Nr. LH2 „Bozner Nachrichten', Sonntag, 3. November 1912 Angst, die sie anfangs quälte, ist längst verschwunden. Da mals meinten sie, man würde sie umbringen oder zurück schicken ohne Waffen, und weitere Möglichkeiten, deren Ergebnis wohl das gleiche gewesen wäre, wären ihnen er sichtlich erwünscht. Jetzt wissen sie, daß sie Glück hatten, sie grüßen die Vorbeigehenden höflich, halten jeden Au genblick inne, um auf Wunsch noch einmal die Begeben heiten ihrer Gefangennahme zu erzählen. Nie
haben sie gewußt, daß sie hier unter Menschen sind. Eifrig lausen die Kinder ihnen noch nach, man hat sie hier mit den Türken geschreckt, und die Kleinen sind wohl auch sehr erstaunt, daß die so harmlose Leute sind. Aber nach einer halben Stunde hat schon das ganze Hauptquartier die Gefangenen gesehen, und dann interessiert sich niemand mehr für sie. Man wartet wieder auf Nachrichten. .Gewiß, es wer den alle halben Tage einige Nachrichten über die Ge fechte verbreitet, Berichte über Flußübergänge vorgelesen
. Ein Knattern, wir sehen eines der Geschütze, das sich durch die lehmige Landstraße den Weg sucht. Dazwischen stürzen Journalisten in den aben teuerlichsten Kriegskostümen herein, verblüffen durch Nachrichten, die sich sofort verändern, bis sie in ein paar Minuten zerflossen sind. Eine Riesengestalt fällt immer wieder auf, und es stellt sich heraus, daß der uniformierte Hüne der Hofma ler des Königs ist. Der Künstler wartet ebenfalls auf die Schlacht, von der er Blder zeichnen und malen will. Einstweilen
