der Vergewaltigung abzuwehren. Das haben die Serben sofort durchschaut, und die Art, wie Milowano witsch und seine Ratgeber den Streich des Wiener Kabinetts parierten, war ein di plomatisches Meisterstück. Mit erstaunlicher Unver frorenheit nahmen, die Herren eine Unschuldsmiene an, schoben ihre Forderungen, ohne sie zurückzuziehen, in die Form einer Bitte an die Mächte, und indem sie auf solche Weise jeder direkten Aussprache Oester reich-Ungarn gegenüber auswichen, unterfingen sie sich bei fieberhaft
besiegelt hat, ihre Loyalität leuchten ließen, die Rolle der mit Unrecht Bedrängten annehmen. Ganz Europa redet davon, daß Oesterreich-Ungarn seine wirt schaftliche Uebermacht, die Ungunst der geographischen Lage Serbiens benütze, ihm Bedingungen des politischen Verhaltens aufzuerlegen, daß es also die Unabhän gigkeit des kleinen Staates tatsächlich bedrohe. Das Prinzip der Serben, Wirtschaft und Politik zu tren nen, erscheint wie ein verkündetes Naturrecht der ser bischen Souveränität. Und Oesterreich
-Ungarn, das doch vernünftigerweise nicht glauben konnte, durch die Schrecken des Zollkrieges, die ja Serbien einmal schon zwei Jahre hindurch hatte über sich ergehen lassen, das serbische Volk im Moment seiner höchsten Auf regung in Furcht zu bannen, wendete doch ein Droh- mittel an, das es vor der öffentlichen Meinung Euro pas mit dem Vorwurf des Mißbrauchs der Uebermacht belastet. Mit größerer Torheit ist noch selten ein Staat in schwere Konflikte geführt worden. Aber noch wäre, wenn in unserem
Auswärtigen Amte Vernunft statt des billigen Gefühles der Verletzten Würde Einzug hielte, ein Ausweg offen, der uns, wenn nicht den Krieg vom Halse schaffte, so doch die Gefahr verrin gerte, daß er einen europäischen Umfang annimmt. Oesterreich-Ungarn müßte Serbien einfach links liegen lassen. Die Note bleibt unbeantwortet, das Wiener Kabinett wendet sich an die Mächte. Die Signatar mächte haben ja bereits einmal in Belgrad die Eröff nung gemacht, daß sie für Wünsche nach einer Gebiets erweiterung
, daß dieses Un terlassen kein Hindernis wäre für das Gelingen einer Aktion, wenn Oesterreich-Ungarn sie unternimmt. Tritt Oesterreich-Ungarn in Vorverhandlungen über die Konferenz ein, was hat es zu besorgen? Die Annexionsfrage ist durch das Abkommen mit der Türkei rechtlich geregelt, Serbiens Ansprüche, die juristisch nicht existieren, könnten überhaupt nicht zur Sprache kommen. Oesterreich-Ungarn würde also für die Mächte die Situation schassen, daß sie entweder über Serbien schweigen oder mit jenen nebensächlichen