", nickte der Kommistar Bredow, „nun wird man ches klarer. Der Mann, der ein amerikanischer Gangster ist. hat Stettin, wie wir inzwischen iestgestellt haben, an dem selben Tage, an dem Sie hier ankamen, wieder verlasten, und zwar mit dem Zug, der um 15 Uhr nach Ostpommern abgeht. Dieser Zug fährt über Wolzin . . ." „Donnerwetter", entfuhr cs Christian, „dann ist der Kerl mir also vorausgefahren, um mich in Wolzin zu emp fangen

. Aber was will er von mir? Warum hat er es auf mich abgesehen?" Kommistar Bredow stteifte Christian mit einem prüfen den Blick. „Das hoffte ich gerade von Ihnen zu erfahren. Offen bar sucht der Mann irgend etwas auf dem Hinninghos, und um dies zu finden, will er Sie dort vertreiben." Nun berichtete Christian dem Kommissar die seltsame Geschichte von dem vergrabenen Piratenschatz. Er erzählte auch, daß er sich cm Besitz der Landkarte befände, daß ihm aber bisher die Erklärungen zu der Karte gefehlt hätten. „Diese Erklärungen

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 5 of 16
Date: 24.12.1937
Physical description: 16
, und rveil jetzt die Fuhrleute sie dabei nicht stören, nicht daran hindern tonnten; denn heuer wurde ja doch nirgend wo^ Ehr gebaut. Jnr schönsten Zuge waren sie gewesen, als sich plötzlich die »Land- und Steinmassen über ihnen Pol ternd gelöst und sie verschüttet hatten. Kurt war auf der Tklle tot gewesen. Es war strrchtbar, Christian vermochte nicht daran zu denken, ohne daß ihm sogleich Tränen in die Augen traten, und er weinte doch sicherlich nicht leicht. Maus lag, hieß es, im Spital, und es rvar

ansgezankt oder ihn, trotz allem, reichlich verrenkt und zerbrochen wie er war. auch noch verprügelt hätte. schön, in Gottes Namen! Wie gerne wäre Christian diesmal verprügelt worden! Für ein Paar Lhrseigen Zumindest war er ja schließlich heil genug geblie ben, fand er. Er hatte ein w großes, stürmisches Reuegefühl in sich getragen, ein wildes Bedürfnis nach Sühne, nach einer ungeheuren, noch nicht da genesenen Sühne, damit er es dann fort und von sich lftitte, das Schwere, das ihm nun io lastend

, und wie er es aus nahm. daraus kam es an! Der Vater war eingetreten mit steinernem Gesicht, eine kleine, seine Falte mif der Stirn, zwischen den Brauen. Er hatte nichts gesagt. Kein Wort. Friedrich Sacher Er hatte ihre um nichts gefragt. 'Nicht mit einer Silbe. Er blickte ihm nicht in die Augen. Christian- begann zu schlnch- zerr. Ten Vater rührte das nicht. Christian begann zu bet teln. erst um Verzeihung. dann um eine Rüge; denn das konnte mannicht mehr bitten nennen. Ter Vater überhörte

das eine wie das- andere. Christian hatte endlich noch gern nur eine Strafe, um eine ganz große Straft gebettelt, -aber dazu kam es gar nicht mehr, da stand zwischen- ihnen schon die Mauer. Der Vater sah auch ietzt selten herein. Und im mer nur ans krrrze Zeit. Er überprüfte sehr sachlich die 'Ver bände'. gleichgültig. immer mit demselben steinernen Gesicht. Christian ivar stir ihn Lust geworden, wesenslos. höchstens noch ein- leerer, ausgervechselter Balg, derr man untersuchend einmal so. einmal so, bald links-, bald rechts

hin drehte, aber nein, nicht einmal das-, ein ganz und gar windiges' Nichts. Lust. Es ließ sich nicht anders lagen-. Da lag also Christian und hatte viel Zeit, nachzuden ken. Auch kannte er nunmehr das Wandmnster seiner Stube, für das er kaum jemals einen anderen als einen raschen, hurtigen Seitenblick darüberhrn. so einen- richtigen Husch übrig- gehabt hatte, das kannte er jetzt auswendig bis' aus den verborgensten Kringel und den verstecktesten Tupf, daß es eigentlich schon lachhaft und, jawohl

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 6 of 10
Date: 06.11.1930
Physical description: 10
. Copyright 1922 by Lik. Dur. M. Lmcke. Dresden 21. Roman von Gertrud von Brockdorff. (?tachdruck verboten.) Er dachte an Antjes Worte: „Wer jung ist und fest ini Leben steht, vermag viel —" In seinen Augen war auf einmal wieder das Grübeln. Fest im Leben! — Ach ja! — Wer stand schließlich fest im Leben? Er nicht! — Obwohl er jung war. Obwohl er zwei Hände hatte, die Menschen und Dinge packen konnten. Es nmr etwas Zerbrochenes in ihm. Ein klaffender Riß, der durch ftin Leben ging —. Prinz Christian

knöpfte den Mantel auf und stieg langsam ein paar schneebelegte Stufen hinunter. Hinter den Fenstern der altmodischen Häuser strahlte warmer, beruhigter Lichtschein. Ein blonder Frauenkopf neigte sich gegen die Lampe. Prinz Christian dachte an Antje Todsen. Nicht mehr in dem überströmenden Glücksgefühl von vorhin. Eher in einer unruhigen quälenden Sehnsucht. Ein Heim haben! Eine Familie haben! Zwei zärtliche .Hände in den seinen halten. Gab es so etwas überhaupt? -- Und gab es Menschen, die daneben

noch andere törichte WüDhe l)atten? Er lächelte vor sich hin. Eine Katze sprang neben ihm aus dem Rinnstein und sah mit glühenden Augen zu ihm aus. Prinz Christian runzelte die Strn. Er scheuchte daS Tier mit der .Hand. Das warf ihm aus schmalen Pupillen einen schiefen, bösen Blick zu und schlich über seinen Weg. Prinz Christian ging auf einmal langsamer. Es würgte ihn etwas am Haste. Er war abergläubisch und glaubte an böse Vorbedeutungen. Ihm war, als sei Antje Todsen ihm in diesem Augenblick entglitten

. Sein Herz schlug wie in einer Angst. Es war lächer lich. Er würde Antjes Hände in den seinen halten. Er ging weiter, kam über einen Platz, an einem Brun nen vorüber, aus desien verschne.'em Becken die nackte Bronzegestalt eines dunklen, schwertragenden Mannes aus- wuchs. Um ihn herum die Stimmen von Menschen, das Surren der Elektrischen. Alles unwirklich und traumhaft. Und als das allein Wirkliche nur das eine: die hohe, Manko Mädchengestalt. Prinz Christian hatte wieder sein versonnenes, grüb lerisches

Lächeln. Er ging durch belebte Straßen zu seinem -Hotel, trat aufatmend in das warme, erleuchtete Vestibül, fragte 'beim Portier nach Brieffchaften. „Ein Telegramm, Hoheit —" Prinz Christian riß das Telegramm auf und erbleichte. Der Zimmerkellner meldete mit diskreter Stimme: „Seine Erlaucht, der Herr Graf von Rittlingen warten oben." Prinz Christian schob das zerknitterte Telegramm acht los in die Tasche seines Pelzes. Er stieg die Treppe hinauf und bemerkte, daß seine durchnäßten Füße aus dem roten

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 8 of 16
Date: 22.11.1930
Physical description: 16
Christian sah sie an. Dann sagte er in der scheuen Art, die ihm in gewissen Augenblicken eigen war und ihm immer etwas Knabenhaftes verlieh: „Nein, Sie kränken mich nicht. Sie verwirren mich nur." Die Prinzessin lachte. Aber es klang nicht so frei wie sonst. Es klang, als sollte das Lachen eine gewisse Verlegen heit verbergen. Sie war aufgestanden und neben Anita Tollen an die Terrassenbrüstung getreten. ^Da kommt Alst." sagte sie plötzlich ausatmend. Der große, blonde Mensch stieg langsam die Stufen

zur Terrasse herauf. Er begrüßte den Prinzen steif, die Prinzessin in einer Ar! forschender Un'-l" Er Et eifer süchtig, dachte Prinz Christian. Graf Alst war der ständige Begleiter der Prinzessin. Er hatte sich ganz in ihrer Nähe in einem der großen Hotels von Obermais eingemietet. dessen Zimmer eine Aussicht auf die Villa der Prinzessin bot. Prinz Christian wurde bei seinem Anblick den Vergleich mit einem großen gelben Bernhardiner nicht los. Es quälte ihn selber. Er wollte nicht boshaft

sein; denn im Grunde seines Herzens bemitleidete er den Grafen. Er ahnte, daß Theodora mit Alst spielte. Sie spielte vielleicht mit vielen Menschen. Man konnte ihr nicht einmal einen Vorwurf daraus machen. Es lag in ihrer Art. In die ser Art, die Menschen und Dinge bis auf den Grund aus- koftete und die Schale fortwarf. Prinz Christian dachte es oft. Er äußerte es auch in Gegenwart der Herzogin. Die hatte ein Kopfschütteln und ein schwaches Lächeln. „Sie ist ein Kind, das seinen Platz im Leben nicht finden

kann. Sie braucht einen starken Arm." Prinz Christian nickte dann. Vielleicht hatte seine Mut ter recht. Wer er besaß keinen starken Arm. Er war müde und haltlos. „Sie ist wundervoll!" sagte die Kranke. Er senkte den Kopf und verbiß sich in ein trotziges Schweigen. 12 . Als der Frühling vorrückte, schienen die Kräfte der Herzogin noch einmal aufzuflackern. Sie wünschte, das Bett zu verlaßen und aus den Balkon hinausgetragen zu werden. Sie saß dann in einem weiten Spitzenmorgenrock zu sammengekauert

in dem tiefen, mit bunten Kissen gepolster ten Sesiel. Prinz Christian erschrak über die Zerbrechlichkeit ihrer Gestalt. Er saß neben ihr wie an jenem ersten Tage und hielt ihre Hände in den seinen. Die Herzogin sprach von Theodora. Sie sprach immer hon Theodora. In ihren Äugen stand immer ver Wunsch. Einmal sagte sie: „Du würdest Theodora glücklich ma chen!" Prinz Christian stöhnte auf. „Ich kann es nicht, Mutter." Die zerbrechlichen Hände der Herzogin zuckten in den seinen. „Du kannst nicht! Was heißt

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 4 of 10
Date: 09.12.1938
Physical description: 10
zersägen, solange der Frost nicht stärker ist als der Eifer I dieser merkwürdigen Tiere, der einzigen Bewohner in der Gruppe der Säugetiere, die auf dem festen Boden der Ant arktis bis zum heutigen Tag gedeihen. «Einen Augenblick", mischte sich der Kommisiar ein. «nun wollen wir endlich einmal Klarheit in die Sache brin gen. Also dieser Herr ist wirklich Christian Hollmann, mit dem Sie angeblich verheiratet sind. Sie sagen aber selbst, daß Sie Herrn Hollmann nicht kennen. Dann 'sind Sie entweder

mit einem anderen Mann des gleichen Namens verheiratet oder mit einem Schwindler, der sich den Namrn widerrechtlich zugelegt hat." «Jedenfalls — diesen Herrn hier kenne ich nicht!" be stätigte die junge Frau mit aller Bestimmtheit, «mit dem bin :ch auch nicht verheiratet . . .!" Der Kommissar nickte. «Ich habe es mir gedacht", sagte er ausatmend, «aber andererseits haben wir festgestellt, daß zur Zeit Ihrer Ver ehelichung kaum ein anderer Christian Hollmann in Ame rika gewesen sein kann. Und in Deutschland gibt

es außer in Pommern nur noch in Süddeutschland eine Familie Holl mann. in der jedoch ein Christian nicht vorkommt. Also.." «Also", ergänzte Christian, «hat jemand widerrechtlich meinen Namen benützt. Aber mir ist eben etwas tingera:- len. Entschuldigen Sie mich einen Augenblick..." Er rannte aus dem Zimmer. Als er zurückkam, hatte er eine Photographie in der Hand. Er reichte sie 'chweigend der jungen Dame. «Was soll ich mit dem Bild?" fragte sie verständnis los. «Wenn Sie genügend Phantasie

haben", forderte Chri stian sie aui, «dann versuchen Sie einmal, sich vor zu siel- len, daß der Mann auf diesem Bilde keinen Schnurrbart trägt. Was 'agen Sie dann?" «Tann", sagte sie mit tonlo'er Stimme, «wäre die'er Mann niemand anders als . . . als . . «Nun, sprechen Sie es i<bon aus" munterte Christian sie auf, «dann wäre dieser Mann wahrscheinlich derjenige. der Sie unter dem Namen Christian Hollmann geheiratet lzat, nicht wahr?" «Ja", sagte sie leise. Christian nahm ihr das Bild fort und reichte

es dem Kommissar. «Bitte", sagte er. Ter Kommissar musierte das Bild voller Aufmerksam keit. Tann sah er Christian erstaunt an. «Aber das ist ja Ihr Vetter: Karl Hinnrng alias Charly H ggins!" rief er verwundert aus. Christian nickte. «Begreifen Sie endlich. Herr Kommissar, daß ich mit dieser Sache nichts zu tun habe? Daß auch hier wieder nur mein Vetter die Hand im Spiele hat? Und mir isi nun auch manches andere klar geworden." Er wandte sich an die Dame. «Wann haben Sie geheiratet?" «Am 5. Scpetember

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 3 of 10
Date: 05.12.1938
Physical description: 10
nachtsbäumen ausgebreitet und sehen die strahlenden Kinderaugen in den blassen Gesichtchen. Eine größere Weihnachtsfreude kann uns wohl kaum bereitet werden. Erregung in Rumänien wächst Brei Anhänger kodreaun» erschollen Alte Rechte Vorbehalten bet: Horn-Verlag, Berlin W 35 Blondes Glück am Senegal 11 Roman von Hanns Reinholz Und Christian erzählte. Daß sein verstorbener Onkel Hinning, von dem er jetzt den Hinninghos geerbt hatte, einen Söhn hatte, Karl, der vor Jahren wegen übler Ge schichten nach Amerika

gegangen war und dort zum Ver brecher wurde. Daß dieser Sohn drüben den Namen Charly Higgins angenommen hatte. Daß er, Christian, seinem Vetter im September 19>3ö in Neuyork auf der Straße be gegnet war. Sie hatten keinen Ton miteinander gesprochen, aber sie hatten sich erkannt, obwohl Jahre vergangen wa ren, seit sie einander das letztemal gesehen hatten. „Nun verstehe ich auch alles andere", schloß Christian seinen Bericht. „Mein Vetter hat von dem Tode seines Va ters erfahren, er kannte

Hollmann, wie die Dame ja wohl heißt, kündet ihr Erscheinen für die nächste Woche an. Ich werde Sie dann herbitten, Herr Hollmann. Sie können gehen . . ." Es war so. wie Christian vermutet hatte. Als Ursula durch die nur halbgeöffnete Tür im Nebenzimmer vernahm, daß Christian Hollmann verheiratet war, als sie weiter hörte, daß sich Christian gegen diese Behauptung überhaupt nicht verteidigte, war sie davongestürmt. Der Gedanke war ihr unerträglich, daß Christian gleich darauf wieder neben ihr im Wagen

sitzen, mit ihr zurück fahren sollte, als sei nichts geschehen. Genau gegenüber vom Polizeipräsidium fand sie eine Tankstelle. In fliegender Eile ließ sie den Benzintank voll laufen und fuhr davon. Auf der Landstraße wurde sie etwas ruhiger. Was war denn wirklich geschehen? Christian Hollmann war verhei ratet. Ging es sie etwas an ? Sie spürte im gleichen Augenblick, wie ein seltsames. stechendes Gefühl in ihr auskam. Der Wagen schoß schneller vorwärts. Ganz ruhig suchte sie sich Rechenschaft

abzulegen. Na türlich liebte sie ihn. Tie,'e Liebe war plötzlich über sie ge kommen und erfüllte sie vollständig. Sie war zu ehrlich ge gen sich selbst, um es abzustreiten. Nun mußte sie also einen dicken Schlußstrich darunter ziehen. Das war alles. War es wirklich alles? Konnte man das so einfach tun. Schluß, vorbei — entschüldiaen Sie ps war ein Irrtum? Sie hatte noch drei lange Ferienwochen vor sich. Der Hin ninghos lag nur wenige Kilometer von Wolzin entfernt. Wie oft noch würde sie Christian

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 2 of 4
Date: 07.09.1949
Physical description: 4
in einem Kriegshafen Colombo (Ceylon), 6. September (Reu ter). Durch ein Großfeuer wurden die Gebäude der Hauptverwaltung des englischen Marine stützpunktes in Trincomalee an der Ostküste von Ceylon zerstört. Eine Person wurde getö tet und mehrere verletzt. Der angerichtete Scha den ist beträchtlich. Die Ursache des Brandes ist noch ungeklärt. m 1,, m „CUdsUaH 37 Roman von BERNHARD W. HEUREITER Das Fest stand vor der Tür und heute war der Tag, an dem die Ausstellung eröffnet wer den sollte. Christian ging

in den Schlafraum, um sich für die Ausstellungseröffnung umzukleiden. Er traf dort Erich Müller, halb angezogen und mit Geldzählen beschäftigt. „Jawohl. Christian", erläuterte dieser, „es weihnachtet auf der ganzen Linie! Soeben ist die Post gekommen. Mein Alter hat Moneten geschickt und auch für dich ist ein erster Weih nachtsbote eingetroffen. Christian blickte su chend umher. Da deutete Erich durch eine Kopf bewegung die Richtung an, in der das Paket lag. das für Christian gekommen war. „Von wem?" fragte

er verwundert. „Ich glaube, es ist deines Alten Schrift." Christian fand Erichs Vermutung bestätigt. Die Post kam von Daheim. Verwundert ent fernte Christian die Umschnürung, bog das Packprp'er auseinander. Ein Brief lag oben auf „Mein lieber Christian ! Du wirst wohl enttäuscht sein, an Stelle des gewiß erwarteten Reisegeldes nur ein Paket zu B r i d l i n g t o n (Porkshire), 6. September (Reuter). Der Jahreskongreß des britischen Gewerkschaftsbundes beauftragte den General- rat der Trade Unions

Ge dächtnis zu haben, besonders in Mahlzeiten. Denn dies befähigt dazu, sich mancher Dinge erhalten. Aber wir können Dich diesmal wirk lich nicht heimkommen lassen. Die Mütter ist ein wenig kränklich und dann sind wir auch et was knapp bei Kassa. Es wird Heuer keine Weihnachtszulage mehr ausbezahlt werden und meine Rente ist, wie ich Dir noch mittetlen muß. unlängst wieder ein wenig gekürzt worden Erschrick deshalb nicht, lieber Christian! Wir haben schon zu leben, aber es langt nur schwer für di- weite

Aufforderung zu richten, heim zugehen. Und als der Altbürgermeister Seitz im Nationalrat unserem demokratischen Selbstbe- haupt'mgswillen Ausdruck verlieh, da wagten Jetzt aber: Viel Glück zur Ausstellung und Kopf hoch, Christian! In wenigen Monaten wirst Du ja Deine Abschlußprüfung machen. Dana werden wir einander Wiedersehen und miteinander über Deinen ferneren Lebensweg beraten. Daß alles gut ausgehen möge, ist der Mekhnachts- und Neujahrswunsch Deiner alten Ettern." Christian war sehr blaß geworden

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 6 of 8
Date: 20.11.1930
Physical description: 8
in die Kisten zurück. Antje! dachte Prinz Christian. Er griff nach der lang herabhängenden alten Seiden- schnur und klingelte der Wärterin. Dann ging er langsam und lautlos aus dem Zimmer. 10 . Als er zwei Tage später zur gewohnten Stunde bei der Herzogin eintrat, sah er eine große, schlanke Frau neben ihrem Bette stehen. Sie stand so, daß er ihr Gesicht nicht sehen konnte. Er sah nur ein weißes Kleid und einen Ansatz goldblonden Haares unter einer Fülle schneeweißer Strauß federn. Von einer Erinnerung

gestreift, trat er hasttg näher. Die Herzogin lächelte, als sie ihn erkannte. Sie nannte sei nen Namen und den der Prinzessin Theodora. Ihre Stimme klang voller und lauter als gewöhnlich. Ihr Lächeln schien sie beide zu umschließen. , Prinz Christian war einen Augenblick verwirrt, als die Prinzessin ihm ihr Gesicht zuwandte. Es war kein schönes Gesicht. Es war nicht einmal regelmäßig. Und war trotzdem bezaubernd. Alles in ihm war pikant, lebhaft und anmutig. Um ihren großen, roten Mund lag ein Zug

fraulicher Sinn lichkeit und von Zeit zu Zeit eine leichte, liebenswürdige Ironie. „Kennen wir uns nicht schon?" fragte sie lächelnd. Prinz Christian dachte an München, an den verblaßten Königsmantel über weißen Schultern. Er lächelte nun ebenfalls. -Ein wenig —" >©t« tappten wie «in nordischer Bär unter «is Schmet litfch, Anna Mager! und Eduard Span. Die Zusicherung für die Ausnahme in den Heimatverband wurde erteilt dem Alois Spornberger und der Aloisia Mair. Die Frage, ob ein Polier der Gemeinde

zu erpreßen versuchten. Aus dem GerMsjaal. Todesfahrt einer Ar-ter. Gestern hatte sich vor einem Schöffensenat in Inns bruck ein Motorradsportler — der 22jährige Anton Zoller aus Telfs — zu verantworten. Der Anklage des Staats anwaltes nach ist Zoller an einem Verkehrsunsall schuld, der terlingen. Ich hatte den Eindruck, daß Sie über meinen bunten Schnee recht grimmig erbost waren." Sie lachte laut und herzlich. „Ich war nicht in Karnevalsstimmung," sagte Prinz Christian verlegen. Ihr lebhaftes, lachendes

Gesicht wurde auf einmal ernst. „Ja — verzeihen Sie. Ich kannte Sie damals nicht. Erst als ich am Abend die alte Exzellenz in Ihrer Begleitung sah, wurde ich stutzig. Prinz Christian dachte an den entrüsteten und hilflosen Ausdruck im Gesicht de8 Kammerherrn. Er mußte lächeln. Die Prinzessin war zum Fenster getreten. „Es ist schön hier," sagte sie unvermittelt mit einem Mick auf die ver schneiten Berge. Eine tiefe, verhaltene Inbrunst lag in ihrer Stimme. Sie versteht es, alle Genüße des Lebens

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 4 of 10
Date: 25.11.1938
Physical description: 10
, indem er eine Dynamit patrone in den Mund nahm und diese zur Entzündung brache. Durch die Explosion wurde Tanase buchstäblich in Stücke gerissen. Arm kn Arm in den Tod Erschütterndes Elendsdrama eines greisen Ehepaares Bukarest, 24. November. In der Gemeinde Eeahlau bei Piatra-Neamtz spielte sich ein erschütterndes Elendsdrama ab. Der 69jährige Adolf Christian und feine 62jährige Frau haben sich ge meinsam ans die Bistritz-Brücke begeben, umarmten sich und sprangen in den reihenden Strom. Mehrere Arbeiter, wohl

den Hinninghof mißgönnen? Daran ist wirklich nicht viel . . / Erika hatte den Schlag schon wieder überwunden. Am Arm ihres Bruders konnte sie den Bahnhof verlassen. Draußen stand ein großer Privatwagen, dessen Chauf feur die Mütze vom Kopf nahm und vor Erika und Chri stian die Wagentür öffnete. „Nanu?" staunte Christian, „ein eigener Wagen . . .?" „Nein, nein", lachte Erika, „so weit habe ich es doch noch nicht gebracht. Es ist der Wagen meines Chefs." Sie blickte ihren Bruder, den sie seit zwei Jahren

nicht mehr gesehen hatte, von der Seite an. Hübsch sah er aus, fand sie. Wenn sie mit ihm am Sonntag in den Anlagen von Wolzin spazierengehen würde, würde sie sicherlich man ches Mädchen um den jungen, stattlichen Mann beneiden. „Hoffentlich hat uns Onkel Hinning wenigstens einen anständigen Schnaps zurückgelasien", sagte Christian jetzt, „nach einem solchen Schrecken kann man so etwas schon ge brauchen . . ." „Wir sind gleich da . . gab sie zur Antwort, „ich denke schon, daß du deinen Wunsch befriedigen

war." „Soll ich hier warten?" fragte der Fahrer. Erika sah fragend auf ihren Bruder. „Nein", sagte Christian halb belustigt, „wir bleiben 'aus unserem Schloß!" Das Hoftor stand offen. Als Christian daranging, die schwere Haustür zu öffnen, gelang ihm dies erst nach eini ger Mühe. „Das sieht ja fast aus, als ob hier jemand versucht hat, hier einzudringen", knurrte er vor sich hin. „Du siehst Gespenster", antwortete ihm Erika. Endlich stieß er die Tür auf. Vor ihm gähnte eine tiefe Dunkelheit. Christian steckte

ein Streichholz an und leuchtete hinein. „Wo ist denn hier der Schalter?" fragte er. „Schalter?" Erika lachte. „So weit ist der Hinninghof noch nicht. Hier gibt es kein elektrisches Licht. Wir müsien uns vorsichtig hineintasten und sehen, ob wir irgendwo eine Kerze oder vielleicht sogar eine Petroleumlampe finden." Sie hatten Glück. Gleich in dem Wohnzimmer, in das sie zuerst hineingerieten, sahen sie im ungewiffen Schein des flackernden Streichholzes eine Lampe. Christian machte sich daran zu schaffen

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 7 of 16
Date: 06.12.1930
Physical description: 16
. Dresden 21. Roman von Gertrud von Brockdorff. (Nachdruck verboten.) Seine Familie nannte es Wahnsinn. Sein Bruder Georg kam und redete stundenlang auf ihn ein. Er sagte: „Du darfst nicht lediglich deine eigenen, klei nen Interessen im Auge haben, Christian. Dem Verzicht trifft uns alle. Es ist ern Verlust für die ganze Familie/ Prinz Christian zuckte die Achseln. „Ich kann um meiner Familie willen nicht gegen mein Gewisien handeln/ „Christian, es ist eine Tollheit. Denk' auch an dich selber

! Du bist an ein Leben großen Stils gewöhnt worden. Was willst du schließlich anfangen? Dich etwa in Laubach vergraben?" „Ich werde Laubach veilleicht verkaufen/ sagte Prinz Christian müde. Sein Bruder sah ihn starr an. Dann lachte er. „Lau bach verkaufen? Weißt du, wieviel im besten Falle nach Abzug der Lasten übrig bleiben wird? Soviel, wie dazu ge hört, um eine kleine Bauernstelle zu erwerben." Eine kleine Bauernstelle würde mir genügen. Georg/ „Du mußt leben." „Die meisten Menschen leben von ihrer Arbeit

/ Der andere maß ihn mit einem seltsamen Blick. Er widersprach ihm auf einmal nicht mehr. Er war sanft und nachgiebig wie zu einem Kranken. Prinz Christian fühlte es. Er erschrak vor dem Gedanken, der sich seiner Vorstellung bemächttgte. „Ihr braucht mich nicht für wahnsinnig zu halten. Georg/ „Was für eine Idee, Christtan! Du wirst dich erholen. Es ist so naürlich. daß deine Nerven nach all dem Entsetz lichen gelitten haben." Prinz Christian fühlte, wie seine Glieder zu zittern be° WLW-_^ Vs.ÄÜLt bin ich beim

in mir ist nichts als eine Aus geburt meiner Phantasie. 24. Von dieser Zeit an fürchtete er sich, in den großen, leeren Hotelzimmern allein zu bleiben. Peter mußte ihm Gesellschaft leisten. Aber es war an dererseits nicht angenehm, diesen häßlichen Burschen mit dem pfiffigen Bauerngesicht ständig in seiner nächsten Um gebung zu wisien. Prmz Christian sing wieder an. auszugehen und die Gesellschaft von Menschen zu suchen. Er besuchte Kaffee häuser und Weinrestaurants, in denen er sicher war, von niemandem erkannt zu werden. Er saß

dann einsam hinter seinem Tisch und starrte mit brennenden Augen in das bunte Gewühl fremder Ge sichter. Einmal sah er einen roten, lächelnden Mund, den er zu kennen geübte. Er kniff die Lider zusammen und beob achtete das dunkeläugige, knabenhaft gewachsene Mädchen, das inmitten einer Schar von Herren das Lokal verließ. Einer der Herren kehrte noch einmal zum Tische zurück und holte eine Mappe, die auf einem Stuhle liegen geblieben war. Er war klein, struppig und rothaarig. Prinz Christian erkannte

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 6 of 8
Date: 07.11.1930
Physical description: 8
ins Zimmer getreten war: in Pelz und durchnäßten Stiefeln, die Pelzmütze zufammen- geknüllt in der Hand. Graf Rittlingen nahm sich eine neue Zigarette und schob dem Prinzen das goldene Döschen hin. „Hm. — Du gibst dir Mühe. Das ist es eben. Es ist immer etwas Krampfhaftes dabei." „Ach, Kari —" „Es ist immer das alte Lied. Du stehst vor dem Leben, wie das Kind vor einem riesengroßen Spielzeug." Prinz Christian fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Es war ihm für einen Augenblick, als ob Antje Todsen

zu ihm spräche. „Herrgott!" sagte er mit einem Male starr und bleich vor Schrecken. „Was hast du?" fragte Graf Rittlingen. Prinz Christian stand auf. Er legte den Pelz ab und warf ihn nachlässig über eine Stullehne. Der Graf streckte die Hand nach der Klingel aus. „Laß nur, Kari. Ich habe Peter Urlaub gegeben." „Ich klingelte nach dem Kellner —" „Ach — diese Kellner hier mit ihren impertinenten Gesichtern." „Wir müssen versuchen, weniastens gewisse Aeußerlich- keiten unserer Stellung zu retten, Christian

. „Sie können das da wegräumen," meinte Prinz Christian mit einem Ausdruck ungeduldiger Verlegenheit. Er stand am Fenster und beobachtete den Mann, der mit gleichgültigem Gesicht den schweren Pelz über seinen ausgestreckten Arm hängte. Als der Kellner das Zimmer verlassen hatte, wandte er sich hastig an den Grafen. „Kari, es ist mir vorhin etwas eingefallen —" .Ja „Ich werde morgen früh nicht reisen können." „Nicht reifen?" „Ich habe ein Versprechen gegeben —" „Was für ein Versprechen, Christian?" Prinz Christian runzelte

die Stirn und starrte über die verschneiten Dächer. Der Graf lächelte. Dann wurde er auf einmal ernst. „Du bist früher nicht immer vorsichtig in deinen Aben teuern gewesen, Christian." „Es ist kein Abenteuer." Die Stimme des Prinzen schwankte vor innerer Er regung. Er sah den Grasen nicht an. Es war, als spräcbe er nur zu den verschneiten Dächern vor dem Fenster. „Es ist kein Abenteuer, Kari. Es ist Ernst. Der heiligste Ernst. — Es ist ein Erlebnis. Mer das läßt sich nicht in Worte fasien." Der Graf

antwortete nicht. Als Prinz Christian sich nach einer Weile ins Zimmer zurückwandte, sah er ihn nrt dem nämlichen gleichgültigen Gesicht in seinem Sesiel lehnen und seine Zigarette rauchen. „Weshalb antwortest du nicht. Kari?" Graf Rittlingen zuckte die Achseln. von der WM Muffen? zelle und übergibt das Kuvert dem Wahlleiter, der W*i seinen Augen ungeöffnet in die Wahlurne legt. Ist dies ge schehen, so hat der Wähler gewählt, er verläßt das lokal. Was haben kranke Wähler zu tun? Kranke Wähler

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 6 of 8
Date: 01.12.1930
Physical description: 8
Hoffnung an das neue Leben, das ihr entgegen- blühte. 17. Graf Nittlingen ging mit beherrschten, weltmänni schen Bewegungen dem Prinzen Christian entgegen, der soeben dem vom Süden kommenden D-Zuge entstiegen war. „Grüß Gott, Kari. Immer der Alte!" Prinz Christian lachte und streckte dem Grafen die schmale, gebräunte Rechte hin. „Eine schauderhafte Temperatur. Stickluft wie im Gotthardt-Tunnel. Man hätte nachts fahren sollen. Aber bei Tage hat man dafür das beruhigende Gefühl, die Zeit totzuschlagen

/ Sie gingen beide den grauen, menschenwimmelnden Bahnsteig entlang. Prinz Christian trug einen weiten roh seidenen Mantel und eine flache Reisemütze. Sein Gesicht war braun und mager. „Man merkt dir die Seeluft an." sagte Nittlingen, „Nein — bewahre. Warum eigentlich?" „Du siehst so — trämert aus." Prinz Christian lachte. „Das Leben ist üngreisend. mein lieb« Kari. Besonders da» Lebe» an der mw* gruppe Hall aus dem Verband der Tiroler Heimatwehren ausgeschloffen. Dr. Steidle wird bald nicht mehr

zu laffen." Graf Nittlingen dachte: Es gibt auf der Welt viele Orte, an denen man segeln kann. Aber er sprach es nicht aus. Sie fuhren zusammen ins Hotel und aßen in an geregter Stimmung zu Mittag. Prinz Christian erzählte ein paar gute, leicht gewürzte Anekdoten. Er hatte eine ab gerissene, flackernde Art des Sprechens, die den Grasen be unruhigte. Am Nachmittage segelten sie. Aber Prinz Christian brach die Partie plötzlich ab. Er erklärte, müde zu sein und in seinem Zimmer ruhen zu wollen. Der Graf

hielt beim Abschiede seine Hand fest: „Du hast irgendein Geheimnis. Christian." Prinz Christian zuckte die Achseln. „Vielleicht. Kari. Im Grunde besteht das ganze Leben aus Geheimnissen, die man vor den Augen der anderen zu verbergen strebt." „Christian, wir sind immer Freunde gewesen. Ich bin älter als du. Du hast mir früher oftmals dein Vertrauen geschenkt." .Das war HM HM' . „Ich wollte dich nicht verletzen. Es ist durchaus nicht persönlich gemeint. Ich finde nur ganz im allgemeinen

: Man soll anderen Leuten nicht zuviel Einblicke in sein per- sönliches Leben gestatten." „Christian!" „Es ist von jeher mein Fluch gewesen, in Sentenzen zu reden. Du darfst es wirklich nicht aus dich beziehen, Kari. Aber ich finde: irgend einen Rest seines eigensten Er lebens muß man für sich selber aufheben. Es ist so wie so meistens wenig genug." „Das verstehe ich nicht. Christian." „Siehst du. Kari. Das ist es ja eben. Jeder Mensch ist im Grunde einsam." „Wie du dich verändert hast, Chrifttanl" „Ich bin Ehemann

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