Akademische Vorlesungen über die Geschichte Tirols bis zur Vereinigung mit Oesterreich
IM um sich von dem Alp zu befreien, der cms ihm lastet. Er braucht aber ein einziges Mal, getrieben durch das Verzweiflungsvolle seiner Läge, M einem Mittel zu greifen, welches sich nicht strenge rechtferti gen läßt; so naht der Uebermächtige in ruhigem Bewußtsein seiner Gewalt und unter dem Scheine des RechtS, zermalmt den schwachen Sünder, und sagt mit selbstzufriedenem Hohne zu ihm: „Sieh, ich bin die Nemesis, die der Herr über dich gesendet hat.' Nachdem Karl d. Gr. das Longobordenreich
im I. 774 gestürzt und seinem Reiche einverleibt hatte, nahm Thassilo eine mehr reservirte Haltung an, aus dem einfachen Grunde, weil der longobardische Kö- ' mg vesiàrmZ sein Schwiegervater war. Da kamen im I. 781 un vermutet vier Gesandte, zwei vom fränkischen und zwei vom römi schen Hofe Zu Thassilo, und forderten von ihm, daß er auf dem Reichs tage, den Karl nach Worms versammelt hatte, zu erscheinen, den Eid der Treue zu erneuern, und zur Versicherung seines Wortes zwölf Geißeln zu stellen
habe. Thassilo gehorchte. Seine Hoffnung, durch eigene Gesandte den römischen Hof für sich günstig zu stimmen, mißlang. Und nun, da er wohl einsah, was man mit ihm eigentlich im Schilde habe, ereilte ihn auch sein Berhängniß. Nachdem er auch schon seinen Sohn Theodo als Geißel hatte stellen müssen, wagte er in der Angst seines Herzens den äußersten Schritt und reizte die Ava ren zum Kriege gegen Karl. Aber seine eigenen Gränzgrafen ver netzen ihn. Karl that, als ob er nichts wüßte, berief im I. 788
eine Reichsversammlung nach Ingelheim und legte ihr, scheinbar arglos, die Frage zur Entscheidung vor, was jener Vasall verdiene, der an seinem Lehcnsherrn treubrüchig geworden. Sie antworteten einstimmig: „dm Tod'. Hierauf wurden jene baierischen Gränzgrafen vorgeführt, welche aussagten: Herzog Thassilo habe im Einverständnisse mit den Avaren gehandelt. Der Schlußsatz dieses Syllogismus verstand sich von selbst. Karl aber, aus Gnade, erließ dem Thassilo die Todesstrafe, befahl ihm, sich die Haare zu scheeren
, und schickte ihn samt seinem altern Sohne Theodo in das Kloster S. Marimin bei Trier. Roch eine Scene sollte dieser Tragödie folgen. Im Jahre 7M berief Karl eine gemischte (kirchliche und weltliche) Versammlung nach Frankfurt, bei welcher die Gesandten des Pabstes, so wie die