eines Briefes oder einer Zeitung meistens die Anzeige auf dem Fuße. Unsere Vorfahren waren anders, sie „fühlten mit', wenn manchmal die Post viel zu tun hatte. Dies kann man auch am besten aus dem folgenden heiteren Geschichtchen ersehen, das aus historischer Wahrheit beruht. Gegen Ende des jiebzehnten Jahrhunderts, vor Anbruch der französischen Revolution, be stand zwischen Berlin und der etwa acht Meilen entfernt gelegenen Stadt Treubitzen eine wöchent lich zweimalige Postverbrndung. Bei der Ankunft
der Post entwickelte sich vor dem Posthause gemenge. Dem Abgeordnetm Meyer wird die Kravatte vom Halse gerissen, dem Abgeordneten Kuhn der Aermel zerrissen. Im Saale herrscht ein ohrenbetäubender Lärm. Man hört Rufe: Man muß den Kerl dem Staatsanwalt aus liefern! Der Lärm wird so groß, daß der Präsident, der ununterbrochen die Glocke schwingt, die Sitzung unterbricht und den Saal verläßt. Wie in parlamentarischen Kreisen verlautet, wird Abgeordneter Paczynski wegen dieser Vorgänge sein Mandat
in seinem Bureau, um die Angelegenheit der Stadtgemeinde zu erledigen, als atemlos seine Dienstmagd Ricke, die jedesmal die eingelangte Post sür den Bürgermeister abzuholen hatte, in sein Zimmer stürzte und ausries: „Ach, Herr Bürgermeister! Herr Bürgermeister, so etwas ist noch nicht dagewesen!' „Was denn Ricke, was hat Sie denn?' fragte das Stadtoberhaupt verwundert. „Nein, Herr Bürgermeister, solange die Welt steht', sie stützte sich auf einen Sessel um nicht umzusinken. „Nun, Ricke
, will Sie mir denn endlich sagen, was denn passiert ist?' / „Ach Gott, ach Gott! denken Sie doch nur, Herr Bürgermeister die Post von Berlin ist angekommen, und dreizehn Briese hat sie mit gebracht!' Sprachlos vor Entsetzen erhob sich der wür dige Herr Bürgermeister und erst nachdem er kränz Wörgl hat seinen Austritt gemeldet, die Liedertafel Schlünders hat ihren Beitritt in Aussicht gestellt. i - — Selbstmord: Am Schlanderser Sonnen berg hat sich letzte Woche der Matatscherbauer Josef Eberhöfer im Stalle erhängt
mit den Worten. „Lieber Herr Se- kretarius ! Gehen sie doch gleich hinüber zum Herrn Postmeister und helfen sie ihm, der arme Mann muß ja gar nicht wissen, wo ihm der Kopf steht!' Ricke wankte zum Zimmer hinaus, um die Kunde von den dreizehn Briese« weiter zu ver breiten. — Lange darnach sprach noch ganz Treubitzen'von den dreizchn Briefen, welche mit einer Post angekommen sind. Im Vergleich zur jetzigen Zeit war dies ge wiß ein sehr genügsames Jahrhundert, das mit dem Postmeister Mitleid fühlte