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Lienzer Zeitung
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Seite 24 von 30
Datum: 11.08.1906
Umfang: 30
„Herr Gott!' Mit geisterbleichem Gesicht starrte sie aus das Bild, und nach dem ersten Ausruf kam es hastend und stammelnd: „Der arme, arme Mensch!' 14. „Ja, aber um Gottes willen, Frau Gräfin, kennen Sie den Mann denn? Vermuten Sie, wer sein Mörder war? . . . Daun müssen Sie doch nähere Angaben machen...' Gräfin Marigold schüttelte den Kopf nnd sah mich mit ihren stahlgrauen Augen, die jetzt etwas merkwürdig Kaltes hatten, starr an. Ihr Verdacht richtet sich auf Gräfin Lolita

Sie ihn?' fragte sie. „Jawohl, ich habe ihn in Sibberton gesehen, wenn ich mich nicht sehr irre!' „Gesehen haben Sie ihn? Das ist unmöglich! Dann wäre es sein Geist. Richard Kien ist vor Jahren gestorben.' „Nein, ich habe Richard Kien in eigenster Person von Fleisch nud Blut gesehen!' „Das ist nicht möglich! Sie wollen mir etwas Vorreden; der Mann zählt nicht mehr zu den Lebenden!' „Woher wissen Sie denn das, Fran Gräfin?' Meine Mitteilung hatte ihr alles Blut aus dem Gesicht ge trieben; aschgran

er sich absichtlich solch reduziertes Äußere gegeben.' „Ja, wenn er also wirklich zurückgekommen ist, dann bedeutet das Unheil!' rief die Gräfin, die noch immer ganz blaß war, ob gleich sie etwas ruhiger sprach; „die Tatsache, daß er nicht tot ist, wie wir alle geglaubt haben, ändert meine Anschannng in betreff des Verbrechens und der Veranlassung dazu vollständig.' „Sie halten deu Maun für den Mörder?' „Nein, das ist unmöglich,' gab sie rasch zur Antwort; „triftige Gründe, sehr triftige Gründe schließen

diese Vermutung ganz ans.' „Ist denn der Mann so achtbar?' Ich fragte es, um mehr von der Gräfin zn erfahren. „Achtbar!' Sie sprach mir das Wort nach. „Nun, daß Sie es nur wissen, es ist der einzige Mensch in der ganzen Welt, der .. . doch nein, sagen Sie, Rndhnse, Sie sind doch Georgs Freund?' „Warum fragen Sie danach? Darf ich darum nicht die Wahr heit wissen?' „Sie dürfen das Geheimnis meiner Schwägerin Lolita nicht wissen. Ich darf ihr Vertrauen nicht hintergehen.' Ganz gefaßt und sicher hatte Marigold

diese Worte gesprochen. Ich empfand unklar, daß der wahre Grund ihrer Weigerung, mir die Wahrheit zu sagen, in der Befürchtung lag, ich würde über sie und nicht etwa über Lolita mit dem Grafen sprechen. Gräfin Marigold nnd ich waren nie gewesen, was man mit „gnt Freund' bezeichnet. All solche genußsüchtige, leichtlebige Fraueu, wie Marigold es war, sah ich nicht für voll an, und die Be mühungen der jungen Gräfin, anch mich unter die Schar ihrer Bewunderer zn zwingen, waren vergeblich

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Lienzer Zeitung
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Seite 25 von 30
Datum: 11.08.1906
Umfang: 30
wollte nun gilt machen, was sie in Unbesonnenheit an Kummer über ihn gebracht. „Wenn ich Ihnen bei diesem Vorhaben behilflich sein kann, Gräfin Stanchester, so will ich eö gern tun.' Ernst nnd bewegt gab ich ihr das Versprechen. Da wandte sie sich um, und ich sah, daß Trauen in ihren Augen schimmerten. „Ich sollte Sie ja eigentlich nicht zu meinem Vertrauten machen, aber wenn Sie Ihr Wort halten wollen, wenn Sie Mitleid mit einem armen, hilflosen Weibe haben, dann können Sie wenigstens

aufeinandergepreßt, und in den stahlgrauen Augen war ein merkwürdiges Flimmern und Leuchte«. „Herr Rudhuse, ich verlasse mich ans Sie, wie Sie sich anf mich verlassen können. Wir wollen in Zukunft gute Freunde sein, und Sie sollen sehen, daß ich Ihrer Freundschaft wert bin.' „Gräfin, ich habe Ihnen meine Hilfe versprochen, nnd ich be tone, ich will zn Ihnen stehen, aber nnr, wenn es zum Besten des Grasen geschieht.' „Aber selbstredend, Herr Rndhuse, Sie sollen nur schweige«. Durch Ihr Schweigen helfen

Sie mir gut machen, was ich bisher versehen habe.' 15. Und dann war ich wieder allein in meinem Zimmer, und der leichte Dnft des Lieblingsparfüms der Gräfin umwehte mich wie eine berauschende Wolke. Ich war vollständig benommen. Die schöne Fran meines besten Freundes hatte mich nie sonderlich ge fesselt, wenn sie in ihren, libermnt sich alles erlaubte; aber wenn ein schönes Weib bittet und es sich bei der Bitte um das Wohl des Frenndes handelt, so gibt es kein „nein'. Ich hätte ja gar nichts anderes tun

Kiens Kommen auf die Gräfin gemacht hatte. Lange saß ich am offenen Fenster und sah über den Park hinweg, dessen Baumwipfel im Mondlicht glänzten. Ab und zn schlug Gebell aus dem fernen Hundezwinger an mein Ohr. Und drüben, ganz nahe beim Schloß, nach jener Richtung hin, links von der großen Allee, lag der Ort, an dem der Mord ge schehen, dort wo in dem Erdreich die Spuren von Lolitas Stiefeln gefunden worden. Ich kämpfte gegen meine Gedanken, welche Lo lita verdächtigten, und es gelang

mir doch nicht. Sprach nicht alles gegen mein Lieb? Und nnn schien sich die Gräfin auch noch mit Lolita zu ver binden, nm den Schleier des Geheimnisses zn verdichten. Wie merkwürdig, daß ihre Interessen so zusammenliefen. Das war eine neue, merkwürdige Überraschung. Wie viele waren mir schon zu teil geworden. Am nächsten Tag war der Graf mit seinen Gästen auf der Jagd. Mir hatte die erste Post eiuen Bries von Gräfin Lolita gebracht. Sie verlebte, wie sie sagte, sehr angenehme Tage an der See. Eine Stelle

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Bozner Nachrichten
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Seite 7 von 8
Datum: 11.08.1906
Umfang: 8
, welche die etwaige Zlbreise einer Gräfin Sublinska zu verhindern haben Die genaue Personalbeschreibung befindet sich bei den Akten Herr Beh- wnd begibt sich persönlich zunächst nach dem Zentvalhotel, wo die Gräfin vorübergehend drei Zimmer m der zweiten Etage bewohnt; wird die- Dame dort nicht angetroffen, so ist un. Hause Schmidtstmße 112 zu recherchieren. Und ztvar als Mm Nora.Blanc,^wohnhaft bei Frau Witwe .Riemann. Bei -Begegnung ist die Gesuchte unverzüglich und. shne weite res zu verhaften.- Die Zimmer

: n „Es ist schwer, Gräfin^ daß der ganze, bisher so vor trefflich geführte Feldzug nun mit einem Schlage beendet sein soll -— aber schwerer nckh ist es für mich, daß Sie mir die Schuld dafür zuteilen.'. ^ ' „Wem fönst?' erwiderte Nora hart, indem sie sich äus der lässigen Haltung aufrichtete und' den grauseidenen Reiso- mantel mit ein paar heftigen Bewegungen fester um ihre schlanke Gestalt zog. Herr von Vwdowin sah starr in sein Glas. Er kämpfte mit sich, als ob er sagen Wollte, Was er empfand und dachte

. . „Zu einem Teile tragen Sie die Schuld selbst, Gräfin,' sagte er entschlossen und ohne aufzusehen; seine unruhigen Finger drehten das Glas und er sprach hc^tig, damit sie ihn nicht, unterbrechen könne. „Ihre Tätigkeit war in der letz ten Zeit ganz planlos und überhastet. Sie enöbehrte völlig jener kühlen Ueberlegung, die sonst all« Ihre HaMungen auszeichnete. — Mir war, als wenn Ihnen Ihre ganze Äs- herige Tätigkeit verhaßt wäre, und Sie sich nach einer Kata strophe sehnten, die alle dem ein Ende

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Lienzer Zeitung
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Seite 23 von 30
Datum: 11.08.1906
Umfang: 30
sah ich einen ganz merkwürdigen Aus druck in Gräfin Mangolds Augen. War es Uberzeu gung, Entsetzen, daß eine Frau so etwas zn tun im stande sein sollte? Und schon wiederholte sie auch fragend: „Eine Fran? Wie kommt denn die Polizei auf den Verdacht?' Ich erzählte ihr von den hochhackigenFnßspuren, nnd sie rief: „Nein, wie merkwürdig! Von der Deutsch-böhmischen Ausstellung in Reichenberg! Hauptgebäude der Ausstellung. (Mit Tert.) Wirklich sehr interessant! Das klingt ja beinahe wie im Schauspiel

, es ist ja keiner von all den guten Leuten auch nur wei ter fortgekommen, als die Kirchturmspitze reicht.... allerhöchstens!' lachte die Gräfin belustigt. „Ja, ja,' stimmte ich bei, „und dennoch... der Fremde war entschieden von jenseits des Kanals, uud die Waffe, mit der er er mordet wurde, die war auch entschieden kein englisches Fabrikat... lang und dünn, mit drei scharsen Kanten.' „Und die Polizei sncht noch immer vergebens?' „Ganz vergebens .... der Tote ist photographiert worden und...' „Ja? Wirklich? Ach

, kann ich nicht ein Bild sehen? . . . Ich möchte es so gern. Rndhnse, besorgen Sie mir doch eins...' Die Gräfin hatte sich aufgerich tet und beugte sich zu mir herüber. „Ich habe eiu Bild hier. Es ging mir auf meinen Wnnsch von der Behörde zu.' Uud ich griff nach einem Schlüsselbund, öffnete ein Fach meines Schreib tisches und entnahm demselben die Photographie. Voller Interesse war Gräsin Marigold schon aus dem Lehn- stnhl ausgesprnngeu und stand »eben mir am Tisch, nm die Photo- graphie zn betrachten.

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