1960: Gespräch mit Außenminister Bruno Kreisky in Wien So wähnte man die Entwicklung der Dinge in den Monaten nach Sigmundskron bereits so weit, dass bei den regelmäßigen Treffen der Kerschbaumer-Gruppe beschlossen wurde, eine Aussprache mit dem seit Früh jahr 1959 amtierenden neuen österreichi schen Außenminister Bruno Kreisky anzu streben, die schließlich gewährt wurde und am 27. November i960 stattfand. An ihr nahmen Sepp Kerschbaumer, Karl Tietscher und Jörg Pircher-Hoffmann teil

l8 . Kreisky soll sich die Pläne und Absichten der Süd tiroler aufmerksam angehört haben und nach Aussage von Sepp Innerhofer, der Kerschbaumer wörtlich wiedergibt, den Standpunkt vertreten haben: Meine lieben Südtiroler Freunde, wenn ihr etwas macht, dann macht etwas Ordentliches. Zwar könne diese Aussage Kreiskys heute durch nichts belegt werden, weil Kreiskys Südtiroler Gesprächspartner von damals inzwischen tot sind. Durch diese von Kerschbaumer bezeugte Aussage Kreiskys wurde die Gruppe des bas

animiert, einen größeren Schlag auszuführen, was schlussendlich zur Feuernacht des Jahres 1961 geführt hat. Inzwischen hatte die Spannkraft gewisser Vernetzungspunkte im Geflecht der einzel nen Geheimeinrichtungen im Lande aber doch etwas nachgelassen, war etwas locke rer geworden. Klotz sonderte sich ab, weil ihm die Vorgangsweise der Kerschbaumer- Gruppe zu lasch erschien, und orientierte sich verstärkt an jenen Nordtiroler Kreisen, die zu größerer Radikalität neigten. Auch Wolfgang Pfaundler

befürwortete eine härtere Gangart und traute Kerschbaumer die Führungsrolle des bas nicht zu. Dies und andere unterschiedliche Sichtweisen in Süd- und in Nordtirol, vor allem hinsichtlich der Bestückung der Kommandozentrale und in Bezug auf die Personen, die dort das Sagen haben sollten, führten zu einer spür baren Abkühlung der Beziehungen zwi schen beiden Landesteilen bzw. zwischen den namhaftesten Vertretern der Szene auf beiden Seiten, was sich nach Ansicht Innerhofers u.a. auch negativ

von Sigmundskron ob der vielen Tau send (33.000) an anwesenden Landsleuten eine enorme Schlagkraft erzielte, wie allgemein bekannt, so haben dafür nicht zuletzt die BAS-Gruppen ein großes Verdienst, weil sie es waren, die keine Mühen scheuten, mit Flugblattaktionen in ganz Südtirol bis hinein in die hintersten Talverästelun gen für Aufklärung und für einen guten Besuch dieser Veranstaltung zu werben. Die Kerschbaumer-Gruppe verfolgte dabei den Plan, nach dem Abschluss dieser Kundgebung an der Spitze großer

‘ zu machen, und sich mit diesem Appell durchsetzte. Die Enttäuschung der Kerschbaumer-Leute war groß! Im Zuge der Sigmundskroner Kundgebung wurde die bas - Gruppe auch mit Luis Amplatz, der zu den Köpfen des Bozner Kreises gehörte, näher bekannt, woraus sich sofort eine enge Zusammenarbeit untereinander ergab, die wiederum zur Voraussetzung für eine größere Vernetzung aller im Land sich regenden Kräfte wurde. Auch mit Georg Klotz wurden ab dem Tag von Sigmundskron die Kontakte immer enger und auch immer mehr vertraut. Ab 1958 trat

auch Martin Koch von der Gruppe Bozen, die vorerst mehr Kontakt zur Gruppierung um Wolfgang Pfaundler hatte, mit der Kerschbaumer-Gruppe in Verbindung.

Sepp Kerschbaumer und die sieben BAS-Landesgruppen Im Verlauf der Entwicklung der folgenden Jahre fand sich Sepp Innerhofer zur Mitte der 50 er-Jahre, die u.a. von einem erdrü ckenden Zuzug italienischer Arbeitssuchen der nach Südtirol gekennzeichnet waren, was Kanonikus Michael Gamper schon im Jahre 1953 zur Feststellung verleitete: Es ist ein Todesmarsch, auf dem wir uns befinden ", mit Gleichgesinnten aus anderen Landes teilen-Franz Muther aus Laas, Sepp Pir- cher-Hoffmann aus Lana, Sepp

Kerschbau mer aus Frangartbei Bozen, Josef Fontana aus Neumarkt, Luis Hauser aus Kurtatsch, Anton Gostner aus St. Andrä bei Brixen und Karl Tietscher aus Bruneck - zusammen, um zu beraten, in welcher Form was am effizientesten unternommen werden könnte, um einen drohenden ethnischen Kollaps zu vermeiden bzw. um aus der politischen Indifferenz dieser Jahre heraus zufinden. Vertreter der aus sieben Landes gruppen bestehenden Kerschbaumer-Orga- nisation bas (Befreiungs-Ausschuss-Süd- tirol)-Vinschgau

Hochspannungsmast über Bozen Spektakuläre Aktionen sollen die Welt auf Südtirol aufmerksam machen Im Zuge ihrer Überlegungen kam die Kerschbaumer-Gruppe allmählich zur Erkenntnis, dass nur spektakuläre Aktionen die Aufmerksamkeit der Welt auf Südtirol zu lenken vermochten, wobei man sich zur Ansicht durchrang, Sprengstoffanschläge zu verüben, um dadurch das nötige Inter esse zu erregen. Menschenleben sollten aber nicht gefährdet werden; einzig Sach schaden sollte auf die ungelöste Südtirol- Problematik

über jene Zeit, die er selbst und über ihn der Goyenhof, der ob seiner etwas abseitigen Lage dazu bestens geeignet war, maßgeblich mitgestaltet hat. Auf dem Goyenhof gab es nach Innerhofers Rückkehr keine geheimen Treffen der Kerschbaumer-Gruppe mehr- dazu fehlte fortan auch jede Veranlassung-, wohl aber saßen und sitzen immer wieder Leute auf derselben Bank und am selben Tisch in dem Erker, wo sich seit der Mitte der 50 er-Jahre die Vertreter der bAS-Gruppen regelmäßig trafen und in Bezug auf die damalige

Zeit einiges überleg ten, erörterten und dann auch umsetzten. Dabei ist diesen Leuten bewusst, dass diesem Hof und der ihn bewohnen den Familie eine für die jüngste Geschichte des Landes nicht zu unterschätzende Rolle zukommt. Treffen der ehe maligen Mitglieder der Kerschbaumer-Gruppe finden alle zwei Jahre an verschiedenen Orten Südtirols statt-leider wird die Teilnehmerzahl jedes Mal kleiner. Paul Pichler Ein zweiter Schenner, der ebenso im Sommer 1961 von den Carabinieri verhaftet wurde

Baumgartner, Elisabeth/Mayr, Hans/Mumelter, Gerhard: Feuemacht. Südtiroler Bomben jahre, Bozen 1995 Der Mailänder Prozeß. Plädoyers der Verteidigung. Wien 1969 Fontana, Josef/Mayr, Hans: Sepp Kerschbaumer. Eine Biographie. Bozen 2000 Parteli, Othmar: Geschichte des Landes Tirol, Band 4/1, Bozen- Innsbruck-Wien 1988 Steininger, Rolf: Südtirol zwischen Diplomatie und Terror 1947-1969, Band 3 (1962-1969), Seite 177 Fußnoten 1 Dolomiten vom 19. Mai 1945, Nr. 1 2 Der englische Originaltext

1 (Bemerkungen zu einem Kommentar) 12 Der Text eines solchen Flug blattes findet sich auf der Rückseite des Buchumschlages von Fontana, Josef/Mayr, Hans: Sepp Kerschbaumer. Eine Biographie. Bozen 2000 13 Dietl war seit der Wahl im November 1952 Mitglied des Südtiroler Landtages 14 Volgger war von 1948 bis 1953 svp-Abgeordneter im Italieni schen Parlament 15 Zur Kundgebung auf Sig- mundskron siehe u.a. Parteli, a.a.O., Seite 549 ff 16 Vgl. dazu Feuemacht, a.a.O., Seite 18/19 17 Siehe Fußnote 12 18 Vgl

, geb. in Unterfennberg 1874, Priester 1892 FM Karl Ludwig Pezzei, geb. in Bozen 1856, Priester 1880, Frühmesser 1.1.1906 Johannes Tratter, geb. in St. Pankraz 1881, Priester 1905, 2. Kooperator Barnabas Kainz, geb. in Meran 1876, Priester 1898, 2. Kooperator Joseph Hauser, geb. in Kortsch 1883, Priester 1906, 2. Kooperator Johann Telser, geb. in Tanas 1880, Priester 1907, 2. Kooperator Johannes Lantschner, i. Kooperator Johannes Pobitzer, 2. Kooperator Peter Kerschbaumer, 2. Kooperator, zeitweise

3 Monate erlassen wurden 22 . Im Berufungs prozess wurden ihm sogar 7 Jahre und 6 Monate aufgebrummt, wobei die verbliebe nen 4 Jahre und 6 Monate schließlich durch eine Amnestie getilgt wurden. 1963: Sepp Innerhofer und der Carabinieriprozess von Trient Bevor der Mailänder Sprengstoffprozess begonnen hatte, war Sepp Innerhofer aber zusammen mit sieben anderen Häftlingen, darunter befand sich aus dem Kreis der Kerschbaumer-Gruppe auch Luis Hauser aus Kurtatsch 23 , in einem anderen Prozess