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Bozner Zeitung
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Seite 1 von 4
Datum: 28.12.1870
Umfang: 4
ein glückliches Geschöpf, und der arme betrogene Mann wäre nicht auf dem Schaf- fotie gestorben. Sie haben ihn, Sie haben mich ge mordet!' rief sie in einer furchtbaren Aufregung. „Und nun verlassen Sie mich, daß ich ruhig ster ben kann!' „Jetzt begreife ich Alles!' murmelte Otto erschüt tert vor sich hin. Henriette hatte die Hände gefaltet, und bewegte wie bebend die Lippen. Zwischen den kleinen weißen Hän den, die heftig zitterten / hielt sie daS Medaillon mit der verwelkten Rose. Dem Kommerzienrath schien

eS, als ob sie, trotz der erschrecklichen Leichenblässe, so schön fei, wie sie noch nie gewesen. Die rothe Came- lie, das schwarze üppige Haar, die Blässe des Gesichts und daS Tranerlleid bildeten schneidende Kontraste. Otto ward von Befürchtungen und Mitleiden er griffen. DaS schöne Geschöpf, an dessen Seite e». glänzen und sich beneiden lassen wollte, war rasch wie eine Blume vergangen^ Der Arzt erschien. Henriette sah ihn mit einem schmerzlicheu Lächeln an, als wollte sie sagen: jede menschliche Hilfe

ist vergebens; sie entzog sich jedoch einem Examen nicht, und antwortete auf alle an sie gerichtete Fragen. Der Doctor forderie, daß die Kranke zu Bett ginge und schrieb ein Recept. Ich. komme morgen früh wieder!' sagte er. Dann entfernte er sich. Otto begleitete ihn bis in das Bor zimmer, wo er ihm die letzten Vorgänge mittheilte. Dann forderte er einm unumwundenen Ausspruch des Doktors. „Madame ist sehr krank!' antwortete er. „Es ver bindet sich ein moralisches Leiden mit einem physi schen, die. Beide

vereint, rasche Fortschritte gemacht haben.' „Ist sie noch zw retten? Wa« ist zu thnn?' Der Arzt zuckte die Achseln. . „Lassen Sie diejenigen meiner Eollegen kommen, denen Sie das meiste Vertrauen schenken — ich kann mich irren. Madame ist jung und scheint eine große Nervenstärke zu besitzen.' Nachdem der Doktor dringend Ruhe anempfohlen, entfernte er sich mit dem Versprechen, am nächsten Morgen zwn Eollegen zu einer Gerathung mitzu bringen. Otto kehrte zu seiner Frau zurück, und bat sie, zu Bett

zu gehen; sie weigerte sich, blieb in dem Lehn- stuhle am Fenster sitzen, und fuhr fort, andächtig den Sonnenuntergang zu beobachten. Die Berge jenseits de» See'S glühten im ersten Abendrothe. Die abend liche Stille des Gartens unter dem Fenster ward nvr durch den Gesang einzelner Vögel unterbrochen. Otto war unschlüssig, was er beginnen sollte. Die Kranke schien sich semev Anwesenheit nicht bewußt zu sein, sie richtete leinen Blick auf ihn. Die Sonne verschwand hinter den Bergen, und das Zimmer

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Zeitungen & Zeitschriften
Bozner Zeitung
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Seite 1 von 4
Datum: 21.12.1870
Umfang: 4
einer jeden Eisenbahn gesungen und das in Bozen gewiß in noch weniger grellen Disso nanzen als anderswo verklingen wird, wenn einmal Hettriette.. Novelle.»«» Augnst Schröder. (Fortsetzung.) Otto neigte lächelnd den Kopf. „Und was denken Sie nun zn beginnen?' fragte kr. ' .Ich njerde iN . Geduld die Strafe büßend die ich verdient habe. Das Herz fordert feine Rechte, und ich muß sie ihm gewähren. 'Gönnen Sie mir. Zeit zur Trauer — hat der Schmerz ausgetobt, kann ich Jhnen viellcicht eme bessere Gattin fei

», als ich bis her gewesen bin: ' Verzeihung, Adolf,' rief sie, in Thränen auSbrechend, „ich kann nicht anders! Mein Verstand» liegt5mit dem Herzen im Kampfe — —' Otto Winter verließ rasch seinen Platz. - „Madame,' rief er, „Sie sind einoi überspanntet Närrin^ 'Ich habe Nachficht mit Ihnen gehabt, so' lange es mir die Chre- des ManneS.erlaubte, und. weiyM Hoffte, daß^ die Zeit? Sie eines besseren be lehren werde. Jetzt vermag: ich es. nicht mehr. Wenn, der Verstand- und-das.Ehrgefühl Sie ^ nicht veranlassen

empfinden ließ, weil sie Dein Unglück ward. O, ich hegreife die Verblen dung,!, Und habe ich nicht ebenfalls ein Verbrechen begangen, um reich zu werden, um in der Welt zu glänzen? Du hast einen, reichen- Verwandten ver giftet, — ich habe Dein Leben vergiftet, ich habe Dich in den Zustand versetzt, der Dich zu dem sähig machte, wa« Du gethan. Verzeihe mir, verzeihe mir, mein armer Freund! Ich büße meine Verirrung durch die fürchterlichsten^ Qualen. Otto hat mich nicht aus Liebe

nach Gefallen, Lisa; das einfachste ist mir das liebste!' Lisa erschien wieder mit einem eleganten Kleide von hellgelber Seide, das reich mit weißen brüsseler Spitzen verziert war. Henriette erinnerte sich, daß Otto oft gesagt hatte, diese Farbe stände ihr vorzüglich. Sie konnte nicht zweifeln, daß Lisa nach seinem Befehle handelte. Schweigend ließ sie sich ankleiden. AtS die Toilette vollendet war, ging sie in den Saal. Otto erwartete sie zum Frühstück. Bewundernd sah er seine Frau an. denn sie war trotz

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