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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 11.07.1922
Umfang: 8
sich der lange Ol« über seiner einen Hand; die Bluse war darum gewickelt, aber dos Blut tropft« durch den Stoff auf den Boden der Scheune. Er beugte sich weit vor und humpelt« herum, warf den Kör per auf di« Seit« und redete verständnisloses Zeug. Die Mägde standen bleich da und starrten ihn an. Die Knechte zankten sich, welches Hausmittel das beste zum Blutstillen sei — einer von ihnen kam mit einer Handvoll Spinnen geweb« vom Heuboden heruntergerutscht. Pelle ging hin und sah in di« Maschine hinein

, grün« Seife in ein Stück Papier zu füllen. „Siehst du, dies gibst du ihnen, das is das beste Haselfett. Das Geld kannst du selbst behalten." Pelle war nicht ganz geheuer bei der Regelung. «Ja, dann behalte ich das Geld solange/' sagte sie, — „uns beide sollen sie doch nich' zum Narren haben. Und trenn sieh du zu, wie du damit fertig wirst. Aber die Ohren mußt du ja steif halten." Er hielt sie auch wirklich steif, aber sie waren ihm tüch tig heiß. Die Knechte fluchten über den Verlust der fünf zig

Bewegurig erst im letzten Jahr« eingegliedert hoben. So der Verband der Güterbeamten mit mehr als und des Besitzes überdrüssig wurde, machte er sich daran, etwas anderes zu kaufen. Das Geld behielt er darum doch. Plötzlich konnte ihn di« wahnsinnige Furcht «rgrei» fen, daß das Geld weg sei; wenn er danach fühlte, war er doppelt froh. Pelle war mit einem Schlage Kapitalist geworden — durch eigne Tüchtigkeit —, und er wucherte gut mit sei nem Kapital. Er hatte sich schon alles gekauft

! Vorwärts! Halt! Vor wärts! Stopp! Komm! Prr! und Pelle zog den Baum rückwärts, fuhr weiter und hielt wieder an, bis das Ganze wieder schnurrte. Dann wußte er, daß der lange Ole in die Maschine hineinstopfte, während Per Olsen Futter abmaß — Ole war ein Tölpel, so schlecht wie er stopfte! Er war wieder gut in Gang gekommen und ging nun ruhig weiter, ohne die Ecke dort am Kuhstall aus den Augen zu lassen. Wenn Lasse da zum Vorschein kam und sich auf den Bauch klopfte, so bedeutete das, daß es bald

Mittagszeit war. Irgend etwas hinderte den Baum, die Pferde mußten alle Kraft anspannen, da sprang er mit einem Ruck über das unsichtbare Hindernis hinweg. Aus der Dresch scheune ertönte ein Schrei und ein vielstimmiges Halt! Die Pferde standen plötzlich still, und Pelle mußte den Baum packen, damit ihnen der nicht aus die Beine laufen sollte. Es währt« ein« Weil«, bis man herauskam und die Pferde hineinzog, so daß Pelle in die Scheune hinein kommen und sehen konnte, was da los war. Da drinnen wand

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 8
Datum: 29.01.1923
Umfang: 8
n s t o m Mission verlangt wird, auf unbe stimmte Zeit zu vertagen. 1,11 Pelle der Eroberer. Roman von Martin Andersen Nexö. Eines Tage begegnete er Morten auf der Straße. Pelle freute sich, aber in Mortens Blick lag ein skeptischer Ausdruck. „Warum- kommst du eigentlich nie mehr zu mir hinaus?" fragte Pelle. „Ich sehne mich oft nach dir, aber ich kann ja nicht gut von Hause fortkommen." „Ich habe mir eine Braut angeschafft — das nimmt einen ja ganz in Anspruch." „Haft du dir eine Braut angcschafft?" sagte

Pelle lebhaft. „Erzähl mir ein wenig von ihr." „Ach, da ist nicht viel zu erzählen", sagte Mör tel: mit einem trüben Lächeln. „Sie ist so zer lumpt und verkommen, daß kein anderer sie ha ben wollte, — da Hab ich sie genommen." „Das sieht dir wahrhaftig ähnlich!" Pelle lachte. „Aber allen Ernstes, wer ist das Mädchen, wo wähnt sie?" „Wo sie wohnt?" Morten stierte ihn einer: Augenblick verständnislos an. „Ja, da hast du im Grunde recht. Wenn mau weiß, wo Leute woh nen. weiß man auch gleich das Ganze

. Die Polizei stellt auch immer diese Frage." Pelle wußte nÄht, ob Morten hinterhältig sprach oder in gutem Glauben — heute war gar nicht ans ihm klug zu werden. Sein bleiches Gesicht sah ge quält aus. Es lag ein wunderlicher Schimmer in den Augen. „Irgendwo muß man bei dieser Win terkälte ja wohnen", sagte er. „Ja, da hast du recht! Und sie wohnt auf dem GeMeindeanger. wenn der Polizist sie da nicht 'raus- schmeißt. Er ist der Vize für die Unglücklichen, weißt du! Es ist ja neulich Volkszählung

haben, dem Torweg den Vor zug zu geben — ebenso wie die anderen, die die Ka näle dem Armenhaus vorziehen." Morton fuhr fort, rücksichtslos, als müsse er einer inneren Qual Luft machen. Pelle lauschte staunend diesem Ausbruch zerrisseuen Schmerzes mit einem beschämten Gefühl, daß er selbst eine Fett schicht um das Herz habe. Das Elend nahm wieder einen eigenen lebendigen, grausamen Schimmer an unter Mortens Rede. „Warum erzählst du mir das alles, als gehöre ich zu den Oberklassen?" sagte er. „Ich kenne

!" „Er hungerte ia", sagte Pelle dumpf. „Hungerte? ja natürlich hungerte er! Aber für mich ist es Wahnsinn, sage ich dir — ich fasse ed nicht; und jeder andere meint, daß cs so leicht 31 t

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 16.04.1923
Umfang: 8
Rente, . 3. Körperersatzstücke und orthopädische Behelfe. 4. nötigenfalls Krantenfürsorge- und Uruschu- lungs-UnterfÜitzungen. 0. Teuerimgszulagen an Verletzte, ivelche vor dem 1. Jänner 1923 verletzt wurden. m Pelle der Eroberer. Roman von MarLm Andersen Rexö. „Aber du selbst, Pelle — ich finde, .du bist gar nicht so entzückt. Es ist dock) eine angesehene Stel lung, die du bekommst!" ..Eine leichte Stellung wird es nicht für mich; aber ich muß sehen, daß ich das Bestmögliche dar aus mache

im Gefängnis — und dar über konnte nran sich ja nicht wundern. Sie kam hin und strich ihm über das Haar. „Du sollst sehen, du selbst wirst auch noch ganz zufrieden damit werden", sagte sie. „Welch Glück für uns, daß er feine Geschichte nicht selbst beauf sichtigen mag!" „Cr gibt sich ja mit Politik ab", entgeqnete Pelle zerstreut. „Vorläufig legt er <3 wohl darauf an, mit Hilfe der Arbeiterstämmen in die Bürgerver tretung hineinzukommen." „Dann ist es wirklich sehr klug von ihm, dich an- zu nehmen"', sagte

Waren aus dem legalen Kronenguthaben eines-Ausländers gezahlt wurden. wir da draußen wohnen sollen. Er hat drei Auf gänge mit Einzimmerwohmmgen. für die sollen wir Vize sein. Er seUstt kann nicht recht, mit den Bewohnern fertig wenden." Pelle hatte das nicht bergesieu. konnte" sich aber nickst überwinden, ihr zu erzählen, daß er Hofhund sein sollte. Ellen sah ihn versteinert an. „Gehört das mit zu 'der Stellung?" fragte sie und rang nach Atem. Pelle nickte. Plötzlich sprang sie aus ihn ein. ..Tu tust

es nicht!" schrie sie und packte ihn beim Arm - - „hörst du, Pelle, du tust es nicht!" Sie war ganz außer sich und starrte-ihn flehend an. „Ich begreife dich gar nicht." Er sah sie verwirrt an und murmelte etwas zu seiner Verteidigung. „Siehst du denn nicht, daß er dich nur ausnutzen will?" fuhr sie heftig fort. „Das ist ein Judas posten, den er dir angeboten hat — aber wir wol len unser Brot nicht vevdienen, indem wir arme Leute auf die Straße schmeißen. Ich Hab' es selbst erlebt, meine Habseligkeiten

iw Rinnstein treiben zu sehen. Ach, wenn du dich nun darauf einge- lasien hättest!" Sie starrte schaudernd vor sich hin. „Ich begreife auch wirklich nicht, wo du deinen Verstand gehabt hast — du, der du sonst so ver nünftig bist", sagte sie, äks sie wieder ruhig gewor den war, und sah ihn vorwurfsvoll an. Aber dann auf einmal verstand sie das Ganze und brach zu sammen. „Ach Pelle, Pelle!" schluchzte sie und verbarg ihr Antlitz. 8 . Pelle las nicht mehr und ging auch nicht weht in die Bibliothek

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 08.03.1923
Umfang: 8
, für politische Rechte und den wirtschaftlichen und kulturellen Aufstieg der Arbeiterklasse? Die Sozialdemokratische Partei. Beitrittsanmeldungen werden täglich im Sekre tariat, Innsbruck, Leopoldstraße Nr. 17 (Telephon- :: Nr. 1181/VHI) entgegengenommen. Gegen Morgen siel er in einen ruhigen Schlaf, und Pelle veranlaßt Madam Johnsen, sich zu . ihm zu setzen, während er nach Hause ging, um ; Klein-Lasse zu holen. Das war kein leichter Gang; aber der letzte Wille des Alten mußte erfüllt wer den. Und er wußte

, daß Ellen das Kind nicht in fremde Hände- ausliesern würde. Ellens versteinertes Gesicht erhellte sich, als er kam: sie hatte einen Freudenausrus auf den Lip- ' pen, aber sein Ausdruck tötete ihn. „Mein Vater liegt im Sterben," sagte er finster — „er möchte gern den Jungen sehen." Sie nickte und schickte sich still an, Klein-Lasse zurechtzumachen. Pelle stand am Fenster und sah solange hinaus. Ihm war wunderlich zumute, dgß er nun wie der hier war; die Erinnerungen aus der kleinen Häuslichkeit quollen

nichts anging, wollte die Frage doch nicht weichen; er sah sich nach einem > Zeichen um, das daraus hindeuten könne. Es war hier ärmlich, alles Ueberflüssige war von dannen gewandert. Aber eine Schusternähmaschine war > hinzugekommen, und daraus lag Arbeit. Streik- brecherarbeit! dachte Pelle ganz mechanisch. Aber ' nicht verurteilend — zum ersten Male war et* froh, Streikbrecherei konstatieren zu können. Sie hatte also angefangen zu nähen — und abgearbeitet sah sie aus. das tat chm förmlich gut

. „Jetzt ist der Junge zum Mitgehen fertig," sagte sie. Pelle warf einen Abschiedsblick durch die Stube. „Hast du auch irgend etwas nötig?" fragte er. „Danke! Ich helfe mir selber!" erwiderte sie stolz. „Du hast das Geld nicht angenommen, das ich dir Sonnabend schickte." „Ich werde selbst fertig — wenn ich nur den Jungen behalten kann. Vergiß nicht, daß du mir einmal gesagt hast, er sollte immer bei mir bleiben." „Er muß eine Mutter haben, die ihm fiei in die Augen sehen kann — denke daran, Ellen!" „Daran brauchst

du mich nicht zu erinnern," er widerte sie bitter. Laste war erwacht, als sie kamen. „Ei, das ist doch ein echter Karlsen," sagte er. „Der artet nach unserer Familie. Sieh doch mal, Pelle, mein Junge! Er hat dieselben Schlappohren, die du als Junge hattest, und die Glückslocke auf der Stirn hat er auch. Der wird schon gut durch die Welt kommen. Ich muß die kleinen Hände küsten, denn die Hände, das ist unser Segen — das einzige Gut, was wir mitbekommen haben. Man sagt, die Welt werde von den Händen armer Leute

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 22.12.1922
Umfang: 8
. „Soll ich dir deine Bluse auswaschen oder deine Hemden nachfehen?" ftagte sie. Ihre Dankbarkeit äußerte sich immer in irgendeiner Arbeit. „Danke, Marie — das besorgen Hanne und chre Mutter ja." „Aber das ist doch nichts für d« Prinzesiin — das kann ich doch vrel bester!" „Die Prinzessin?" sagte Pelle und erhob den Kops. „Wird sie so genannt?" „Nur von uns Kindern — es ist kein Schimpf- nmne. Wir spielten immer PrinMm, wenn sie mit dabei war — und dann war sie es. Aber weißt du was? Es wird einer kommen und sie entfüh

ren — ein sehr Vornehmer. Sie ist in der Wiege schon für einen seinen Herrn bestimmt." „Ach was, Unsinn!" sagte Pelle ärgerlich. „Das ist wirklich wahr! Wenn es regnete, saßen wir unter der Galerie, da in der Ecke aus dem Kehrichtskasten, und dann erzählte sie es uns — es ist wirklich wahr! Findest du nicht auch, daß sie reizend ist, so ganz wie eine Prinzessin? So —" Marie machte eine Bewegung in der Luft mit ihren gespreizten Fingern, „llnd sie kennt alles, was fein ist. Sie lief zu uns hinunter

zu spielen." „Arme Kleine," sagte Pelle und strich ihr über das Haar. „Warum sagst du das?" sagte sie und sah ihn verwundert an. Er besaß ihr ganzes Vertrauen und erfuhr Dinge, die nicht einmal die Jungen wissen durs ten. Sie hielt sich auch besser in Kleidung; ihr dünnes blondes Haar war immer glatt in die Stirne gestrichen. Wenn sie beide was in der Stadt zu besorgen hatten, war sie glücklich. Dann zog sie ihr Bestes an und ging an seiner Seite durch die Straßen, über das ganze Gesicht lächelnd

. „Nun glauben die Leute am Ende, daß wir ein Liebespaar sind — aber was tut das? Laß sie das nur glauben." Pelle lachte; sie war mit ihren elf Jahren nicht größer als ein neunjähriges Kind — so zurückge blieben im Wachstum. Sie hatten oft ihre Not, auszukommen; sie spra chen nicht gern davon, aber es konnte etwas Ge quältes in ihre Mienen kommen. Dann sprach Pelle fröhlich über die guten Zeiten, die baw für alle Armen anbrechen würden. Es kostete ihn große Anstrengungen, es in Worte zu formen, mit dem Klang

er da und arbeitete. An das andere Ende des Ganges war kürzlich ein Fabrik- mädckien mit ihrem Kinde eingezogen. Jeden Morgen schloß sie die Tür ab und ging — und kam nicht vor Abend von 'der Arbeit zurück. Wenn Pelle nach Hause kam, hörte er oft Weinen da drinnen. Er saß bei feiner Arbeit und tummelte sich mit seinen verwirrten Gedanken herum; die ganze Zeit sanfte ein sonderbar unterdrücktes Geräusch in sei nem Ohr, schmerzlich, als wenn irgend etwas un-. aushörlich jammerte. Vielleicht

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 25.01.1923
Umfang: 8
eine Woche Ueberlegen und Sparen, und wenn sie ihn dann bekommen hatten, gingen sie Arm in Arm auf die andere Seite des Kanals hinüber und guckten zu den Fenstern hinauf, um die Wirkung zu sehen. Und dann tauchte etwas Neues auf: eine Brotmaschine, ein graviertes Namenschild; jeder Sonnabendabend bedeutete eine kleine Neuerwerbung. Ter „Arbeiter" lag da und wurde nicht gelesen. 'Wenn Pelle seine Arbeit einen Augenblick weg legte. um hineinzugucken, war Ellen da und ‘ zwickte ihn mit ihren Lippen ins Ohr

. Höchst. Generalversammlung der Partei. Sams tag den 27. Jänner abends 8 Uhr beim „Engel" Generalversammlttitg. vier Burschen cinrichten wollten — dazu sparte sie zusammen. Pelle mußte ihre Klugheit bewun dern, denn das war eine gute Gegend. Nach ihrer Verheiratung kamen sie nicht so viel zu den Schwiegereltern. Stolpe fand, daß Pelle im Begriff sei, abzukühlen, und neckte ihn ein we nig, um wieder Fahrt in ihn hineinzubringen. Aber da wurde Ellen böse, und sie platzten hart auseinander — sie duldete

keine Kritik tut Pelle. Sie ging nur zu ihren Eltern, wenn Pelle es vor schlug; sie selber schien kein Verlangen nach ihren Angehörigen zu haben, sondern blieb am liebsten zu Hause. Oft taten sie, als seien sie nicht daheim, wenn die „Familie" klingelte — um allein zu sein. Und des Sonntags gingen sie am liebsten allein aus, nach dem Ttergarten oder auch nach Lhngby. Von Lasse sahen sie nicht viel. Ellen hatte ihn ein füp allemal eingeladen, zu Abend bei ihnen zu essen! Aber wenn er von der Arbeit itach

Hause tont, war er zu müde, um die Kleider zu wechseln und sich sein zu machen, und Ellen war eigen mit ihrer Häuslichkeit. Er hatte großen Respekt vor ihr, fühlte sich aber nicht recht heimisch in ihrer Stube. Er hatte Pelles alte Kammer behalten und be kam seine Kost und Verpflegung bei den drei Wai sen. Sie hielten große Stücke auf ihn, alle ihre drollige Fürsorge für das große Findelkind Pelle Hattert sie auf den alten Mann übertragen. Und hier fiel sie auf besseren Boden. Lasse war im Be griff

----- 0-02 Franken. rig, um nicht zurückzustehen. Wenn Pelle kam, um den Vater abzuholen, pflegten die vier jn sitzen und irgendein Kinderspiel vorzuhabcn. Sie zankten sich, wie es am besten gentacht werden müsse, dettn Lasse wollte ja der Klügste fein. Der Alte enffchuldigte sich: „Du mtlßt nicht böse sein, Junge, weil ich euch vernachlässige; aber des Abends bin ich auch uff) de und gehe früh zu Bett." „Dann komm doch am Sonntag — unit früh stücke mit uns, hinterher gehen wir dann aus!" „Nein, Sonntag

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 19.09.1922
Umfang: 8
einzusehen beginnen, daß sie sich ins eigene Fleisch schneiden, wenn sie auch fernerhin so eifrig für die Wahl der Klerikalen ins Innsbrucker Land haus arbeiten wie bsher?) Schuh der jugendlichen Arbeitskraft. Zu dem unter diesem Titel erschienenen Arti kel in der Samstag nummer teilt uns Herr Karl Rauter, Jahnstraße 10, mit, daß der 681 Pelle der Eroberer. Roman von Marlin Andersen Rerö. Und der Hof lag hell da im Morgenlicht mit seinem ! hohen, weißen Wohnhaus, den großen Scheunen

und allen j den kleinen Gebäuden. Jeder Fleck da unten leuchtete ! ihm so vertraulich entgegen; was er Schlimmes hatte er- i tragen müssen, das meldete sich nicht — oder trug auch mit i dazu bei, es traulich zu gestalten. Pelles Kindheit war glücklich gewesen trotz allem; ein tränengemischtes Lied an das Leben war sie gewesen. Das Weinen geht auf Tönen, ebenso wie die Freude, aus der Entfernung ver nommen, wird es zu Gesang.' Und wie Pelle hinab starrte auf die Welt seiner Kindheit, da waren es nur gute Erinnerungen

, die zu ihm hinaufflimmerten durch die Helle Luft. Alles andere war nicht, war niemals ge- j wesen. Er hatte viel Böses, Unschönes gesehen, war aber über ! alles hinweggekommen; nichts chatte ihm anhaften kön- , nen. Mit der Gier des Kindes hatte er alles verbraucht, um daran zu wachsen und zu erstarken. Und nun stand er da gesund und kräftig. — ausgestattet mit den Prophe Pelle Werkam ein Heißhunger bei dem Anblick der großen Erde, und das erste, was er tat, daß er sich auf den Hügelkamm niedersetzte

! Aon -»-rt «us liefen die Wegc des Meeres nach Schweden und j noch Kopenhagen! Dies hier war die West —, die i weite^Welt^felberk rummelte, um Dünger zu holen, an jenem hochlustigen Maientag, an dem sich Pelle aus dem Nest stürzte, ward entscheidend für d'e Lebensstellung des Jungen. Mehr konnte nicht spendiert werden für die Frage: Was soll Pell- werden? kr sckdst hatte sie sich gar nicht gestellt, er -cg bloß von dannen in den Tag hinein, den Sinn der lickten Welt ge öffnet

. Pelle ; machte sich gleich daran, die Häuser zu zählen, er hatte sie j nur auf eine Million veranschlagt, um nicht zu übertrei- ! ben, und war schon bis über hundert gekommen. Mtten im Zählen sprang er ab — was sie da unten wohl zu Mittag bekamen? Sie lebten sicher gut, die da! Ob es fein war, weiterzuessen, bis man ganz fatt war, oder legte man den Löffel auf halbem Wege hin — so wie Gutsbesitzers, wenn sie zu einem Festschmaus waren? Für einen, der immer Hunger hatte, war das eine sehr ernste

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 16.11.1922
Umfang: 8
der Vorarlberger Landesregierung vom 23. Oktober 1922 wurde der Wohnungsausschuß Feld kirch verständigt, daß die Wohnungszuweisung an Lscker widerrufen und diese tn Schwebe stehende Wohnung endgültig dem Finanzwachkommisiär Pröll zügesprochen wird. DaS WohnunaSamt verständigte von dieser Entscheidung Pröll und Ascher und forderte letzteren auf, die von ihm Widerrechtlich bezogene Wohnung innerhalb drei Lagen zu räumen. Pröll dankte dem Wohnungs- “*1 Pelle der Eroberer. 9tan«n von JR«rfta Xfitarfen ftegS

von dannen und zogen junge Männer in blinder Verliebtheit nach sich. Und die Männer strebten hinaus, um etwas zu versuchen, das ihnen mehr gab als das hier in der Heimat. Pelle hatte dies alles schon einmal erlebt, dies selbe Sehnen, und fühlte selbst den Zug in sich. Draußen auf dem Lande war es der Traum aller Armen, sich nach der Stadt hindurchzukämpfen, und die Kühnsten wagten es eines Tages mit hei ßen Wangen, während die Alten warnend von der Verderbnis der Stadt sprachen. Und hier drinnen

ihre G»- Werkschaftsorganisation aufforderten, den Entgelt anspruch auf Grund des § 1155 gegenüber der Weckksgenostenschaft und den einzelnen Firmen geltend zu machen. Der christliche Metallarbeiter verband hat auch diese Angelegenheit der Kanzlei geführt zu werden. Fein genug im Zeug waren sie ja; aber die Gesichter redeten mit in ihrer Schmalheit. „Da iS sicher nich' Esten genug für all die da drüben!" sagten die alten Frauen. Mer Pelle interestierte sich nicht für die Heim^ kehrenden. Alle seine Gedanken gingen mit denen

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 16.05.1923
Umfang: 8
sie und bohrte den Kopf in den Schoß der Mutter. „Jetzt mußt du zu Bett, mein Herz", sagte Ellen und stand auf. „Ich kann merken, daß du müde ; bist." Als sie das Kind zu Bett gebracht hatte, kam sie herein und setzte sich wieder hin, um zu stricken. „Jetzt, finde ich, solltest du für heute Feierabend machen", sagte Pelle. „Dann werde ich nicht mehr fertig", sagte Ellen und ließ die Stricknadeln noch fleißiger rasseln. „Schicke es zu einer Maschinstrickerin — du ver dienst ja bei der Hantierung

nicht an den Beinen? Dann hätte man nicht all die Mühe, die Wolle zu scheren — sie zu kratzen — zu spinnen — und Strümpfe davon zu stricken." „Nein, was für ein Unsinn!" sagte Ellen lachend. „Ja, einmal sind wir doch behaart gewesen", be- harrte Lasse Frederik. „Es ist bloß dumm, daß es nicht so geblieben ist." Pelle war der Ansicht, daß es gar nicht jo dumm fei; denn das bedeutete, daß man sich selbst über nommen habe! Die Tiere wurden fertig geboren; selbst solchen Tieren, die einen Abscheu vor dem Wasser

Pelle, „denn sie bringen ja das meiste hervor. Oder meinst du vielleicht, daß das Geld die Aecker bebaut oder Zeug webt oder die Kohlen aus der Tiefe ans Tageslicht schafft? Das läßt es hübsch bleiben. Das gesamte Kapital der ganzen Welt vermag nicht, eine Stecknadel von der Erde auszu heben, wenn keine Hünoe da sind, die es dazu tau fen kann. Wenn der Arme behaart geboren wäre, so wäre er damit als niedriges Wesen gestempelt, düs nichts selbst kann. Ist es nicht eigentlich ein Wunder, daß die Natur

so abenteuerlich, daß er. Pelle, deu sie in ihre Arme nehmen konnte, sich mit so großen Din gen beschäftigte. Nnd Pelle sah sie wieder warm und staunend an. Sie war heute dieselbe wie an dem Tage, als er sie kennen lernte — vielleicht wie an dem Tage, als die Welt erschaffen wurde! Sie wucherte mit nichts, sondern alles war ihr angeboren. Die Welt konnte nmgewandelt werden, ja, aber sie blieb sicher alle Tage die, die sie war. Der Postbote kam mit einem Brief von Morten. Er hielt sich zurzeit unten in Sizilien

sein, auch einmal so wohin zu kommen", sagte Ellen mit einem Seufzer. „Wenn erst das Neue ( laß erhalten hui, ge hört das nicht mehr zu den unerreichbaren Dingen für den Arbeiter", erwiderte Pelle . (Forts. f.)

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 20.06.1922
Umfang: 8
fest. Und während der Ochse da lag und kaute, leise bibbernd wie eine Maschine, saß er auf seinem Kopse und brüllte aus vollem Halst Lieder von unglücklicher Liebe und grauenvollen Massenmorden. Gegen Mittag kam Rud gelaufen und war heiß hungrig; die Mutter jagte ihn von Hause weg, wenn die Esiensstunde heranrückt«. Pelle teilte immer seinen Vor ratskorb mit ihm, verlangte aber, daß er für jedes Stück Butterbrot eine gewisse Anzahl von Malen die Kühe zu sammentreiben sollte. Die beiden Knaben

. Damals Meuterer, nun Märtyrer! Alle machen sie gute Geschäfte mit dem Feinde. Die amerikanische Verlagsfirma Harper hat nunmehr d.e „Memoiren" des gewesenen deutschen Kaisers zur Ver- üffentlichung erworben. Es handelt sich um denselben Verlag, der auch die. Hindenburg- und Ludendorff- „Memoiren" verlegt hat. Ludendorfs verdiente dadurch setzen dürfe, da der kleinste Riß Sandflug veranlassen konnte. Pelle faßte alles ganz buchstäblich auf, den gan zen Sommer stellte er sich eine Art Explosion

vor, die alles jn die Luft fliegen ließ, sobald eine Kuh den ge fährlichen Boden betrat. Und diese Möglichkeit hing wie ein drohendes Schicksal hinter allem, wenn er hier hütete. Wenn Rud kam und sie spielen wollten, trieb er das V:eh auf die magere Weide hinauf, wo Platz genug war. Sobald die Sonne schien, liefen sie nackend umher. An das Meer wagten sie sich nicht hinab aus Angst vor dem Verwalter, der ganz sicher oben auf dem Boden des Wohnhauses stand und Pelle beständig mit seinem Fernrohr beobachtete. Aber im Bach

. Zwischen dem Baden lagen sie unter den Dünen und ließen sich von der Sonne trocken lecken. Sie untersuchten eingehend ihre Körper und tauschten ihre Ansicht über den Gebrauch und die Bedeutung der verschiedenen Körperteile ous-; irt diesem Punkt« war Rud lder im Wissen Ueberlegene und trat belehrend aus. Oft gerieten sie in Streit darüber, wer in bezug auf dieses oder jenes am besten ausgestattet fei —: • das Größte habe. So zum Beispiel beneidete Pelle Rud um seinen unverhältnismäßig großen Kopf. (Forffeßrmg

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 28.07.1922
Umfang: 8
keine Verbayerung Vorarl berg. * * Der ech«!sebkt»rvm«el. Ist das ein Fauchen, ein Zischen, ein Geschrei in der klerikalen Presse! Welches Gekreisch erhebt Nummer für Nummer das Vorarlberger Pfarr- hofblatt, das sich „Volksblatt" nennt! Welches Geheul die schwarzen Schandblätter in Tirol! *°i Pelle der Eroberer. Roma» von Martin Andersen NexS. „Ree, denn müssen di« Flaschen am Boden undicht fern!'*' sagte Lasse, den der Schnaps ganz kühn gemacht hatte — „denn ich Hab bloß mal da an gerochen. Aber man muß

den Besuch der Religionsstunde von der Willensentscheidung der Eltern abhängig ge macht, und zwar waren es in beiden Ländern Klerikale, unter deren Mithilfe diese gesetzlichen Bestimmungen zustande kamen. Bedeutet die Anheimgabe des Religionsunterrichtes an den Willen der Eltern, also die praktische Beseiti gung der Religion als eines Pflichtgegenstandes aus dem Unterrichtsplan, etwa weniger als die bestellungen selbst ausrichten!" rief Erik dem Wirtschafts lehrling nach. Lasse gab Pelle einen Puff

Hände auf die Erde setzen und seinen Gegner mit den Stiefelhaken schlagen, daß er zu Boden sank wie ein Strohhalm. Aber nu is die Zeit aus, und es is am besten, sich vorzusehen. Da kann Polizei und alles möglich« bet 'rausbraten. Von dem Verwalter gar nich' zu reden, du! Nu haben sie ihn den ganzen Sommer gereizt, mit diesem Eri-k als An- führer; aber wenn sie ihn erst wirklich wütend gemacht haben, denn kann Erik man Gute Nacht sagen." Pelle wollte gern noch ein weng aufbleiben und ihnen zufehen

. — „Wenn ich hinter den Zaun kriech' und mich platt hinleg' — nich', Vater, du!" bettelte er. „Ach was, das sind Dummheiten, sie können dir was antün, wenn sie dich sehen! — Man weiß nich', wo die auf verfallen können. Na, aber du muß selbst deinen Mann stehen — und paß man ja auf, daß sie dich nich' sehen." Und dann ging Lasse zu Bett, Pelle kroch auf dem Bauch hinter den Zaun, bis er ganz dicht an sie heran-' gekommen war und alles sehen konnte. Gustav saß noch immer auf Karnds offenem Schoß und spielte

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 28.02.1923
Umfang: 8
abends 7 Uhr Lichtbildervortrag „Rothenburg ob der Tauber". Nachher Besprechung Uftgen der Frühlingsfeier. ! und du mich um Hilft riesest." Der Alte zitterte ; am ganzen Leib. „Und nun hast du das Ganze ! wohl mitangehört und schämst dich über deinen ; alten Vater?" Er wagte nicht, den Sohn anzu- ! sehen. „Vater, jetzt mußt du mit nach Hause gehen, hörst du?" sagte Pelle, als sie auf die Sttaße hin- ! auskamen. ; „Nein, das kann ich nicht! Da ist nicht mal genug j für deine eigenen Mäuler, nein

— und das ist mein Sohn, Pelle, der Junge." Vergnügt stteichelte er seiner neuen Le bensgefährtin die Wangen. Es war ein altes, krumm gebogenes Frauen zimmer, schmutzig und zerlumpt war sie; ihr Ge- • sicht war voll von rotem Ausschlag, den sie sich wahrscheinlich drüben auf dem Müllplatz geholt hatte. Aber es saßen ein Paar gute Augen darin und löschten alles andere aus. „Also, das ist Pelle!" sagte sie und sah ihn an. ’ „So also sieht er aus! Ja, seinen Namen hat man ja gehört; er gehört zu denen, dis- auffallen

, ob wohl er keine roten Haare hat." Pelle mußte einen Schluck Kaffee mittrinken. „Du kriegst nur. Butterbrot dazu, denn anderes Abendessen leisten wir Alten uns nicht." sagte Laste. „Wir gehen ftüh zu Bett, wir beide,' und man schläft schlecht mit einem überfüllten Magen." „Nun. was sagst du denn zu unserer Wohnung?" fragte Lasse weiter und sah sich stolz um. „Wir ge ben nur vier Kronen im Monat dafür, und die ganze Einrichtung haben wir gratis; das haben > Mutter und ich alles vom Müllplatz

er ihre Jugendliebe. Sie half ihm die Stie fel aus und zog ihm ein Paar Flickenschuhe an die Füße: "ann holte sie eine lange Pfeife aus der' Ecke und steckte sie ihm in den Mund; er lachte, und fühlte sich behaglich dabei. „Siehst du die Pfeift, Pelle? Dazu hat Mutter zusammengespart, ohne daß ich etwas davon ahnte — sie hat sie so lang genommen, daß ich sie nicht selbst anstecken kann. Dann glich ich einem Haus papst, sagt sie." Lasse mußte sich in den Stuhl zurücklehnen, während sie die Pftift anzündete

. Ms Pelle ging, begleitete ihn Lasse über den Hof. „Nun, was sagst du dazu?" fragte er. „Ich muß mich za freuen, daß es dir so gut geht," erwiderte Pelle demütig. Laste drückte ihn die Hand. „Hab Dank dafür! Ich fürchtete ja, du würdest strenge sein. Ms Kei ner Junge nahmst du es verteufelt genau nach der Richtung hin. Und siehst du, wir könnten uns ja natürlich heiraten — es liegt für uns beide kein Hindernis vor. Aber das kostet Geld — und die Zeiten sind schlecht. Und daß Kinder kommen

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 08.01.1923
Umfang: 8
, daß er sich auf eine Rednertribüne hinaufgewagt hatte; die Erregtheit hatte ihn da hinausgeschleudert. Die Leute erhoben sich und mischten sich durch einander. „Ist es schon vorbei?" fragte Madam Johnsen. Er merkte, daß sie enttäuscht war. „Nein, nein, nun wollen wir uns etwas spen dieren," sagte er und führte die Wte an emen Tisch in dem Hintergrund des Saales. „Was darf ich anbieten?" „Bitte, Kaffee für mich! Du solltest aber ein Glas Bier trinken, du bist so warm!" Pelle wollte auch Kaffee

haben. „Du bist doch eine sonderbare Mannsperson", sagte sie lachend. ..Stürzt sich erst in einen ganzen Schwarm von* Menschen hinein und sitzt dann nachher wie ein altes Weib da und trinkt Kaffee! Was für eine Menge Menschen hier sind, es ist beinahe wie ein Fest." Sie saß da und sah sich mit glänzenden Augen um, mit roten Wangen wie ein junges Mädchen, das zum Tanz gegangen ist., „Nimm doch etwas mehr Haut, Pelle, du hast ja nichts ge kriegt. — Dies ist wirkliche Sahne!" Der Führer kam aus sie zu und fragte, ob er Pelles

Bekanntschaft machen dürfe. „Ich habe ja durch den Vorsitzenden Ihres Fachvereins von Ihnen gehört", sagte er und gab ihm die Hand. „Es freut mich. Sie zu begrüßen. Sie haben ein sauberes Stück Arbeit getan." „Ach, es ist nicht so schlimm", erwiderte Pelle er rötend. „Aber nun wäre es eigentlich sein, wenn es bald losginge!" „Ich kenne «Ihre Ungeduld nur zu gut", er widerte der alte Führer läckielyd. „So heißt es be ständig unter den Jungen. Wer aber etwas Wirk liches ausrichten will, muß bis an das Ende

des Weges sehen können." Er schlug Pelle aus die Schulter und ging. Die beiden Kugeln find trotz des au Finanzmini- ster Dr. Raschin vorgenommenen operativen Ein griffes nicht ausgefunden worden. Die Lunge ist nicht getroffen, das Rückenmark und die Leber sind jedoch verletzt. Wenn Dr. Raschin mit dem Leben davonkommen sollte, würde er trotzdem in den unteren Teilen des Körpers gelähmt bleiben. Gegenwärtig findet ein ärztliches Konzilium statt. Nach dem Attentat auf den Frnanzminister suchte

; er wollte sie in ihrer wirtschaftlichen Kraft treffen. Mit dein Ministerium Kramarsch, das noch ge stürzt wurde, als-Kramarsch in Paris bei den'Frie- Pelle fühlte, daß die Leute um ihn herumstan den und von ihm sprachen. Gott weiß, ob du dich nicht lächerlich gemacht hast, dachte er. Dicht ne ben ihm standen zwei junge Leute und sahen ihn von der Seite an. Plötzlich kamen sie auf ihn zu. „Wir möchten Ihnen gern die Hand schütteln", sagte der eine. „Mein Name ist Otto Stolpe, und das ist mein Bruder Frederik. Ein gutes Wort

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 03.05.1923
Umfang: 8
in einem politischen oder einem Fachverein. ..Pelle, was du doch alles zu tun hast?" sagte Ellen, wenn er nach Hause kam. Ihr Zustand er- stillte ihn mit Glück, es tvar gleichsam eine Be- siegelung ihrer neuen Vereinigung. Sie hatte sich . eiu wenig mehr in sich selbst zurückgezogen^ über ihr Gesicht und ihre Gestalt legte sich ein Schim mer träumerischer Weichheit: eiu wenig hilflos und abwesend nahm sie ihn jetzt an der Pforte in Emp fang — eine junge Mutter, die man mit vorsichti gen" Händen anfassen muß

. Von Morten sahen sie nicht viel, er befand sich in einer Krisis und bewegte sich am liebsten für sich allein. Er klagte beständig, daß es mit seiner Ar beit nicht vorwärts gehen wolle, selbst mit der ge ringsten Kleinigkeit, die er in Angriff nahm, fuhr er sich fest. „Das kommt daher, weil du nicht mehr daran glaubst." sagte Pelle. „Wer an seiner Arbeit zwei felt, sägt ja den Ast ab. auf dem er sitzt." Morten hörte ihm mit einem müden Ausdruck zu. „Es steht noch viel schlimmer — denn ich zweifle

ja au den Menschen selbst. Ich gehe umher und mich ftiert. und ich konnte nicht ergründen, weswegen: aber nun weiß ich es — das kommt daher, weil die Menschen kein Herz haben. Alles Wachstum beruht ja aus Wärme, aber unsere ganze Kultur ist ja aus Kälte aufgebaut; daher ist es hier so kalt, wie es ist." ..Die Kleinen haben aber doch ein Herz." sagte Pelle — „das und nicht der Verstand hält sie aus recht. sonst wären sie schon längst zugrunde ge gangen — wären ganz einfach zu Tieren gewor den. Warum

, das Elend all der anderen mitzuerleben — und mein eigenes Leben ist gerade nicht reich an Sonnenschein ge.tvesen. Denke doch ntir an meine Kindheit. wie freudlos die gewesen ist! Ich fyabc. nicht deinen Fonds, aus dem ich schöpfen kann, das mußt du bedenken. Pelle!" (Fortsetzung folgt.)

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 28.12.1922
Umfang: 8
, der die Hand über ihn hielt. Darum habe . ich oft an dich gedacht. Aus dem ist was gewor den. sagte ich zu mir selbst. Gott mag wissen, wo er geblieben ist'/ Er sah Pelle mit ein Paar treu herzigen Augen au. „iftctn, das war Vater Lasse sein Verdienst/ sagte Pelle mit einem ganz kindlichen Tonfall. ..Der sagte immer, ich müßte gut zu dir sein/du ständest tn des lieben Gottes Hut." „Sagte er: in des lieben Gottes Hut?" wieder holte Per Kofod sinnend. „Das war doch ein son derbarer Ausdruck. Das- Gefühl

so über mich kommen — ganz sinnlos, so daß ich brüllen mußte: und dann prü gelten mich die Bauern. Jedesmal, wenn ich ver suchte, mich um das Ganze wegzudrücken, indem ich mich erhängte, prügelten sie mich auch. Es war im Gemeinderat beschlossen, daß ich Prügel haben sollt'. — Und darum will ick) ja auch nicht, Pelle! Ein Seemann, der soll sich an die Frauen zimmer halten, die Bezahlung dafür kriegen, wenn sie sich seiner annehmen — das heißt, wenn er sich nicht verheiraten kann. Da hast du meine An sicht

." ...Tn hast viel Schlimmes erlitten/ sagte Pelle und nahm seine Hand. „Es ist ja eine förmliche Verwandlung mit dir vorgegangen/ „Verwandlung? Hm. ja, das kannst du wohl sa gen! Einen Augenblick Heulpeter und den nächsten der stärkste Mann an Bord — da hast du das Ganze. Denn siehst du, es war ja auf See natür lich dasselbe; selbst der Schiffsjunge fühlte sich ver- , pflichtet, mir einen Fußtritt an die Beine zu ver setzen, wenn er vorüberging. Jeder, der Schelte oder Haue kriegte, ließ es gleich

zu machen. 'Denn, siehst du, da ging ich nach vorn und drosch die ganze Gesell schaft von Anfang bis zu Ende durch. Es war übrigens ein großartiger Augenblick,' solche Menge Wut, die im Körper war und 'raus wollte." Pelle lachte. Ein Glück, daß ich dich von ftüher her kannte, sonst hättest du aus mir am Ende noch . Plückfisch gemacht/ „Na. Karnerad. das war ja nur n kleiner Jur. Man wird so guter Laune, wenn man wieder an Land kommt. Denn da draußen heißt es: prügelst du die anderen nicht, denn prügeln sie dich! All

ich dann; „aber cs ist ein Jammer um alle die Weiber." „Halt'sM ayl. Per!" sagte er — .die meisten sind ja verheiratet." Er ist übrigens von uns zu Hause, aus einer kleinen Hütte oben in der Heide/ „Wie heißt er denn?" fragte Pelle interestiert. ,/llbert Earlsen." (Fortsetzung folgt.)

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 15.01.1923
Umfang: 8
| herum und warteten daraus, daß Pelle fertig wer- . den sollte. Sie wollten nicht ohne ihn Weihnach- ' ten feiern. Aber nun machte auch er Feierabend; er warf eine Jacke über, packte die Arbeit ein und ; lief davon. Draußen aus der Plattform blieb er einen Augenblick stehen. Er konnte den Lichtschein aus der'Stadt an dem tief mit Sternen übersäten Him mel ausblinzeln sehen. Die Nacht war so feierlich ^schön. Unter ihm hing das Holzwerk verlosten und seufzte im Frost.; alle Türen waren geschlosten

ein . Paar ftagende Augen empor, um nach dem Weih nachtsstern zu spähen! — Bei Frau Franzen war -Licht. Sie hatte heute ein weißes Tuch vor das Fenster gehängt und es stramm, davorgezogen; die Lampe stand dicht neben der Gardine, so daß der jenige, der sich da drinnen bewegte, keinen Schatten ' darauf werfen konnte. Das arme, alle Wurm! ^dachte Pelle, während er lief — die Mühe könnte sie sich gewiß sparen. Als er die Arbeit abgeliefert chatte, lies er in die Holbergstraße hinüber, um El len

ein fröhliches Fest zu wünschen. In seiner Stube war festlich gedeckt, als er wie der nach Hause kam: Schweinskarbonade, Reisbrei und Weihnachtsbier. Marie glühte vor Stolz über -ihr Werk; sie saß da und nötigte die anderen, aß aber selbst fast nichts. „Solch gutes Esten solltest du jeden Tag machen, ! Deern!" sagte Karl und hieb ein. „Du könntest, weiß Gott, in der königlichen Küche angestellt wer den!" „Warum ißt du denn gar nicht von dem schönen Esten?" fragte Pelle. „Ach nein, ich kann nicht", antwortete

Franzen hinüber — es war ein Jammer, daß sie nicht mit dabei sein wollte. Jetzt brannten da drüben fünf Lichter — sie saßen offenbar auf einem kleinen Tannenbaum in einem Blumentopf. Sie bewegten sich wie ferne Sterne durch den weißen Vorhang, und Frau Franzens Stimme klang dünn und gesprungen: „O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit?" Pelle öffnete das Fenster und lauschte; es wunderte ihn. daß die arme Alle so fröhlich sein konnte. Plötzlich ertönte eine warnende Stimme vou

?" Ms keine Antwort er folgte, gingen sie. Die alte Franzen ging in ihre Stube hinein und schloß ab; sie war müde und sorgenvoll und wollte zu Bett gehen. Aber nach einer Weile kam sie über den langen Gang gelatscht. „Pelle", flüsterte sie. „er liegt in meiner Stube! Während sie auf den Dächern herumkrabbelten, hat er sich ganz leise über den Boden heruntergeschlichen und in mein Bette geleg:. Großer Gott, seit vier Monaten hat er in keinem Bett gelegen — er schnarcht schon!" Dann schlich sie wieder hinaus

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