Seite 2 Tiroler Volksblatt 14. Mai 1L10 Wir klagen unsere christlich-sozialen Landtagsabgeord neten und die christlich sozialen Zeitungen öffentlich an, daß sie die Mitschuld dasür tragen,daß der Finanzminister auf diese unerträgliche Steuer versallen ist; der Ministerpräsident Bienerth hat es ja den Herren, darunter Herrn Schraffl, ins Gesicht gesagt, daß die Regierung von verschiedenen Abgeordneten ausgesordert worden sei, diese Steuer einzuführen. Herr Schraffl hat diese Antwort ruhig
verraten, sie haben Schacher getrieben und Volksverrat be gangen usw.' Und was war die Ursache dieses endlosen Geschimpfes? Die Konservativen hatten für den neuen Zolltarif von 1902 gestimmt, hin gegen die Tiroler Christlich-Sozialen dagegen. Und gerade durch diese Abstimmung hätten sie den Tiroler Bauern am meisten geschadet, wenn sie durchgedrungen wären. Beweis: In Tirol werden zirka 150 verschie dene landw. Artikel erzeugt, die im Zolltarif ange führt sind. Von diesen 150 haben im neuen Taris 135
Abgeordneten und Zeitungen haben dagegen Zeter und Mordio geschrien und die damaligen christlich-sozialen Tiroler Abgeordneten Schöpfer und Schraffl haben tatsächlich auch in dritter Lefung dagegen g e sti m mt. Unbegreiflich, aber wahr. Sie haben den neuen, für die Bauern viel besseren Zolltarif in dritter und endgültiger Abstimmung verworfen und haben lieber den früheren viel schlechteren gehabt. Von den übrigen christlich-sozialen Ab geordneten waren aus 26 ganze 19 bei der Ab stimmung abwesend
mit den Balkanländern gear beitet, sie wollen einfach billiges Fleisch, auf die Bauern schauen sie nicht. Daß aber Tiroler Bauern vertreter, die früher den Mund voll nahmen gegen solche Verträge, wenn es zur Abstimmung kommt, dafür stimmen, hätte niemand geträumt — und doch ist es geschehen: Zu wiederholten Malen haben selbst Tiroler christlich-soziale Abgeordnete, wie Stumpf, Mayr, Siegele und Dr. Schöpfer für solche Handelsverträge gestimmt und letzterer sogar dasür geredet. Diese Handelsver träge
, was der „Tiroler' in der Beilage zu Nr. 55 schreibt; ein ganzes Lexikon von Schimpf- und Schmähworten saust über die Konservativen nieder; das Blatt, das vor vierzehn Tagen noch von Frieden und Liebe förmlich getrieft hat, kann jetzt nicht genug Schmähworte gegen die Konservativen ausschütten: „Immer wieder holte Lügen, konservative Hetzer, skrupellose Hetzer, Roheitsakte, Geld, Lüge über Lüge, Ausstachelung der Leidenschaften, religiöse Verhetzung. Ehrab schneiden usw.', das sind Proben aus einer einzigen