die unheilvolle Regie rungskrise, die mitten in der kritischsten Zeit das deutsche Staatsschiff eine Woche lang so gut wie führerlos ließ, endgültig überwunden wäre. Dem ist leider kaum so. Das Kabinett Marx stellt eine Berlegenheitslösung dar, der keine lange Dauer beschieden sein wird. Es fehlt ihm im heutigen Reichstag die parlamentarische Grund lage, da es sich bestenfalls auf Zentrum, Demokraten und Deutsche Bolkspartei (zusammen 173 Sitze) stützen kann,' tritt, was vorläufig noch unwahrscheinlich
erscheint, auch die bayerische Bolkspartei der Koalition der bürgerlichen Mitte bei, so würde sich deren Stimmenzahl im Reichs tag auf etwa 195 erhöhen, wogegen die vereinigte Oppo sition von rechts und links (die gleiche, die Stresemann gestürzt hat: Deutschnationale s67f, Sozialdemokraten [178], Kommunisten [15]) über 255 Stimmen verfügt. Dr. Marx müßte also auf die wohlwollende Neutralität entweder der Deutschnationalen oder der Sozialdemo kraten zählen können, um im jetzigen Reichstag eine Mehrheit
zu erhalten — eine Möglichkeit, die wohl von Fall zu Fall eintreten, niemals aber als dauernd gegeben betrachtet werden kann. Marx steht also auf schwachen Füßen, und es wäre keineswegs verwunderlich, wenn er das Reichskanzleramt nur unter der Bedingung über nommen hätte, daß ihm der Reichspräsident gleichzeitig die Möglichkeit einräumt, den Reichstag aufzulösen, falls dieser in seiner unfruchtbaren Ministerstürzerei verharrt. In dieser Frage schien die Haltung Eberls in den letzten Tagen schwankend
und stark von persönlichen Motiven beeinflußt. Es gab Kanzlerkandidaten, denen der Reichspräsident die Auflösungsorder in die Hand gab, andere, denen er sie vorenchielt. Wenn man auch die Be denken des verantwortlichen Staatschefs gegen die Wirren | einer Wahlkampagne im jetzigen Augenblick und vielleicht Mch gegen den möglichen Ausgang der Wahlen (Ruck mch rechts!) begreifen kann, so ist doch kaum einzusehen, wie auf die Dauer mit diesem Reichstag weiterregiert werden soll. Die große Koalition
hat sich als unhaltbar erwiesen, ein bürgerlicher Block von den Demokraten bis zu den Deutschnationalen, wie ihn Stegerwald bilden wollte, scheiterte an der Forderung der extremen Rechten, gleichzeitig die in Preußen wohlbewährte große Koalition auszugeben, also auch dort die Sozialdemokraten aus der Regierung hinauszudrängen. Damit sind die bürgerlichen Koalifionsmöglichkeiten im Reichstag erschöpft und jede neue Regierung schwebt in der Lust. Daß das die richtige Lage sei, um Deutschland aus dem heutigen Unglück