gegen 4 Uhr nachmittags. Zeitung und Zeitungrleser. Die „Staats zeitung" in Neuyork enthält eine sehr lehrreiche Ab handlung über das Verhältnis der Leser zur Zeitung, die beweist, daß es jenseits des großen Teiches die selben Schmerzen im Zeitungsleben gibt wie bei uns. Wer sind die größten Wohltäter? heißt es darin. Zweifellos die Zeitungen. Jede Wohltätig keitsveranstaltung bedient sich in erster Reihe der Zeitungen, natürlich unentgeltlich, denn man will ja Geld einnehmen und nicht solches ausgeben
der Durchschnittsleser, wenn er die fertige Zeitung zur Hand nimmt, ein Bild davon, welche Summe geistigen Schaffens, welcher Aufwand tech nischer Arbeit und wieviel Unkosten in dem ihm täglich bescherten Lesestoff enthalten sind? Wäre es der Fall, seine Kritik würde weniger laut und seine Anteilnahme mehr freundlich und zugleich praktischer Natur sein. Ganz schlaue Leute unter den Vereins brüdern meinen sogar, sie hätten der Zeitung mit ihren „ohne Honorar" gelieferten Vereinsnachrichten Geld erspart
, denn „sonst müßte die Zeitung ja die Mitarbeit bezahlen und so kommt sie doch umsonst zu der Raumfüllung ..." Andere sagen: „Was sollen die Handelsnachrichten und die volkswirtschaftlichen Artikel, für die sich ja doch kein Mensch interessiert"; so denken diejenigen, für welche diese Art Lese- und Jnformationsstoff überflüssig ist, ohne den aber eine Menge anderer Leser, Kaufleute und Hand werker, nicht auskommen könnte. Andere Leute, die mehr für Unterhaltungsstoff schwärmen, ereifern
sich wieder über die „langweilige Politik", die ganze Spalten „unnützerweise" füllt. Man kann's also machen, wie man will, vollen Beifall findet die Zeitung nur in den allerseltensten Fällen bei ihren Lesern, von denen jeder am liebsten die ganze Zeitung nur mit Dingen gefüllt sehen möchte, für die bloß er besondere Neigung hat. Daß sich der Leser nur für den Verein zu erwürmenlvermag, dem er selbst angehört oder nahesteht, ist selbstverständlich. Aber selten begreift er oder will er begreifen, daß es eine Unmenge Leute gibt
, denen gerade sein Verein nicht das Um und Auf des Lebens bedeutet. Nach der Vereinsfeier kommt dann noch das Nachspiel: die Schriftleitung soll auch noch einen „Festbericht" liefern, je länger, je lieber und natürlich „an bevor zugter Stelle". Am unbescheidensten sind meist die Vereine, die mehr Vorstandsvertreter als Mitglieder haben und von denen manchmal nicht ein einziger — Abnehmer der in Anspruch genommenen Zeitung ist, sondern die Zeitung bloß 'im Kaffeehaus liest! Schmnrgertchl Kozen. Tin