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Alpenzeitung
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Seite 6 von 6
Datum: 10.01.1935
Umfang: 6
, was er von ihr halten solle. So entgegnete er nur dienstbe flissen, er wolle den Wirt fragen. In diesem Augenblick hatte die Fremde das un behagliche Gefühl, daß jemand sie beobachte und wandte den Kopf zur Seite: da stand ein kleiner, untersetzter Mann in einem braunkarrierten Anzug, der sie aufmerksam musterte. Dann flüsterte er dem Kellner einige Worte zu und dieser trat vor und bat die Dame, in das nebenan liegende Speisezimmer einzutreten — das Abendessen werde gleich bereit ein. Der dicke Mann — offenbar

der Wirt — schien sich überzeugt zu haben, daß sein später Gast „an ständig' sei. An einem Tische sitzend, grübelte die Einsame dar über nach, was man wohl unter „anständig' ver stehe und warum es wünschenswert sei, diesen Ein druck zu erwecken, wenn man allein und fremd ist. Nach einem Weilchen, während sie heißhungrig dem lauwarmen Rindfleisch und welken Salat zu sprach, die wohl vom Mittag übrig geblieben wa ren — trat der Wirt an ihren Tisch. „Welchen Zug wollten die Dame benutzen? Es ist bald zehn

Uhr. „So spät schon? O, dann muß ich fort. Wie viel macht das, bitte?' Sie öffnete ihr Geldtäschchen aus alter Gewohn heit und zog in Gedanken den Gepäckschein hervor, den sie mit zusammengezogenen Brauen betrachtete. „Das ist für Ihr Gepäck, wie ich sehe, meine Da me.' ließ sich der Wirt jetzt in merklich höflicherem Ton vernehmen. „Wäre es nicht besser, Sie blieben die Nacht hier? Ich lasse die Sachen gern holen.' Der Kontrast zwischen der Art, wie der Mann anfangs, der den Gast möglichst

Brillantringe und einer mit einem Saphir, während der Mittel finger einen altertümlichen Marquifering trug,, mit einer schwarzen Perle von seltenem Wert. „Na, solls denn dabei meiden, gnädige Frau? Schweigen ist auch eine Antwort,' fuhr der Wirt in jovialem Tone fort. Dabei kam es der Fremden erst zum Bewußtsein, daß sie sich über ihre eigenen Schmucksachen wunderte. „Was steht denn für ein Name auf den Koffern? — Sie lind doch nicht etwa bei dem Eisenbahnunglück heute mit dabei gewe sen? Es sind mehrere

Leute verletzt worden, und. Sie zuckte zusammen und deutete durch eine Ge bärde an, er solle sie in Ruhe lassen. Als sie sich wie der nach ihm umsah, war er verschwunden. Unter dem Eindruck eines unbestimmten Mißbe bagens saß sie einige Augenblicke ganz still; dann besann sie sich, daß sie ja noch nicht aufgegessen habe. .Jetzt kehrte der Wirt zurück. Leise auftretend, er bot er sich, der Dame das Zimmer zu zeigen — ein schönes Zimmer im ersten Stock mit der Aussicht auf das Meer. „Ihr Gepäck

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