Seite 6. Nr. 28. „Vater, sei gut und barmherzig, gib mir den Friedrich oder laß mich wenigstens mit ihm re den!" „Ich dein Vater? Danke schön für die Ehre. Bist eine glatte Maus, darfst dir aber nicht ein bilden, daß du mit Schmeicheleien bei mir etwas ausrichtest." „Klara, Klara," verwies die Patin, „was treibst denn? Steh' auf, mach' dich nicht schlecht vor dem miserablen Kerl, vor dem ehrlosen Menschen, der nicht wert ist, daß man ihn mit einem Schuh an rührt. Komm jetzt und trag das Kind
, es gibt noch andere Wege, auf denen man solchen Fuchs schwanzern beikommen kann." Mit großem Tumult zogen die widrigen Be sucher aus dem Hause. Der Waldebner rief ihnen noch einige Cchimpsworte und Drohungen nach, dann kehrte er zur Gattin in die Stube zurück, schlug mit der Faust an die Wand, daß das ganze Haus zitterte und schrie: „Für so einen Hallunken, für so einen nieder trächtigen, falschen Strick hätt' ich ihn nicht ange schaut, den Friedrich. — Wo ist er?" „Ich weiß es nicht." trotzte
die Frau. „Du weißt sonst alles und hast auch deine Schuld — jetzt rat, lvas zu tun ist," schnaubte er. „D a s mußt du selber wissen, mich kümmert's einen Pfifferling", trotzte sie noch stärker. „So? Ist der Friedrich nicht dein Sohn? Geht dich die Hausehre und die Familie nichts an?" „Die Hausehre richtest du zu Grunde. Du hast mich vor den fremden Leuten beschimpft und gedroht, mich auszujagen. Ich gehe, heute noch gehe ich." So unbändigen Sinnes der Waldebner sonst war, seine Gattin
, wenn nicht die haushohe Schand, die Unehre !vär'", keuchte er. „Da Hab' ich wollen eine große Hoch zeit anrichten und uns sehen lassen vor der ganzen Gemeinde, statt dessen mögen wir uns jetzt in den Boden verkriechen und dürfen keinen: Men schen grad in die Augen schauen. Das ist schwer, das tut wehe. Und die Schuld an allem hat der Friedrich: gerad' zerreißen möcht' ich den Hal lunken." „Ob der Friedrich alle Schuld hat, ist sehr zu bezweifeln", begann die Frau an der Sache herum zudeuteln und zu färben. „Wenn inan
ein uner fahrener, lebenslustiger junger Mensch ist, ver- galoppiert man sich leicht. Ist dir auch passiert in jungen Jahren. Aber der Friedrich hat es bitter bereut. Oft ist er todtraurig dagesessen, und nur weil ich ihn einmal in solch verzweifelterStimmung nicht mehr losgelassen Hab', hat er mir endlich den Fehler eingestanden. Er wollte uns um jeden Preis den Kummer ersparen, darum hat er nichts gesagt. Es wär' auch alles schön heimlich beiaelegt worden, wenn uns nicht jemand einen Strich