Md Lemberg, 28. Jänner. Unter ungeheurer Anteilnahme ganz Polens ist soeben ein Prozeß zu Ende gegangen, in dem sich die angesehene Ge schäftsfrau Regine Greif, die Besitzerin eines der größten Radiogefchäste nicht nur Lembergs, sondern ganz Polens, wegen Vergehens der Tötung, begangen in tiefer Gemüts depression, zu verantworten hatte. Die Anklage warf ihr vor, daß sie ihr siebenjähriges Töchterchen L u d o w i k a mit Veronal vergiftete. Frau Regine hing mit abgöttischer Liebe an ihrem Töchter chen
, das aber seit Geburt ein unheilbarer Kretin war. Die vermögende Frau unternahm alles Menschenmögliche, doch kein Arzt konnte dem Kind helfen. Im Jahre 1932 suchte Frau Greif sogar in Wien die bedeutendsten Kapazitäten mit ihrem Töchterchen auf, aber auch hier wurde ihr nur gesagt, daß jede Hilfe vergeblich sei. Die Aerzte gaben der Frau den Rat, das Kind in einer Anstalt unterzubringen; die Mut ter wollte sich aber von dem Kind nicht trennen. Der Zustand der kleinen Kranken verschlimmerte sich immer mehr
. Das Originalrelief wurde von Giambologna für den Groß herzog Cosimo de M e d i c i entworfen, der es zusammen mit aus Mitleid vergiftet. eingeflößt worden war. Frau Greif gab sofort zu, ihr Kind aus Mitleid getötet zu haben. Nun kennt das polnische Strafgesetz den sogenannten Mord aus Mitleid, der dann vorliegt, wenn einem Unheilbaren das Sterben erleichtert wird. Dieses Vergehen wird nur mit einer ganz geringfügigen Strafe gesühnt. Die Staatsanwaltschaft fand aber, daß im vorliegenden Fall Mord aus Mitleid
nicht gegeben sei, weil nämlich das g e s e tz- l i ch e Erfordernis, die Zustimmung des Getöteten, nicht eingeholt worden sei. Deshalb erhob die Staatsanwaltschaft die erwähnte Anklage auf Vergehen der Tötung, begangen im Zustand hochgradiger seelischer Erregung. Auch vor Gericht war Frau Greif vollkommen g e st ä n d i g und gab an, sie habe ihr Kind mehr als ihr Leben geliebt und die Qualen nicht mehr länger mit cmsehen können. Da sie wußte, daß ihr Kind gerne Schokolade trank, habe sie ihm in den Trank