Deutsche und Italiener in Südtirol : Beitrag zur Nationalitätsstatistik Oesterreichs
verstand. Die Bevölkerung zeigt sich im allgemeinen willfährig, weniger viel- / leichl aus nationaler Sympathie, als wegen materieller Rücksichten, da die i Kenntniß der deutschen Sprache ihnen den geschäftlichen Verkehr, der ja vor- ' wiegend nach deutschem Sprachgebiete gerichtet ist, wesentlich erleichtert. Daß der Ladiner mit der italienischen Kultur niemals sympathisirtc, ist bekannt, es dürfte daher für die Regierung bei fortdauernder Konsequenz die ^ Aufgabe ebenso leicht als erfolgreich
sein, das italienische Element ganz zu verdrängen und die deutsche Sprache neben der ladinischen Zur alleinherrschen den zu machen, was in Gröden allerdings viel eher erreicht werden wird als in Enneberg, weil dort die Schulbehörde mit viel mehr Eifer arbeitet und auch die Bevölkerung mehr Entgegenkommen zeigt, als im letztgenannten Bezirke. Die nördliche Grenzmark des geträumten italienischen Zukunftsreiches bildet im Eisackgebiete der Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Brixeu, von Klause» bis zur Höhe
des Brennerpasses und bis Viutl im Pusterthale reichend. Wenn wir nun in diesem Bezirke die Bevölkerung uns ansehen, so finden . wir auch keine Spur von italienischen.Llnsiedluugeu. Nicht bloS die Grund-! besitz- sondern auch Gewerbelisteu weisen nicht mehr italienische Namen auf, als dk Bezirke des Innthals oder anderer deutscher Gegenden. In den Ge>verbelisten fauden wir 2 Wirthe, 1 Schuster) l Schlosser, 1 Sagschneider, 3 Krämer, und 1 Zuckerbäcker — in einem Bezirke von ZS186 Einwohnern
. Von der italienischen Arbeiterbevölkerung kommen in die Gegend außer halb der FranzenSfeste fast ausschließlich nur gewerbliche Lohnarbeiter, insbe sondere Maurer, Holz- uud Bergarbeiter, wogegen im Bezirke von Brixen zu gewissen Jahreszeiten auch zur Bodenkultur italienische Arbeiter verwendet werden, die aus dem Ladinischen, dem Fassathale und andern benachbarten italienischen Gegenden über das Gebirge herüberkommen, einige Wochen oder auch den ganzen Sommer hindurch als Taglöhner arbeiten und mit dem ersparten
Lohne wieder heimwärts ziehen, eine Arbeiterbewegung, die, ohne die geringsten nationalen Spuren zurückzulassen, den dortigen Grundbesitzer» ^ durch den Ersatz stabiler Dienstboten in. wirthschaftlicher Hinsicht wesentliche Vortheile bringt. Im ganzen Pusterthale — einem Bezirke von ungefähr 69.000 Einwohnern — fanden wir 15 italienische Gewerbsleute, die sich rasch germanifiren müssen, wenn sie unter einer rein deutschen Bevölkerung ihre Geschäfte fortführen wollen. Trotzdem findet