rasteten, in langen Reihen, und die vollen Humpen kreisten. Selbst der sanges- und kriegslustige Oswald von Wolkenstein soll hier gezecht und gesungen haben, wenn ihm die Einsamkeit auf Schloß Hauenstein am Fuße des Schiern das Dasein verleidete ... Für den Bozner Merkantilmagis'trat war das je denfalls eine reiche, gnadenvolle Zeit, insofern man Gnade als Geld zu verstehen beliebt. Für solchen Segen scheinen nämlich die alten Bürger der Talferstadt noch mehr Sinn gehabt zu haben als die, die heute
zu zeigen haben, messen. Und wie die Firmen auch heißen mögen: Alles, was aus Südtirol kommt, .segelt unter dem Banner des Friedens und des Fleißes der Handelsstadt Bozen. Beim Umzug ist es nicht anders. Zu Tausenden strömen die Südtiroler aus den Tälern in die Stadt; und an ihnen ziehen dann die Landsleute vorbei, die dem Wesen, dem Leben, dem Geist des Landes Sinn und Gestalt zu geben berufen Die Spitzengruppe des Festzuges anläßlich der Eröffnung der Bozner Messe (23. September bis 8. Oktober
nur eine magere Kuh stand, in der Stube aber neun Kinder ihren hungrigen Schnabel auf sperrten. Der Kirchtag beim Galleler trug dem Stöffel gleich zwei Räusche auf einmal ein. Denn heute, am Kirchtag, mußte auch der Stöffel Wein trin ken. Als am Abend der Wastl mit dem „Zug“ kam und das Tanzen los ging, lag er schon eine Zeit hinter dem Ofen, erbrach sich ab undl zu und zwischen Schlaf und Traum gingen ihm Würste und Gugelhupf, Wein und Walzer, Schöpsernes und Sauerkraut durch den Sinn. Ein ganzer Dunst
von Fraß und Rausch, von Musik, Tanz und Geschrei legte sich auf seine junge Seele. Gott sei Dank, wie einst beim Galleler, geht es heute wohl fast nirgends mehr zu. Es ist allenthalben eine große Mäßigung in Essen und Trinken eingetreten. Sicher hat der Bauer ein Recht, am Kirchtag aus dem Reichtum der Ernte das Beste auszulesen und mit seiner ganzen Fa milie ein gutes und feierliches Mahl zu halten. Ja, wenn es nur überall so wäre! Man muß aber Sorge haben, daß wir bei aller Mäßigung den Sinn
dieses Festessens nicht mehr recht ver stehen. Manchmal kommt einem vor, man hält den Brauch des Kirchtags nur deswegen, um bei einem vollen Tisch und einigen Gläsern Wein sich selbst zu beweisen, was man hat, was es trägt, was man sich leisten kann, wie reich man ist. Wir haben fast vergessen, was so ein feier liches und gemeinsames Kirchtagsmahl f ür einen tieferen Sinn hat: wir alle, die um einen Tisch sitzen, eine Speise verzehren, wir alle bilden eine Gemeinschaft, eine Freudens-, eine Leidens