Bruchstücke aus dem Rotbuch, das bald darauf veröffent licht wurde, erzählen mehr, als irgend , eine lange Betrachtung. 23. September 1914. Graf Czernin hat, da König Karol schwer krank ist, eine Unterredung mit dem Kronprinzen Ferdinand. Der Kronprinz sagt, .daß alle Welt den Krieg gegen uns wollte. Un möglich sei es, gegen Rußland Krieg zu führen, alles andere sei möglich. Auf den Vorbehalt des Gesandten, er wisse, daß König und Kronprinz eines Verrates unfähig seien, sagt der Kronprinz
in Stockholm, auf Ersuchen des durch Schweden reisenden Grafen Czernin am 23. September an Baron Burian absendet. Das Telegramm teilt mit, daß Rußland am 24. August in Bukarest ein Ultimatum stellte, einerseits weit gehende Versprechungen machend (Siebenbürgen, Banat, Bukowina, anscheinend auch Donaumün- dungen), andererseits mit Einmarsch von 100.000 Mann drohend. Der Kronrat sei durch den König vor ein tait aceomxU gestellt worden. Schon zur Stunde, als der Kronrat zusammentrat, wurde die Gesandtschaft
militärisch umstellt. „Bratianu hat mir', so heißt es in diesem Telegramm des Grafen Czernin, „noch kurz vor dem Kronrat sein Ehren- wort gegeben, neutral zu bleiben, und schob im letzten Augenblick den König vor, um die Verant wortung abzulenken, wenn es schief ginge. Es scheint zweifellos, daß Herr Bratianu lieber noch eine kurze Zeit gewartet hätte. Der vsn mir vorausgesehene Fall, daß die Entente plötzlich die Aktion erzwinge, war eingetreten.' Der Friedensvertrag mit Rußland. Wenn jemand bei Ausbruch
des Krieges in Deutschland oder Oesterreich-Ungarn auf die Idee gekommen wäre, eine derartige Friedenskarte als erreichbares Ziel zu bezeichnen, wie sie durcb den am 3. März in Brest-Litowsk abgeschlossenen Frieden mit Rußland zur Tatsache wurde, so hätte man ihn gewiß für einen Wahnsinnigen gehalten. Niemand hätte daran denken können, daß Rußland, das großmächtige Rußland, auf die Grenzen des Moskauer Staates vor 1654, den Vertrag von Perejaslawl mit Bogdan Chmelnicki, wieder be schränkt
werden wird. Alle Erwerbungen des Friedens von Andrnssow (1667) mit Polen, der im Bünd nisvertrage von 1686 seine endgültige Bestätigung fand, alle Errungenschaften Peters des Großen aus dem Frieden von Nystadt (1721), alle Er oberungen Katharinas aus dem Frieden von Küt- schuk-Kainardsche (1774) und Jaffy (1791), der An teil Rußlands aus den drei Teilungen Polenß, die Einverleibung Kurlands und endlich die Beute aus dem Tilsiter Frieden, nämlich das 1809 einver leibte Finnland, verliert Rußland mit einem Schlage