. Was seine Epigonen hervorgebracht, sind meist nur die Früchte einer Nachblüte, die er ins Leben gerufen, Früchte, die so Manches eingebüßt von dem Zauber der . ersten Frische und Unmittel barkeit, der genialen Unwiderstehlichkeit, die alle seine Schöpfungen atmen. Die musikalische Form, durch die Italien sich in der zweiten Hälfte des 19 Jahrhunderts behauptet hat, ist die ihm am tief sten zugehörige: die Oper. Die eine überragende Persönlichkeit dieser Zeit war Giuseppe Verdi. Er steht in der italienischen
Musikgeschichte ähnlich da, wie Wagner in der deutschen: eine letzte große Zu sammenfassung der Kräfte auf einer schon fallenoen àie. Verdi'S Werke bezeichnen durch ihre schöp ferische Höhe nicht nur den Anfang dieses Zeitab schnittes, sondern auch am deutlichsten — die We sensart italienischer Musik, die sich auf kein Prin zip festgelegt, es fei denn das Drama, ganz aus sich selbst herausgestaltet. — Und Melodie, immer wieder Melodie, strömender Gesang ist Alles, was Verdi schrieb, jeder Ton lächelt
mit unwider stehlicher Gewalt, mit bezaubernder Grazie in un ser Herz hinein, und dankbarer und zärtlicher hat kein Künstler je das Gold der menschlichen Stim me zu behandeln gewußt, als er, dessen Vaterland /eben Italien, die alte Heimat des Gesanges und der Sänger war. Aber dem unsterblichen Melodienstrom vermählt sich bei Meister Verdi auch /Gedankentiefe und Innerlichkeit und, um das Glück dieses Bundes zu vollenden, ward dem Meister auch die Gabe hochdramatischer Lebendigkeit zuteil. Die Fantasie
des dramatischen Ausdrucks auf die Singstimmen konzentriert. Das Orchester unter malt. stützt, verstärkt diese nur. Die (Ägenwerte des instrumentalen Ausdruckes hängen hier nicht mit dem Drama selbst zusammen, sondern sind mehr .illustrativer Art, Ausdruck der sichtbaren Vorgän ge, des Milieus, der Atmosphäre. Was Verdi so in diesem Werke schuf, ist stärkste Konzentration aller Kräfte auf eine Stelle, auf die Melodie und nur die Melodie wird aller Spiegelungen fähig, trägt alle Impulse des dramatischen