gelebt! — Die Zelle des „Grafe» von Monte Cristo'. Phantasiefiguren, die im Botte lebendig wurden. Othello, der Mohr von Venedig, der sprich wörtliche Vertreter rasender Eifersucht, un sterblich gemacht von William Shakespeare, soll ganz ein anderer sein, als Shakespeare ihn beschrieb. Französische Sprachgelehrte wollen oem Dichter jetzt einen erheblichen Sprachschnitzer nachgewiesen haben. Nach ihrer Auffassung soll Othello ein Weißer. Soldat der Republik Venedig, gewesen sein und Othello Maurizio
zu einer volkstümlichen Figur wird, daß nie mand an feiner wahren Existenz zweifelt. Ja, daß man selbst Stätten ernsthaft zeigt, an denen dieser Held geweilt haben soll. Dies ist das Schicksal der Gestalt des berühmt berüchtigten „Grafen von Monte Cristo', des Helden eines der am meisten gelesenen Ro mane des gewandten, vielschreibenden Fran zosen Alexander Dumas. Wohl beruht der Stoff dieses Werkes auf einem bestimmten Vorgang aus der Kriminalgeschichte Frank reichs, aber einen Seemann Edmund DantSs hat es nie
gegeben, auch nicht einen „Grafen von Monte Cristo'. Dumas läßt feinen Hel den aus dem furchtbaren, vom Meer um- spülten Staatsgefängnis von St. Jf auf abenteuerliche Art.entkommen. Aber nie ist das geschehen! Doch St. Jf gibt es. Es ifi eine kleine Insel, dem gewaltigen Marseille vorgelagert. Einst bargen seine in Felsen gehauenen Zel len wirklich Staatsgefangene. Der Reisende, der von Marseiile aus übersetzt^ nach der kleinen Insel, dem wird noch heute als erstes und berühmtes Schaustück gezeiot
— die Zelle des Graken von Monte Cristo, damals Edmund Dantös. Sie staunen und glauben, und selbst der Fremdenfübrer mag es glau ben wie der Bootsmann, der den Reifenden hinüberfäbrt. Denn sie alle haben ihren „Monte Crilto' gelesen. Und dann erst mustert der Reisende mit viel weniaer inter essiertem Blick die Zelle des berüchtigten revolutionären Grafen Mirabeau, der wirk lich hier laß. . So wirken Ueberlieferung und Phantasie, km Leben der Völker. Man kann die Seele daran, erkennen. •w BollswirHchaft