von heute. „Das ist das Gesicht des modernen Japans', wird der Ausländer sa gen. und er hat recht. Doch nur zum Teil. Denn es gibt ein zweites Japan, das Land der Chry santhemen und der Lackmalereien, der zwischen Bäumen versteckten Tempel, der stillen, ver- trimmten Seen. Ein Doppclgesicht besitzt Japan, das moderne, farblose und das ihm typische, seit Jahrtausen den unveränderte. Letzteres, das dem Fremden meistens abgewandt ist, wurde allen sichtbar, als in diesem Herbst der eine Gedanke das ganze
Felder und .Wälder herrschen.' Mit diesen Worten setzte die Göttin den ersten Keiler auf den Thron, und solange das japani sche Volk noch an Amaterasu glaubt, wird die Regierung des Mikados unerschütterlich sein. Die ursprüngliche Hütte, der Tempel des Hei ligen Spiegels, ist längst vermordert. Doch alle zwanzig Jahre ersteht sie von neuem in alter Gestalt, weil kein. Sterblicher es wagen dürfte, ihr Strohdach zu betreten, ihre Wände aus ro hem Holz zu berühren, um Schäden an ihr aus- z.ibcssern
vorgeschrieben, und selbst jeder Hcnnmerschlag muß von bestimmten Handlungen begleitet sein. Wird ein Fehler be gangen. eine Kleinigkeit übersehen, so darf nichts r-erbcsfert werden. Zwanzig Jahre lang wird das Versäumnis die Göttin kränken, und die Veranr wortung der Priester ist sdhin schwer. Die Zere monien selbst bleiben ein. Geheimnis, das die wenigen Eingeweihten ängstlich wahren. Ist die Ausschmückung der neuen Hütte beendet, so brüfl der. Oberritual an der Spitze seiner Prie ster den Tempel
und verkündet, die Stätte sc» zur Aufnahme des Heiligtums bereit. Dreitausend Japaner hatten sich in diesem Jcchrc aus allen Teilen des Landes eingefun den. um der Prozession vom alten zum neuen Tempel aus der Ferne beizuwohnen. Dreißig M llionen dachten zwei Stunden lang nur an den Heiligen Spiegel, knieten in den Temoeln von Jesfo bis Kiuschiu, den Blick in die Rich tung nach Jse gewandt, und der Kaiser saß im ölten Hofkleid im Garten' des Palastes, um sein Gebet zur Ahnfrau Amaterasu in dem Augen blicke
zu beginnen, da dreihundert Kilometer entfernt die Tür zum alten Tempel geöffnet wurde. Um? Uhr 10 Minuten las der Oberpriester das Gebet, das der Sonnengöttin den unmittel-. bar bevorstehenden Umzug ihres Heiligen Spie gels verkünden sollte. Doch fast eine Stunde spä ter erschien die Spitze der Prozession von Prie stern und Würdenträgern, unter ihnen der Mi nisterpräsident Hamaguschi, in ihren weißen Kleidern, die steif vom Körper abstehen. Zu den kmgeàn Tönen der Kirchenmusik des Schinto- kults bewegte