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Tiroler Grenzbote
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Seite 5 von 8
Datum: 31.12.1941
Umfang: 8
von dem Verlangen, die Hände nacheinander aus zustrecken, brauchten sie sich nicht mehr zu sagen, daß sie sich liebten. Jeder Blick, jeder Herzschlag, jede leiseste Be wegung verrieten es. Aber so groß war ihre Scheu, der kranken Frau droben im Hause ein Unrecht zuzufügen, daß sie es nicht einmal wagten, sich bei den Händen zu fassen. Anna ahnte nichts. Würde es ihnen gelingen, ihren Argwohn niemals zu wecken? „Wenn die Tante gesund ist, gehe ich wieder", sagte Regina leise. Da begann Martin endlich zu sprechen

. „Ich gab ihr mein Wort", kam es gepreßt von seinen Lippen. Es war mehr als Leid, es war die Verzweiflung darüber, daß Regina ihm erst jetzt verloren war, jetzt, da er jie wiedergefunden hatte. Sie sollte wissen, wie es zu diesem Versprach gekommen war. Alles sollte sie wissen. „Komm", sagte er und rührte flüchtig an ihren Arm, .hier könnte man uns noch vom Hof aus sehen." Seite an Seite gingen sie tiefer in den Wald hinein, aber zwischen ihnen blieb ein Abstand, als habe sich ihnen ein unsichtbarer

nicht!" Neuntes Kapitel Solange Anna krank war. hatten Martin und Regina ! es vermeiden können, sich unter ihren Augen zu begegnen. Es waren immer nur kurze Minuten gewesen, die sie ge meinsam in der Stube der Kranken verbrachten, und immer verstanden sie es einzurichten, daß sie nicht beide zugleich an das Bett traten. Martin war freundlich und höflich zu Regina. Kein Blick, kein Wort deutete engere Vertrautheit an. Herr Liebl und Fräc^ejn Regina nannten sie sich, bis Anna, die sehr langsam genas

konnte. Mitte Mcn war es geworden, als die Kranke zum ersten Male das Bett verlassen durfte. Sie saß in Decken gehüllt auf der Sonnenseite der Altane und sah Regina zu. die im Hof die Hühner fütterte. Von allen Seiten kamen die weißen Hennen auf den Lockruf des Mädchens herbeigestürzt: eilig, freßgierig und aufgeregt. Seit Regina das Geflügel betreute, gediehen die Tiere prächtig, und die Len' konnte des Rühmens kein Ende finden, wenn sie auf den Fleiß und die Rührigkeit des Mädchens zu sprechen kam

. Die Mischung kann mehrmals gebraucht werden, ist aber jedesmcü wieder heiß zu machen. Thiosept-Emulsion ist auch heute jederzeit liefer bar und in allen Apotheken in Flaschen verschiedener Größe zu niedrigen Preisen erhältlich. und Regina allein wußte, waren einem ruhigen Vertrauen gewichen. Sie brauchte nichts zu befürchten. In Martins Wesen hatte sich nichts verändert, er war eher noch liebe voller um sie besorgt, seit Regina im Hause lebte. Anna stand auf. Die Sonne brannte zu heiß, und das Sitzen

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Tiroler Grenzbote
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Seite 3 von 4
Datum: 14.01.1942
Umfang: 4
Jngenö 1. ROMAN VON ELSE JUNG-LINDEMANN Urheber-Reehtaschutxi Drei Quellen-Verlag, Königsbrüdc (Bex. Dresden) u 52| V Regina hatte sich in den Garten geflüchtet, als sie Anna die Anhöhe hatte heraufkommen sehen. Hinter einer Hecke verborgen hatte sie gewartet. Unbemerkt hatte sie einen g* Blick in das Gesicht der Tante getan und war über die .g herbe Strenge des festgeschlossenen Mundes erschrocken ge- er wesen. *n „Sie weiß alles!" — Das war der erste Gedanke, der k sie überfallen

hatte, und der nächste war der. ihren Koffer 5 , zu packen und sich heimlich aus dem Haufe zu stehlen, ttt Leise hatte sie sich die Treppe hinaufschleichen wollen, o, aber da war mit einem Male die Len' dagewesen und hatte ’X* gesagt, die Tante habe nach ihr gefragt, sie solle 'naufgehen und nachschauen. Nun stand sie mit klopfendem Herzen vor der Tür, hob }’ zaghaft den Finger und pochte an. Ein leiser Ruf von drinnen hieß sie eintreten. Anna lag angekleidet auf dem Bett. Als Regina mit kleinen zögernden Schritten

-Musikkapelle, gefolgt von den Parteiformationen: SA.. SS.. NSKK., NSKOV., NSRKB., HI. und BDM., vieler Parteimitglieder und anderer Trauergäste, bewegte sich der Trauerzug von der Leichenhalle durch die Straßen der Stadt zur Grabesstätte am hiesigen Was ... was sollte sie jetzt sagen? — Die Wahrheit... eine Lüge? „Antworte doch. Kind." Da hob Regina ihr tränenüberströmtes Gesicht. Ihre flehenden Augen klammerten sich an das ernste. Lraueroolle Antlitz der Frau. „Ich habe ihn dir nicht weggenommen. Tante

, glaub es mir", klagte sie, „ich wußte ja nicht, daß er hier ist. Hätte ich es ahnen können, nie wäre ich hergekommen." „Und liebt Martin dich auch?" fragte Anna. Regina sah sie an. klar und offen. „Er hat es mir nie gesagt ... nie." Anna fragte nicht mehr, fragte auch nicht, ob sie es denn nicht gefühlt habe, daß Martin sie liebe. Sie wußte es auch so. Als Regina noch einmal bat. sie doch gehen zu lassen, schüttelte sie den Kopf. Heute im Walde hatte sie den Entschluß gefaßt, das geglaubt

, daß damit alles gut werden könne. Um ihr Glück Mädchen fortzuschicken. Vor einer Stunde noch hatte sie hatte sie kämpfen wollen, um den Mann, den sie nicht auf geben konnte, und um den Hof. Jetzt erschien ihr alles zweifelhaft. Was fest und sicher gewesen war. hatte sich aufgelöst, zerrann ihr unter den Händen. Was nützte es, wenn Regina aus dem Haufe käme? Das änderte nichts daran, daß Martin das Mädchen liebte, und wenn er ihr selber die Treu: hielt, geschah es doch nur. weil er ihr sein Wort nicht brechen

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Tiroler Grenzbote
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Seite 3 von 4
Datum: 05.01.1945
Umfang: 4
an die wenigen Menschen, die von allem Anfang an ihn geglaubt hatten: Robert, die Gutsfrau und feine Lehrerin. Fräulein Fuchs. An das Mädel auf dem Sonnenhof dachte er dabei nicht, weil er ja nicht wußte, daß auch sie von seiner Unschuld überzeugt war. Er wußte auch nicht, daß dieses Mädchen Regina jetzt Tränen der Freude weinte, als die Brotlies auf dem Sonnenhof ihre Episode, die inzwischen schon die Form einer schönen Fabel angenommen hatte, erzählte. Regina aber stieß mit ihrer Freude aus die gepanzerte

Kälte > ! 0es Vaters und auf ein nachsichtiges Lächeln der gütigen Mutter. | | Warum sie denn deswegen solches Wesen mache, fragte der Sonn- ! ! lechner. Es habe sich nun eben anders herausgestellt und damit | aus. Es sei dies vielletcht ein Grund zum Wundern, aber kein ! i Grund, um darüber in Entzücken zu geraten, denn schließlich habe ! j ja dieser Knabe soviel andere Streiche verübt daß man daraus ; immer noch schließen könne daß es nicht weit her sei mit ihm. Regina schaute den Sprechenden

etwas wie Angst aus ihm herausgefchrien. Angst vor etwas Unabwendbarem? Jedenfalls wußte man Bescheid, daß der Name Ambros Brandmüller auf den Bauern wie ein rotes Tuch wirkte. Regina begriff dies nicht, denn der Vater war doch sonst nicht leicht aus der Fassung zu bringen und war ihrer Wünschen fast immer zu gängig. Ja, es war etwas Eigenartiges um dieses Mädchen Regina. Sie war so sehr mit den zwei Menschen verwachsen, die ihr Vater und Mutter waren, daß lange Zeit für ie überhaupt kein anderer Mensch

, was die Liebe der Eltern zu dem Heranwachsenden Mädchen Regina betraf, so war sie sehr verschieden. Des Sonn- lechners Liebe war zu stark mit Stolz gepaart, und nichts schmei chelte ihm mehr, als wenn jemand ihm die Schönheit des Mäd chens pries. Da flogen feine Gedanken zielsuchend nach einem jungen Menschen, der Regina ebenbürtig wäre: nicht im Äußeren, sondern was die Abstammung betraf und den Reichtum. Dabei dünkte ihm, daß keiner von allen gut genug sei für die Regina i und für den Lonnlechnerhof

. Und es rührte ihn an wie Eifersucht j wenn er die Blicke der jungen Burschen sah. wie sie hungrig an i der Schönheit des Mädchens yingen. Die Mutter aber war vem Mädchen mit einer beinahe schmerz- ' haften Liebe zugetan. Vielleicht war ihre Liebe auch nur Dank an ! das Schicksal und dem Mädchen gegenüber, weil ihr Leben durch Regina erst einen Sinn bekommen hatte und weil diese Regina soviel Licht um die alternde Frau verbreitete, daß lie die ganzen Jahre wie ein Geschenk Gottes betrachtete. Oft hatte Frau

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Seite 3 von 4
Datum: 02.03.1945
Umfang: 4
sein kann, der in freudiger Bereitschaft er Erde dient, der sein Handwerk versteht und im Bauerntum mehr sieht, als nur das hartnäckige Festhalten an alten Überliefe rungen und das Pochen auf Besitz und Wohlstand den Geringeren gegenüber. Und da trennten sich eben die Wege. Es war durchaus kein leichtes Dasein mehr für Regina. Es war Unfriede im Haus, und man ließ es ihr deutlich genug merken, daß sie allein die Schuld trug. Es kam der Hochbichler Lorenz anläßlich eines Urlaubes auf den Hof und wollte sich Gewißheit

verschaffen, ob er zu hoffen hätte. Da waren die Sonnlechnerleute plötzlich wie ausgewechselt. Regina versteckte sich nicht wie das erstemal, nein, sie trat dem Gast unter der Türe freundlich lächelnd entgegen, gab ihm die Hand und hieß ihn herzlich willkommen. Der Sonnlechner schaute seine Bäuerin an und sie ihn. Wer sollte sich da jetzt auskennen? Hatte Regina sich nun doch endlich besonnen, und hatte sie be griffen. was sie ihrem Namen und dem Hof schuldig war? Frau Therese ging in die gute Kammer

hinauf und nahm aus einer verschlossenen Blechschachtel eine Handvoll Kaffeebohnen her aus. Regina aber ließ es nicht zu, bewirtete den Gast selber, fragte ihn dies und jenes und glitt mit ihrem Gespräch doch an der Hauptsache herum. Zum Schluß setzte sie die Alten nochmals in Erstaunen, indem sie erklärte, daß sie den Lorenz ein Stück be gleiten wolle. Nichts aber war Falschheit an ihrem Tun. nicht das Leiseste wollte sie vortäuschen. ihr Gutsein aalt dem Soldaten Lorenz Hochbichler, der tapfer

gewesen war und der Achtung ver- diente Aber auch Wahrheit verdiente er, und darum begleitete Regina ihn ein Stück des Weges, um ihm die Wahrheit zu sagen weil sie glaubte, daß sie ihm das zumindestens schuldig sei. Während des Liedes vom guten Kameraden legte Abschnitts leiter Troger den Kranz des Gauleiters und Reichsstatthalters am Heldenmal nieder, die Ehrensalven peitschten über den Platz und die Lieder der Nation beendeten die Feierstunde. Anschließend wurde der Sarg in feierlichem Zuge zum Friedhof geleitet

. Und siehe da — der Soldat Lorenz Hochbichler erwies sich viel vernünftiger und verständiger als der Bauersfohn es vielleicht ge tan hätte. Er nahm die Wahrheit tapfer hin und mußte ihr sogar recht geben. Die Maße hatten sich eben ein wenig verschoben. Ein mal stand er über dem kleinen Gutseleven Ambros Brandmüller, und jetzt war es eben umgekehrt. Wenn Regina sich diesem Am bros versprochen hatte, so wäre es niederträchtig gewesen, wenn er jetzt die Abwesenheit des andern dazu ausgenutzt hätte, jie

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Seite 3 von 4
Datum: 22.12.1941
Umfang: 4
Wendlerhofbäuerin sollte sie pflegen und der alten Magd, der Len', ein bisserl helfen. Nun, das würde ihr nicht schwer fallen. Arbeiten konnte sie, denn der Vater hatte sie viel Nützliches lernen taffen. Sogar auf eine Maidenschule hatte er sie ein halbes Jahr lang geschickt. Jetzt würde sie alle ihre Kenntnisse an wenden können, und die Leute vom Wendlerhof sollten sich nicht in ihr getäuscht haben. Ais Regina in Schaffendorf ausstieg, tat sie, wie die Tante chr geraten hatte: Sie gab den Koffer im Bahnhofs

gebäude ab und fragte einen Beamten nach dem Weg. Aber sie mußte hinter dem Dorf doch noch zweimal fragen und um Auskunft bitten. Das letztemal war es der Edhofer ge wesen. der sie ein Stück begleitete und ihr den richtigen Weg zeigte. „So, zur Wendlerin willst 'nauf? — I Hab schon g'hört, daß sie krank is". sagte er und betrachtete wohlgefällig das hübsche und gutgekleidete Dirndl an seiner Seite. „Bist a Verwandte?" fragte er neugierig. „Ja", antwortete Regina und wurde rot. Sie war recht froh

. Sie hatte saubere, weiße Wände, ein Fenster, das zum Walde hin schaute, ein schmales Bett, Tisch und Stuhl, und wie ein Prunkstück aus guter, alter Bauernzeit, stand ein licht blauer Kleiderkasten an der Wand, mit goldenen Leisten und bunten Helligenbildern bemalt. Regina freute sich. Etwas Heimatliches umfing sie in diesem Hause, und dankbaren Herzens gedachte sie des Vaters, der sein Wort gehalten hatte. „Wenn's an der Zeit is, hol i di auf den Hof", hatte er ihr einmal gesagt. Freilich, damals

hatte keiner von ihnen geahnt, daß er selber die Heimkehr seiner Tochter nicht mehr erleben würde. Und jetzt war sie zu Hause. Regina wusch sich Hände und Gesicht, band die Schürze um, die ihr die Len' gebracht hatte, und ging in die Küche hinunter. „Ums Esten brauchst di net kümmern, das mach i allein fertig", sagte sie. „Kannst denn auch kochen?" fragte die Len' miß trauisch. Regina lachte hell. „Da brennst di, wenn d'meinft, i versteh nix davon. Zwei Jahr Hab i in einer großen Wirt schaft g'lernt

, und auf der Maidenschul war i auch." Die Len' sagte nichts mehr. Sie brauchte das Madl nur anzuschauen, wie geschickt es alles anpackte, um ihm aufs Wort zu glauben. Sie war recht froh, daß die Regina da war. ♦ Leise ging die Tür auf. Mit einem Holztablett, auf dem ein Teller Suppe stand, trat Regina über die Schwelle. Vorsichtig kam sie mit ihrer Last näher, stellte den Teller auf das Nachtkästchen und lehnte das Tablett an das Fußende des Bettes. Alle diese Hantierungen verrichtete sie so lautlos, daß Anna

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Seite 3 von 4
Datum: 05.01.1942
Umfang: 4
, das sie über Martin sprach. Regina quälen mutzte. Aber er sah und fühlte alles. Sah Scheu. Angst und hilflose Ratlosigkeit, fühlte Reginas Unrast und konnte ihr doch nicht helfen. Einmal, als Anna sich oben umkleidete, war er Gini in den Stall nachgegangen. Er fand sie. wie sie. ein grobes Sacktuch um die Hüften und derbe Holzschuhe an den Füßen, die Gülleanlage reinigte. Als er auf sie zutrat, schaute sie sich ängstlich um. Sie waren allein. Die Len' rumorte im Schweinestoll und hörte sie nicht. Da warf Regina

Müdigkeit kein Schlaf einstellen, und aus einem Uebel würde ein zweites erwachsen. Ein Geräusch schreckte sie auseinander. Die schwere Eisentür. die vom Hausgang in den Stall führte, quietschte in den Angeln. Regina bückte sich hastig, nahm den Besen wieder auf. und Martin trat an das kleine spinnweboerhangene Fenster. „Len'!" rief Annas Stimme. Und noch einmal: „Len'!" Martin ging ihr entgegen. „Sie ist bei den Schweinen", sagte er. und seine Stimme klang rauh. Überrascht blieb Anna stehen. Sie sah oen

Mann und sah Regina, die viel zu hastig einen Kübel mit Wasser in die Güllerinne goß. und obwohl es nicht sehr hell im Stall war. bemerkte sie doch, daß das Mädchen verweinte Augen hatte. Fragend wanderten ihre Blicke vom einen zum andern. „Warum hat Regina geweint? — Warum steht ihr hier so heimlich beieinander?" Martin spürte ihr Mißtrauen, nahm ihren Arm und führte sie hinaus. „Regina will fort", sagte er. und als er Annas Be fremden sah. fügte er hinzu: „Ich glaube, daß ihr die Arbeit

zu viel wird." „Zuviel? — Aber deshalb braucht sie doch nicht gleich fort zu wollen!" Anna schüttelte den Kopf. Sie glaubte dieser Erklärung nicht Da war etwas anderes, was Martin ihr verschwieg. Sie hatte dann selber mit Regina gesprochen, aber die Verschüchterte hatte kaum die Lider zu ihr aufgehoben und kein Wort des Widerspruches gewagt, als Anna befahl: „Du bleibst. Regina, dein Vater hat es lo bestimmt, und wir wollen seinen Willen achten. Run bin ich ja wieder gesund und kann dir einen Teil deiner Arbeit

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Seite 6 von 8
Datum: 19.12.1941
Umfang: 8
hatte und weinte. Leise seufzend ging er zu ihr hin und strich ihr über das Haar. „Ich weiß, wie schwer es dir sein würde, den Wendler- hof zu verlassen", sagte er weich, „darum habe ich diesen Plan auch nicht ernstlich erwogen. Außerdem können wir Regina mit einem so großen Besitz nicht allein lassen. Sie braucht unseren Rat und unsere Hilfe ..." Anna fuhr auf. „Immer denkst du nur an sie! Du tust gerade so, als sb ihr der Hof schon gehöre und wir nur ihre Verwalter wären. Ich ertrage

, dann laß uns noch einmal überlegen, ob wir uns unter diesen Umständen nicht lieber trennen wollen, so lange es noch Zeit ist." Mit einem Ausruf des Schreckens war Anna aufge sprungen. Ihre Arme umschlangen ihn, ihr Mund nreßte sich leidenschaftlich auf den seinen. „Das nicht ... das niemals, Martl! Ich will alles tun, was du für richtig hältst. Ich will kein Wort mehr über Regina sagen ... kein Wort. Ich will mich bemühen, gut zu ihr zu sein, und den Hof ,. T ja, auch den Hof will ich ihr geben

, und seine Nähe wirkte so wohltuend auf die Kranke, daß sie zeitweilig ruhig schlief und sich am Morgen ein wenig besser fühlte. In dieser Nacht setzte Martin es durch, daß Regina schon jetzt auf den Wendlerhof gerufen wurde. Als er zum Dienst ging, nahm er den Brief mit, den er mit Annas Einverständnis geschrieben hatte, und gab ihn mit einem Eilbotenvermerk auf. Er hatte das Mädchen gebeten, feine Ankunft telegrafisch zu melden, damit man es abholen könne. Im stillen wünschte er, daß Regina mit dem Vier

- Uhr-Zug käme. Wenn er mit Fünkele den Dienst tauschte, war er für den ganzen Nachmittag frei. Es lag ihm sehr viel daran, der erste zu sein, der mit Regina Gräber spräche. * Die Tante in München hatte gesagt: „A geh, was willst lang telegrafiern, Regina, spar dein Geld und fahr hin. Den Koffer stellst im Bahnhof ab und dann fragst di halt durch nach'm Wendlerhof. Bist alt g'nug mit deine drei- undzwanzge Jahr, wirst di schon z'rechtfindn." Es traf sich gut, daß Regina ihren Dienstplatz am ersten

April aufgegeben hatte, und auf die Tante brauchte sie keine Rücksicht zu nehmen. Sie hatte genug Kinder, die ihr zur Hand gingen, und war gewiß froh, einen Ester weniger im Hause zu haben. Das leise Bangen der Nichte hatte die Energische mit ein paar kurzen Worten abgetan. — „Brauchst di net z'fürchtn, Madl, du kimmst auf dein Vater selig seinen Hof, und wenn du g'scheit bist, kannst du dort dein Glück machn." Was das für ein Glück sein solle, konnte sich Regina freilich nicht vorstellen

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Tiroler Grenzbote
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Seite 6 von 10
Datum: 24.12.1941
Umfang: 10
, und dasselbe Grübchen hatte sich beim Lachen auch in seiner linken Wange abgezeichnet. Regina war keine Fremde, Anna spürte es deutlich. Die vielen, kleinen Merk male, die das Blut ihres Mannes seinen beiden Kindern vererbt hatte, machten ihr das Mädchen, vor dessen Kommen sie sich gefürchtet hatte, lieb und vertraut. „Schenke ihr Liebe, und sie wird dir mit Liebe ant worten", hatte Martin gesagt, und Anna fühlte, daß es nicht schwer sein würde, dieses junge Ding, mit den zarten und »ehutsamen Händen einer kleinen

Mutter, liebzugewinnen. — Martin hatte den ganzen Vormittag vergeblich auf das Telegramm gewartet. Um 4 Uhr stand er auf dem Bahnhof, rber Regina kam nicht. Da machte er sich auf den Weg zum iVendlerhof. du bist ein störrisches Kind! Er hat seine Strafe auf sich genommen, er zieht in eine andere Stadt." „Oh!" sagte Ingeborg nur und wurde rot. Der Weihnachtsmann griff in seinen Sack. „Da du aber sonst brav warst, hat dir der Weihnachtsmann iauch etwas milgebracht." „Ein Geschenk?" Der Alte holte

ich mich aber zum Abstieg wende, trinkt sich das Auge noch einmal an dem leuchtenden winterlichen Bilde satt. Wie geborgen liegt unser liebes Kufstein unter der Kuppel dieses sanft sich färbenden Himmels, und ich muß denken, daß es nur noch Stunden sind, bis die Sterne der Weihnachtsnacht darüber glänzen. Am Eingang des Dorfes begegnete ihm der Lenz auf dem Radl. Martin hielt ihn an und fragte, wie es der Bäuerin gehe. „I glaub, daß sie schon besser beinand is ... und jetzt is ja auch das Fräulein da, die Regina

vor dem dunkelgrünen Tannenwald, und darüber strahlte die Kette der Berge im weißen Licht des letzten Schnees. • Regina hatte darauf bestanden, der Len' beim Melken zu helfen. Die Kranke war versorgt, und in einer guten halben Stunde würde wohl auch der Herr Liebl da sein, der würde schon nach ihr schauen, hatte die Len' gesagt. „Unsere Frau und der Liebl sind mitanand versprochn, auf den Sommer wollen s' heiratn", erzählte die Len' dem jungen Mädchen, und tat, als vertraue sie ihr damit ein großes Geheimnis

an. In dem verschossenen Leinenkittel der alten Magd ssß Regina auf dem Melkschemel, und die Len', die ihr eine Weile zuschaute, fand nichts an der flinken und sauberen Arbeit ihrer Hände auszusetzen. „I seh schon, du verstehst dei Sach", sagte sie zufrieden und schloff auf klappernden Holzschuhen davon. Unterdessen hatte Martin den Hof erreicht. Stur iBesinnung Manchmal sieht unser Schicksal aus wie ein Fruchtbaum im Winter. Wer sollte bei dem traurigen Ansehen des selben wohl denken, daß diese starren Aeste

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Tiroler Land-Zeitung
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Seite 3 von 16
Datum: 22.04.1911
Umfang: 16
starrte Regina einen Moment auf das blasse, von Leiden und Krankheit entstellte Antlitz, wandte jedoch gleich weinend die Augen weg. Der Gedanke, daß sie vielleicht durch ihren Aufenthalt in der Ferne schuld am frühen Ende der teuren Ver blichenen sei, quälte sie unaufhörlich. Aus dem ganzen Dorfe erschienen im Ver lause des Tages fromme Beter an der Bahre, ein Zeichen, wie beliebt die Verstorbene bei allen war. Regina tat diese Aufmerksamkeit wohl. Weniger jedoch behagte ihr die Zudringlichkeit

. In der Erziehungsanstalt suchte sie die Oberin aus, um mit ihr über den fürs ganze Leben ent scheidenden Schritt sich zu besprechen. Obwohl die erfahrene Seelenkennerin die reine Absicht der um Rat fragenden Regina erkannte, verhielt sie sich doch anfangs ablehnend. „Du bist von dem Trauerfalle zu sehr angegriffen, um mit der nötigen Ruhe über eine so wichtige Angelegenheit einen Entschluß fassen zu können. Warten wir das Ende des Schuljahres ab. Verharrst du bis dahin bei deiner Ansicht betreffs des Ordens- beruses

, so werden wir weiter reden; willst du jedoch in dein Elternhaus zurück, so sind wir die letzten, die dir davon abraten". Regina unterredete sich auch mit dem Beicht vater des Institutes. Er sagt ihr das gleiche, nur mit anderen Worten. Im Juni hielt sie eine Novenne zum heiligsten Serzen Jesu um die Gnade einer glücklichen Standeswahl. Ihre Vor liebe für den bescheidenen Berus einer Laien schwester wurde dadurch nicht wankend. Am Schluffe des Schuljahres griff die Oberin zum letzten Mittel, die Standhaftigkeit

der Bittstellerin zu erproben. „Du gehst jetzt zu den Deinen. Dort deckst du offen und ehrlich den Angehörigen dein Vorhaben aus! Sind sie damit einverstanden, daß du in unserem Kreise dem Serrn dein Leben widmest, gut; wenn nicht, dann wird Gott schon etwas anderes mit dir Vorhaben. Du weißt den Spruch vom Segen des Vaters und vom Fluch der Mutter". Wie ungern hörte Regina diese Mahnung! Nochmals stieg sie hinauf zum Aussichtsturme, um vielleicht das letztemal die Anstalt und deren ganze Umgebung

: Dr. Hermann Stern, Advokat in Reutte. ließ die abgelausenen zehn Monate nochmals an ihrem Geiste vorüberziehen und mußte sich schließ lich gestehen, es waren die zufriedensten und daher glücklichsten ihres bisherigen Lebens. Dann nahm sie Abschied vom Seiland im Tabernakel. Lange kniete sie in dem stillen, trauten Kirchlein und schüttete ihr Äerz aus vor dem Schützer aller Be drängten. „Mein Seiland, ich komme wieder," lispelte sie beim Weggehen. Zu Sause schwieg Regina in den ersten Tagen

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Tiroler Grenzbote
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Seite 3 von 4
Datum: 12.01.1945
Umfang: 4
soll es werden. Mutter, kein Unglück." „Hast du eine Ahnung. Mein Gott. Dirndl, bist denn du ganz von Gott verlassen? Was glaubst denn, daß der Vater saget, wenn er es müßt"" „Der Vater hat mir noch selten einen Wunsch aba'schlagen. Und — vielleicht versteht mich der Vater besser wie du. Das letzte sagte Regina so. als wenn sie beleidigt wäre. Und weil Frau Therese darauf schwieg, setzte Regina sich mit einem Ruck im Bett auf und faßte nach den Händen der Mutter. „Sag. Mutter, du mußt es doch wissen

, wie das ist! Du und der Vater habt euch doch auch gern g'habt." Hier hätte Frau Therese nun eine lange Geschichte erzählen können, die Geschichte ihres verlorenen, liebeleeren Lebens nämlich. Aber das war nicht die Stunde dazu, und Regina war noch zu jung, um solche Tragik zu begreifen. Darum lenkte sie ab. „Du nimmst alles gleich so wichtig Dirndl. Denk doch ein bisi'l nach und sei vernünftig. Weil dir jetzt der vom Lachschmied den Kopf ein biss'l verdreht hat. rennst gleich alle Vernunft über den Haufen." Regina bewegte

in angestrengtem Nachdenken die Brauen. Dann schüttelte sie heftig den Kopf. „Ich seh auf einmal alles ganz klar, Mutter. Wär der Ambros • nur net vom Bachschmied, sondern —" „Ganz richtig. Regina. Dös ist es. Auf den Sonnlechnerhof gehört ein richtiger Bauer, einer der selber aus einem Hof raus ist und der sein Handwerk versteht." „Frag doch die Gutsfrau, ob der Ambros sein Handwerk ver steht." „Sie wird wahrscheinlich ja sagen. Aber ihm fehlt auch die 'Lieb' zum Bauernhandmerk, sonst hätt' er es net im Stich

lassen und wär zu den Soldaten gegangen, wo er nix tun braucht den ganzen Tag und wenn es Nacht wird, hinter den Kitteln her- laust." Regina spürte plötzlich einen Stich im Herzen. Sogleich aber fühlte sie. ich muß ihn in Schutz nehmen. Heftiger als sie beab sichtigte fuhr es ihr heraus: „Dös weißt du net. Mutter, ob er den Kitteln nachlaust. Und daß er Soldat geworden ist — dös verstehst du net Mutter!" Erschrocken stand die Sonnlechnerin auf. Uber ihr Gesicht huschte ein Schatten. Zum ersten Male

. Und daß du es weiht, Mutter, er hat net einmal zu mir was g'sagt, daß er mich gern hält, oder so." Wie ein Aufatmen ging es durch die Frau. „Na also, was phantasierst denn dann zusamm' die ganze Zeit!" „Weil ich fühl. Mutter, daß wir uns gern haben werden ein mal." „Dös darf net sein, Regina. Du weißt ganz gut, daß der Vater den Namen gar net hören mag. Und jetzt kommst so daher. Was glaubst du was dös für einen Krach gab im Haus. Kei' ruhige Viertelstund hätten wir nimmer, wir zwei. Drum sei ver nünftig. Dirndl

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Bozner Tagblatt
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Seite 2 von 4
Datum: 14.04.1945
Umfang: 4
i/rUeberrechtschutz: Deutscher Roman-Verlag Klotzsche (Bez Dresden) was sagen.“ Er hielt und wandte den Kopf zurück. . Was denn?' ..Wann — kumin-d denn wieder, Ambro»:” ..Im Summer vielleicht!“ ,.Seb ich die /1 denn dnAmbros, du iiinDl i — mich wi-sen Ins-en. wann du (In bist.“ . In. Regina!' Nun lehrt e.' endgültig davon und gleich darauf liatle die Dunkelheit ilm verschlun gen. Regina \willlc nn lii, wie ihr geschah. Sie -land immer noch auf .lern gleichen Fleck und getraut. „Ambros! »chrie Regina erschrocken

, den Kopf, als sie mit ihren hohen Seitritten „Wart doch ein lass 1, ich muß dir ja noch ihm vorheiging. Drüben im heiler leuchteten Flur war niemand zu »eben. In der Speisekammer, deren Tür oft'enstand, surrte der Separator mit hellem singenden: Fon. Regina wurt einen Blick hinein. Die .Milch war »elion langst heriiutergelaul'eu und niemand küm merte siel: darum. Sio drückte auf den He bel des kleinen Motors utul schloß die Tür. Dann weilte sie-vergehen in die gute Stube in der Annahme, den Vater

. Langsam egte und den Rest des Weges zurück, and „lim: daß .»io es wallte, sang sie vor »ich bin, io einer nie gekanntem seligen St im jiiung. Gilt nnd tr j»l -ad leuchteten auf dem Sonnleeluiei-hor die Lichter. Regina »teilte den Schlitten in den Schoppen. »Hell au der breiten Stullliir d-'ii Schnee von den Selm heu and trat ein. ihr war zumute, al» miis»i: dir jeder .Mensch unsebeii, doll et wä hl ihr geschehen war, denn das, was so hell und glückselig in ihrem Innern läutete, da» mußte »hdi

sie den Kopf ein wenig Regina waltete. Di.- .Mutter mußte <s d '■ „Iidlieli merken. Wh kiiel: die .Mutter wandte nun zum zweiten Mal den Kopf and — lächelte. ’ „Spät hist dran, Regina. Die kalte J.uft tut dir aber gut.' Schaust aus wie 'i blü hende Leben und — wie deine Augen leuch ten.. war es schön!“ Regina atmete tief. Dann nickte -Je leb haft und sprudelte heraus: \ „Freilich war’s schön. Der Ambros war Lei mir.“ „Wer war bei dir!“ „Na, der Ambros halt. Der Bachsohmied- AuiBros. Vierzehn Tag

hat er Urlaub g’liabt uml ich hab gar nix g’wußt davon. Eia liliiek, daß ich ihn grnd heut noch getrof fen hab.“ Die Sotiuleehnerm fahr herum. Ja ihrem Gesicht stand Schrecken und Angst. —Du. Regina. Schau zu, daß dös ja der Vater net zu hören bekommt. Es .hat euch doch hoffentlich niemand g’selm?“ „Das war ja grnd das .Schöne, daß uns niemand g’sehu hat.“ „Um Gotteswilien, Madl, was lange mir denn du mit Der Vulcr, wenn (lös er fuhrt :..“ su - Regiua wurde plötzlich hellhörig. Mit schmal geklemmten Augen

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Tiroler Grenzbote
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Seite 3 von 4
Datum: 19.01.1942
Umfang: 4
er vorwärts, und einsilbig, mit einer harten Stimme, beant wortete sie seine Fragen. Ja. sie hätten Regina überall gesucht. Ihre Sachen habe äe nicht mitgenommen, nur ihr Mantel sei fort und die kleine Handtasche. „Deshalb glaubte ich. daß sie nur ins Dorf gelaufen iei“, schloß sie und schickte Martin voraus. Sie ertrug ihn nicht länger und sehnte sich nach Ruhe und Stillesein. Querfeldein jagte der Mann, und mit zusammenge preßten Lippen schaute Anna ihm nach. Eng kreuzte sie die Arme unter der Brust

. Da drinnen brannte es wie ein Fieber, es schmerzte, riß und zerrte, und in den Augen winkeln hockte ein verstecktes Weinen. Wenn er sie findet ... was dann? Und wenn er sie nicht findet, wenn sie fort ist und nicht Mrückkommen will? Dann soll sie dort bleiben, wo sie ist. Daß sie sich ein Leid angetan haben könne, wie Martin e» in seiner Angst zu fürchten schien, glaubte Anna nicht. Regina war noch jung, ein halbes Kind, aber sie gab sich nicht auf. Sie war tapfer und aufrichtig und war freiwillig

nach Schaffendorf fahren, und es war schon Nacht, als er mit der Nachricht zurückkam. daß Regina eine Karte gelöst und mit dem Nachmittagszuge nach München ge fahren sei. „Soll ich sie morgen zurückholen?" fragte er. Anna schwieg eine Weile. Sie überlegte. Warum fragte er noch? Wenn er Regina liebte, warum fuhr er ihr dann nicht nach, auch ohne ihr Einverständnis? Was hielt ihn denn noch hier fest, warum sagte er nicht: So und so steht es um Regina und mich, es war ein Irrtum. Anna, ich bitte dich, gib

sich in den Schultern und stand nun vor dem Manne: groß und stattlich, in einer herben und reifen Schöne. „Regina soll vorläufig in München bleiben", entschied sie. „es ist bester so. und sie hat es selbst gewollt. Im September werden wir heiraten, der Hof braucht dich, und auch ich will nickt länger medr warten." $w\mm WM m Möblllb erblell m MlerkiM Hauptmann Erich Labrenz aus Morsbach bei Kufstein in Tirol hat sich in den Kämpfen gegen die Bolschewisten wiederholt ausgezeichnet. Am 13. No vember

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Haller Lokalanzeiger
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Seite 2 von 4
Datum: 13.12.1924
Umfang: 4
. Das Leben liegt abge schloffen hinter uns ... wir haben bereits eine neue Zeit begonnen. Ein schönes schottisches Schloß, romantisch in den Bergen gelegen, ist unsere Wohnung und ein Dutzend Bauern ist uns dienstbar." Regina weidete sich einige Augenblicke an der Ueber- raschung ihrer Stieftochter. Dann fuhr sie fort: „Sie sind unglücklich, mein liebes Kind, in der Liebe. Ich weiß, was das bedeutet. Man duldet namenlose Pein und wird nie seines Lebens froh, das doch so rasch ver- flließt. Wie lange

- Bestes Mittel gegen Husten, Heiserkeit, Verschleimung, Katarrh: Kaiser s Brust- Caramellen mit den 3 Tannen, mit 50 Prozent Malzgehalt, des halb nahrhaft. 7.000 Zeugnisse aus allen Kreisen beweisen die einzigartige Wirkung. Zu haben in Apotheken, Drogerien und wo Plakate sichtbar. Beutel K 3800.—, Dose K 8000.—.ten Ach Sie auf die Schutzmarke. Regina schwieg. Sie betrachtete ihre Stieftochter, die gedankenvoll nach dem Wandgemälde sah. „Antoinette!" unterbrach sie nach langer Pause das Schweigen

. Compa. Herta Karolina Maria, Tochter des Max Dander, Bundesbahnarbeiter, und der Maria geb. Kreut- ner. Klara, Tochter des Ernst Feistmantl, Salzbergarbeiter, und der Olga geb. Wischnewskaje. * Trauungen in Hall im Monate November. Josef Beinstingl, Krankenpfleger, mit Maria Margreiter, Fabriks arbeiterin. Ludwig Perle, Bauer, mit Regina Lechleitner, Bauerstochter. Felix Perktold. Bauernknecht, mit Maria Wallner, Köchin. Josef Grosch, Händler, mit Maria Kapferer, Magd. * Todesfälle im Monat November

hatte eine Jugendliebe aufgegeben, die Liebe zu einem Manne, der arm war. Jetzt betrügt sie ihren Gatten, der sich wahrhaft geliebt glaubt." „Mutter!" kreischte Antoinette auf, indem sie die Hände rang. Es war das zweite Mal in ihrem Leben, daß sie Regina mit diesem Namen nannte. „Albertine liebt Glanz und Luxus ... der Arzt hat sich ihretwegen ruinirt ..." „Das ist wahr!" „In der Zeit, als er ihr nichts mehr bieten konnte ... hat sie sich der ersten Jugendliebe wieder zugewendet." „Albertine?" „Die Frau Doktorin

!" versicherte Regina. „Man verleumdet wohl? Ich glaube es nicht, ich kann es nicht glauben. Nur wenn Beweise vorliegen . . ." „Die Beweise sind da." „Wer kann sie liefern?" „Ich!" rief Regina triumphierend. „Es ist ja nicht möglich!" „Ich selbst habe gesehen, daß die Frau Doktorin am Arme eines jungen Mannes hing, der sie Abends gegen zehn Uhr bis an ihr Haus brachte. Hier nahmen Beide zärtlich Abschied. Der arme Doktor! Er besuchte gewiß einen Kranken... Ich würde, mein Kind, an eine Täu schung glauben

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Tiroler Grenzbote
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Seite 4 von 8
Datum: 31.12.1941
Umfang: 8
. Geheimnisvoll tuschelnd fragte sie: „Gell ... d' Regina is doch das ledige Kind von unferm Bauern selig?" Überrascht sah Martin sie an. „Woher wissen Sie das?" „O mei ... i hab's schon lang g'wußt, warum der Lauer selig jed's Monat einmal auf München g'fahrn is, und wenn eine, wie i, a alt's Leut is und 's Maul halt, dann kann's schon sein, daß man eppas hört, was einem verbitterten Mann 's Herz abdruckt hat, und was die eigene Frau net wifsn hat dürfn." Martin nickte, er hatte verstanden. „Sie müssen

auch weiterhin schweigen, Len'", sagte er. „Von mir erfahrt niemand eppas, Herr Liebl." — In einem weinroten, wollenen Dirndlgewand und gelb- seidenem Schürzerl stand Regina in der Haustür. Sie kehrte Martin, der aus der Küche durch den Gang kam, den Rücken zu und schaute in das im Abendsonnenschein liegende Land hinaus. Es war ein hübsches Bild: Der schlanke, zierliche Schattenriß des Mädchens im hellen Viereck der Tür, da hinter grüne Tannen, rotgoldenes Gewölk und die weißen Spitzen des Gebirges

, vom rosigen Schimmer der scheiden den Sonne überhaucht. „Guten Abend", sagte Martin, „ich muß die neue Hausgenossin doch auch begrüßen." Regina wandte sich um. Lächelnd und heiter hatte sie den Gruß erwidern wollen, aber das Lächeln erstarb jäh. Ihre Augen weiteten sich. Überraschung, Freude und Schrecken wechselten rasch ihren Ausdruck, und auch der Mann ließ die schon ausgestreckte Hand wieder sinken. „Gini ... du?" „Martl!" Es klang wie ein Schrei, und beschwörend hob Martin die Hände. „Still. Gini

... um Gottes willen! Niemand darf wissen, daß wir uns kennen." Regina fragte nicht. Sie wußte, warum Martin das von ihr verlangte. Droben, die Kranke, war seine Braut, aber in seinen Augen, in seiner ganzen Haltung las sie die zurückgedrängte Erschütterung über dieses unerwartete Wiedersehen. Er sah sie an. Alle Liebe, alle Zärtlichkeit und alle Trauer des Verzichtes standen in seinem Blick. Wie gern hätte er dieses liebe Gesicht mit seinen Händen umschlossen und geküßt. In wie vielen Träumen

können? Mit wirrem Kopf und bangem Herzen betrat sie das Krankenzimmer. Anna war wach. Sie klagte über Schmerzen und hatte fieberglänzende Augen. „Wo ist Martin?" fragte sie unruhig. Regina beugte sich tiefer über das Glas, in dem sie da» Gurgelwasser mischte. „Ich sah ihn eben über den Hof gehen ... er wird ge wiß gleich kommen." „Habt ihr euch schon begrüßt?" .Ja." Eins, zwei, drei, vier, fünf. Die Mädchenhand, die fünf Tropfen in einen Löffel zahlte, zitterte. Als sie der Kranken die Medizin an den Mund hielt

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Tiroler Land-Zeitung
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Seite 2 von 16
Datum: 22.04.1911
Umfang: 16
. So mußten Maultiere wieder von Kon stantinopel nachgeschickt werden, womit viele kost bare Zeit verloren gegangen ist. Der Sozialist als Arbeitgeber. Man meldete aus Nantes: An 200 ausständige Arbeiter derbem sozialistischradikalen Deputierten Berchot gehörigen Steinbrüche in Roche Ballue zogen mit ihren Weibern und Kindern vor das Dicektionsgebäude, Alte Bekannte. Von Schwöbe Seppl. Zwei Bräute. (Schluß.) Als die Ferien vorbei waren, kehrte Regina mit größerer Lust ins stille Klösterlein zurück

sie und sprach ihr Lob auch der Schwester gegenüber ganz unverhohlen aus, „lei schad', daß lauter Mädlen bei der Tanzerei dabei sind", bemerkte sie leise. Regina tat, als ob sie den spöttischen Nachsatz nicht gehört hätte, und sagte, ein anderes Thema anschlagend: „Gelt, sein ist's da und lustig sind wir auch. Solltest erst die prächtige Aussicht bewundern können, weißt, droben vorn Turme aus! Du, da ist es schön. Wie hat mich mein Schutzengel so wunder bar hiehergesührt zu den guten Schwestern!" „Sei still

mit dem Geschwefel, mir graut fast in diesen Mauern! Lieber Kühemelken und zwischen- hinein ein lustiges singen." Regina gab ihrer Schwester beim Abschiede noch viele Grüße mit heim und zwar wieder einen extra schönen an Gabl. Für die Mutter werde sie fleißig beten. Beide Schwestern verließen einander mit dem gleichen Gedanken: „Wir ver stehen uns nicht mehr." j Zn der Fastenzeit brachte die Znstitutsordnung etwas anderes, ganz Neues für unseren Zögling: Geistliche Llebungen. Zn der schönen, neuge bauten

für allen Schaden haftbar zu machen, den der Kampf an der Grenze auf weiland ihre Suldigung darbrachten. Zn Andacht versunken, betete Regina beim Segen den Schö pfer und Erlöser aller Menschen an. Das waren Tage des Seiles und der Erholung für Reginas von Zweifeln gefoltertes Serz. Noch stiller als sonst schlichen die Zöglinge durch die Gänge des Institutes, jedes mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, die aber alle nur das eine Ziel hatten: Sin zu Gott! Die Müllerstochter beschäftigte sich nebenbei

. Regina schrieb indessen einen Brief in die Seimat. Sie follen versichert sein, daß sie oft an ihre Ange hörigen denke und zu Ostern wiederkehre. Sie mußte noch früher nach Sause zurück. Am Vorabend vor Palmsonntag erhielt sie ein Telegramm das in drei Worten die schreckliche Neuigkeit enthielt: „Mutter tot, komme!" Ein Schlaganfall hatte dem teuren Leben ein Ende bereitet. Mit den: nächsten Zuge fuhr Regina heim,

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Alpenländer-Bote
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Seite 5 von 16
Datum: 09.02.1913
Umfang: 16
ist." Die Angesprochene blickte eine Zeitlang sinnend in die Ferne, dann begann sie in ihrem heiseren Ton: „Ich will's kurz machen; denn es fährt mir noch jedesmal in alle Glieder, wenn ich an das schreckliche Ereignis denke. . . . Also, an einem Nachmittag ha ben unser zehn Weibsleute in dem großen Saale der Fabrik gearbeitet. Meine beste Freundin, die Seidl Regina, war auch darunter. Auf einmal seh' ich, wie um den riesenhaften Gaskessel ein blaues Lichtlem herumtanzt und ich weiß auch sofort

— ich werd' hoch aufgehoben und tief hinuntergeworfen. . . Von da an weiß ich lange Zeit nichts mehr. In meinen Fieberträumen bin ich in der ganzen Welt herumge- wesen. . . Wie ich im Spital das erstemal zu mir komm', begreif' ich gar nicht, warum die Schwestern alleweil Regina zu mir sagen. Ich frag', wer ich denn eigentlich sei; da lachen sie ein bißchen und er klären, ich wär' die Regina Seidl. Unserm Herrn soll ich danken, daß mich der gräßliche Tod nicht hinweg gerafft habe. Viel hätt' nicht gefehlt

zugrunde gegangen. . . Ich frag', was denn mit der Margret Thalweger sei, und sie erzählen, die Margret wäre am ärgsten hergenom men worden. Ihre Leiche hätt' man ganz verkohlt unter den Trümmern des Gaskessels herausgezogen. — Wie die Verwechslung entstanden ist, weiß ich heut« noch nicht. Wahrscheinlich durch ein Gebetbüchlein, das ich von der Regina geliehen und im Sack gehabt Hab'. Ein bi.nhen gleich gesehen haben wir uns auch und wir haben gleiche Kleider getragen. . . . Eine Zeit lang wär

' ich bald an mir selbst irre geworden, na mentlich wie ich in den Spiegel geschaut und ein frem des Gesicht mit schneeweißen Haaren erblickt Hab'. — O, da Hab' ich geweint! Nach und nach ist mir doch vollständig klar geworden daß ich nicht die Regina, sondern die Margret bin. Ich Hab' mich wollen den Krankenschwestern anvertrauen, bin aber nicht dazu gekommen, weil mir eingefallen ist, es hat doch keinen Zweck. Mein Leben bleibt verdorben und es ist bester, ich geh' mit einem fremden Namen

durch die Welt als mit meinem verdächtigten eigenen; so mach' ich wenig stens kein Aufsehen. Drum Hab' ich geschwiegen. Nach fünf Monaten bin ich geheilt als die Regina Seidl vom Spitale entlassen worden. Unter diesem Namen hat mir auch die Fabriksverwaltung ein Arbeitsbüchl und ein schönes Zeugnis ausgestellt. In der Fabrik Hab' ich nimmer bleiben mögen, es hätt" mich entsetzt, noch weiter dort zu arbeiten. So bin ich zu einem Bauer in Kreiteben gegangen und Hab' jetzt anderthalb Monate als Taglöhnerin

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Tiroler Grenzbote
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Seite 3 von 4
Datum: 12.01.1942
Umfang: 4
und, äugte von der Gabel eines Astes neugierig auf die Regungslose herab. Hoch in den Wipfeln krächzte ein Flug Krähen. * Auf dem Hof wußte sich unterdesien die Len' keinen Rat mehr. ,,D' Bäuerin is furt", sagte sie zu Regina, die mit einer Schürze voll frischgeschnittenem Salat aus dem Garten kam. „ganz fremd hat sie heut in der Früh tan. Da auf der Bank hat sie g'sessen und kein Wort net g'redt, und dann is sie davon und bis zur Stund is sie net heim kommen." Die Len' war in großer Angst um die Frau

, und auch in Reginas Gesicht spiegelte sich Sorge. „Vielleicht ist sie oben in ihrer Stube?" beruhigte sie sich selbst. „Im Haus is sie net." Die Len' hatte schon überall nachgeschaut, und der Lenz, der eine Fuhre Sägemehl von der Bahn geholt hatte, wußte auch nichts. „Wenn sie bis zum Essen nicht da ist, müssen wir sie suchen", sagte Regina und fühlte eine Schwäche in den Kniekehlen. Konnte die Tante gestern abend gehört haben, daß Martin noch einmal zurückgekommen war. weil er seine Joppe vergessen

sie durch die offene Küchentür in den Hof hinaus. Nichts regte sich. Die Wiesen lagen still unter der flirrenden Sonnen hitze. Die Hühner hatten sich in den heißen Sand einge scharrt und dösten träge mit breit aufgeplusterten Federn vor sich hin. Als Regina die Suppe vom Herd nahm und die Teller füllte, hörte sie plötzlich den Hund bellen. Ekko! Daß sie den ganz vergessen hatte! Sie lief hinaus, kettete den Hund los und sagte: „Such Fraule. Ekko ... geh. such Fraule." Das Tier stellte die Lauscher hoch, mit klugen

Augen sah es das Mädchen an. aber es schien noch nicht begriffen zu haben, was es von ihm wollte. Da holte Regina eine Schürze der Tante und hielt sie dem Hund unter die Nase. „Such Fraule. Ekko. such, verloren!" sagte sie noch einmal, und mit einem kurz aufjaulenden Laut stob das Tier über den Hof. den Kopf über der gefundenen Spur gesenkt. Beim Hühnerstall schlug er einen Haken, jagte ums Haus, und immer noch die Nase dicht am Boden, lies er den Abhang hinunter, überquerte die Wiese und verschwand

. Dann fragte sie nach Regina. „Die war eben noch da ... wo sie jetzt hin is, weiß i net", antwortete die Alte und nickte, als Anna sie bat. ihr das Mädchen nach oben zu schicken, wenn e» käme. (Fortsetzung W**'

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Tiroler Grenzbote
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Seite 4 von 8
Datum: 16.01.1942
Umfang: 8
nicht fehlen .. Mein Gott, wohin verirrten sich seine Gedanken? Das war bitterster Selbstbetrug. Feige Ausflüchte waren es, mit denen er sich um die letzte Entscheidung, die ganz bei ihm lag. herumdrücken wollte. Ja. mußte er sagen ... oder nein. Die Frau oder das Mädchen. Die Pflicht oder das Glück, von dem er nicht ein mal wußte, ob es schwerer wog als die gute und klare Freundschaft, die ihn mit Anna verband. Bevor Regina auf den Wendlerhof gekommen war. hatten sie sich in ihrem Denken. Empfinden

hatte. | Martin stand auf und ging weiter. Goldfunkelnd und glühend blitzte die sinkende Sonne hinter den dunklen Waldbäumen auf Manchmal traf ihr Licht leine Augen, daß sie sich geblendet schlossen. Als er aus dem Walde trar und den kleinen Wiesenrain zwischen dem schon wieder fußhohen Gras entlangschritt, sah er Anna kommen. Sie begann zu laufen, als sie ihn erkannte, und schon von ferne rief sie ihm etwas zu. was er nicht verstand. Dann hatte sie ihn erreicht und fragte atemlos, ob Regina

bei ihm gewesen sei? „Regina ... bei mir?" — Er sah sie verwundert an. stutzte, als er die Angst in ihren Augen bemerkte, und um spannte in plötzlich aufsteigender Sorge ihr Handgelenk. „Was ist mir Regina ... warum fragst du?" „Weil ich glaubte, daß sie zu dir gelaufen sei ... es war meine letzte Hoffnung." „Die letzte? — Warum denn ... was ist geschehen, so sag's doch endlich!" — Martin riß sie unsanft am Arm, schüttelte sie und achtete nicht auf das schmerzverzogene, blasse Gesicht der Frau. Er dachte

in diesem Augenblick nur an Gini. wußte nicht, wie sehr er sich verriet, und hatte seinen Vorsatz. Anna zu schonen, vergessen. Als sie ihm erzählte, daß Regina schon seit dem frühen Nachmittag fort sei und daß man sie nirgends finden könne, bestürmte er sie mit weiteren Fragen: Ob Regina denn nichts gesagt habe? Ob sie traurig oder verstört gewesen sei? Ohne Grund laufe ein Mensch doch nicht einfach davon. Es müsse doch etwas vorgefallen fein, was sie erschreckt oder gekränkt habe. „Hast du vorher

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Der Arbeiter
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Seite 12 von 14
Datum: 30.03.1923
Umfang: 14
sich etwas gefaßt hatte, drängte Stinl, die immer noch ein bißchen miß trauisch war, von neuem: „Margret, erzähl' jetzt, wie es dir gegangen ist." Die Angesprochene blickte eine Zeitlang sinnend in die Ferne, dann begann sie in ihrem heiseren Tone: „Ich will's kurz machen; denn es fährt mir noch jedes mal in alle Glieder, wenn ich an das schreckliche Ereignis denke. . . Also, an einem Nachmittag habe« unser zehn Weibsleute in denr großen Saale der Fabrik gearbeitet. Meine beste Freundin, die Seidl Regina

' ich einen Schlag und glaub', ich werd' erdrückt, es brennt mir glühheiß übers Gesicht, an den Händen, am ganzen Leib und durch den Mund hinein bis ins Herz — ich werd' hoch ansgehoben und tief himmtergeworsen . . . Von da an woiß ich lange Zeit nichts mehr. In meinen Fie berträumen bin ich in der ganjen Welt hcrumgewesen. . . . Wie ich im Spital das erstemal zu mir komm', be greif' ich gar nicht, warum die Schwestern alleweil Regina zu mir sagen. Ich frag', wer ich denn eigent lich sei; da lachen

sie ein bißchen und erklären, ich war' die Regina Seidl. Unferm Herrn soll ich danken, daß mich der gräßliche Tod nicht hinweggerafst habe. Viel hält' nicht gefehlt. — Ich müsse aber auch eine Riesen natur haben; denn mit meinen Verletzungen wäre unter hundert Personen nicht eine davongekommcn. Mein ('• sicht sei verbranni gewesen und der Schlund, die Kleider hätten am Leibe gebrannt, ich war' an eine Eisenstange geschleudert worden und d i e hält' Nlir eine tiefe Wunde durchs halbem Gesicht anfgeschlagen

durch ein Gebetbüchlein, das ich von der Regina geliehen und irn Sack gehabt Hab'. Ein bißchen gleich gesehen haben wir uns auch und wir haben gleiche Kleider getragen . . . Eine Zeit- lang wär' ich bald an inir selbst irre geworden, nament lich, wie ich in den Spiegel geschaut und ein fremdes Ge sicht mit schneeweißen Haaren erblickt Hab'. — O. da Hab' dich ganz in das Hauswesen hineingelegt hast und fest in der Wolle sitzest. Ist's dir recht so? Gelt, und jetzt hast keilte Einwendungen mehr gegen das Heim kommen

: „So wahr, als ich heute nach Maria Bergl kirchfahrten ge gangen birr, will ich meine Zunge hüteü und kein Mensch, auch der Thaddes nicht, sott je erfahren, wer du bist . Nnd^ wegen dem Erkamttwerden magst ganz unbesorgt ich geweint! Nach und nach ist mir doch vollständig klar geworden, daß ich nicht die Regina, sondern die Margret bin. Ich Hab' mich wollen den Krankenschwestern anver- trauen, bin aber nicht dazn gekommen, weil mir einge fallen ist, es hat doch keinen Zweck. Mein Leben bleibt verdorben

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Bozner Tagblatt
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Seite 2 von 2
Datum: 24.04.1945
Umfang: 2
“, sagte Regina noch völlig bc- weckend an die Türen schlug, vollends ah sich. Und lm nächsten Augen* flammte Licht auf ira Stall. Zum Glück nur nomnjen von dem Schrecken und zuckte Als der Vater am Vormittag gelegent- blick lag sio schon in den Armen Ambros', eine Birne vorne im Futtergnng. Der Senn- dann als er es tat, doch zurück unter dieser lieh in die Küche kam, sagte er: du rinttlrlpi*. ffisfanrini* \fnnrl smilitn sinn Ipnhnop hpfrnt. sIpii RtAll. r(n»iilit«nnn» flßUt' HflCllt llUtt lOll (llCtl

bAl(i QUfKQ Berührung. Ambros konnte schon wieder lachen. weckt, weil ich ein Trank!'braucht hlltt für den Rappen. Ich hab Ihn aber gut abge rieben, und heut ls er schon wieder gut.“ Regina fühlte, wie sie weiß wurde wie die Mauer, Es war gar nicht auszudenken, vor was geschehen wäre,, hätte der Väter wlrk- Ein dunkler, tastender Mnnd suchte den lechner betrat den Stell, ihren und fand Ihn nnch gleich. Ihre Arme Regina glaubte, das Blut ln ihren Adern noch das andere. Während der Vosperzoit

um das Mädchen. „Aber einmal muß er es ja doch orfah- “* früher der Inspektor immer getan hatte, und Lebeasfrlsehe, und als sio einmal hoi und ihm sagen, daß ich immer auf ihn Was geschah jetzt! Regina wußte nichts ron. Ambros.' l-’iir dio jungen Gutsmügdo hatte er keine ihren heimlichen Zusammenkünften einem warten werde*. * ’ davon, daß eines der Pferde am Abend ein „Meine Güte, da wird er binnen ein denn Ambros dachte an Regina und fremde Ehepaar begegnetcu, das in Birkoti- Trotz aller guten Vorsätzo

- diese Nacht paar leichte Kollkanfftlle gehabt hatte, wes- Zorn.“ lieh seinen Entschluß wahrgemaoht und m den morgigen Tag. zell zur Kur weilte, blieben diese zwo! war an ders als die anderen Stunden. Sie wegen der Bauer jetzt nochmal nach- „Dös derf uns aber nix ausmachen, Am. hätte sie dann ln der Kammer nicht vor- Ambros und Regina wurde zwei ueue Menschen stehen und schauten dieser wuu- fühlten beide die dunklen Nöte des Blutes, schaute. Sie dachte nur, daß er aus Ir- hros. Es kommt allwell bloß

auf uns zwei gefunden. Schon würde die erste Kerbe ire- Menscheu. Wer das Mädchen in diesen dervollen, blonden Jugend nach, die ihre und doch hatte Regina noch nicht den gendeinem Grunde Ihre Abwesenheit in der an. Was will er denn maeh'n, wenn wir net schlagen in das Leben dieser jungen Liebe lagen genauer ansohaute, dem mußte die Stirn so frei uud stolz dem Wind entgegen- Mut, dem Geliebten gänzlich zuzufallen. Sie Kammer bemerkt hatte und sie nun suchen voneinander lassen! Er kann mir höchstens

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Tiroler Grenzbote
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Seite 6 von 8
Datum: 23.01.1942
Umfang: 8
hinweg, die ihm während der kurzen Muße keine Ruhe ließen. Draußen in der Sonne, unter den Lasten, die seine Arme stemmten, fühlte er sich wieder als Mann, unge hemmt. entschlußfest und sicher in allem, was er bestimmte. Zu Anna war er gleichmäßig freundlich, und sie war es zufrieden. Sie forderte nicht mehr von ihm als er zu geben vermochte, denn mit feinem Gefühl spürte sie. daß er litt und Zeit brauchte, sich zu ihr zurückzufinden. Regina hatte ihr einen Brief geschrieben

und hatte sich mit Regina ausgesprochen, die sich ihr Und die Gedanken daran geben ihm die Kraft zum qualvollen Ausharren und Warten. So liegt er in der eisigen Kälte und wird schwächer und schwächer. Die Sinne schwinden ihm. Das Toben des Kampfes düntt ihm weit zu sein. Er reißt sich immer wieder mit ungeheurer Energie zusammen. Nur nicht erfrieren, denkt er. Der Wind weht staubfeinen Schnee über seinen nackten Rücken. Er möchte stöhnen, nur einmal leise stöhnen. Er mertt, wie der Bolschewist aufsteht. Die Sinne

und Erfahrung, ihre Liebe und Freundschaft dem geliebten Manne mehr geben? War Regina noch so jung und unreif wie sie meinte? Die letzte Begegnung mit ihr hatte Anna eines besseren belehrt. Ein Mensch hatte ihr gegenübergestanden, dessen weiches Kinderantlitz vom Leid und Kampf der Selbstüber windung gehärtet und umgeformt worden war. Regina hatte ihr Herz und alle eigensüchtigen Wünsche bezwungen. Sie war stärker und tapferer als die Frau, die ihr, wenn auch unwissentlich den Geliebten genommen

die Stimme in ihrem Innern, ost und oft hörte Anna das leise Weinen Reginas: „Glaube nicht, daß es mir leicht wird ... aber wenn ich nur an Martin denke, werde ich schon damit fertig wexden." Ich weiß, Regina, wie schwer er ist. (Fortsetzung folgt.)

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