nach. Nicht die in den Räumen seines in Rom befindlichen Hotels nicht seltene Soutane war es, die sein Interesse erweckte, auch nicht der Umstand, daß der lange Pilgerzug der letzten Tage nach dem Salone Morini durch einen Geistlichen vermehrt wurde, aber die Aehnlichkeit des Abbes mit dem Sekretär des Tonte. „Nicht zu verkennen. Es muß wohl sein Bruder sein, der sich hier in irgend einem Seminar befindet", murmelte er vor sich hin und wandte sich dann einem neuen Gaste zu, der von ihm eine Auskunft verlangte. Conte Morini
aber brach bei dem Anblicke des fran zösischen Abbes in schallendes Gelächter aus. „Um Himmelswillen, lieber Freund, was soll die Maskerade? Wir sind doch nicht hier, um mitten im schönen Monat Mai den „Carneval in Rom" zu feiern?" „Weshalb nicht, Conte? Politisch leben wir in einem Carneval, wie einen solchen die ewige Stadt in ihren Mauern noch nie gesehen hat. Was Wunder, daß wir Führer auch zum Mummenschanze greifen müssen, wenn man mit der Polizei in unangenehmen Konflikt gerät. Dies ist mir leider
'sein, daß ich damit den Spürsinn der hiesigen Polizei höher eingeschätzt habe, als er es verdient, aber das In teresse unserer Sache steht mir zu hoch, als daß ich durch irgend eine Unvorsichtigkeit den sicheren Enderfolg, vor welchem wir stehen, gefährdet sehen möchte." „Benissimo. Unter der Soutane des Abbe wird niemand den Sekretär der liberalen „?ro ?atria irrectenta" vermuten." „Und dann soll uns der Pfaffenrock nach seine Dienste leisten. Ganz Rom steht schon auf unserer Seite, nur der Klerus hält
ein, der innerlich triumphierte, über eine peinliche Aus einandersetzung, die er wegen des gestrigen Zwischen falles gefürchtet hatte, so leicht hinweggekommen zu sein. — ! In Rom brodelte es weiter wie in einem Hexen kessel. Alle nationalen Vereinigungen arbeiteten mit Hochdruck. Vor allen der „Orient von Italien", der zu einer politischen Maffia geworden war. Von dem selben wurde die „schwarze Liste" entworfen, ein Ver zeichnis aller Deputierten und sonstigen nraßgebenden Persönlichkeiten des Königreiches
, welche nicht bereits bedingungslos zur Fahne der Interventionisten ge schworen hatten. Man drohte, sie öffentlich an den Pranger zu stellen. Wenn dieses nicht genügen sollte» würden für den äußersten Notfall auch Dolche und Re volver in den Dienst des Vaterlandes gestellt werden. Dies waren Ueberzeugungsmittel, die in Italien ihre Wirkung nie verfehlt hatten. Giolitti war in Rom die Luft bereits zu schwül ge worden. Heimlich war er aus der ewigen Stadt ge flohen, vor dem Bahnhofe von einer Rotte Studenten