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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 7 von 12
Datum: 25.02.1956
Umfang: 12
müssen! „Und Wachen aufstellen!“ rief der dicke Martin. „Und Decken verteilen!“ rief Hanna, die vor lauter Aufregung sogar vergaß. Angst zu haben. „Und abend essen!“ rief ein Junge. (Es war, natürlich, der dicke Martin.) Tante Beate lächelte,. Und weil sie sah, daß alle so gut aufgelegt waren, beschloß sie. gleich noch etwas zu sagen, das ihr auf dem Herzen lag. „Ja“, rief sie, „das alles werden wir vielleicht tun müssen, wenn man uns nicht rechtzeitig ausgräbt. Aber habt ihr denn auch alle warme

ihr noch etwas ein: „Und für Josef habe ich gar nichts!“ Tante Beate lachte. „Na“, sagte sie, „es wird aber doch auch ein paar unter euch geben, die mehr mit bekommen haben, als sie aufessen können. Oder irre ich mich?“ fragte sie und sah plötzlich den dicken Martin an. Der dicke Martin wurde puterrot. Er be fürchtete Entsetzliches. Das Entsetzliche trat ein. „Ich schlage vor“, sagte Tante Beate fröhlich und unbekümmert, ohne ihren Blick von Martin zu nehmen, „daß wir al les, was wir zu essen und zum Zudecken

haben, Zusammenlegen. Dann können wir es gerecht verteilen. Diejenigen, die zuviel haben, werden noch immer genug bekom men, und diejenigen, die zuwenig hatten, werden satt sein und es warm haben. Was haltet ihr davon?“ Die Kinder fanden, das wäre eine groß artige Idee. Sie fingen sofort an, ihre Eß- vorräte und ihre Decken zusammenzutra gen und auf den leeren Sitzen vor Tante Beate häuften sich Schinkensemmeln, Dek- ken. Aepfel, Kuchen. Käsebrote und Bon bons. Nur der dicke Martin saß reglos und sah dem Treiben

entgeistert zu. Tante Beate bemerkte es sehr gut. „Na. Martin“, sagte sie nach einer Weile, „und was ist mit dir?“ Martin stand auf, ging zu seinem Koffer und holte eine Decke hervor., die er Tante Beate über reichte. „Hier, bitte“, sagte er. „Danke schön“, sagte sie. „Und wie ist das mit dem Essen?“ Er sah sie flehend an. „Tante Beate“, sagte er, „ich bin ein Junge, der immer hungrig ist. Ich bin der dickste Junge in meiner Klasse. Meine Mutti hat mir viel zu essen mitgegeben, weil sie weiß

, daß ich immer Hunger habe. Es tut mir leid, daß andere Kinder weniger mitbekommen haben. Aber was kann ich dafür?“ „Du kannst natürlich nichts dafür, Mar tin“, sagte Tante Beate. „Die anderen Kin der können allerdings auch nichts dafür, daß sie weniger zu essen haben als du. Aber das ist natürlich ihre Sache. Niemand kann dich zwingen, dein Essen mit den an deren zu teilen.“ „Das stimmt“, sagte Martin und nickte. „Ich könnte mir freilich vorstellen“, meinte Tante Beate langsam, „daß du zu fällig keine Decke

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 7 von 12
Datum: 05.05.1956
Umfang: 12
Gesicht vor, das der dicke Martin machen würde, wenn er erwachte und sah, was geschehen war. Der dicke Martin erwachte mit einem Ruck. Er hatte geträumt, er ginge mit Lucie und Hanna baden. Das Wasser des Bas sins, in das sie stiegen, war seltsamer weise nicht blau, sondern rot. Und als er ein bißchen davon kostete, konnte er zu seiner angenehmen Ueberraschung fest stellen, daß überhaupt kein Wasser in die sem Bassin war, sondern reiner Himbeer saft! Martin stürzte sich in die Fluten. Er schwamm

und tauchte. Und immer, wenn er tauchte, nahm er einen großen Schluck von dem herrlichen, süßen Himbeersaft. Dann aber begann das Bad plötzlich un ruhig zu werden und Wellen zu werfen. Zuerst waren die Wellen noch klein und Martin konnte ihnen ausweichen. Doch in beängstigender Eile wurden die Wellen größer und größer, wuchsen mächtig an und verwandelten bald das ganze Bassin in einen entsetzlichen, wildbewegten Ozean. Martin sah sich nach den beiden Mädchen um. Sie kämpften bereits verzweifelt

mit den Fluten. Er wollte ihnen zu Hilfe eilen, doch dabei erreichte ihn selbst eine haus hohe Welle, warf ihn hoch und zog ihn dann mit sich hinunter in die süße, klebrige, himbeerrote Tiefe. Martin schluckte und schluckte. Er bekam keine Luft mehr, er fürchtete, zu ersticken, mit letzter Kraft stieß er sich verzweifelt vom Boden des Beckens ab und tauchte, mit Händen und Füßen rudernd, aus dem Himbeermeer auf. Und in diesem Augenblick erwachte er, nach Atem ringend, in Herrn Wiedmanns Sitz

hinter dem Lenkrad des roten Auto busses. Pfui Teufel, dachte Martin, war das ein Traum! Er schüttelte sich und streckte die stei fen Knie aus. Dabei fiel sein Blick auf den Boden und er sah, was mit den Lebens mitteln auf der großen Decke geschehen war. Erschrocken stand er auf. Ein Blick ins Freie zeigte ihm mehr. Er riß die Tür auf und sprang in den Schnee. Hier lagen Brote, Obst und Schokolade. Das Obst war noch brauchbar, die Brote und die Schoko lade waren bereits aufgeweicht und kleb rig geworden

, sie waren in den Schnee hineingesunken und sahen scheußlich aus Martin tat das Herz weh. Das gute Essen. Wie konnte das nur geschehen sein? Schuldbewußt sagte er sich, daß er selber verantwortlich für dieses rätselhafte Un glück war. Er hatte seine Pflicht vernach lässigt. Er war eingeschlafen! Wenn er nicht eingeschlafen wäre, hätte das alles nicht geschehen können. Er bückte sich hastig und hob ein paar von den aufge weichten Broten auf. Dann ließ er sie wie der fallen. Er kletterte in den Autobus zurück

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Neueste Zeitung
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Seite 4 von 6
Datum: 29.06.1939
Umfang: 6
Schluß des vewrisoerfalirens im ßonomichl-proieß Sie letzten seugenauSiagea - Morgen Schlußansfützrungen nab Urteilsverkündung o. Innsbruck. 29. Juni. Bei der heutigen Verhandlung wurde die Zeugenverneh mung fortgesetzt. Dr. Vitus Windhofer, der frühere Polizeidirektor von Innsbruck, gab als Zeuge an, er fei am 25. Juli 1934 Leiter des Bundespolizeikommiffariates in Inns bruck gewesen. Martin sei einige Tage nach dem Tode des Hauptmanns Honomichl zu ihm gekommen und habe ihn er sucht

, zwischen Martin und Frau Honomichl eine Aussprache yerbeizuführen, weil Frau Honomichl behaupte, daß er (Mar tin) am Tode des Honomichls mitschuldig sei; er habe die Aussprache vermittelt und Frau Honomichl und Martin haben sich dann vor Zeugen ausgesprochen. Auf die Frage des Vorsitzenden, wer die Aushebung der Geiseln angeordnet habe, gibt der Zeuge an, daß der Befehl zur Aushebung der Geiseln von Ing. Gerber ausgegan gen sei. Eine..ireundschastilKe Warnung" Marlins Zeuge Johann Hepperaer gibt

habe, bestätige. Einige Tage später habe der Zeuge den Ernst Martin wie der getroffen und bei dieser Gelegenheit habe ihm Martin mit geteilt, er habe die Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft verlangt und die Untersuchung habe seine Angaben voll be stätigt. Mattin erklärt zu dieser Aussage, er könne nur feststellen, daß Peter Romane erzähtt. Sie.Ansicht" der Smiitnrmkomvnnir Der Tischler Josef Cu l ebt vLibt als Zeuge an, daß Rudolf Penz sich geäußert habe, auf Mattin sei kein Verlaß, Martin fei

ein sa l s ch e r H u n d, das war so die Ansicht der Gau- sturmkompanie. Zeuge Dr. Max H o l z k n e ch t sagt aus, daß er Honomichl und Martin im Automobilllub von Tirol kennengelernt habe. Der Zeuge habe den Eindruck gehabt, daß sich die beiden sehr- gut vertrugen. Im Automobilllub sei man sehr erstaunt ge wesen, daß Martin im Jahr 1933 Stadthauptmann von Inns bruck wurde. Dem Mattin fei im Automobilklub das Befrem den ausgedrückt worden und man habe ihm Vorhalte gemacht; darauf habe Martin immer die gleiche Rechtfertigung gehabt, nämlich

, er müsie bei der Heimatwehr bleiben, damtt sie nicht ganz in das schwarze Lager abschwimmt. Hierauf wird Ing. Othmar Zwerger als Zeuge einver- nommen, der u. a. sowohl Hauptmann Honomichl wie auch Martin gut gekannt. Ueber das Verhältnis der beiden zu einander könne er nichts angeben. Er sei der Ansicht, daß Martin seine Stellung bei der Heimatwebr a u s n ü tz t e, um hoch zu konimen, er habe aber nicht den Eindruck gehabt, daß Martin ein politischer Fanatiker gewesen wäre. (Nachdruck verboten

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 8
Datum: 22.05.1948
Umfang: 8
CWIS der SftCldt krrällluns von Bckuoirck Front Noch schlief die große Stadt mit ihren sonst so larmerfüllten Stratzenzügen, als der kleine Be amte Martin Stürzet sich mit prallgefülltem Rucksack und einem abgeschabten Fiberkoffer auf den Weg zu der Garage machte, von der aus das Lastauto nach der Ortschaft fahren sollte, wo die Verwandten seiner Frau lebten. Als der schwere Wagen wenig später brum mend die Ausfallstraße der Stadt entlang fuhr, wo die Häuser immer kleiner und ländlicher wer

- den, überdachte Martin Stürze! noch einmal, wie er die vor ihm liegenden zwei freien Wochen ver bringen wollte. Vierzehn Tage Urlaub! Das klang wie ein schmetterndes Hornsignal in eine schwermütig dahinfließende Symphonie. Vierzehn Tage Urlaub! Das bedeutete für Martin Stürze! das lang ersehnte Ausspannen von der täglichen Fronarbeit am Schreibtisch; Atmen in frischer, von Wald- und Wiesenduft gewürzter Luft. Und schließlich bedeuteten diese zwei Wochen auch kräf tigende Hausmannskost

, die — wenn auch ein fach — dem ausgehungerten Städtermagen als ein wahres Labsal erscheinen mutzte. Der Empfang auf dem Hof war kurz, aber herzlich. Bauernarbeit nimmt den ganzen Men schen und den gesamten Werktag in Beschlag und gestattet es nicht, daß man eines lieben Besuches wegen alles stehen und liegen läßt, um sich völlig den: Gast zu widmen. Martin Stürze! war ja auch nicht zum ersten Mal auf dem Hof, der dem Onkel seiner Frau gehörte. Michael Moser, der Bauer, schätzte den Mann aus der Stadt, der vor Jahren

seine Nichte geheiratet hatte, seiner geraden, ehrlichen Art wegen. Anna, die Bäuerirr, hatte Martin wegen seiner hier auf dem Lande wenig gebräuchlichen guten Umgangsformen gern. Und die Kinder schätzten den „Vetter"s vor allen: wegen seines unverwüstlichen Humors und vielleicht auch der kleinen Aufmerksamkeiten wegen, die er bei seinen gelegentlichen Besuchen mitbrachte. Gleich am ersten Tag fühlte sich Martin wie zu Hause. Man hatte ihm wieder die kleine Kam mer auf dem Dachboden eingeräumt

. So war es nicht verwunderlich, daß Martin sich am vierten Tag nach irgend einer nützlichen Beschäftigung umsah. Dies um so mehr, als er ja hier nicht zahlender Pensionsgast, sondern Gast feiner Verwandten war. Zuerst half er das Was ser in Eimern vom Brunnen zu holen. Dann trug er der Hausfrau Brennholz vom Schupfen in die Küche. „Aber laß das. Martin", sagte die Bäuerin, seine Hilfsbereitschaft lächelnd abwehrend. „So was ist doch keine Männerarbeit!" Da versuchte sich Martin Stürze! an anderem. Er half den Mägden beim

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 11 von 18
Datum: 19.05.1956
Umfang: 18
wieder auf die Straße niedergegangen ist?“ fragte Hanna mit weinerlicher Stimme den dicken Martin. Sie waren, als sie das Donnern hörten, noch beim Frühstück gesessen, das sie aus den Resten der ihnen verbliebenen Vorräte hergerichtet hatten, und die mei sten hatten nun zu essen aufgehört. Der Appetit war ihnen vergangen. „Bestimmt nicht“, sagte der dicke Mar tin. (Ihm war der Appetit nicht vergan gen.) „Diese Lawine ist ganz woanders heruntergekommen. Die Straße liegt doch dort drüben!“ Und er wies mit dem Finger

in die entgegengesetzte Richtung. Hanna begann zu jammern. „Warum kommt die Tante nicht!“ rief sie weinerlich. „Wo ist sie denn? Wann werden wir endlich geholt? Ich habe solche Angst! Es kann ganz leicht noch eine La wine hier herunterkommen!“ „Nein, das kann sie nicht!“ rief Martin, dem selbst nicht sehr wohl war. „Das gibt es nicht! Es kommen nie mehrere Lawinen an derselben Stelle herunter! Das hast du „Ein Autobus, groß wie die Welt“ von Johan. nes Mario Simmel ist im Jungbrunnen-Ver lag, Wien, erschienen

und kostet 22 Schilling doch eben gesehen!“ Hanna starrte ihn an, dann brach sie wortlos in Tränen aus. Dieser Erwiderung war der dicke Martin nicht gewachsen. Er stand auf. streichelte hilflos Hannas Kopf, und als es ihm nicht gelang, sie zu beruhigen, rief er verzwei felt: „Thomas, komm doch her! Hanna weint!“ Thomas saß vorne, auf dem Sitz Herrn Wiedmanns. Er hatte in den Schnee hin ausgesehen und schien tief in Gedanken versunken zu sein. Martin mußte ein zwei tes Mal rufen. „Thoma s!“ Da erst

schreckte der Junge auf. „Ja“, sagte er. „Was willst du?“ „Ich —“, begann Martin, dann bemerkte er das abwesende Gesicht, das Thomas machte, und fragte: „Was hast du denn?“ „Ich habe nachgedacht“, sagte Thomas. „Worüber?“ „Die Lawine ist in der Gegend herunter gekommen, in die Herr Wiedmann und Tante Beate mit Karli gegangen sein müs sen“, sagte Thomas. „Rede keinen Unsinn!“ rief Lucie. „Die drei sind gestern nacht, vor vielen Stunden, dort gegangen! Es kann ihnen doch nichts mehr geschehen

sein!“ „Ich denke nicht an sie“, sagte Thomas. „An wen denn?“ rief ein Mädchen. Tho mas stand langsam auf. „Kommt einmal mit“, sagte er, und trat in dyn Schnee hinaus. Die Kinder folgten ihm. Thomas ging bis zu der Stelle, wo die Spur von Herrn Wied manns Schuhen begann. „Hier“, sagte er und wies auf den Boden. „Was. hier?“ fragte der dicke Martin verständnislos. „Was siehst du?“ „Herrn Wiedmanns Schuhabdrücke“, sagte Martin. „Was noch?“ „Andere Abdrücke in ihnen. Kleinere Ab drücke“, sagte Lucie

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 7 von 12
Datum: 07.04.1956
Umfang: 12
P\E K /NDEftZfeH UHG JOHANNES MARIO SIMMEL (16. Fortsetzung.) Dagegen sprach sich Agathe aus. „Ich halte das nicht für gut“, erklärte sie mit leiser Stimme und stellte sich dabei auf die Zehenspitzen, damit die anderen sie besser sehen konnten. „Denn wenn je der gleich alles bekommt, dann werden ge wisse Leute auch gleich alles aufessen und nichts mehr haben und zu den anderen betteln gehen.“ „Mit den ,gewissen Leuten' meinst du mich, nicht?“ fragte Martin empört.^ „Ich habe gesagt »gewisse

Leute'. Ich meine niemanden besonderen“, erwiderte Agathe. Thomas unterbrach sie. „Das ist auch meine Meinung“, sagte er. jedesmal so viel, wie wir für eine Mahlzeit brauchen!“ „Ich halte das für eine Kateridee“, sagte Martin bockig. „Schön“, meinte Thomas. „Stimmen wir ab! Wer ist dafür, daß die Vorräte zusam menbleiben?“ 14 Kinder hoben die Hand. „Wer ist dagegen?“ Drei Kinder hoben die Hand. (Es waren Martin und zwei Jungen.) „Die Vorräte bleiben zusammen“, er klärte Thomas. „Wir beugen

uns vor dem Beschluß der Mehrheit“, sagte Martin vornehm. „Es bleibt euch nichts anderes übrig“, sagte die kleine Agathe. Und dann began nen die Mädchen, das Abendessen zu ver teilen. Die Jungen sahen ihn dabei genau auf die Finger, besonders Martin. Zum Nachtmahl bekam jedes Kind eine Wurstsemmel, ein Butterbrot, einen Ap fel. ein hartes Ei, eine halbe Tafel Scho kolade und drei Zuckerln. Sie fanden alle, daß das ein sehr ausgiebiges Abendessen war. Sie setzten sich und es wurde auf (in. Auieius, ftefi

wie die Weil einmal ganz still im Autobus, während sie zu essen begannen. Richtig feierlich still! In die feierliche Stille hinein ertönte plötzlich ein Aufschrei. Die Kinder fuhren erschrocken herum. Es war Lucie, die geschrien hatte. „Bist du verrückt geworden?“ fragte Martin, der sich vor Schreck verschluckt hatte. „Was schreist du denn so?“ „Josef!“ rief Lucie mit schriller Stimme. „Josef! Wir haben Josef vergessen!“ Die Kinder ließen ihre Wurstsemmeln sinken. Bei Gott, sie hatten Josef, das dicke, schwarze Schaf

vergessen! Martin faßte sich als erster. „Josef ist so dick, daß e,r ruhig einmal ein bißchen hungern kann“, meinte er. Lucie sprang auf. „Du bist genau so dick!“ rief sie. „Ich möchte wissen, was du sagen würdest, wenn man dir nichts zu essen gäbe!“ „Ich bin ein Mensch“, sagte Martin. „Jo sef ist ein Tier. Menschen kommen zuerst.“ Lucie wandte sich an Thomas um Hilfe. „Aber das geht doch nicht!“ rief sie. „Josef kann doch nicht einfach hungern!“ „Du kannst ihm ja dein Essen geben!“ rief ein Junge

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Tiroler Grenzbote
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Seite 6 von 8
Datum: 14.11.1941
Umfang: 8
Reichsbahn stand im Augenblick des Kriegsausbruches gerade vor dem Zusammenschluß der beiden bisher größten verströmten Netze, des süddeutschen und des mitteldeutschen. In jahre langer Arbeit, die zuerst im Zeichen zusätzlicher Arbeits beschaffung nach der Machtergreifung stand, war im An- Vag Recht kt Dtigenö ROMAN VON ELSE JUNG-LINDEMANN Urheber-Rechtsschutz* Drei Quellen-Verlag. Königsbrück (Bez. Dresden) 26 ] Argwöhnisch wendete Enzian ihren Kopf und begann leise und beunruhigt zu schnauben. Martin

streichelte auch sie. — „Reg dich nicht auf, wir tun deinem Kaibi nix. Bist brav gewesen. Enzian, sehr brav." Als sie später in der Stube saßen, gab Martin der Freundin das Buch, das er ihr mitgebracht hatte. Anna freute sich. „Hatten Sie so viel Zeit, um auch noch an mich zu senken?" fragte sie überrascht und wurde rot. als Martin ihr antwortete, daß er sogar sehr viel an sie gedacht habe. Rasch stand sie auf und machte sich an der Gardine zu schaffen, deren Falten in Unordnung geraten

waren. Daß ihr die Blicke des Mannes folgten, spürte sie wohl, und das Glück, das sie über seine Bemerkung empfunden hatte, ließ ihr Herz schneller schlagen. Ich habe sogar sehr viel an Sie gedacht, hatte er gesagt. Wenn das zutraf ... und warum sollte es nicht so ge wesen sein ... dann hatte der Sepp gelogen, und es gab in München kein Mädchen, das auf ihn gewartet hatte. Wie fing sie es nur an, ihn nach dem Zweck seiner Fahrt in die Stadt zu befragen, ohne neugierig oder zudringlich zu erscheinen? Als habe Martin

in grundsätzlichen Ausführungen auf die Leistungen des NSKK. im all gemeinen und insbesondere auf die Pflege des Winter sportes in dieser Motorgliederung der Partei ein. Licht ihre Gestalt und hob ihr Gesicht hell aus der schattigen Umgebung. „Vielleicht", sagte sie leise, „sind Sie gar einem hüb schen, jungen Mädchen begegnet ...?" — Doch gleich unter brach sie sich, setzte sich neben ihn und legte abbittend ihre Hand auf seinen Arm. — „Verzeihen Sie mir, Martin, es war nur ein Scherz, ich hätte

das nicht fragen sollen." „Sie dürfen mich alles fragen, Anna", antwortete die Stimme des Mannes freundlich, „ich wüßte nichts, was ich vor Ihnen zu verbergen hätte." „Wirklich. Martin?" „Ja, wir sind doch Freunde, und darum will ich Ihnen auch ehrlich sagen, warum ich mich so plötzlich entschloß, nach München zu fahren. Es war in der Tat ein Mädchen, das ich dort wiederzufinden hoffte. Ich lernte es vor einem Jahr auf dem Oktoberfest kennen und verliebte mich in das Dirndl, von dem ich nur weiß, daß es Regina

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 7 von 12
Datum: 17.03.1956
Umfang: 12
sie in der Mitte, bis er auf diese „Hans, welches Ist das nützlichste Tier?' »Das Huhn!“ »Wieso?“ »Wir können es essen, bevor es gehören wird und nachdem tes gestorben ist!“ Weise eine ganze Menge Zettel in der Hand hielt und gab diese dann an Martin weiter, der neben ihm stand. „Verteile sie“, sagte er. Martin tat, was inan ihm befohlen hatte. Er gab jedem Kind einen Zettel. Herr Wiedmann sprach inzwischen schon weiter: „Jeder von euch soll Gelegenheit haben, mitzuwählen!“ rief

«r. „Jeder kann auf seinen Zettel den Na men des Jungen oder des Mädchens schrei ben, den er am liebsten als Stellvertreter Tante Beates sehen möchte! Er kann na türlich auch seinen eigenen Namen darauf schreiben. Den Zettel soll er dann zusam menfalten, damit niemand sieht, was er daraufgeschrieben hat, und ihn wieder ab- geben!“ Martin hatte alle Zettel verteilt. „Habt ihr alle etwas zum Schreiben?“ fragte Herr Wiedmann. „Ja!“ riefen die Kinder. „Na, also dann los!“ sagte der Chauf feur. Die Kinder begannen zu kritzeln

. Manche setzten sich in eine Ecke und hielten die eine Hand über das Geschrie bene. damit man es nicht sehen konnte, andere saßen mit dem leeren Zettel in der Hand da und sahen angestrengt in die Luft, so, als wüßten sie nicht recht, was sie schreiben sollten, und ein paar flüster ten miteinander, so, als müßten sie sich noch beraten. Aber zuletzt waren sie doch alle fertig und Martin ging mit einer Pappschachtel herum, um die Zettel wie der einzusammeln. Er trug die volle Schachtel

mit den zu sammengefalteten Zetteln zu Herrn Wied mann zurück, der sie entgegennahm. „So“, sagte er, „nun wollen wir einmal sehen, wer die meisten Stimmen bekom men hat.“ Er faltete den ersten Zettel aus einander und las: „Helmut!“ Helmut strahlte. „Natürlich“, sagte er. „Warte es ab“, meinte Herr Wiedmann. ..Es kommen noch 17 andere Zettel!“ Auf dem zweiten Papier stand „Martin“. Auf dem dritten stand wieder „Helmut.“ Dann kam ein Papier mit „Lucie“. Und dann eines mit „Thomas“. Nach diesem öffnete Herr Wiedmann

ein „Agathe“-Pa- pier. Und dann gab es eine Ueberraschung: Herr Wiedmann öffnete nacheinander sechs Zettel, auf denen allen Thomas gewählt wurde! Die Kinder waren sehr aufgeregt. Wer würde als Sieger hervorgehen? Zuletzt war das Resultat klar: Thomas hatte neun Stimmen bekommen, Helmut vier und Agathe, Lucie. Martin und zwei andere Jungen je eine. „Thomas hat also die meisten Stimmen“, sagte Herr Wiedmann. „Die meisten von euch haben Thomas gewählt und desha b wird er Tante Beate vertreten.“ Er sah Thomas

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 9 von 16
Datum: 17.12.1955
Umfang: 16
er, jetzt mit klarer Stimme. „Aber ich habe schon wieder Hun ger. Ich habe überhaupt immer Hunger.“ „Ich nicht“, sagte Karli. „Das merkt man“, meinte der Dicke. „Du siehst auch so aus! Schau mich an! Essen macht stark. Da!“ Er bog den linken Arm ab und ließ Karli seine Muskeln fühlen. Er hatte sehr starke Muskeln. „Bum“, sagte Karli beeindruckt. „Könntest du auch haben, wenn du mehr essen würdest!“ sagte der Dicke. „Im üb rigen heiße ich Martin“, fügte er hinzu. Er gab Karli die Hand. „Ich bin der dickste Junge

in meiner Klasse“, erklärte er stolz. „Das glaube ich“, sagte eine Stimme hin ter ihnen. Karli drehte sich um. Hinter ih nen saßen ein Junge und ein Mädchen. Der Junge hatte blonde Haare, die wild in die Luft standen, als wären sie noch niemals gekämmt worden, und das Mädchen war klein, zart und sah den großen rotbackigen Jungen bewundernd an. Es war der Junge, der gesprochen hatte. „Was glaubst du? fragte Martin, ein we nig verärgert. „Daß du der Dickste bist.“ „Der Dickste und der Stärkste“, erklär te Martin

mit Betonung. Der blonde Junge lachte. Es war ein un gläubiges und herausforderndes Lachen, und Martin wurde ein wenig röter im Ge sicht. Karli fand, daß es eigentlich sehr un gezogen von dem blonden Jungen war, sich in ihr Gespräch einzumischen und den dik- ken Martin auszulachen, aber der blonde Junge sah aus, als ob er sich immer in die Gespräche anderer Leute einmischen wür de. Es schien ihm viel Spaß zu machen, sich einzumischen. Das kleine zarte Mäd chen an seiner Seite betrachtete ihn hinge- riss6ti

« „Daß ich nicht lache!“ sagte der Blonde „Du und der Stärkste!“ „Du brauchst es ja nicht zu glauben“, meinte Martin beleidigt. „Tu ich auch nicht“, sagte der Blonde. „Ich wette mit dir. daß ich mit einer Han6 stärker bin “ „Lächerlich“, sagte der dicke Martin und grunzte verächtlich. Der Blonde stieß ihn in den Rücken, nur so zum Spaß, aber Martin zuckte zusam men. „Wir können es ja einmal untersuchen“, sagte der Blonde. „Ich heiße Helmut und ich wette mit dir, daß ich dich in zwei Minuten auf den Rücken lege

.“ „Ich wette nie“, erklärte Martin. Er schien nicht nur dick und stark, sondern auch sehr diplomatisch zu sein. „Weil du dich nicht traust“, sagte Helmut triumphierend. „Nein“, sagte Martin, „weil es mir nicht dafürsteht!“ „Feigling!“ sagte Helmut herausfordernd. „Ha!“ sagte Martin und biß in seinen Apfel. Karli lachte ein bißchen aus Nervo sität. Beim Lachen tat ihm der Hals weh Er hörte schnell zu lachen auf, denn es war ihm unangenehm, an seinen Hals erinnert zu werden. Die Mutter des kleinen zarten

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Neueste Zeitung
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Seite 3 von 4
Datum: 15.10.1943
Umfang: 4
zuwandte, sah der Krämer Martin im Gast haus. Er tat einen langen Zug aus der Pfeife und sagte zum Wirt: „Ich will morgen in die Kreisstadt gehen und ein Pferd kaufen!" „Ein Pferd? Geht es mit dem Geschäft wieder auswärts?" „Nun ja, wie man's nimmt! Und dann find die Pferde jetzt billig!" „Martin", meinte plötzlich der Schmied, „wenn du in der Stadt ein Pferd kaufst, könntest du meinen Schimmel mitnehmen. Der Schwager in der Stadt hat mich gebeten, ihm das Pferd für einige Wochen zu borgen. So führt

dich mein Schimmel in die Stadt; das Pferd, das du kaufen wirst, führst dich dann zurück!" „Gut, so brauche ich nicht zu Fuß gehen!" er widerte Martin. Am nächsten Morgen holte er den Schimmel des Schmiedes und spannte ihn vor den leichten Wagen, der viele Jahre unbenützt in einem Winkel der Scheune gestanden war. Als er den Schimmel ein- spannte, sagte seine Frau: „Zum letztenmal hatte Franz —" irr durch den Saal, wirft sich haltlos auf einen Stuhl. Die dunkle Ahnung des Ungeahnten, des nicht für möglich

! Die Zeit ist lange vorüber, daß unser Franz aus dem Krieg nicht mehr heimgekommen ist. Sollen wir deshalb kein Pferd mehr haben dürfen? Es ist doch schade um den schö nen Wagen! Sonntags werden wir immer über Land fahren. Und für Pflug und Egge brauche ich mir nicht mehr ein Pferd ausleihen. Weine nicht, Mutter! Franz ist längst in der Ewigkeit!" „Und wir haben auch nicht mehr weit dahin!" sagte sie leise. Der Krämer Martin fuhr in die Stadt. Er suchte gleich den Schwager des Schmiedes

auf. „Da ist der Schimn^l, den der Schmied schickt. Den Wagen lasse ich jetzt m euch stehen, bis ich mir das Pferd gekauft habe!" In der Stadt herrschte reges Leben. Der Pferde markt hatte viele Leute aus der Umgebung angelockt. Martin ging herum, er plauderte und sah sich unter den Pferden um. Da mußte er bemerken, daß die Pferde doch nicht so billig waren, wie er gedacht hatte. Er rechnete und farw. daß es auf ein junges, stattliches Pferd nicht reichen werde. Stundenlang konnte er sich zu keinem Kauf entschließen

aber, als der Pferdemarkt seinem Ende zu ging, sah er ein braunes Pferd, das nicht teuer war. „Es ist nicht mehr das jüngste Pferd", meinte er zum Verkäufer. „So zwanzig Jahre ist es alt. Aber es ist treu und gesund. Es wird noch gute zehn Jahre seinen Dienst tun!" Der Krämer Martin stand unentschlossen. Da wandte ihm das Pferd den Kopf zu und sah ihn lange an. Das Pferd ist wie ein Mensch. Sachte Mar tin. Und plötzlich mußte er an die Liese denken. Und er sah seinen Sohn vor sich, der vor vierzehn Jahren

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Tiroler Grenzbote
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Seite 3 von 4
Datum: 10.12.1941
Umfang: 4
herausknipsen und sich freuen an dem schönen Bildchen, das — durchleuchtet vom Tageslicht — nun zum Vorschein gekommen ist. Am 24. Dezember wird das wunderschöne Gesamtbild des Weihnachts kalenders in all seinem Glanze sichtbar und kündet: heute abend strahlt der Weihnachtsbaum über der Be scherung! >4lfabii#die ideale flüssige Hautkrem Das Mchl 6er Jugenö ROMAN VON ELSE JUNG-LINDEMANN Urheber-Reditssdiutz i Drei Quellen-Verlag. Königsbrück (Bez. Dresden) § 7 ] Martin nahm es nicht tragisch, er lachte

es mich, was man jetzt wieder über dich schwatzen wird." Anna nahm seinen Arm und schaute ihm froh in die Augen. „Haben wir uns etwas vorzuwerfen, Martin?" „Nein, aber wer glaubt uns das?" „Niemand, ich weiß ... darum laß sie reden, mir ist es gleichgültig." Martin verhielt den Schritt und sah sie an. „Ist es dir wirklich so gleichgültig, wenn die Leute jagen: ,Die Frau Schober hat mit dem Postassistenten Liebl ein Verhältnis angefangen, kaum daß der Wendler einen Monat unter der Erde lag'?" Betroffen schaute Anna zu ihm auf. „Das sagen

sie?" fragte sie erschrocken. „Ja ... schon lange, ich habe es dir bisher verschwiegen. Aber das Geraune nimmt immer gefährlichere Formen an, und mir ist es nicht gleichgültig, Anna. Ich bin als Mann für deinen guten Ruf verantwortlich, und darum gibt es nur einen Ausweg ..." Anna wartete. Ihr Herz klopfte ungestüm. Jetzt muhte er aussprechen, worauf sie schon seit Wochen gehofft hatte. Aber Martin schwieg. Mit gesenktem Kops ging er langsam weiter. Durfte er ihr sagen, daß er an Trennung dachte

? Daß er während des kurzen Aufenthaltes in seinem Heimatdorf den Entschluß gefaßt hatte, sich an ein anderes Postamt ver setzen zu lassen. Da hörte er Anna fragen: „Was für einen Ausweg meinst du. Martin?" Wieder blieb er stehen. Es war schwer, ihrem Blick standzuhalten, in dem er eine ungeduldig drängende Erwar tung las, die er nicht erfüllen konnte. In diesem Augenblick tat ihm die Frau so leid, daß er sie mit einer fast schmerz lichen Zärtlichkeit anschaute. Wäre er älter, oder wäre sie jünger, wie leicht und einfach

du mir aus, damit die Leute nicht reden könnten, der Hof gelte dir mehr als ich. Ich weiß, daß sie so sprechen, aber es ist nicht wahr." — Martin hielt die Frau in seinen Armen. Er spürte ihre Küsse und konnte sie nicht erwidern. Jn ihrem Glück achtete sie nicht darauf, sie gab und schenkte und verströmte sich, und der Mann ließ sie gewähren, regungslos und überwältigt von der überfülle einer Liebe, die er nicht geahnt hatte. Durfte er jetzt noch reden? Brachte er jetzt noch die Kraft auf, das Glück in diesen strahlenden

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Tiroler Grenzbote
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Seite 3 von 4
Datum: 27.10.1941
Umfang: 4
in ihr nach. Jetzt erst begriff sie Martin, und sie fühlte, daß es eine alleinstehende Frau nicht leicht hatte, sich ihr Leben so ein zurichten, wie sie selber es für gut hielt. überall waren Augen, die sie beobachteten. Der Händler kam aus jeden Hof. und was er ihr offen ins Gesicht zu sagen gewagt hatte, wie sollte er das nicht noch offener und rück haltloser jenen gegenüber aussprechen, die schon früher an ihr und ihrem Manne Kritik geübt hatten? Solange der Bauer gelebt hatte, war sie nicht schutzlos gewesen. Nie

mand hätte es wagen dürfen, in seiner Gegenwart eine solche Bemerkung zu machen, wie sie heute der Händler getan hatte. War es denn so arg. daß Martin fast täglich auf den Hof kam? Sollte sie den einzigen Menschen, dem sie ver traute und der ihr über viel Schweres so treu hinweghalf, wieder fortschicken, nur weil die Leute an dieser Freund schaft Anstoß nahmen? Nein, nein und nochmals nein! Er war ihr Halt, ihr Helfer und Lehrer im Bereich ihres Wirkens geworden ... und vielleicht noch mehr

. Aber sie ahnte nicht, daß die Ungeduld, mit der sie auf sein Kommen wartete, die herbe, zurückhaltende Freude, mit der sie ihn empfing, wenn er ins Haus trat, schon die ersten scheuen Regungen eines wärmeren Gefühls waren, das sie zu dem Freunde hinzog. Auch Martin hatte Freude an der Frau. Niemals mehr sah er sie im städtischen Gewand. Ihr blasies Gesicht hatte sich gebräunt, ihre Gestalt war straffer und ein wenig voller geworden, und ihre feinen Hände trugen jetzt die Spuren harter Bauernarbeit. Anna

lachte stolz und froh, als er die Schwielen und Riffe bemerkte. „Jetzt kann niemand mehr sagen, daß ich nicht zu ar beiten verstehe", meinte sie und stieß die Gabel kräftig in den dampfenden Mist. Längst war das Grummet unter Dach. Der Herbst war gekommen, und sie hatten sein Nahen kaum bemerkt. Nun warteten die Felder und Wiesen auf den Dünger, der ihnen die Kraft zu neuem Wuchs und neuer Ernte geben sollte. Fragte Anna zuweilen, ob Martin die Arbeit, die er sich neben seinem Dienst noch aufgebürdet

. Seine weißen Mauern leuchteten in der hellen Herbstsonne. Dunkel, von der Sonne gebeizt, lief die hölzerne Altane unter dem breiten Dach rings um das Haus, und in den grünen Kästen prunkten feuerrote Geranien. Martin liebte den Wendlerhof, liebte seine Wiesen und seinen Wald. Es wäre ihn hart angekommen, wenn er ihn hätte meiden müsien. Aber noch schien Anna nicht zu ahnen, daß das Geraune in Dorf und Nachbarschaft immer weitere Kreise zog. Kürzlich war Martin der Edhofer-Resl über den Weg gelaufen

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Tiroler Grenzbote
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Seite 7 von 8
Datum: 24.10.1941
Umfang: 8
weiterfraß, und als Martin davon erfuhr, wollte er es kaum glauben. Der Funkele war es gewesen, der es ihm sagte. „Herrschaftsseitn! — Kann man denn in diesem Nest nix tun, ohne daß es gleich von den Leuten übel gedeutet wird?" hatte Martin den Kollegen wütend gefragt. „Wenn es nicht gerade eine Wittib wäre, sondern ein frisches, junges Madl. würden sie mehr Verständnis haben. Und wärst du ein hiesiger Bauer und nicht ein zugereister Postbeamter, der, wie sie meinen, es nur auf den schönen Hof abgesehen

habe, hätte die ganze Sache ein anderes Ge richt". war Fünkeles Antwort gewesen. Martin behielt sein Wissen für sich. Wenn es sich ver meiden ließe, sollte Anna kein Sterbenswörtlein davon er- ahren. und es bereitete ihm nur Sorge, wie er es ver hindern könne, daß andere ihr das böse Geschwätz zutrugen. Annas Abneigung gegen den Umgang mit Menschen hatte sich nach dem Tode ihres Mannes eher noch verstärkt. Da sie weder zur Kirche, noch ins Dorf hinabging, weil Martin ihr alle wichtigen Gänge abnahm

hin und wieder auch ins Wirtshaus und mochte da manches hören, was man über die Wendlerin und auch über ihn. den Postassistenten Liebl. sprach. Nun, er würde nicht gleich zur Bäuerin hinlaufen und ihr seine Weisheit verkünden. Martin hatte den besten Ein druck von dem jungen Menschen, der willig und anstellig war und sich bis jetzt noch keiner seiner Anordnungen widersetzt hatte. Aber er nahm sich vor, die Augen offenzuhalten, und den Lenz beim leisesten Anzeichen einer Unbotmäßigkeit vom Hofe zu entfernen, denn immer

noch trieb sich der Brunner-Sepp in der Nachbarschaft umher, und Martin zweifelte nicht daran, daß er sich eines Tages auch an den neuen Knecht auf dem Wendlerhof heranmachen würde. Nach einer schlaflos verbrachten Nacht hatte Martin sich entschlossen, sich nicht um das Geschwätz der Leute zu küm mern und weiter auf dem Wendlerhof nach dem Rechten zu sehen. Sein Gewissen war rein. Ohne den leisesten, eigen nützigen Gedanken hatte er Anna vor zwei Monaten seine Hilfe angeboten, und so war es geblieben

, an der die schlanken, braunen Tiere über den Draht zaun der Weidekoppel hinwegsprangen und in den Wald schlüpften. Dann war e« wieder ein Buch, das sie besonders liebte, und das sie ihm mitgab. Auf dem Hof, draußen auf den Feldern und im Stall ließ sie nichts tun. ohne ihn vorher darum zu befragen. Kam der Viehhändler, um eine Kuh oder ein Kalb zu kaufen, so handelte sie den Preis erst mit ihm aus, wenn sie sich mit Martin besprochen hatte. Noch vor ein paar Wochen war das anders gewesen. Da hatte er selber

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 7 von 12
Datum: 24.03.1956
Umfang: 12
Samstag, 24. März 1956 Nr. Ti Seite T P\E K/NDEflZfcKUNQ JOHANNES MARIO SIMMEL oft Atdedus, feafi wie die Mett ( 14 . Fortsetzung) Das vierte Kapitel Ich erkenne die Wahl nicht an — Man he, weist Mut nicht nur mit der Faust, man braucht auch den Kopf dazu — Der dicke Martin macht einen Vorschlag zur Güte — Helmut schließt sich selbst aus — Man muß an die Verpflegung denken — 61 Schinken- setmmeln, 33 saure Gurken und 67 harte Eier — Josef wird beinahe vergessen Karli hat einen schrecklichen

, daß du mir den Buckel herunter rutschen kannst! Ich werde mich nun um nichts kümmern, was du anordnest. Für mich bist du überhaupt Luft!“ Der dicke Martin lachte wütend. „Du bist ja nur böse, weil wir dich nicht gewählt haben!“ rief er. „Es wäre besser, wenn ihr es getan hättet“, sagte Helmut. „Und warum?“ „Weil ich stärker und größer bin als der da“, erklärte Helmut und zeigte auf Thomas. „Und mutiger auch“, fügte er hinzu „Mut beweist man nicht nur mit Mus keln“. erwiderte Thomas ruhig. „Man braucht auch den Kopf

bist als ich. Aber damit ist über haupt nichts bewiesen. Denn dann könnte zum Beispiel Martin kommen und dich her aus ordern und besiegen und dann —“ „Das könnte er nie!“ rief Helmut. „Ha. ha“, sagte Martin ironisch. „Hört auf“, sagte Thomas. „Es ist ganz gleich, ob er es kann oder nicht. Es war nicht der Sinn der Wahl, daß wir uns nach ihr zu prügeln beginnen. Und weil es nicht ihr Sinn war, will ich es auch nicht tun.“ Er wandte sich an die anderen. „Wenn ihr lieber Helmut als mich habt, dann könnt ihr es noch immer sagen!“ „Nein

!“ riefen die Kinder. „Wir wollen dich, Thomas!“ „Da siehst du es“, meinte Thomas. „Du kannst dich nicht seJber wählen, wenn die anderen dich nicht wollen. Selber wählen, wenn die anderen dich nicht wollen, kannst du dich nur, indem du alle zusammen verprügelst. Dazu hätten wir aber wirklich keine Wahl gebraucht.“ „Außerdem möchte ich einmal sehen, wie er uns alle zusammen verprügelt!“ rief ein Junge. Der dicke Martin schob sich nach vorne. „Thomas“, sagte er, „ich habe eine Idee. Ich ringe mit Helmut

zu rück. „Das brauchst du mir nicht zweimal zu sagen!“ rief er. „Und ob ich tue, was ich will!“ Er drehte sich um und sah die an deren an. „Ihr werdet ja sehen, wohin ihr kommt mit eurem Thomas! Wenn es nach ihm geht, dann sitzt ihr in einer Woche noch hier! Ich bin ja nicht verrückt daß ich mich von ihm herumkommandieren lasse!“ ..Halt schon endlich den Mund“, sagte der dicke Martin. ..Du machst mich ganz nervös!“ „Du wirst noch viel nervöser werden“, sagte Helmut. Dann drehte er sich um. „So“, sagte

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Neueste Zeitung
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Seite 3 von 4
Datum: 29.06.1942
Umfang: 4
, weil ihm der Kaiserlichen Rätin; sie hatte sie beim letzten Gast-1 Hanna kurz vor seinem Auftritt ganz unnötigerweise karussellsahrt / von Glas Hin; Martin preßte die drei Groschenstücke in der Faust, und mit glänzenden Augen sah er auf die bunte Welt. Da stand das große Karussell mit den weißen und schwarzen Pferden'im goldenen Zaumzeug; mit den prachtvollen, weich gepolsterten Kutschen. Dazu erklang eine herrliche Musik, die aus einem schillern den Kasten kam, in dem sich zierliche Puppen dreh ten, die kleine

Instrumente hielten, Trompeten und Flöten, aus denen sie pausbäckig bliesen. In ihrer Mitte stand ein Mohr mit einem großen Turban auf dem Haar, der mit einem silbernen Stab dirigierte, während sich sein Kopf ruckweise von links nach'rechts drehte. Martin schaute, und hörte die Menschen nicht, die in dichten Scharen, lachend und rufend umhergingen. Um das wunderbare Karussell herum waren kleine Buden aufgebaut, die mit den schönsten Dingen an gefüllt waren. Da hingen dicke Bären und Häschen von der Decke

, und sich um wenden wollte, um zum Karussell zu laufen, stutzte er. Da stand die kleine Sophie, die nicht weit vom Hause seiner Eltern wohnte. Ihre Augen sahen nach dem Herz in seiner Hand, dann blickte sie ihm ins Gesicht. — Eine Weile blieben sie so wortlos stehen, dann drehte sich Martin um und lies zum Karussell. Er stand im dichten Gewühl und wartete, daß die fröhliche Fahrt aufhörte, damit er hinaufstürzen konnte, um ein Pferd zu besteigen. — Als das Karussell nun hielt, wurde Martin von der nach drängenden

ein — ließ er sich schnell vom Pferd heruntergleiten. Er lief zu Sophie, faßte in die Tasche und reichte ihr stumm das kleine Zuckerherz. Erft als er es ihr fast in die Hand schob, nahm sie es, verwundert, und ohne etwas zu sagen. Aber ihre Augen sahen ihn emst an. Da lächelte Martin und blieb neben ihr stehen. Inzwischen war das Karussell losgefahren, auf Martins Schimmel faß ein dicker Junge, der sich krampfhaft, beinahe zornig, an den Pferdeohren fest- hielt. Martin mußte lachen. — Er faßte

nach Sophies Hand und beide sahen nach dem kreisenden Wirbel. Als die Glocke wieder tönte, stürmte Martin vor, Sofie nach sich ziehend. Er schubste ein paar Jungen, die grade in eine herrliche Kutsche steigen wollten, zur Seite und zog Sophie hinein. Nun saßen sie beide auf dem weichen Samtsii Martin stolz und selig wie nie, und Sophie, no/ immer wie im Traum, an seiner Seite. Dann, als die schmetternde Musik in dem großen Zauberkasten begann, ging die Fahrt los. Immer schneller ging es im Kreise herum

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 6
Datum: 22.04.1954
Umfang: 6
nur die Wünsche Im November vergangenen Jahres hatte der 27jährige Kellner Martin P. eine folgenschwere Begegnung mit einem Virus, der sich bei ihm einnistete und einen allseits beachteten Schnup- fen auslöste. Mit tränenden Augen und knallro ter Nase bildete Martin in dieser Zeit gerade kein Schmuckstück des Salzburger Restau rants, in dem er damals beschäftigt war Da aber sein Kollege Urlaub hatte und der Chei wegen der schwachen Saison keine Vertretung aufnehmen wollte, mußte Martin im Frack Beiben, obwohl

er einen heißen Wickel um die Brust vorgezogen hätte Um Martins Schnupfen aber auch außerhalb des Bettes bekämpfen zu können, gestattete der Chef gelegentliche Nip perchen aus der Sliwowitz-Flasche, von der Martin auch ansonsten — außer Dienst — ger ne naschte. Martin dankte für dieses Privileg und sprach die Hoffnung au», daß dank dieses großzügigen Angebotes der Schnupfen bald niedergerungen sein werde- Hinsichtlich der bewilligten Menge Schnap ses zum Zwecke der Schnupfen-Bekämpfung mußten aber wohl

Schnupfen endlich dahingeflos- sen war, was durchaus wörtlich zu nehmen ist, fand sich von dem ursprünglichen Vorrat an SHwowitz-Flaschen nur mehr ein karger Rest, nämlich eine Flasche. Gamze acht Flaschen Hatte Martin zum aktiven Widerstand gegen den Virus aufwenden müssen, Die Folge dieser Radikalkur war eine sofortige Entlassung und eine Anzeige wegen Diebstahls, da sich heraus- steUte, daß Martin fünf der Flaschen mitgenom men und unter der Hand verkauft hatte- Der Schnupfen hatte schon

nach der Bekanntschaft mit drei Liter Zwetschkenschnaps kapituliert. Da Martin vor dem Bezirksrichter geständig war, kam er mit einer bedingten Arreststrafe davon, nachdem auch sein ehemaliger Chef le diglich die fünf verkauften Flaschen als ge stohlen ansah und bei den übrigen auf seine zwar keinswegs in diesem Umfang gemeinte Erlaubnis verwies Straftaten auf dem Kerbholz hat, wurden über sie umfangreiche Ermittlungen eingeleitet. Es stellte sich heraus, als sie 1945 nach Oester reich gekommen war, sowohl

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Tiroler Grenzbote
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Seite 3 von 4
Datum: 26.11.1941
Umfang: 4
ihn. und es waren viele Anzeichen vor handen, die ihn davon überzeugten, wie stark ihre Liebe zu ihm war. So groß und bedenkenlos mußte sie sem, daß sie sogar den Stolz der Frau überwunden und sie das Wort hatte sprechen lassen, das ihm eine Brücke baute: Ich wünschte, du würdest immer bei mir bleiben. War sie sich klar, wie weit sie ihm damit entgegenkam? Martin stand auf. „Ich werde von jetzt an wieder öfter kommen", sagte er. Anna nickte. In ihrem Gesicht schattete Traurigkeit. Hatte er nicht gefühlt

, was in ihr vorgegangen war? Verstand er sie nicht ... oder wollte er sie nicht verstehen? „Wann kommst du?" fragte sie drängend. „Am Sonntag ... schon zeitig, wenn es dir recht ist." Ihr war alles recht, was er bestimmte, wenn sie auch enttäuscht war, daß er nicht schon morgen kommen wollte. Drei lange Tage würde sie nun wieder verwarten müssen, und sie würden anders sein als bisher: Unruhiger und voll quälender Ungewißheit. Martin beugte sich über sie und fragte, ob es ihr wieder besser gehe? Um ihm zu beweisen

, daß sie sich kräftig genug fühle, nachte sie den Versuch, aufzustehen, doch er ließ es nicht zu. „Bleib' noch liegen oder geh' gleich zu Bett", bat er besorgt, und lächelnd versprach sie. es zu tun. Als Martin ins Freie trat, knirschte der Schnee hart gefroren unter seinen Füßen. Eisklar funkelten die Sterne l< Wörgl. Auszeichnung. Der Unteroffizier in einem G.ebirgsjäger-Regiment Peter Hechenblaik- n er, Haslachbauer in Wörglerboden, wurde für tapfe ren Einsatz mit dem Eisernen Kreuz 2. Kl. ausgezeichnet

Jahre", dachte er, „wenn die nicht wären ..." Aber gab es nicht viele gute Ehen, in denen die Frau älter war als der Mann? Die lockende Stimme in seinem Innern war wieder wach: Greif' zu, Martin, du gewinnst viel! Nicht nur der Hof, auch die Frau wird dir gehören, die dich liebt. Sie ist schöner, stolzer und klüger als alle Mädchen, die du kennst. Daß sie jünger sind, was will das bedeuten? Jugend ist un reif. und es ist ungewiß, wie sie sich entwickelt. Von Anna aber weißt

du, daß sich in ihrem Wesen nicht mehr viel ! ändern wird. Sie hat dir ihr Inneres aufgetan, ihr Denken und Fühlen ist dem deinen verwandt, auch ordnet sie sich dir gern und freudig unter. Warum also zögerst du? „Zehn Jahre", dachte Martin noch einmal, „sie hätten weniger Gewicht, wenn wir beide jünger wären. Ehe ist mehr als nur ein Zusammenschluß zweier Liebender. Sie will und muß schöpferisch sein, wenn sie ihren Sinn erfüllen soll. Ein Drittes, Viertes, ein Vielfaches muß aus ihr ent stehen, damit sie ihren ganzen

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Tiroler Grenzbote
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Seite 4 von 8
Datum: 19.09.1941
Umfang: 8
, wenn man ihn in seiner Schöne und Vollkommenheit betrachtete, und geduldig stan den die Schaulustigen aus Stadt und Land in langer Schlange vor dem Eingang. Man wollte doch sehen, wie das schmucke Haus im Innern aussähe. „Gell, da schaugst, Mutter, so einen Hof, wenn wir hättn!" sagte ein Bauer im grauen Lodenjanker zu seiner Alten, und der Neid fraß ihm ein wenig unter der Joppe am Herzen. Inmitten der Wartenden stand der Postassistent Martin Liebl, eine kurze Pfeife im Munde, die er sorgsam aus klopfte

hatte, sich aus der Enge herauszuarbeiten und ins Freie zu flüchten. Herrgottsakra! — Keine drei Schritt von chm entfernt stand ein Dirndl und hatte ein Köpferl auf, daß es ihm siedeheiß unter der Joppe wurde. So ein feines Ding, ein feines! Ein Häuterl wie aus Milch und Blut, Augerln wie Schwarzbeerln, und ein Goscherl, erdbeerrot und süß wie eine Frucht. Martin dachte nicht mehr daran, seinen Platz zu ver lassen. Er reckte den Hals und starrte das Madl an. Wenn es nur einmal herschauen wollte! Aber das Dirndl

im weißen Leinenspenzer drehte die dunklen Äugerl überallhin, nur nicht in die Richtung, in der es mit einem anderen Augenpaar hätte Zusammentreffen müssen. Ein Bursch stand neben ihm, mit einem kecken grünen Velourhütl auf dem blonden Schopf, und der arme, hilflos eingekeilte Postassistent wünschte sich sehnsüchtig an seinen Platz. Jetzt beugte er sich zu dem Mädchen hinab und lachte. Was mochte er ihm zugeflüstert haben? Martin fühlte ein Brennen in der Brust, das ihm neu war. „Geh zua, Mannderl

!" — Ein derber Puff von hinten stieß ihn vorwärts. Wütend sah er sich um. „Pressiert's?" Das gutmütige, rote Baueimgesicht hinter ihm ent- waffnete seinen aufsteigenden Zorn. Eine Antwort erhi^l er nicht, denn die nachdrängende Menschenwoge drückte beiseite und schob ihn — gepriesen sei der Zufall — in M* Nähe des Mädchens mit dem Erdbeermund. Der zweite An prall warf es ihm an die Brust, und Martin breitete schützend beide Arme um die Kleine. „Staadhaltn, Dirndl, i tu dir nix!" — Sein Herz jubi- llerte

kommen, oder legen Sie großen Wert darauf, sich noch weiter stoßen und drängen zu lassen?" fragte Martin. Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Alsdann ... auf gehts!" — Martin gebrauchte dis Ellbogen und schaffte sich und seiner Begleiterin Platz. Die Leute schimpften, und ein paar saftige oberbayrische Flüche flogen ihnen um die Köpfe. Was tat's? (Fortsetzung solgt.) Gegen Einsendung einer 3PFq.-Marke ’ * an die IMPERIAL-Feiqenkaffee-Fabrik Wien 75, Alxinqerqaue 64 , erkalten Sie ein Imperial-Sparre

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 12
Datum: 04.08.1951
Umfang: 12
hatten, er ver sprach auch, ihnen zu helfen, wann immer sie ihn brauchten. Und dann war Binders Uniform wieder trocken und die Kinder nahmen Abschied von Tante Frieda und gingen zu Herrn Alde mar. Sie erzählten ihm, was am Morgen geschehen war. „Die Gießkanne hat also ver sagt“. sagte Aldemar traurig. „Wir müssen uns etwas anderes ausdenken." Martin stützte den Kopf in beide Hände und starrte vor sich hin. Nelly schloß die Augen und dachte angestrengt nach. Plötzlich schüt telte Martin den Kopf, „Das geht

, sondern irgendwoher, wird er wähnen, mit dem Schirm sei etwas nicht in Ordnung.“ „Das stimmt“, warf Martin ein. „Er wird nachsehen wollen — “ „Und den Schirm aufspannen“, ergänzte Nelly. „Das erwarte ich“, sagte Alde mar. „Damit rechne ich. Darauf hoffe ich.“ „Aber woher nehmen wir die Glocken?“ wollte Martin wissen. „Nichts einfacher als ein Glok- kenspiel aus dem Nichts zu zau bern. Wir nehmen gewöhnliche Wassergläser —“ „Wassergläser?“ wiederholte Martin, als hätte er nicht recht gehört. „Gewiß, gewöhnliche

Wasser gläser. Und wir füllen sie mit Wasser, manche halb, manche zu drei Viertel, manche ganz. Je mehr Wasser in dem Glas ist, um so höher wird der Ton, der erklingt, wenn wir das Glas mit einem Me tallstück berühren, mit einer Ga bel oder einem Löffel — und je weniger Wasser darin ist, um so tiefer wird der Ton. Mit acht Glä sern können wir ein herrliches Glockenspiel zusammenstellen, das alle Melodien spielt — und das Herrn Faber gewiß täuschen wird.“ „Hm“, machte Martin. „Da müs sen

und beim zwei ten Mal war auch noch ein fal scher Ton darin, aber beim drit ten Mal hätte niemand mehr un terscheiden können, ob er Al demars acht Wassergläser oder die Glocken des Wunderschirms hörte. (Fortsetzung folgt) AcMü* *0y Jie&e Bütten, Msbe Hlädet! Die Preisträger unseres letzten Rätsels sind: Margarete Scharnier, Kufstein, Eichlwang 36, Elsie Piffer, Zirl , Wächterhaus 9, Christi Weniger, Innsbruck, Schil lerstraße 6, Praxmarer Ernst, Silz Nr. 108, Aschaber Martin, Kufstein, Münchner Str

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 7 von 10
Datum: 14.01.1956
Umfang: 10
?“ „Ja, mit dem Salz!“ sagte Thomas und sah Tante Beate an. Diese lächelte plötz lich, legte ihm eine Hand auf die Schulter und sagte freundlich: „Du bist ein sehr kluger Junge, Thomas! Ich gratuliere dir zu deinem Einfall!“ Der dicke Martin drängte sich vor. „Ich verstehe kein Wort“, behauptete er. „Paßt einmal auf“, sagte Tante Beate. „Was glaubt ihr wohl, warum in der Fut terkrippe für die Tiere Salz war?“ „Wahrscheinlich, weil die Tiere Salz gern haben“, sagte die schüchterne» klein« Hanna. „Sehr richtig

aus dem Wald herauskommen und die Spur entlang lecken. Und wenn wir das Salz so streuen, daß die Spur bis zum Autobus zurückführt —“ „— dann wird er in den Autobus zurück klettern!“ rief Lucie und klatschte in die Hände. Die Kinder sahen Thomas ehrfurchtsvoll an. Nur der dicke Martin konnte es sich nicht verkneifen, zu Hanna zu sagen: „Wenn ich heute schon mehr gegessen hätte, wäre ich selber auf di« Idee gekom men!“ Darüber mußten die anderen lachen und Martin lacht« zuletzt mit. Dann sagte Tante Beate

: „Also paßt auf: wir gehen jetzt alle zum Autobus zurück und verstecken uns auf seiner anderen Seite, damit das Schaf uns nicht sieht. Weil Thomas den Einfall mit dem Salz gehabt hat, glaube ich, daß wir es ihn auch streuen lassen werden, nicht wahr?“ Die Kinder nickten zustimmend. „Und wenn Josef im Autobus ist, dann werfen wir einfach die Tür hinter ihm zu!“ rief ein Mädchen. „Und wenn wir die Tür zugeworfen ha ben, dann werde ich dem Helmut eine kle ben!“ versprach Martin, der sich bemühte

, auch etwas Hilfreiches zu tun. „Nein“, sagte Tante Beate. „Das wirst du nicht. Helmut wird sich bei Lucie entschul digen und dann werden wir nicht mehr von der Sache reden!“ Sie nahm ein kleines Mädchen an der Hand, und alle mit Aus nahme von Thomas gingen schnell durch den Schnee zum Autobus zurück. „Schade“, sagte der dicke Martin unter wegs. „Was ist schade?“ fragte Hanna, die an seiner Seite ging. „Schade, daß er sich entschuldigen muß“, sagte Martin. „Ich hätte ihm gerne eine ge klebt.“ Er seufzte. „Na“, sagte

ihn Martin brennend.) Ein paar von den Kindern beleckten ihre eigenen Lippen, als wären sie selber Schafe. Aber das taten sie nur vor Auf regung. Das Schaf leckte sich Meter um Meter näher. Einmal schien es mitten auf dem Acker plötzlich genug zu haben, und den Kindern stand das Herz beinahe still. Aber dann besann sich Josef und leckte weiter. Nach einer Viertelstunde war es bis auf ein paar Meter an den Autobus herange kommen. Herr Wiedmann erhob sich ge räuschlos und schlich um die Motorhaube herum

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Tiroler Bauern-Zeitung
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Seite 3 von 10
Datum: 17.04.1952
Umfang: 10
wie ein Rächer aus einer anderen Welt. Romed, der Krüppel, der nahe dem Boden kauerte, nahm sich dagegen wie ein hilfloses Kind aus. Die Gebresten an Händen und Füßen zeigten ihn als eine fluchbeladene Kreatur. Noch nie hatte Romed sich so elend und schwach gefühlt als da vor der dräuenden Ge stalt des Siegers. Martin sah es und freute sich so dieser Ver zagtheit. Darum herrschte er Romed neuerdings an: „Mensch, wenn dir dein Leben lieb ist, so laß ab von deiner verrückten Arbeit!“ Diese Worte des Sieger

-Martin riefen den Kräutersammler wieder in die Wirklichkeit zu rück. Was seine Gestalt im Äußeren auch ver ächtlich blieb, so wuchs doch mit einem Male in seinem Herzen die Entschlossenheit und der Mut wie ein Sonnwendfeuer empor. Nein, ab stehen von seinem Beginnen, das konnte er nicht, selbst wenn es ihm das Leben kostete. „Ein Werk zehn Jahre harter Arbeit wird nie mand so leicht preisgeben“, antwortete Romed ruhig. „Auf meinem Grund und Boden darf ich dich nie wieder erblicken, sonst...“, Martin

voll endete den Satz nicht, dazu war er zu schlau. Aber verstanden mußte Romed haben, was er meinte. Romed war nicht überrascht über diese heim liche Drohung. Aber es lockte ihn, Martin zu offener Rede zu zwingen. „Sonst? Sonst?“ frug Romed keck. „Ehevor die Larsennwildnis gebändigt ist, wird der Waldbär verschwunden sein“, antwortete der Steger mit Überlegung. „Meine Arbeit werd ich fortsetzen. Die ist mehr wert als mein Leben.“ „Mensch!“ schrie der Steger. „Dann liegst ein mal in einem Graben

und kein Mensch wird dich finden.“ „So bin ich also fürderhin vor deiner Kugel nimmer sicher?“ frug offen der Kräutersammler. „Nochmals sag ich’s: Ehe dein Arbeiten Erfolg hat, geschieht was.“ „Dann willst deine Rache mit einer Mordtat erkaufen?“ Martin stutzte einen Augenblick. Sodann sprach er rauh: „Davon wird nie jemand reden und keiner wird etwas beweisen können.“ „Gut denn“, rief Romed und wandte sich wie mit Abscheu vom Steger ab. „Bezeuge nur, daß du nicht ein Haar besser bist als einstmals der Bacher

-Valentin, den nur die Steger allein einer Mordtat zeihen.“ Romed schlüpfte wie ein gefährdetes Wild in die Büsche. Vom Gestrüpp ringsum gedeckt, horchte er, ob Martin ihm nachfolgte. Da es all seits still blieb und die Gefahr vorüber schien, beruhigte sich sein Herz. Romed verwunderte sich darüber, weshalb er eigentlich dem Steger entflohen war. Hatte er solche Angst vor Martin und solche Angst um das eigene Leben? Die Hinterhältigkeit und Sturheit des Siegers hatten ihn gewiß erschreckt

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