Seite 4. Nr. 124. Samstag, „Brixen er Chronik/ 16. Oktober 1909. Jahrg. XXII. Im Gegensätze zum Partei- Programme?! Wir erhalten von der Piusvereins-Korre- spondenz folgende Zuschrift: In einer Mitteilung an sämtliche katholische Blätter Oesterreichs hat die Piusvereins-Korre spondenz auf die fortgesetzten Schmähungen hin gewiesen, welche gegen die „Klerikalen', d. h. die Katholiken, aus christlichsozialen Versammlungen hinausgeschleudert wurden; diese Klerikalen werden gekennzeichnet
als solche, welche Verräter usw. in der Partei seien — um beleidigende Ausdrücke nicht zu wiederholen — als Menschen, mit denen man sich „nicht mehr verstehen kann', „weil man sie nicht mehr ausstehen kann', die durch „eine ganze Weltanschauung getrennt' seien usw. Da nun aber die christlichsoziale Partei nur dadurch die stärkste Partei in Oesterreich ist, weil diese so verhöhnten und verspotteten Klerikalen ihr angehören, für sie tätig sind, so haben dieselben ein Recht, von der Parteileitung, der sie ihr Vertrauen
, die mit ihrem ganzen Anhang in christlichsozialen Versammlungen angeflegelt wird, ohne daß sich jemand zu ihrer Verteidigung rührt, sich nach wie vor in den Dienst der Partei stelle, ohne auch nur Protest gegen solche Angriffe zu erheben? Interessant ist es aber, wie das „Deutsche Volksblatt' diese Mitteilung interpretiert. — Man merke recht— die Piusvereins-Korrespondenz verlangt nicht mehr und nicht weniger, als daß die katholischen Blätter, welche in der ganzen Monarchie der christlichsozialen Partei dienen
, bedauerliche Ausschreitungen einzelner, sondern sie sollen dem Programm entsprechen, dem christlichsozialen Programm, dem so viele Katholiken zum Siege verhalfen?! Zum Pro gramm der christlichsozialen Partei soll es ge hören, daß die gesamte katholische Presse Oester reichs sich diese Schmähreden ohne Widerspruch gefallen lassen muß? Fordern, daß die Be schimpfungen der Katholiken in christlichsozialen Versammlungen offiziell abgestellt werden, soll eine Fälschung des Parteiprogramms
sein? Und weil christlich gesinnt und katholisch nicht identisch ist, müssen sich die Katholiken, ohne zu mucksen, auch vielleicht „klerikale Schweine' in einer christlichsozialen Versammlung nennen lassen? Auch wir überlassen es unseren Lesern, aus der Anmaßung des „D. V.', das Programm der christlichsozialen Partei zu einer Verhöhnung der Katholiken zu machen, ihre Schlüsse zu ziehen. Eines aber steht fest: für einen solchen, vom „D. V.' neu entdeckten Programmpunkt der christlichsozialen Partei sind weder