.Der Bergfried' ,rr. 41 Seite 160. „Ich glaube es kaum." „Nun, wenn ich morgen nicht halb tot bin, Fräulein Müller, dann werde ich erscheinen." „Es wird mir angenehm sein, Herr van Deurne." Gerade trat die Frau des Hauses mit ihren Töchtern ein. „Ist der Kaffee noch nicht fertig, Fräulein? Sie haben sich ja verspätet!" rief sie und sah die beiden an, als wenn sie sagen wollte: „Das kommt davon, wenn man feine Zeit verplaudert." Am folgenden Morgen ging Oskar zum Konzert: es fiel
ihm auf, daß die armen Mädchen, die daran teil- nahmen, viel sittsamer aussahen, als die reichen in der Villa. Oie Eltern und Familienmitglieder bildeten das Publikum, die Chöre waren gut einstudiert und wenn es den Stimmen auch an der gehörigen Schulung fehlte, machten sie doch einen guten Eindruck, da sie jung und frisch waren. Cäeilie saß am Harmonium und begleitete sie. Oskar lauschte andächtig: er stand hinten im Saale mit einigen Meistern der Fabrik, die mit der Anwesen heit des jungen Herrn sehr zufrieden
und dadurch ge ehrt waren. „Das Fräulein gibt sich sehr viel Mühe," sagte einer. „Ja, das scheint mir auch," war die kurze Antwort. „Wenn man sich der Arbeiter immer so annehme, würde es besser gehen." Oskar schaute verwundert aus: er meinte, daß alles in den Fabriken in bestem Zustande sei. „Geht es denn nicht gut?" fragte er. Es war ein alter treuherziger Aufseher von sehr an ständigem Aeutzerm der sich sehr gut mit ihm unter hielt. „Wie ist der Geist der Zeit? Ausgehen und Trinken und Tanzen
und viel Geld ausgeben und nachher Man gel leiden und betteln! Und deshalb ist es gut von dem Fräulein, daß sie den Kindern ein Vergnügen macht, ohne daß es Geld kostet. Das Mädchen ist gerade wie sein Vater, der war ein braver, tüchtiger, fleißiger Mann; nach seinem Tode hat sich hier viel geändert." „Ja, sehr vieles." stimmte ein-zweiter bei. „Aber behandelt mein Vater euch denn nicht gut?" fragte Oskar erstaunt. „O gewiß!" riefen beide zugleich, und der ältere fuhr fort: . Wir haben durchaus
sind, so viel Vergnügen haben, dann wollen wir es auch, denn sie sind nicht besser als wir und deshalb wird hier so viel Geld aus dem Fenster geworfen." „Und tun diese Mädchen das nicht?" „Nein, diese folgen Fräulein Cäeilie. Sie ist eine feine Dame und arbeitet doch für ihr tägliches Brot und findet auch noch Zeit für den lieben Gott und für unsere Kinder; darum wollen diese so gern ihrem Bei spiel folgen." „Das Beispiel hat also eine so mächtige Wirkung," sagte Oskar, und da der Gesang gerade wieder be gann, wurde