Seite 2 Tiroler Volksblatt. 16. Mai 1803 fügung, daß er von der wahren Haltung der katho lischen Blätter nichts weiß und uns unverdiente Vorwürfe macht? Der „Tiroler' will die Kirche verteidigen und schreibt die „Los von Rom'- Zeitungen ab, denn die katholischen urteilen an ders. Wir brauchen keine Erkundigungen bei der Nuntiatur einzuholen, jeder, der ein katholisches Blatt gelesen, wird zur Überzeugung kommen, daß das voreilige Urteil des „Tiroler' große Gefahr laust, sich als Verleumdung
gegen den Erzbischos zu entpuppen. Es gibt heutzutage ohnehin Schund- blätter genug, die systematisch die Kirche und ihre Diener verleumden und herabsetzen, und es ist wahrlich nicht nur überflüssig, sondern ein trauri ges Zeichen der Zeit, wenn sich katholisch sein wollende Blätter, wie der „Tiroler', voreilig zum Hand- langerdienste hergeben. Der politische Unfehlbarkeitsdünkel hat den „Tiroler' diesmal ordentlich mitgenommen und in eine Sackgasse gestellt, wo er sich sehr schwer tun wird. Wir sind überzeugt
, daß er noch einige Zeck räuspern und poltern wird, das kann man ihm aber süglich gönnen, sagt er ja selber in der letzten Nummer so schön nach Kreiten: „Manche Menschen heulen, wenn sie die Wahrheit hören, wie die Hunde, wenn es zur Kirche läutet.' Dem Faß den Boden ausgeschlagen hat es, weil wir den „Tiroler' in den Geruch des Rassen antisemitismus gebracht haben. Wenn man einen katho lischen Fürsterzbischof als „Judenstämmling' be zeichnet und ihm schlechte, jüdische Charaktereigen schaften vorhält
, so ist denn dies doch nicht ein vernünftiger Antisemitismus, sondern Rassenantise mitismus. Die Juden als Rasse und Nation dürfen nicht verworfen werden, das wäre Rassenantisemi tismus und dieser ist bekanntlich, was auch der „Tiroler' wissen sollte, in der christlichen Sitten lehre verboten. Der Antisemitismus hört bei der Tause aus, und wenn beim „Tiroler' das Gegen teil verfochten wird, stehen wir zu unserem Leid wesen vor einem Rassenantisemiten. Es ist auch keinem Blatte eingefallen, den Olmützer Erzbischos mit Vorliebe
der Katholiken, scheint seine Hand im Spiel zu haben. In diesen Nectusbriefen zu Olmütz und Prag liegt System. Wir sind begierig, ob der „Tiroler' auch diesem zweiten Rectus unter die Arme greisen wird und nun auch gegen die übrigen Bischöfe von Böhmen losgehen wird — um die „Kirche zu verteidigen'. Die Aufgaben der Katholiken in der Gegenwart. (Rede des hochwürdigen?. Boisl, 8.5., auf dem diesjährigen niederösterreichischen Katholikentage in Wien.) Wir Katholiken sind doch merkwürdige Leute. Seit 1900