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Seite 3 von 4
Datum: 11.10.1939
Umfang: 4
dort, wo Reuter Brieftauben schickte. Demnächst wird er staatlich eingeführt. Paul Julius hört derartiges nicht gern, gerät bald in Har nisch. Die schnellste seiner Tauben wird mit dem elektrischen Funken nicht um die Wette fliegen. Elektrische Telegraphie! Man hat von ihr von Gauß, dem deutschen Physiker, schon allerhand gehört, allein im Ernstfall, wo bleibt da das Geschäft mit den Tauben? Paul Julius erbleicht, sieht Ruin vor Augen. Der Teufel hole diesen Siemens.... allein der Mann kommt zur rechten Zeit

. Umstellen muß man sich, sofort umstellen ... aber wie? Siemens, auch kein Dummer, weiß Rat. Er schlägt Reuter vor — er ahnt ja nicht die Folgen — .... kann sie nicht ahnen —, doch jetzt in Aachen, nach Fertigstellung der preu ßischen Telegraphenlinie, die gerade bis dorchin geht, ein De- pefchenbüro der elektrischen Telegraphie zu eröffnen. Paul Julius horcht auf, wird sehr interessiert, als Siemens weiter hin berichtet, ein gewisser Bernhard Wolfs, der Herausgeber und Begründer der im 48er

Jahr'erschienenen freisinnigen Berliner Nationalzeitung, errichtete kürzlich mit Hilfe seines Onkels, des Justizrates Siemens, ein ähnliches Institut in Berlin. Der Hinweis genügt. In Berlin kommt Julius einer zuvor, Wolff, ein Stammesgenosse! Mit diesem Wolfs wird noch zu reden sein. Andererseits: traut Wolff, ein wendiger Gesell, sich in Berlin, Paul Julius traut sich in Aachen. Mit einem Schlag ist Reuter Feuer und Flamme für elektrische Tele graphie. Unter vier Augen mit seinem Weib spricht er: „Jda Gott

sandte uns den Siemens. Ein gescheiter Mann. Ich folge seinem Rat, gebe die Taube auf. Jda, hast du Lust zu elektrischer Mechanik?" Paris—Brüssel—London Jda hat. Allein, das Geschäft springt nicht so an, wie man erwartet. Abwartend verhält sich das Publikum, glaubt an Schwindel, mißtraut dem elektrischen Dienst. Reuters haben Sehnsucht nach Tauben, greifen gelegentlich zurück aus Tauben. Schließlich reißt Julius die Geduld. Auch ist Aachen ihm zu pro vinziell geworden. Er spricht zu Jda: „Packe

sind sie noch schneller. In Paris nimmt sich Engländer ihrer behutlich an, insbesondere der eleganten Frau Jda. Den Gatten schiebt er bald in Havas-Geschäften nach Brüssel ab. Nur läßt sich Paul Julius nicht schieben. Er ist kein blinder Hesse; er läßt die Frau Nachkommen, Frau nebst Sohn. Sie erscheint auch, elegant wie immer, gekleidet nach der letzten Pariser Mode des Jahres 1851. In Brüssel wächst auch kein Weizen. Paul Julius erntet nicht. Aber das submarine Kabel verbindet jetzt Calais mit Dover, Anlaß

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Seite 3 von 4
Datum: 12.10.1939
Umfang: 4
Johannes Breem: Die Wahrten Aber die Lttgenfabrihen Havas und Keuler Ende 9 Der nächste größere Coup gilt dem Schah von Persien. Auch er geht in die Falle. Paul Julius finanziert die aufsehener regende große Europarundreise des Fürsten mit 300.000 Pfund aus eigener Tasche. Paul Julius kann es sich leisten. Jedoch umsonst ist der Tod, und der nicht einmal. Als Gegenleistung läßt sich Reuter wucherische Zinsen zahlen. Sie bestehen in sämtlichen persischen Konzessionen von irgendwelchem Wert

. Praktisch gesehen herrscht Reuter über Persien. Rußland erhebt auf diplomatischem Wege Einspruch. England aber steht treu zu seinem „Telegraphenkönig". Es weiß warum. Reuter, schein bar unabhängig, ist in Wahrheit das Sprachrohr der Regie rung. Die Regierung ist sich nicht immer der Umkehrung be wußt, d. h. — häufig weiß sie nicht, daß sie das Sprachrohr Reuters ist. Ein großer Tag für Paul Julius bricht an. Aus Deutschland trifft ein Brief ein. Nach seiner Lektüre schließt Paul Julius sein Weib

in die Arme: „Jda, was sagst du nun? Deine Pro phezeiung drang in Gottes Ohr. Ich bin Baron. Herzog Ernst von Sachsen-Coburg erhebt uns in den Adelsstand!" „Na, nu nich! Herbert, dein Sohn, zeichnet ab heute General bevollmächtigter der Reuter A.-G., Baron Herbert de Reuter. Welch stolze Stunde. Platzen werden die Rothschilds!" — „Erblicher Adel?" Siegmund, obgleich er nur noch schriftlich mit Paul Julius verkehrt, macht sich weiterhin erheblich nützlich. Als Herbert gleichgestellter Bevollmächtigter

der Gesellschaft, schließt er mit Havas in Paris, mit Wolfs in Berlin ein kompliziertes System streng geheim zu haltender Kartellverträge ab . . . wie denn überhaupt die Praktiken der Drahtzieher ängstlich verschleiert werden. Im alten Haus in der Old Jewry wird um Intrigen nur getuschelt. Bei dem Kuhhandel über kartellmäßig abgesteck- ten Einfluß- und Betätigungssphären kommt Bernhard Wolfs zu kurz: er ist der Dumme. Beim Geschäft spielt gleiche Rasse keine Rolle. Paul Julius yeidete schon damals, in Aachen

Julius erbte er Gerissenheit, von Mutter Jda die hellroten Haare. Onkel Siegmund lehrte ihn die Drehs und Kniffe des Gewerbes. Des Vaters Lieblingswünsche, die mächtige Dynastie der de Reuters zu begründen, eine Dynastie, die an Glanz und Macht sämtliche bisher vorhandenen jüdischen Dynastien übertreffen soll, steigert sich bei ihm zur Magie. In hypertrophen Wahnvorstellungen hält er sich für den neuen Moses, der berufen ist, sein Volk zu neuem Gedeihen zu erhe ben, nur mit dem Unterschied

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Seite 3 von 4
Datum: 10.10.1939
Umfang: 4
trüber Kanäle. Wiederum ertönen Haß- und Hetz gesänge. Es gibt wenig Neues unter dieser Sonne. Jedoch... Die Welt ist hellhörig geworden. Sie kennt die abgeleierte Rattenfüngermelodie. Sie pfeift auf sie. Denn... Lügen haben kurze Beine...! Reer Israel, $j Frau Jesaphat ist einverstanden. Berlin begrüßt ein Ehe paar Reuter. Die junge, elegante, hochblonde Frau erregt bald Aufsehen, ist überall. Paul Julius macht in Büchern. Nicht sehr lange. Buchverkauf wirft mäßig ab. Paul Julius spukt Lukrativeres

mit Nach richtenübermittlung durch Brieftauben. Hättest du Lust zu Brieftauben, Jda?" „Großer Gott, Julius, dein Köpfchen! Auf was du nicht alles kommst!" „Ich habe lange nachgedacht. Etwas Aehnliches schuf bereits vor Jahren der Franzose Charles Havas, soll in Paris mit Nachrichten und Korrespondenzen gute Geschäfte machen." „Jda Jesaphat, geborene Magnus, ich habe genug von ganz Kassel, von ganz Hessen. Wir reisen wieder ab. In meiner Heimat blüht mein Weizen nicht. Meine Heimat enttäuschte mich, wie stets

soll mich schützen", ruft Frau Jda aus, „Beer Israel, am Ende wirst du noch Baron!" „Beschrei es nicht! Jda, dein Wort in Gottes Ohr! Und nenn mich nicht Beer Israel. Gewöhn dich endlich dran, nenn mich Paul Julius. Vergiß nicht, wir legten ab den Namen Jesaphat, führen mit Bewilligung den Namen Reuter. Ich, Paul Julius Reuter, Kind armer jüdischer Eltern, vorerst noch schlicht Reu ter, beabsichtige, in Berlin ein feiner Mann zu werden. Wie verabredet, lege ich deine Mitgift in die angesehene Stargardsche

, sie auszuwerten, Kapital aus ihnen zu schlagen. Wer sie zuerst in Händen hat, und der Vermittler hat sie zuerst, besitzt den Vorsprung, knetet den Teig, kann nie verhungern." Frau Reuter ist helle, begreift, worauf ihr Mann hinaus will. Klar: Nachrichtenbesitz bedeutet Bargeld, und daß Tau ben schneller fliegen als Stafettenpostillone reiten, leuchtet ihr ebenfalls ein. Paul Julius ergänzt: „Vor allem denke ich an die Börse. Börsendepeschen eilen, Kursnotierungen verlieren an Bedeu tung, verschleppt

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