Neuntes Kapitel on nun ab trafen sich Gustav und Afra häu siger. Und es war wieder so, wie in früheren Zeiten. Auch der Unterschied der Jahre, der gerade in diesem Alter eine schier unüberbrückbare Kluft bildet, wurde durch das hingebungsvolle Einfüh lungsvermögen des kleinen Mädels ausgeglichen. Es schmeichelte dem Burschen, daß sie jedem seiner Worte wie einem Orakel lauschte. Er fühlte sich als ihr Lehrer und wußte sich von ihr verehrt Me ein Halbgott. Und Afra schenkte
ihm das, was er in seinem Heim vermißte. Durch die Fürsorge, die sie als Hüterin ihrer kleinen Geschwister diesen angedeihen ließ, hatte fie sich eine warme, mütterliche Art an gewöhnt, die ihr zur zweiten Natur geworden war. Stets hatte sie ein aufmerksames Auge für das Be hagen ihrer Mitmenschen. Sie brachte Gustav, der in den Monaten seiner seelischen Vereinsamung wortkarg geworden war, zum Sprechen und hörte ihm mit großer Aufmerk samkeit zu, selbst dann, wenn sie seinen Erzählun gen nicht zu folgen vernwchte