- giorno, wurde von der Regierung mit guten Absichten in Angriff genommen. Die großen Latifundienbesitzer mußten einen Teil ihrer Ländereien den besitzlosen Taglöhnern, Bauern und Pächtern abgeben. Aber die Ver teilung geht nur langsam vor sich. Die Ge meindebehörden müssen zuerst die Listen aufstellen. Diese werden nach Rom ge schickt. Bis sie wieder zurückkommen, ist der letzte Sack Kartoffeln aufgegessen, und wenn eine Ueberschwemmung kommt oder die Scheune abbrennt, so ist die ganze Ge meinde
ist wie die Milch, die die dünne Kuh im Stall hinter der Küche liefert. Oft findet man in diesen Dörfern, etwas erhöht oder sonstwie abseits gelegen, ein „Dort läuft der Bub des Giovanni Batista, der nach Argentinien auswandert.“ Und da bei steht Giovanni Batista schon seit 1947 auf der List?. Er wartet. Und wenn er den gro ßen Tag, da der eingeschriebene Brief aus Rom kommt, nicht mehr erlebt, dann, nun, dann hat er eben seine mühselige irdische Wallfahrt auch ohne Auswanderung zu ihrem natürlichen Ende
geführt. Und trotzdem emigrieren die Leute, aber nicht nach Südamerika oder Kanada, wo der Großonkel lebt oder die Tante verheiratet ist, sondern nach dem Norden Italiens. Dazu braucht es keine unbeschaffbaren Papiere. Die erste Etappe ist Neapel. Dann kommt Rom. Die Einwohnerschaft der Heiligen Stadt beträgt etwa zwei Millionen Seelen. Davon sind weit weniger als die Hälfte rö mischer Herkunft. Die anderen stammen größtenteils aus dem sonnigen Süden, der die fremden Touristen anzieht und die ausgemer
gelten Einheimischen verhungern läßt. Sie kommen zu Fuß oder auf elenden Karren, auch wie Sardinen in die Holzwagen der Bummelzüge gepfercht, nach Rom gezogen. An der Peripherie angelangt, treffen sie auf andere Calabresen oder Sizilianer, die be reits Fuß gefaßt, das heißt, bei einer ansäs sigen calabresischen oder sizilianischen Fa milie ein Zimmer gemietet haben und dort zu viert oder fünft um einen Ofen herum hocken, über welchem die Wäsche trocknet, und tagein, tagaus auf eine Gelegenheits
der Familie des Gutsbesitzers, dessen 1000 oder 2000 Hektar Land genug abwerfen, damit diese Leute den Sommer am Meer und den Winter in Rom verbringen können. In der Vor- oder Nach saison kommen gelegentlich einige Familien mitglieder heim, um nach dem Rechten zu sehen und mit den Pächtern abzurechnen. Im Jahre 1946 kam es in vielen süditalie nischen Dörfern zu Hungeraufständen. Einige hundert Bauern nahmen ihren ganzen Mut zusammen, marschierten auf das Grund stück des Gutsherrn und schlugen dort Holz