? Das ist doch eine wichtige Frage. Weiß ich darüber keinen Bescheid, so weiß ich auch nicht, wie ich mich zu ihr stellen/ ob ich sie als Freund oder Feind betrachten und behandeln soll. Und gerade auf diese Frage hört und liest man zwei verschiedene Antworten, fast so verschieden, wie Ja und Nein, wie Tag und Nacht. Wie oft hat man das Taaffe'fche Regime eine cons erv ativ e Regierung genannt; ebenso wie man auch von einer conservativen Reichsrathsmehrheit gesprochen oder wenigstens geträumt hat. Man hieß
sie auch die befreundete, die verbündete Regierung. So kann nur der sprechen, der zur Regierung hält. Darum galt und gilt noch die Reichsrathsmehrheit als regierungs freundlich, als Stütze des Ministeriums; ja, ich entsinne mich, dass ein katholisches Blatt, gewiss nicht ohne einen Anfing von Wehmuth, sich selbst — freilich mit Beschränkung — den Titel: „Taaffeaner' gegeben hat. Diese Freundschaft hatte gewiss nicht den einen Zweck, die Wünsch e der hohen Regierung durch zusetzen; sondern man hoffte, so und so allein
auch die vollauf berechtigten Wünsche und oie dringenden Bedürfnisse des christ lichen Volkes erfüllen zu können. Oft und oft ist in Schrift und Wort diese Hoffnung ausgesprochen worden. Daran hat es hier nicht gefehlt, dass man die Regierung etwa hat zu wenig gelten lassen. Im Sommer habe ich in einer katholischen Zeitung eine fast begeisterte Lobrede auf die Regierung gelesen, so dass ich mir gedacht habe: das verdient eine Belohnung. Freilich hat es auch andere gegeben, die sich zu solcher Hoffnung
nicht erschwingen konnten, da sie sagten: „Von dieser Regierung ist für uns nichts zu hoffen, wenigstens auf unser Wohlverhalten hin bekommen wir nichts, vor allem nicht die katholische Schule.' Aber diesen Schwarzsehern ergiengs nicht immer gut; es hieß, sie wollten mit dem Kopf durch die Wand rennen, das gehe nicht, es brauche Geduld. Nun freilich, Geduld bringt Rosen, und darum dürfen wir wohl hoffen, dass in diesem Winter noch die weiße Schnee decke zu einem Blumengarten umgewandelt wird. Doch, daraus
scheint nichts zu werden; denn gerade jetzt hat sich das Blatt nach einer ganz anderen Seite hin gewendet. Die Regierung Taaffe's erweist sich immer mehr und mehr als liberal. Da mag man die Sache ansehen, wie man will, selbst mit ge färbten Brillen, jetzt muss man zur Ueberzeugung kommen: Wenn auch die gegenwärtige Regierung manches Gute an sich hat, im Grunde genommen ist sie liberal, sie conserviert, d. h. sie bewahrt und behütet mit einer gewissen Zähigkeit die liberalen Errungen schaften