10.669 Ergebnisse
Sortieren nach:
Relevanz
Relevanz
Erscheinungsjahr aufsteigend
Erscheinungsjahr absteigend
Titel A - Z
Titel Z - A
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1911/03_06_1911/UIBO_1911_06_03_14_object_8320632.png
Seite 14 von 20
Datum: 03.06.1911
Umfang: 20
bereit, hing sie von einer Stuhllehne herab. Stirnrunzelnd ergriff die Gräfin den bedrohten Waffenrock, um ihn in Sicherheit zu bringen, Nachlässigkeit und Unordnung waren ihr ein Greuel. Als sie ihn aufhob, fiel polternd ein harter Gegenstand aus einer der Taschen auf den Fußboden. Ein Schmuck etui? Wie kam Otmar zu dem? Sie bückte sich und hob es auf. Über ein jäher Schreck erschütterte sie so, daß sie sich an der Lehne des ihr zunächst stehenden Stuhles fefthalten mußte. All mächtiger — dies Etui

kannte sie nur zu gut, unzählige Male hatte sie es in der Hand gehalten. Das diamantenbesetzte Kreuz, das es umschloß, war ja ein Lieblingsschmuckstück von ihr gewesen, nicht um alles hätte sie die altertümliche Fassung der zwar nicht großen, aber wundervoll reinen Steine verändern lassen: Papst Benedikt der Sechzehnte hatte das Kreuz vor mehr als hundert Jahren einer in den Karmeliterorden getretenen Gräfin Eichenhorst bei ihrer Weihe zur Äbtissin zugesendet. Aus deren Hinterlassen schaft

war es in den Besitz ihrer Familie gelangt; auch dies Kreuz hatte zu den Kleinodien gehört, über deren Verbleib undurchdring liches Dunkel lag. Wie um Gotteswillen war Otmar in den Besitz desselben gelangt? Auf einen Druck ihres Fingers öffnete sich das Etui, aber statt des Kreuzes lag eine Visitenkarte auf seinen verblichenen Samt polstern. „Theuerdank Goldheim und Frau." Ja, was bedeutete denn das? „Fräulein Ella Kobal zur fteundlichen Erinnerung an den Abend des . . las halblaut die Gräfin, dann lachte

sie gellend auf. Ah, ihr Kreuz war es, das Ella zum Geschenk erhalten hatte? Wie war der Geber zu dem gekommen? Das mußte er sagen! Sollte sich endlich das Dunkel lichten, dem ernstlich nach zuspüren sie bisher nicht gewagt hatte? Zitternd vor Erregung kehrte die Gräfin mit ihrem unerwarteten Fund in ihre Gemächer zurück. Was zuerst tun? Sie war so verwirrt, daß sie sich nicht einmal fragte, wie denn Otmar dazu komme, einen Gegenstand, der Ella gehörte, in der Tasche zu haben und weshalb er ihr gegenüber

geschwiegen, über etwas, was auch ihm nicht entgangen sein konnte, auch ihn befremdet haben mußte: daß sein Wappen dem Kästchen da ausgeprägt sei. An alles das dachte sie jetzt nicht, nur daran, wie sie dieses Goldheim habhaft werden könne. Ein Geräusch lenkte ihren Blick nach der Türe. Dort stand Babette, die die Posteinläufe brachte und zugleich meldete, daß Klaus von seinem Wege zu Doktor Kobal zurückgekehrt sei. Diesem ginge es besser, er werde sich sehr freuen, wenn ihn die Frau Gräfin

1
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1911/29_04_1911/UIBO_1911_04_29_12_object_8320538.png
Seite 12 von 18
Datum: 29.04.1911
Umfang: 18
." „Ist C; Karlisten?'' „Noch Cabecilla. bltkanern, aushäufen. Armee." „Eine vorüber?" „Bort Flusses zu ger Flinte "Also, schießen — „Das der Cabecil aber das könnten Frau Gräfin die Thcatersängcrin ivcit besser fühlen lassen als ich." Die Gräfin öffnete ihren Schreibtisch und entnahm demselben mit einem unterdrückten Seufzer ihre Geldbörse. „Du hast recht, Babette", sagte sie mit vor Zorn zitternder Stimme, „und fühlen werde ich sie's lassen, was ich von ihrer Aufdringlichkeit haltet" Förmlich eingewickelt

in ihren aristokratischen Stolz, betrat die Gräfin den Salon, in den Babette die Sängerin geführt hatte. Ah, das war stark! Ein großes Album auf dem Schoß, die Photo graphien der Eichenhorstschen Ahnengalerie enthaltend, saß der Ein dringling in so bequem ungezwungener Stellung in dem ausschließ lich von der Hausfrau selbst benützten Fauteuil, -als befinde sich die kleine Frau hier in ihrer eigenen Behausung. Jeder Zoll Dame — trotz ihrer Empörung mußte die Gräfin das zugeben. Sogar das Nichtbeachten der gebräuchlichen

Form, mit der sich zwei Gleichstehende in einer solchen Situation einander genähert hätten, sogar das geschah seitens der Sängerin in so graziöser, eleganter Weise, daß ihr Verstoß gegen die Etikette sich hierdurch in eine bestechende Courtoisie verwarrdelte. „Was für Prachtköpfe!" rief sie enthusiastisch der eintretendcn Gräfin zu, als ob sie vor allem ihrem Entzücken über das Ge sehene Ausdruck geben müsse. „Ja, unter der Obhut solcher Kämpen mußte unser Vaterlaird seiner jetzigen Größe

entgegenreifen!" Gar nichts war mehr dazu angetan, um im Herzen der Gräfin freudigen Widerhall zu wecken, als dieser Ausruf Fräulein Almaris. Die erste Begrüßungsformel einer Fremden hätte allerdings anders lauter: sollen, gewiß. Aber was anscheinend dies Nichtbeachten des gesellschaftlichen Zeremoniells verschuldete, berührte so wohl tuend das innerste Empfinden der stolzen Frau, daß sie es sicher lich verzeihlich fand, wenn man sich durch einen solchen Gegen stand zu einer Formverletzung hinreißen ließ

. Von einer Standes genossin hätte eine so liebenswürdige Art des Entgegenkommens die Gräfin sicherlich sympathisch berührt und angeheimelt; bei der Sängerin erschien ihr die Form, mit der diese sich einführte, als eine empörende Dreistigkeit. Ihr Gesicht ward womöglich mach hochmüttger, und ohne ein Wort der Entgegnung fixierte sie starren Blickes ihr Gegenüber. Blitzartig zuckte ein spöttisches Lächeln über das Gesicht der Sängerin. Sie, die Meisterin in der Kunst, jede Seelenregung in ihren Zügen zum Ausdruck

2
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1911/10_06_1911/UIBO_1911_06_10_14_object_8320652.png
Seite 14 von 20
Datum: 10.06.1911
Umfang: 20
178 C t e tc )e )a 3 sck än chc Ha eno m Da :gri )le, W ittid ,'ches .Han- zegev sgesö ch B Sä eleuch brauc ries ials man dir beweist, bist du auch andern schuldig!" — Herr Goldheim hatte rasch einen Schritt nach vorwärts gemacht, um möglicherweise wieder in den Besitz der verhängnisvollen Papiere zu gelangen; allein mutlos ließ er die ausgestreckten Arme wieder herabsinken, die Gräfin gab die Dokumente sicher nicht gutwillig wieder heraus. Die Almari aber perbarg mit einem lauten Schrei

ihr Gesicht an Ellas Schultern, sich an dem jungen Mädchen fest- Nammernd, als fürchte sie den Anblick von etwas Entsetzlichem. Ruhig entfaltete die Gräfin die Papiere, deren Inhalt sie mit lauter, fester Stimme vorlas. An allen Gliedern zitternd fuhr Doktor Kobal in die Höhe, als sie damit zu Ende war. Mit unnatürlich funkelnden Augen starrte er Goldheim ins Gesicht. „Sie haben von meinem Bruder den Eichenhorftschen Familienschmuck erhalten und ihm Geld darauf vor gestreckt?" „Nur auf einen Teil

desselben. Hier ist die Liste der Gegen stände, die sich in meinem Besitz befinden." „Sie besitzen die Sachen noch?" „Bis auf dieses Kreuz, Frau Gräfin." „Und Sie wußten von alledem nichts, Frau Gräfin?" rief Doktor Kobal angstvoll dieser zu. „Nicht eine Silbe," antwortete sie eisig. „Ich hätte ein so weitgehendes Vertrauen entschieden mißbilligt und es nie erlaubt, daß unser Familienbesitz fremden Personen ausgeliefert würde. Der Mißbrauch, der mit der Güte meines Gemahls getrieben worden ist, beweist ebenso

, wie der Schaden, den wir dadurch erlitten haben, daß mein Einspruch ein vollberechtigter wäre." Ein Doppelschrei beantwortete diese grausamen Worte. „Mein Vater!" schrie Ella außer sich. „Mein Vater <—!" Heftiges Schluchzen erstickte ihre Stimme. „Sie beschuldigen meinen Bruder, Frau Gräfin!" Diese zuckte nur mit den Achseln. „I ch tue das? Ich dächte, diese Papiere sprächen deutlicher, als ich's getan habe." „Und doch unterstützen Sie eine Lüge, einen Betrug, ich möchte meinen Kopf verwetten

, daß dem so ist! Zu was hätte mein Bruder solche Summen gebraucht? Er, der bedürfnisloseste Mensch von der Welt! Für seinen Herrn hat er sich das Geld geben lassen müssen, nicht für sich." „Für seinen Herrn? Glauben Sie, daß der Graf dann eine .Lüge wie diese hier niedergeschrieben hätte?" „Das glaube ich eher, als daß mein Bruder ein Dieb gewesen sein soll! Ich frage noch einmal: wozu hätte er das Geld ge braucht?" Die Gräfin wandte sich an Goldheim. „Sie wissen so vieles, mein Herr, vielleicht können Sie diese Frage

3
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1911/07_10_1911/UIBO_1911_10_07_10_object_8320934.png
Seite 10 von 16
Datum: 07.10.1911
Umfang: 16
, sich durch so gewichtige Fürbitten eine Unterredung mit ihp zu er zwingen — ohne den Brief der Oberin würde sie ihr augenblick lich den Rücken zugekehrt und sich entfernt haben. Vielleicht auch nicht — es lag etwas Bezwingendes in dem Blick der kleinen Dame, vor der jetzt die Gräfin mit einem kalten hochmütigen Gruß leicht das Haupt beugte — ein Ausdruck unbeschreiblicher Güte, teilnahmsvoller Trauer, vor dem die Gräfin erbebte. Sie wußte es sofort — nicht um etwas von ihr zu erbitten, war diese Frau gekommen

, sie hatte ihr ein Unglück zu melden, das sie selbst bedrohte. War es denn noch nicht genug, was sie gelitten hatte? Frau Kwistel deutete das Erbleichen ganz richtig. „Beunru higen Sie sich nicht, Frau Gräfin," sagte' sie sanft, „wir kommen als Friedensboten und bringen Ihnen eine Nachricht, die Sie freuen wird — freuen muß. Denn jedem rechtschaffenen Menschen ist es ja Genugtuung, wenn er ein Unrecht, das er, ohne es zu wollen, beging, wieder gutmachen kann — nicht wahr, Frau Gräfin?" Wohin war es mit ihr gekommen

— sie wußte, was kommen würde! Frau Kwistel beachtete absichtlich die Bewegung der Gräfin nicht, sondern sprach nach deren bejahendem Kopfnicken mit freundlicher Gelassenheit weiter. „Ich wußte, daß Sie so denken würden, ich kenne Sie ja durch Ella. Ich weiß, mit welcher Seelengröße Sie all das Schwere getragen haben, das Ihren Lebensweg verdüstert hat. Die Frau, die sich durch ihr Unglück nicht verbittern ließ, son dern in der schwersten Zeit ihres Lebens eines verwaisten Kindes annahm, wer müßte

sie nicht hochschätzen, verehren! Und das tue ich, ich, die mütterliche Freundin Ellas, die für Sie, wie es ihre Pflicht ist, nur dankbare Wertschätzung empfindet." Die Gräfin stöhnte leise auf — nein, das ertrug sie nicht! Nach dem, was sie auch Ella damals zugefügt hatte, mußte ihr diese milde Gesinnung als Barmherzigkeit erscheinen — die aber verschmähte sie — Almosen zu empfangen, war die Gräfin Eichen horst nicht fähig! Entschlossen richtete sie sich auf. „Wollen Sie nicht die Qual abkürzen, die ich leide

?" fragte sie kurz und rauh. „Ich wünsche die Beweise für das Unrecht, das ich begangen haben soll." Frau Kwistel gab Ella einen Wink. „Es ist auch zugleich ein Beweis, daß treue Anhänglichkeit an Sie und Ihr Haus, die Ihnen wertvoll sein muß, nie gewankt hat, Frau Gräfin," sagte sie sanft, „daß sie echt war, wie es Ellas Zuneigung für Sie ist. Gib der Beschützerin deiner vereinsamten Kindheit den Beweis für die Treue deines Vaters, Ella!" Tief bewegt reichte diese der Gräfin das vergilbte Blatt

4
Zeitungen & Zeitschriften
Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIRVO/1913/17_12_1913/TIRVO_1913_12_17_10_object_7606158.png
Seite 10 von 10
Datum: 17.12.1913
Umfang: 10
Seite 10 Weihnachts-Anzeiger m h M * fragte er den Kammerherrn, als sie in den Saal zu- rücktraten. Der Brahmine seufzte und zuckte die Achseln: „Für mich ist Spiel und Tanz vorbei, das Lachen ist vor über. Die Einzige, die ich zum Tanzen fordern möchte ... die Gräfin Bonau ... ich glaubte, sie liebe mich . . . denken Sie sich meine Verzweiflung . . . unsere Häuser waren einig . . . plötzlich brickt sie gänzlich mit mir ab." „Ei, das ist das erste, was ich höre!" rief Philipp. „Mein Gott

: -da ist ein gutes Werk zu tun! und machte sich ohne Umstände zur Karmeliterin. Die Gräfin Bonau be trachtete ihn eine Weile ernst und errötend, als er ffich zu ihrer Seite niedersetzte. Sie war ein schönes Mädchen: doch bemerkte Philipp bald, sein Röschen sei noch zehntausendmal schöner. „Meine Gräfin . . ." stammelte er und geriet in Verlegenheit, als sie ihren Hellen, schwärmerischen Blick auf ihn lenkte. „Prinz," sagte die Gräfin, „Sie waren vor einer Stunde beinahe zu mutwillig." Volks-Zeitung „Schöne

Gräfin, ich bin dafür jetzt desto ernst hafter." „Desto bester; so darf ich Sie nicht fliehen, Prinz." , e Gräfin, eine Frage nur erlauben Sie mir. Sie auch in diesem Nonnenkleide aufrich tige Buße für Ihre Sünden?" „Ich habe nichts zu büßen." „Aber doch, Gräfin, Ihre Grausamkeiten . . . Ihr Unrecht gegen den lieben Brahminen, der dort drüben von Gott und aller Welt verlassen steht." Die schöne Karmeliterin schlug die Augen nieder und ward ein wenig unruhig. „Wissen Sie auch, schöne Gräfin

, daß der Kam merherr an der Freudenwalder Geschichte so unschul dig ist wie ich?" „Wie Sie, Prinz?" sagte die Gräfin und runzelte die Stirn. „Was sagten Sie mir erst vor einer Stunde?" „Sie haben recht, liebe Gräfin, ich war zu mut willig. Sie selbst sagen es ja. Nun schwöre ich, der Kammerherr mußte auf Befehl der Königin-Mutter nach Freudenwald, mußte gegen seinen Willen da hin, mußte beständig der Kavalier der ihm verhaßten Reizenthal sein . . ." „Der ihm verhaßten!" lächelte spöttisch und bitter

die Gräfin. „Ja, er haßt, er verachtet die Baronin. Glauben Sie mir, er hat gegen die Baronesse fast alle Gren- zen des Anstandes verletzt, hat sich durch sein Be- tragen vielen Verdruß zugezogen. Ich weiß es. Und das alles tat er für Sie. Nur Sie liebt er, nur Sie betet er an. Und Sie — Sie können ihn verstoßen!" „Wie kommt es, Prinz, daß Sie sich für Pilzow sc lebhaft interessieren? Sonst war's doch nicht so." „Es geschieht, Gräfin, weil ich ihn vorher nickt kannte, noch weniger seine traurige Lage

5
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1911/29_04_1911/UIBO_1911_04_29_11_object_8320537.png
Seite 11 von 18
Datum: 29.04.1911
Umfang: 18
Beilage zum „Unterirmtaler Boten“. Nr. 17 Dcrlag der „Driidtorci Union“ Gei. m, d. ö-, 5a!l in Tirol. 1911 Oie Tochter des Intendanten. Roman von P. F. Jezma. (Nachdruck verboten.) . (Fortsetzung.) „Was ist?" fragte die Gräfin, gleichzeitig Babetten die Visit- larte abnehmend. Aber als habe sie eine Viper erfaßt, ließ sie das vlatt fallen, sobald ihre Augen den darauf verzeichneten Namen eine ist. Nein, wirklich nicht. Dann die Hofequipage vor dem Palais, ich Hab' mir nicht erlaubt, die Karte

anzusehen, ehe ich nicht die Salontüre hinter der Dame geschlossen hatte." „In den Salon haben Sie die Person geführt?" rief die Gräfin außer sich. „Das ist ja unerhört! Melden Sie ihr sofort, daß ich nicht zu sprechen bin, und sorgen Sie dafür, daß sie geht." Babette zupfte in ratloser Verlegenheit an ihrem Ärmel herum. Sie kannte ihre Herrin und war die einzige, die die Gräfin bis- Der Niesen. Vom Thunersee aus gesehen. Motograph-ie Niklas, Jnterlaken. Sckesm hatten. „Wie kann diese Person es wagen

?" stieß sie Mpört heraus. „Und Sie, Babette, mußten doch wissen, daß ich Et derartigen Leuten nicht verkehre, Sie hätten die Karte gar nicht ""nehmen, sondern gleich den Bescheid erteilen sollen, daß ich nicht kuipfange." „Halten zu Gnaden, Frau Gräfin," verteidigke sich die Kammer- ’««• „Der Portier hatte der Dame gesagt, daß Frau Gräfin zu vause wären. Und man sieht's ihr wirklich nicht an, daß sie so weilen zum Nachgeben bewegen konnte. „Ach Gott, Frau Gräfin", flüsterte sie untertänig

, „ich bin doch wohl nicht die geeignete Person zur Vertretung von Euer hochgräflichen Gnaden. Die Theater dame kommt gewiß wegen dem Konzert fürs Marienhospital. Die Frau Herzogin soll ganz Feuer und Flamme für dasselbe sein und würde es gewiß ungnädig aufnehmen, wenn sie erfährt, daß Frau Gräfin das Fräulein durch eine Dienerin abfertigen ließen, 's ist ja nichts anderes als eine Bettelei, um was sich's hier handelt. Ijährig halb- 620. »e£Cer. mg. hrung .itee's >ch in a am Salz- Ver- artei. 'vor e Zu- Par

6
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Land-Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/OBEWO/1914/26_06_1914/OBEWO_1914_06_26_18_object_8037040.png
Seite 18 von 18
Datum: 26.06.1914
Umfang: 18
104 kam auch in der Folgezeit doch immer wie der auf die Gräfin. Auch cknes Tages, als ein .neuer Gast mit an der Hotel-Tafel saß. Der horchte bei Nennung des Namens auf. „Nadecki?" forschte er nach, „Gräfin Na- decki in Nagy-Branka?" „Sv ist es!" „Oh, darüber kann ich Ihnen Auskunft geben." Voll Spannung blickten alle aus den Spre cher, einen älteren Herrn von vertrauener weckendem Aeußern. „Ich habe eine Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen", bemerkte dieser erklärend, „und fc>te Frau Gräfin

war seit vielen Jahren meine Kundin. Ich habe sie häufiger auf ihrem Gut besucht, noch zuletzt im vorigen Monat auf meiner alljährlichen Tour durch die Donauländer. „Und sie war am Leben? Wie ging es ihr?" schwirrten die Fragen durcheinander. Ter Fabrikant strich sich gedankenvoll den Bart. „Am Leben war sie", erwiderte er, „aber sie hatte sich so verändert, daß ich sie kaum wiedererkannte. Es wird auch mein letzter Besuch auf Nagy-Branka gewesen sein. Die Gräfin wollte ihr Gut verkaufen

und hat es mittlerweile wohl schon verkauft." „Aber ihr Sohn — —?" „Ach, der — —! Wenn der nicht wäre, würden Sie die Gräfin sicher auch in die sem Jahre wiedergesehen haben. So aber mußte sie ans ihrer Scholle bleiben, um zu retten, was zu retten war. Sie ver stehen noch nicht. Dann muß ich ja etwas ausführlicher erzählen. „Die Gräfin Nadecki entstammt einem alten ungarischen Geschlecht und soll zu ihrer Zeit die größte Schönheit in den habsbnrgischen Landen gewesen sein. Die Vielumworbene vermählte

. Zwar war die Hin terlassenschaft so verworren als möglich, die Verschuldung enorm, aber es zeigte sich, daß die junge Frau einen klaren, praktischen Blick und starke Schultern hatte. Sie brachte wie der Ordnung in die heillosen Zustände auf Nagy-Branka, ihre Verwaltung des Gutes war eine so rationelle, daß steigende Erträge herausgewirtschaftet wurden. Und wenn die Gräfin nach zehnjähriger Witwenschaft noch einen Kummer hatte, so bereitete ihr den einzig und allein ihr Sohn, der immer mehr nach den: Vater artete. „So lange

war keine ganz freiwillige. Auf Nagy-Branka gehen Gerüchte von einer be wegten Aussprache, die zwischen Mutter und Sohn, gleich nach dessen Ankunft, stattge sunden. „Die Gräfin, die sich so auf das Wieder sehen gefreut hatte, soll nach dieser Aus einandersetzung völlig gebrochen gewesen sein. Sie war auch einige Zeit krank, hat sich jedoch in fieberischer Unruhe wieder aufge rafft und hat gerechnet und verfügt, um den Ehrenverpflichtungen des Sohnes gerecht zu werden. Ihr Barvermögen reichte

7
Zeitungen & Zeitschriften
Sterne und Blumen
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/STEBLU/1914/03_05_1914/STEBLU_1914_05_03_5_object_8328243.png
Seite 5 von 12
Datum: 03.05.1914
Umfang: 12
— 141 zu müssen, und führte er auch nie gar so hoch. Und du wirst mir folgen, Geliebte, mir folgen durch Arbeit und Sorge. Einrnal im Leben wird uns die Sonne wohl scheinen — oder scheint sie uns nicht schon, nicht heute an diesen! herrlichen Sommertage? Ich möchte meinen Schatz nicht eintauschen gegen den ihren, nicht gegen ein ganzes Leben voll Glanz und Reichtum. Das Zimmer der jungen Gräfin ist da droben der einzige Platz, an dem man leben kann, und sie ist gütig, die junge Gräfin

; sie hat meine Qualen erkannt, denn sie hat mir nicht ver wehrt, dorthin zu kommen.- Da habe ich an ihrem Spinett in langen Abendstunden die Freiheit erträumt, da habe ich an dich gedacht." „Still, still!" Wie ein Feuer brennt es in dem Kopf der jungen Gräfin, ihre Pulse hämmern. Es war ihr, als könne sie nicht atmen, ihre kleinen Hände umklammern krampfhaft das eiserne Geländer, sie fürchtet sonst zu fallen. Eine Weile steht sie unbeweglich und schaut mit stumpfen, fassungslosen Blicken ins Leere, dann legt

sie plötzlich die Hand über die Augen, die schmerzhaft flimmern und stechen. Da schlägt die Turmuhr fünf laute Schsiläge. Gräfin Amalia Kristina fährt auf, als wäre sie aus' einem bösen Traum erwacht, hebt stolz den feinen Nacken und geht mit macht keine Miene, ihr zu Hilfe zu kommen. Man ist ja daran gewöhnt, daß die junge Gräfin sich selbst hilft. „Patz doch auf", ruft sie streng, hebt ihre Schleppe mit der linken Hand und geht in stolzer Haltung über den Hof. .Sie sieht nicht, daß Gustav vor seiner Hunde

hütte hin und her springt, um sie wie gewöhnlich mit einer Umarmung zu begrüßen, und als der Foxterrier kokett vor ihr auf und abtändelt, be kommt er einen Hieb mit der Reit peitsche über den Rücken, daß er heu lend die Flucht ergreift — dem alten Wächter Modig, dem Liebling der jungen Gräfin, gönnt sie kaum ein gnädiges Nicken. Die Bedienten versammeln sich in den Flügeltüren und betrachten mit Verwunderung und Sorge ihre junge Herrin, und Modig sagt in bitterem Ton: „Die Gräfin — seht mal

8
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1911/13_05_1911/UIBO_1911_05_13_15_object_8320577.png
Seite 15 von 18
Datum: 13.05.1911
Umfang: 18
Nun, ich glaube, daß das zu bewerkstelligen wäre. Wenn Eure Liebden vielleicht —" Es verriet stets, daß der Herzog schlechter Laune sei, wenn er seine Gemahlin mit diesem feierlichen Tjjel ansprach. Die letztere fern dm unausgesprochenen Wünschen ihres Gatten, die sie aus dieser Anrede entnahm, daher stets bereitwilligst entgegen. Wieviel mehr diesmal, wo etwas zu scheitern drohte, auf das sie so große Hoffnungen gesetzt hatte. „Ich werde die Gräfin zu mir bitten lassen", sagte sie eifrig

, „ist dir das recht, Amadeus?" Galant küßte der Herzog seiner Frau zum Zeichen seines Einverständnisses die Hand. „Diese Frau Goldheim wird recht haben", sagte er dann erleichtert, „dem Wirrnis wird ein Miß verständnis zu Grunde liegen, das diese gütigen und geschickten .Hände hier zur allseitigen Befriedigung anflösen werden. Vermittle der Gräfin den Ausdruck meines Wohlwollens. Gute Nacht, Teuerste - gute Nacht, Baronin." „Glauben Sie, liebe Willmersdorf, daß die Gräfin meinen Wunsch erfüllen tvird?" fragte

gewesen sein." , „Ja, sie war recht unvorsichtig! Meinem Konzert so wenig Förderung angedeihen zu lassen, das war ja gar nicht freundlich." Der letztere Gedanke ließ ziemlich kühle Worte aus der Feder der Herzogin aufs Papier gleiten, so kühle Worte, daß sie die Freude der Gräfin Eichenhorst über das herzogliche Handschreiben beträchtlich dämpften. Und das hatte gerade auch noch gefehlt! Unangenehm, wie der Tag begonnen hatte, endete er auch. Ella hatte an die Gräfin geschrieben, daß der Zustand Dr. Kobals ein sehr bedenllicher

sei und sie deshalb die Nacht an seinem Krankenlager zubringen müsse. Wie fatal! Ernstlich krank, da half nichts, da mußte die Gräfin mrgen selbst bei dem Patienten vorsprechen. Dann, so sehr sie sich auch bemühte, sie zu vergessen, klangen ihr stets und stets Nieder die letzten Worte der Sängerin im Ohr. Die Gräfin war vielleicht die einzige Person in M..., die nichts von dem wußte, N«s sich seit der Entfernung der Sängerin aus ihrem Hause zu- getrageu hatte. Und darum zitterte sie vor Zorn

bei dem Ge danken, daß diese impertinente Person jetzt vielleicht triumphierend erzähle, wie sie die Gräfin Eichenhorst abgefertigt habe. Und nun auch noch dieser fast unfreundliche Brief der Herzogin, die Frage, Usas wohl die Ursache desselben sei, hielt die Gräfin bis weit in die Nacht munter. 9. I : Aber so peinlich auch die Stimmung der Gräfin Eichenhorst die ihres Sohnes war dies zur selben. Zeit in noch weit höherem Grade. Er hatte wie gewöhnlich bei seiner Mama ge- iWft und von dieser erfahren

9
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1911/29_07_1911/UIBO_1911_07_29_11_object_8320773.png
Seite 11 von 16
Datum: 29.07.1911
Umfang: 16
war wieder einmal ganz und gar die leidenschaftliche rück sichtslose Pauline Almari, die sich jetzt entschlossen der Gräfin Eichen horst in den Weg stellte und ihrer Erbitterung freien Lauf ließ. „Ich hörte von der Frau Majorin von Paur, daß Sie hier sind, Frau Gräfin, Herr Graf," begann sie, die Titel der Angeredetm mit verächtlichem Hohn betonend, „und bin gekommen, um Sie zur Rechenschaft zu ziehen. Zuerst zu Ihnen, Madame! Sie haben sich unterstanden —" Die Majorin von Paur stand

da, als ob sie träume, Otmar von Eichenhorst aber preßte den Arm seiner Mutter fest an sich, sie hierdurch zum Schweigen auffordernd. „Pardon, meine Gnä dige," näselte er hochmütig, „Sie zwingen mich dazu, Sie daran zu erinnern, daß Sie die Ehre haben, mit der Gräfin Eichenhorst, und nicht mit einer Ihrer früheren Kolleginnen zu sprechen. Der Ton, den Sie anschlagen, ist hier durchaus nicht am Platz." „Im Grunde haben Sie recht, Herr Graf," lachte Pauline Böheim schroff auf, „ein Weib, welches ein anständiges

Mädchen bei der Polizei verleumdet, müßte entweder durch eine Zwangsjacke unschädlich gemacht, oder mit der Verachtung gestraft werden, mit der rechtschaffene Menschen ehrabschneiderischen Denunzianten aus- weichen —" „Sie sind eine Frau —" stieß Otmar außer sich hervor — großer Gott! was hatte seine Mutter da getan! Totenbleich wandte sich diese an ihn. „Ich ersuche dich, mich von hier fortzuführen!" rief sie ihm mit versagender Stimme zu. Otmar schickte sich an, dies zu tun, allein die Gräfin Böheim

! trat ihm resolut in den Weg. „Nun die unqualizierbare Handlungsweise der Frau Gräfin Eichenhorst von mir nach Gebühr gebrandmarkt worden ist, habe ich gegen die Entfernung dieser hochedlen Dame nicht das geringste einzuwenden," zischte sie zwischen ihren zusammengebissenen Zähnen hervor. „Anders jedoch steht es mit Ihnen, Sie werden sich nicht entfernen, ehe Sie mir Rede gestanden haben. Sie haben Ella Pisani durch Ihre Nachstellungen kompromittiert, wie gedenken Sie das wieder gutzumachen?" Ehe

noch Otmar antworten konnte, tat dies die Gräfin Eichen horst. „Ich bitte dich inständig, Otmar," rief sie ihrem Sohn mit vor boshafter Genugtuung funkelnden Augen zu, „dir von dieser Dame mitteilen zu lassen, in welcher Weise die Rehabilitierung des Fräuleins durch dich bewerkstelligt werden könnte —" ! „Wenn an einen Ehrenmann eine solche Frage gerichtet wird, kann er sie nur durch einen Heiratsantrag beantworten!" erwiderte Pauline Böheim mit ruhiger Energie. Die Gräfin Eichenhorst lachte höhnisch

10
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1911/19_08_1911/UIBO_1911_08_19_11_object_8320821.png
Seite 11 von 16
Datum: 19.08.1911
Umfang: 16
es dem Kutscher, die Tiere zum Stehen zu bringen. „Was ist geschehen?" rief die Gräfin zu seinem Sitz hinauf, gleichzeitig die Wagentüre aufreißend und samt Ella in den Weg hinausspringend. „Ein Pferd muß mit seinem Reiter durchgegangen sein — wenn er's in der Gewalt gehabt hätte, könnte er unmöglich so blindwütig aus dem Seitenweg heraus in unsre Pferde hineingerast sein — die drei Tiere waren ja nur ein wirrer Knäuel." „Ist unfern Pferden etwas geschehen?" „Ich weiß nicht, Frau Gräfin, ich wage

es nicht, die Zügel aus der Hand zu lassen." „Und das durchgegangene Pferd?" „Das ist auf und davon — sein Reiter flog in die Büsche, daß alles krachte —" „Um Gotteswillen, Ella, halte meinen Schirm, daß ich die Wagenlaternen anzünden kann — das hätten Sie längst tun sollen, Friedrich." „Gerade wollte ich's tun, Frau Gräfin." „Wir müssen den Verunglückten suchen, Ella — He, Posten, hierher!" schrie sie plötzlich laut in die Dämmerung hinaus, in der ein langsam dahertrottender Wachtposten soeben

unter einer Gasflamme sichtbar ward und sofort eilig dem an ihn ergangenen Ruf Folge leistete. „Ein durchgehendes Pferd ist in die meinen hineingerast und hat dabei, wie mir mein Kutscher meldet, seinen Reiter abgeworfen!" rief sie dem Manne zu, als er herangekommen war. „Wo war's Friedrich?" „Ein gut Stück hinter uns, Frau Gräfin, beim letzten Seiten weg." „Nehmen Sie eine meiner Wagenlaternen mit, wir folgen Ihnen. Sie, Friedrich, kehren um und kommen uns nach." „Soll ich nicht erst die Pferde — ?" „Die stehen

, Arges wird Ihnen somit nicht widerfahren sein, der Verunglückte geht vor." f Der Wachtmann war schon mit einer der helleuchtenden Wagen- löteriten der bezeichneten Stelle zugetrabt. Bei derselben ange- wmmen, sprang er vom Pferd und stieß im nächsten Augenblick einen lauten Schrei aus, der Ella und die Gräfin zur größten Eile antrieb. Ehe sie noch ihr Ziel erreicht hatten, hallten schon die schrillen Hilfssignale durch die Luft, mit denen der Wachtposten seine Kameraden herbeirief. „Ein Offizier

!" rief er den Damen entgegen. „Der scheint genug gekriegt zu haben. Wenn ich nur etwas zu einem Notverband hätte, ich möchte ihn nicht umdrehen, ehe ich den Ritz da verstopft habe." Entsetzt starrteu Ella und die Gräfin auf die vor ihneu liegende regungslose Gestalt, deren Kopf die Wagenlaterne hell beleuchtete. Das Gesicht des Verunglückten war der Erde zugekehrt, zwischen den Haaren seines Hinterkopfes rieselte das Blut aus einer schnittartig klaffenden Wunde. Eilig reichten die Damen dem Wachtmann

11
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1911/22_07_1911/UIBO_1911_07_22_10_object_8320756.png
Seite 10 von 16
Datum: 22.07.1911
Umfang: 16
denn diese unerhörte Verdächtigung des armen Grafen her?" Die Gräfin lachte kurz und bitter auf. „Wahrscheinlich von ihm selber!" sagte sie mit schneidender Schärfe. „Er wird die Miene des Siegers mit berechneter Absichtlichkeit deutlich zur Schau getragen haben." „Das ist eine abscheuliche Verleumdung! Er kann das nicht getan haben, denn er denkt nicht im Traum daran, Ella die Cour zu machen. Es gibt nichts Harmloseres, als den Verkehr zwischen den beiden." „Hier, das will ich allenfalls glauben. Sind Sie davon

drängen wollte. Warum hatte sie so töricht gehandelt und Tante Kwistel nichts von ihren Begegnungen mit Otmar erzählt! Nun ward sie bitter dafür gestraft! „Setzen wir uns," fuhr drüben traurig die Gräfin Böheim fort, „lassen Sie mich Ihnen alles erzählen, was ich weiß, und uns dann beraten, wie wir Ella helfen können. Sie erinnern sich wohl, daß mein Gemahl Goldheim sein Erscheinen zur Eröffnung der Jagd gnädigst versprochen hatte, vor acht Tagen haben wir sie ausgesucht. Ihr Schloß ist voll Gäste

einen Besuch abzustatten. Als wir bei ihm eintrafen, fanden wir dort, als den Gast seiner Gemahlin, die Frau Gräfin Eichenhorst." „Graf Otmars Mutter?" „Ja. Sie ist die einzige, die diesen Namen trägt. Das Eichen- horstsche Stammschloß liegt unweit der Sprinzensteinschen Besitzung, was ich nicht wußte." Die Sprechende unterbrach sich und lachte schadenfroh auf. „Unser Erscheinen versetzte nun allerdings die Frau Gräfin in eine sehr peinliche Situation." „Weshalb?" „Ach ja so, davon wissen

nur einen Tag dauern werde, rmd ergaben uns deshalb in unser Mißgeschick, von dessen Pein lichkeit übrigens niemand etwas ahnte. Nicht einmal mein Gatte, der sich der größten Liebenswürdigkeit gegen die Gräfin befleißigte. Daß er es dieser dadurch ermöglichte, hie und da einen kleinen ver gifteten Pfeil auf mich abzuschnellen, war freilich durchaus uicht uach nieinenl Geschmack und verstärkte die Empfindungen, die mich für die liebenswürdige Frau Gräfin beseelen, um ein Erkleckliches. Ich zitterte

ich doch den Vorschlag, zu Goldheims zurückzu kehren und die Biberjagd auf eine günstigere Zeit zu verschieben. Allein, davon wollten die Sprinzensteins nichts hören, und auch mein Gemahl erklärte kurz abweisend, daß es eine Rücksichtslosig keit sein würde, den Pferden unsers Gastgebers bei solchem Wetter die Fahrt nach der ziemlich entlegenen Eisenbahn zuzumuten. Die Gräfin Eichenhorst stieß bei dieser Auseinandersetzung einen tiefen Weor Sch welche Fluch r goner ii hätten gemacht

12
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1911/21_01_1911/UIBO_1911_01_21_9_object_8320285.png
Seite 9 von 16
Datum: 21.01.1911
Umfang: 16
i Nr. 3 verlsg der „Druckerei Union“ Gef. m. b. Hs» in Tirol. 1911 Die Tropfen. Novelle von M. Herbert. (Forlsetzung.) (Nachdr. Verb.) Gräfin Höllenstein wandert ruhelos in ihrem Zimmer auf und Mer, ihr langes schwarzes Kleid fegt den Boden, mit seiner Schleppe die Majestät der königlichen Gestalt noch er höhend. Sie hat die Türen geschlossen, denn sie muß al lein sein. Sie ist gewöhnt, alle Unannehmlichkeiten, alle Kämpfe allein durchzufechten. „Es geht dann am besten und am schnellsten

," pflegt sie zu sagen. Aber heute geht es uicht schnell, und doch handelt es sich nur um den Brief eines armen Handwerkers, eines Menschen, der gar nicht Mzählt in der Gesellschaft und der froh wäre, wert be funden zu werden, die Schuhe uer gräflichen Familie auszu bessern. , „Gnädigste Gräfin", Meibt er mit ungelenker Handschrift auf grobem, ver übtem Papier, „die Dia- >uantostropfen habe ich mei nem Lenerl gewissenhaft ge geben Es steht ja auch in »«-Weisung, daß sie gegen Es gut sind - aber das Eibi

ist doch heute Nacht an er Diphtheritis gestorben, ° es hat so schrecklich ge= JJ®- ~~ Wenn Sie das Kind Aen hätten! Meine Haare ? über Nacht weiß gewor- weiß ja, daß es M ^ Wrlle ist, wenn ein ick r- ^rbt, und doch möchte fragen: „Sind die ^amantostropfen heilkräf- hätten aä neulich, sie Sf a L !ci « c Heilkraft, und 9e«en^ a S u war auch da- ick ^er Ihnen glaub' Si>> Gräfin, schreiben Ulir nur ein Wort. N a^hr unglücklicher ^ "'tstock, Schuhmacherm.^ Havanna-Auslese. Nach dem Dieser Brief

ist nicht der erste seiner Art, und Gräfin Ziska hätte viel zu tun, wollte sie solche Reklamationen beachten und beantworten. Gräfin Ziska hat bei der Durchsicht der traurigen, kleinen Epistel kopfschüttelnd und mitleidvoll gesagt: „Ja, mein Gott, für den Tod ist kein Kraut gewachsen! Diese Leute meinen, man müsse ihnen helfen, aber wenn die Stunde geschlagen .hat, die Gott bestimmt hat, dann nützt eben kein irdisches Mittel mehr." Sicherlich, das war eine gute, vernünftige und ganz wahrhaftige Ansicht

, und doch heute wollte sie nicht standhalten. Zweifel, Unruhe und eine große quälende Angst überfluteten die sonst so ruhige Seele der Gräfin Ziska, aber der Brief trug nicht al lein die Schuld, alte Erinne rungen waren übermächtig emporgestiegen. Sie lehnte sich in einen Sessel und dachte nach. Sie batte eine Stunde unfreiwil liger Gewissenserforschung. Ihr Herz legte vor sich selbst Generalbeichte ab. Wie in per Todesstunde stand Gewese nes, verschmerzt und verges sen Geglaubtes vor ihr auf. Gräfin Ziska

13
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1911/18_02_1911/UIBO_1911_02_18_13_object_8320359.png
Seite 13 von 18
Datum: 18.02.1911
Umfang: 18
51 Als sie aufwacht, ist alles anders. Die Sterbekerze flammt neben dem Bette, das geliebte Antlitz ist furchtbar verändert, der Atem kommt röchelnd, in langen Zwischenräumen. Der Priester geleitet mit dem Gottesworte die scheidende Seele. Mit einem entsetzten Blicke schaut Käthe zu Dr. Martin auf. „Ach, wenn Sie ihn gerettet hätten! Weshalb lassen Sie ihn sterben?" „Gott läßt ihn sterben, Gräfin Käthe." — — I Graf Rudi ist tot. Mit auf der Brust gefalteten Händen liegt er auf feinem letzten

, blumeu- und palmemüberstreutcu Lager. Neben ihni ragt das Krenz, flackern die Kerzen. Niemals sah er so edel und schön aus wie jetzt, niemals so vornehm und unbekümmert. Man hat Gräfin Ziska mit ihm allein gelassen. Es ist ihr letzter Abschied. Sie steht am Fußende des Bettes und schaut zu dem toten Gatten hinüber. In ihren Augen sind keine Tränen, ihr Gesicht ist kalt und marmorn wie das des Toten. Aber in ihrer Seele wallt eine mächtige Flut. Es überkommt sie ein innerlicher Sturm

, wilder Traum ist es über die Seele Käthes gegangen. Der letzte Atemzug, die große Stille, die ihm folgte, die Leere uird Öde, die fremden Menschen mit den harten Gesichtern und den harten Händen, welche die entseelte Hülle ankleidcten, als ginge es zu Ball und großer Gesellschaft, dann der Trauergang, eine unendliche Menge reicher Teilnehmer uud die Trompetenstöße im Traueramt. — Dann wird alles sehr ruhig. „Käthe", sagt Gräfin Ziska zu dem jungen Mädchen, das teil- namslos und untätig im Zimmer

des toten Vaters sitzt, „es wird nun Zeit, wieder an die Lebenden zu denken. Busso konnte sich während der letzten Tage kaum eines Blickes von dir rühmen. Er hat sich bei mir bitterlich beklagt über deine Gleichgültigkeit." Gräfin Ziska, die in ihren langen Kreppgewändern noch höher und königlicher erscheint als sonst, sendet einen strengen, strafenden Blick nieder in -das schmal gewordene Gesicht Käthes, aber der Blick hat keine verschüchternde Wirkung. „Busso redet viel, das ihm nicht von Herzen geht

, das weißt du ja, Mama. Ich bin in den Wochen zu der Überzeugung ge kommen, daß seine Neigung zu mir rein äußerlich und oberflächlich ist, und fühle dieser Tatsache gegenüber nicht den Mut in mir, mich ihm für das ganze Leben zu überliefern. Ich glaube fast, wir kämen seinen Wünschen entgegen, wenn wir das Verlöbnis lösten." „Du faselst", ruft Gräfin Ziska erzürnt, „die Zeit der Launen haftigkeit und der Grillen ist jetzt ernstlich vorbei. Ich werde dich lehren, das Leben zu sehen

14
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1911/30_09_1911/UIBO_1911_09_30_10_object_8320918.png
Seite 10 von 16
Datum: 30.09.1911
Umfang: 16
An ber k. k. Äau- tirth imtftlmtthitteritprrrfml p 306 2 Stemm Fähigkc Gewerb Ablegul 8 Meister mit Mi bis 51 jene ka erwähn: arbeiter bezügliü tischen , A Schüler B 1 A reitungr richte n tischen licheSd ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ r ♦ ♦ ♦ däs Blatt, das er just aufgehoben hatte, entflatterte seinen Fingern. Die Gräfin fing es ans und- studierte es neugierig. „Guthaben an Weinberger —" las sie halblaut und fuhr ordentlich erschrocken zurück, als sie die Totalsumme gewahr wurde, welche die auf diesem Blatt

nehmend. „Sieh selbst, diese Schrift kann man weder verkennen noch vergessen. Und ich habe sie so oft vor Augen gehabt, viele Aufzeichnungen aus seinen Reisen habe ich für die Gräfin abschreiben müssen, weil ich besser als sie selbst im stände war, sie zu enträtseln." „Das ist allerdings eine Aufgabe gewesen," sagte Goldheim, auf dessen Gesicht jetzt nichts nrehr von seiner vorherigen Auf regung zu sehen war. „Ich muß gestehen, daß ich nicht eine einzige dieser Hieroglyphen entziffern kann." „Einzelne

Worte kann ich deuten," meinte kopfichüttelnd die Gräfin, „alles nicht. Nur diese Unterschrift — welcher Mensch kann es herausbringen, daß das „Eichen^irst" heißen soll!" „Es hat es auch niemand herausgebracht," entgegnete Kern. „Der ungefähre Inhalt der Briefe ist mir allerdings durch müh sames Studieren ziemlich klar geworden, daß sie aber mit dem Intendanten Kobal zusammenhingen, das habe — das konnte ich freilich nicht ahnen. Denn genannt ist der Name deines Vaters nir gends, Ella

. „Nun kommt die Abrechnung, Gräfin von Eichenhorst!" Ella zuckte erschrocken zusammen. Dann verbreitete sich ans ihrem Gesicht der Ausdruck angstvoller Hilflosigkeit; wie Beistand erbittend, streckte sie ihre Hand nach Tante Dv-istel aus. Diese jedoch hatte bereits aus dem Ton der Gräfin etwas herausgehört, was ihr durchaus nicht behagte. „Wie meinen Sic denn das. Liebste?" fragte sie scharf und bestimmt. „Das ist doch schr einfach!" lautete die Antwort. „Die Ver dächtigung Kobals wendet

sich jetzt gegen die Gräfin. Ihn hat sie ungerechterweise beschuldigt, die Hände nach fremdem Gut ausge streckt zu haben — sie aber hat es wirklich getan, indem sie von Ella die ihr zurückgegebenen Schmucksachen anslösen ließ, die für ihren Gemahl verpfändet worden waren. Und sie ist jetzt viel leicht nicht einmal imstande, das widerrechtlich Erhaltene zurück- zuerstatten —" „Ach du lieber Gott!" stammelte Frau Kwistel erschrocken. „Die stolze Frau —! das wird sie furchtbar treffen. Ella — das wirs! du doch nicA tun

15
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1911/21_01_1911/UIBO_1911_01_21_11_object_8320287.png
Seite 11 von 16
Datum: 21.01.1911
Umfang: 16
sich sein Gesicht. „Ich werde gegen die Tropfen schreiben," sagt er, aufstehend und nach seinem Zylinder greifend. Gräfin Ziska erschrickt, aber sie faßt, sich schnell. „Tun Sie, was Ei? nicht lassen können. Wenig im Sinne der alten Freundschaft ists allerdings." Er gibt keine Antwort, macht ihr eine tiefe Verbeugung und schickt sich zum Gehen. In diesem Augenblicke tritt Käthe ein, unbefangen, licht und schön in ihrem Sommergewand. Beim Anblick des Arztes erfaßt sie ein freudiger Schreck. „O Mama!" ruft

das tiefe, ehrliche, wahrhaftige Wohlwollen im Gesicht des Mannes, sie setzt sich über den Zorn der Mutter hinweg. „Herr Doktor", ruft sie bittend, „schauen Sie nach Papa, er leidet schwer, sehnt sich nach Ihnen." Aber das ist zu viel für Gräfin Ziskas despotischen Willen. „Käthe", sagt sie rücksichtslos, „mische dich nicht in Dinge, die dich nichts angehen! Ich bitte, Herr Doktor, ignorieren Sie die Worte meiner Tochter." Dr. Martin richtet sich stramm auf. „Ach — Sie heilen den Herrn Gemahl

mit den Diamantos- tropfen?" fragt er mit scharfer Ironie. „Viel Glück zur Kur!" Und dann sich zu Käthe wendend: „Meine liebe, kleine Gräfin, es ist mir trotz alledem und alledem eine Freude gewesen, Sie zu sehen. Ich würde mich freuen, könnte ich Ihnen im Leben einmal einen Dienst erweisen." Noch eine tiefe Verbeugung vor den Damen, und Dr. Martin ilt verschwunden. Käthe ist äußer sich. „Mama", ruft sie leidenschaftlich, „warum hast du diesen guten Menschen beleidigt? Ich sah nie ein fo ver trauenerweckendes

Gesicht." Gräfin Ziska wendet sich schroff ab. „Laß dich von Dingen, die du in keiner Weise beurteilen kannst, Käthe. Sonst wär's mit unsrem guten Einvernehmen vorbei." Gekränkt, traurig und befremdet verläßt Käthe ihre Mutter. Sie hat ein pietätvolles und gehorsames Herz, und dennoch, zum ersten Male scheint es ihr, als ob Mama nicht ganz auf rechtem Wege sei, und sie ist ernstlich beunruhigt um ihres Vaters willen. Äußerlich ruhig, innerlich friedlos und aufgeregt, bleibt Gräfin Zlska allein

. Obgleich sie es leugnet, ihre Seele zittert doch vor der großen Verantwortung, die sie auf sich genommen hat. Auf dem Grunde ihres Herzens, niedergehalten und totgeschwiegen, lebt das furchtbare, immer mehr ins Leben drängende Bewußtsein: „Ich glaube nicht mehr zweifellos an den Erfolg der Medizin, die ch verkaufe. Sie ist vielleicht ein großer Irrtum, oder, was ent schlich wäre — ein gewöhnlicher Schwindel." Aber was hilft es? Gräfin Ziska hat sich den Tropfen ge wissermaßen verkauft. Ihre ganze

16
Zeitungen & Zeitschriften
Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIRVO/1913/19_04_1913/TIRVO_1913_04_19_4_object_7605911.png
Seite 4 von 12
Datum: 19.04.1913
Umfang: 12
der künstlerischen In teressen der jungen Gräfin hatte ein flüchtiges Rot auf das Antlitz des jungen Hörers gerufen. Zwischen der kalten, strengen Natur der Sprecherin und der warmblütigen, jugendfrohen ihrer Schwie gertochter mochte allerdings ein unüberbrückbarer Abgrund klaffen, aber so wenig sich Innozenz von der harten Schroffheit dieser alten Frau angezogen fühlte, so vorurteilslos nahm er sich vor, der Gräfin Donata entgegenzutreten, um sie im offenen und ehrlichen Kampfe, ohne ihrer innersten Natur

Fesseln anzulegen, für die gute Sache zu gewinnen. Noch eine Frage schwebte ihm auf den Lippen, und nun tat er sie zögernd: „Nach allem, was Sie mir da mit teilten, Frau Gräfin, werden Sie vielleicht mein Erstaunen darüber n'cht verdammen, daß Graf Alexander Karditsch diese Verbindung überhaupt geschlossen hat —" Gräfin Theodora nickte leise vor sich hin, während ein unsäglich bitteres Zucken um ihre Mundwinkel ging. Wie in eine weite Ferne hinausblickend, erwiderte sie: „Solch eine Frage legt

die Gatten innerlich entfremdete? Nur deshalb?" „Ja," sagte die Gräfin nach kurzem Zögern. Dann trat eine Pause ein, bis sie, sich erhebend, hinzusetzte: „Ich will Sie jetzt meiner Schwiegertochter zuführen, Pater Innozenz. Auch mit unserem Hauskaplan, dem langjährigen Beichtvater der Familie, welcher durch meinen Sohn wieder zum Erzieher des kleinen Ronald bestimmt worden ist, möchte ich Sie be kannt machen. Pater Pius ist erst seit gestern hier und wird sich glücklich schätzen. Ihnen die Hand drücken

zu können. Kommen Sie! Wir werden die Gräfin voraussichtlich drüben in ihren: Boudoir finden." — 87 — Sie schritt ihm voraus und Innozenz folgte schweigend. Sie durchwanderten ein paar gleichfalls üppig ausgestattete Gemächer, die sich an dasjenige schlossen, in welchen: sie geweilt hatten, kamen dann an der Schloßkapelle vorüber, in die Gräfin Theodora den Mönch einen Blick tun ließ, ohne daß er Zeit fand, das Altarblatt derselben zu betrachten, und gelangten endlich an ein Zimmer, an dessen Flügeltüre

die Gräfin pochte, um danach, ohne den Hereinruf abzuwarten, dieselbe rasch zu öffnen. Man hatte von draußen helles Kinderlachen vernommen, durch welches das Klopfen übertönt sein mochte. Als die beiden eintraten, bot sich ihnen ein anmutiger Anblick. Gräfin Donata lehnte in einem Fauteuil, ihren fünfjährigen Kna ben. ein bildhübsches, blondlockiges Kind, auf deu Knien, und ließ sich von dessen kleinen Händen einen Alpenrosenkranz aufs Haar setzen. Dem Kleinen gelang es sichtlich nicht ganz

17
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1911/25_11_1911/UIBO_1911_11_25_14_object_8321050.png
Seite 14 von 16
Datum: 25.11.1911
Umfang: 16
zu v St. ! durck Im: Gott Mi B halt! ca. 7 8»li Geg« (ca. fü 374 Der schöne Jean. Novellette von H. E. von .Schüße. (Nachdruck verboten.) Gräfin Meterau war eine der schönsten und liebenswürdigsten! Frauen Wiens. Zum Leidwesen ihrer vielen Verehrer hatte sie sich seit dem Tode des Grafen von der Geselligkeit zurückgezogen, um in ihrem eleganten Palais am Franzensring ein ihr konvenieren- des Leben zu führen: Grund genug, daß sich di!e liebe Gesellschaft erst recht mit ihr beschäftigte. Das letzte Ereignis

ihres Hauses, das vi,el besprochen wurde, war das Engagement eines Kutschers, der durch seine vornehme Er scheinung, seine guten Manieren, seine tadellose Zügelführung all gemein auffiel und Neid ervegte. Man pries ihn als das Muster, die Krone aller Rosselenker. Gräfin Meterau dachte anders über ihren feudalen Kutscher. Nur mit Widerstreben hatte sie ihn trotz der guten Zeugnisse enga giert. Wäre die Verlegenheit, in welche sie durch die Erkrankung ihres alten Kutsschers geraten war, nicht so groß

Mann war ihr unheimlich. Sie hätte viel darum gegeben, wenn sie nur den geringsten Grund gefunden, ihn zu «entlassen; aber er ließ sich nichts zu schulden kommen, und so blieb er, „der schöne Jean", wie er im Hause von den Leuten und in der Nachbarschaft gemmni wurde. Die Gräfin fuhr jetzt weniger aus als sonst und beschränkte sich mehr auf Fahrten in der Stadt, oder in den Prater hinaus, und auch da nur in den Stunden, ,in denen sie sicher war, viele! Menschen anzutreffen. Grögere Touren über Land

wie: daß sie, um nachzusehen, ob alles in Ordnung zur Nacht wäre, das Zimmer betreten hätte, daß ihr Jean scherzend gefolgt wäre, aber nur einige Minuten darin verweilt hätte, und bat schließlich unter Tränen die Gräfin um Verzeihung mit dem Versprechen, daß es sich nie mehr wiederholen werde. Die Gräfin ließ es dabei bewenden, da sie der Anständigkeit der Jungfer, die seit Jahren im Hanse war, vollkommen vertraute. Nur Luise hatte jederzeit Zutritt zur Gräfin und durste unan gemeldet eintreten. An diesem und den darauf

folgenden Abenden war die Gräfin nervös und konnte schver einschlafen. Der Gedanke, daß Luise mit Jean ein Liebesverhältnis eingegangen oder, wenn auch das nicht, so doch in gutem Einvernehmen stände, berührte sie peinlich, quälte sie. Sie schalt sich selbst darüber und zwang sich zur größeren- Frcundlichkeit gegen Jean — umsonst. Die Empfindung, die sie vor ihm warnte, war nicht zu ersticken. Sie wurde immer aufgeregter und unsicherer, schlief schlecht, was ihre Laune auch nicht besserte

18
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1911/04_02_1911/UIBO_1911_02_04_11_object_8320321.png
Seite 11 von 18
Datum: 04.02.1911
Umfang: 18
Die Tropfen. Novelle von M. Herbert. Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Gräfin Ziska und ihre Tochter sitzen in der Veranda ihres hübschen Hauses, die Sonne gibt ihr letzte Wärme her und die La France-Rosen, die Lieblingsblnme des Grafen Rudi, stehen noch einmal in voller, leuchtender Schönheit; stolz, lebensfroh und farben sprühend heben ihre Büschel sich von der lichtgrünen Rasenfläche vor den Fenstern. Käthe sendet ihnen zuweilen einen entzückt grüßen den Blick über ihre Arbeit hinaus

. — Für Gräfin Ziska haben die Rosen allerwege ver geblich geblüht, nie hatte sie Zeit für so nebensächliche Dinge, so kleine Freuden, ihr Mick schweift gleichgültig über den in der Schönheit des Herbstes prangenden Garten, die roten Blätter, die letzten Rosen sagen ihr nur, daß das Jahr zu Ende geht und rach daran knüpft sie keine sentimentalen Betrachtungen. Gräfin Ziska hat jetzt häufig Anwand lungen von Mattigkeit, denen sie früher nicht ausgesetzt war. Niemals haben Stuhllehnen sür sie existiert

, diese Konzession an schwäch liche Rückgrate hat sie stets mit vornehmer Verachtung ignoriert, und doch lehnt sie heute ermüdet in dem großen, bequemen mit in dischen Seidenkissen behangenen Bambus sessel, den sonst Graf Rudi in eigene Pacht nimmt. Das Buch über die französische Re volution, in welchem sie gelesen hat, ist ihrer Hand entglitten, sie biegt verächtlich die Mund winkel, ah, wenn Gräfin Ziska an der Stelle von Marie Antoinette gewesen wäre, es hätte jemals einen Königsmord, eine Schreckens

Sedia hänge ich über weinen Schreibtisch und das kleine Porzellangemälde nach der Annun- nata von Dolci gerade darunter. Ich bin so stolz auf den schönen Barockrahmen." , «Es wird ohne Zweifel hübsch werden," meint Gräfin Ziska Wesabwesend. "Die altrosa Seide, welche wir damals in Mailand kauften, gibt sehr aparte Portieren. Zu den tiefbraunen Möbeln mit der Holzbrandmalerei wird sie entzückend aussehen." Gräfin Ziska hebt ungeduldig die Schultern. „Ich glaub's gern, Käthe, aber es langweilt

sehr gütig aus. Ein gutes Gesicht kann man nicht -aacyen, das muß man haben." „Sieh, sieh", denkt die Gräfin Ziska, „wie schnell die Kleine ihn ergriffen hat, wie gut sie ihn charakterisiert! Am Ende wird Busso ihr wirklich nicht genügen; allein wie wenigen ist es denn überhaupt beschieden, gerade denjenigen oder diejenige zu heiraten, welche genügt?" Laut sagt sie; „Die Schil derung paßt, Käthe, nur hat er seine Schrof fen. Er verschmäht die Geselligkeit, welche allein den Menschen schleift

19
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1911/30_09_1911/UIBO_1911_09_30_11_object_8320919.png
Seite 11 von 16
Datum: 30.09.1911
Umfang: 16
, ja!" „Und Sie, Doktor, erheben Sie Ansprüche an die Gräfin?" „Nein. Nach dem, was ich jetzt von Ihnen und Ella gehört habe, wäre es mir sogar höchst unerwünscht, als Gläubiger der Eichenhorsts zu erscheinen." „Gut. Dann soll Ella aus den Briefen des Grafen den aus wählen, der ihres Vaters Schuldlosigkeit am deutlichsten erweist, und wir beide, Ella und ich, bringen ihn persönlich der Gräfin. Mir wird es schon gelingen, alles auszugleichen, ich Hab' schon Schwereres fertig gebracht." „Oh Tantchen — einziges Tantchen

'" jubelte Ella. „Meinetwegen," grollte die Gräfin. „Treffen wird sie's doch! Und wenn Tantchens Wunderhand die Pille auch noch so überzuckert — bitter bleibt sie und damit will ich mich zufrieden geben. Ja — ja — zufrieden!" lachte sie auf, als der Rittmeister ihr gut mütig drohte. „Du lieber Gott - - ich muß mich ja mit aller Gewalt an meine Sündhaftigkeit anklammern, sonst eskamotiert mir sie Tant chen noch im Handumdrehen unter den Fingern weg. Hab' ich nicht recht, Goldheim? — den Grundsatz: Aug

Kwistel, indem sie zwei schöne Blumengewinde, ähnlich jenen, mit denen Ella das Kobalsche Familiengrab geschmückt hatte, von dem Gitter der benachbarten Gruft loslöste. „Deine lebenden Freunde jedoch, den wackern Krumholz und Doktor Billmann, die müßen bis morgen warten. Wir müssen zur Gräfin —" „Gott mag den Weg segnen, den wir vor uns haben!" „Das wird er gewiß!" — Nachdenklich las die Gräfin Eichenhorst zum wiederholtenmal den sie aufs höchste befremdenden Brief, den sie vor ein paar Stunden

von der Oberin des Marienklofters erhalten hatte. Mit einer an der äußerst zurückhaltenden Dame sehr ungewöhnlichen Dringlichkeit bat diese darin die Gräfin um freundliches Entgegen- ! kommen gegen eine Frau Rittmeister Kwistel, die sich erlauben werde, bei ihr vorzusprechen. Diese sei ihr von — und hier war der Name einer der höchststehenden Damen des Reiches, die ihrer gemeinnützigen Wohltätigkeit halber allgemein verehrt ward, ge nannt — so warm empfohlen worden, daß sie einen Besuch der Frau

Rittmeisterin als eine Auszeichnung betrachten werde, was der Dame mitteilen zu wollen, sie herzlich bitte. Denn Frau Kwistel sei nur der Gräfin Eichenhorst wegen nach M.. gekommen, wie der Brief der hohen Frau nach besage, der nur zu dem Zweck geschrieben worden sei, Frau Kwistel eine freundliche Aufnahme bei der Gräfin zu sichern. Was die Frau Rittmeisterin zu ihrem Wunsch veran lasse, sei jedoch ihr, der Oberin, nicht bekannt. Rittmeisterin Kwistel? Das war ein der Gräfin vollkommen fremder Name, obwohl

20
Zeitungen & Zeitschriften
Außferner Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/ZDB-3062711-4/1914/26_04_1914/ZDB-3062711-4_1914_04_26_25_object_8230069.png
Seite 25 von 28
Datum: 26.04.1914
Umfang: 28
. Und du wirst mir folgen, Geliebte, mir folgen duxch Arbeit und Sorge. Einmal im Leben wird uns die Sonne wohl scheinen — oder scheint sie uns' nicht schon, nicht heute an diesem herrlichen Sommertage? Ich möchte meinen Schatz nicht eintauschen gegen den ihren, nicht gegen ein ganzes Leben voll Glanz und Reichtum. Das Zimmer der jungen Gräfin ist da droben der einzige Platz, an dem man leben kann, und sie ist gütig, die junge Gräfin; sie hat meine Qualen erkannt, denn sie hat mir nicht ver wehrt, dorthin zu kommen

. Da habe ich an ihrem Spinett in langest Abendstunden die Freiheit erträumt, da habe ich an dich gedacht." „Still, still!" Wie ein Feuer brennt es in dem Kopf der jungen Gräfin, ihre Pulse hämmern. Es war ihr, als könne sie nicht atmen, ihre kleinen Hände umklammern krampfhaft das eiserne Geländer, sie fürchtet sonst zu fallen. Eine Weile steht sie unbeweglich und schaut mit stumpfen, fassungslosen Blicken ins Leere, dann legt sie plötzlich die Hand über die. Augen, die schmerzhaft flimmern und stechen. Da schlägt

die Turmuhr, fünf laute Schsiläge. . Gräfin Amalia Kristina fährt auf, als wäre sie aus einem bösen Traum erwacht, hebt stolz den feinen Nacken und geht mit Jakob rncyerbecr. macht keine Miene, ihr zu Hilfe zu kommen. Man ist ja daran gewöhnt, daß die junge Gräfin sich selbst hilft. „Patz doch auf", ruft sie streng, hebt ihre Schleppe mit der linken Hand und geht in stolzer Haltung über den Hof. Sie sieht nicht, daß Gustav vor seiner Hunde hütte hin und her springt, um sie wie gewöhnlich

mit einer Umarmung zu begrüßen, und als der Foxterrier kokett vor ihr auf und abtändelt, be kommt er einen Hieb mit der Reit peitsche über den Rücken, daß er heu lend die Flucht ergreift — dem alten Wächter Modig, dem Liebling der jungen Gräfin, gönnt sie kaum ein gnädiges Nicken. Die Bedienten versammeln sich in den Flügeltüren und betrachten mit Verwunderung und Sorge ihre junge Herrin, und Modig sagt in bitterem Ton: „Die Gräfin — seht mal an!" Aber als der Abend kommt und das Schloß zur Ruhe geht

21